Friday, December 22, 2006

Merry Christmas!

Posted by Franziska

Vier Monate sind es nun her, seit wir nach Abu Dhabi gezogen sind. Und heute Nacht fliegen wir das erste Mal in die Ferien – zurück in die Schweiz – für zwei Wochen. Leider ohne Dide, weil er über Weihnachten keine Ferien bekommen hat.
Unglaublich schnell verging die Zeit, es gab ja auch ständig wieder Neues zu entdecken. Neben dem Kennenlernen der Stadt, dem Einrichten des neuen Hauses und überhaupt dem Zurechtfinden in einem total fremden Umfeld, bin ich immer wieder in verschiedene Gefühlsbäder getaucht. Schliesslich gab es diverse Abschiede und einen aufwändigen Umzug zu bewältigen. Aber wenn ich zurück blicke, erlebte ich mit meiner Familie einige Highlights. Ich denke da etwa an die Ankunft des Containers mit unseren persönlichen Möbeln und Effekten, an Ausflüge nach Al Ain mit Besichtigungen einer Oase und des Kamelmarktes sowie mit einer unvergesslichen Übernachtung auf dem Jebel Haffit. Wir erlebten unseren ersten Ramadan in Abu Dhabi und genossen Arabische Köstlichkeiten an Iftar-Buffets. Wir erhielten Besuch aus der Schweiz; Dides Bruder mit seinem Sohn, meine Eltern, meine Gotte, aber auch unsere Freunde Chris und Maja, auf deren Landsitz unser Kampfhund „Cicchi“ seit unserer Abwanderung ein freudvolles und aktives Leben geniesst. Dazwischen durfte ich bereits meinen ersten „Auslandurlaub“ in der Schweiz geniessen: ohne Dide und die Kinder reiste ich für vier Tage nach Hause zu einer Klassenzusammenkunft, verbunden mit einem Besuch natürlich bei Familie und Freunden.

Speziell gespannt war ich auf die Deutsche Schule. Der erste Schultag, nach knapp zwei Wochen Anklimatisierungszeit, war eine ziemlich aufregende Sache. Für mich als Mutter vielleicht sogar aufregender als für die Kinder! Wie wird es ihnen gefallen? Haben wir uns richtig entschieden? Heute können wir diese Frage bejahen. Wie bereits mehrfach in diesem Blog erwähnt, gefällt es Tim, Linda und Nina hier, sie haben in kürzester Zeit neue Freunde gefunden und auch mit den Lehrern sind sie grundsätzlich nicht weniger zufrieden als in der Schweiz.
Für mich bedeutet die Schule Begegnungsort und Austauschmöglichkeit. Sehr schnell kam ich in Kontakt mit anderen Eltern, durch die beiden Tätigkeiten als Klassenvertreterin der 8. Kl. und als Mitglied des Festkomitees, in dem ich mich in der aktuellen Besetzung äusserst wohl fühle. Mehr dazu in einem späteren Beitrag.

Im Dezember war sehr viel los. Wunderschön war das Konzert des Berliner Symphonieorchesters, das im Auditorium des Emirates Palace unter anderem „Sheherazade“ von Nikolai Rimsky-Korsakov zum Besten gab.
Und dann natürlich die Adventsstimmung, die auch hier überall spürbar war und immer noch ist. Die Shoppingmalls sind weihnächtlich geschmückt, überall erklang Weihnachtsmusik und es fanden zahlreiche „Events“ statt, wie etwa die Santa Claus Party der Swiss Embassy im Garten des Hotels Hilton oder der Weihnachtsbazar und die Schülerfeier der Deutschen Schule. Besinnlich war jedoch auch der „Swiss Christmas Market“ im Rotana Beach Hotel. Es lief soviel, dass wir darob beinahe in Planungsstress gerieten. Aber schliesslich soll es uns hier nicht besser gehen als in der Schweiz.

Jetzt haben wir gepackt, alles ist bereit für die Ferien, in ein paar Stunden geht unser Flug. Eben haben wir noch die vierte Kerze auf unserem Adventskranz angezündet und zwischen Kofferpacken und Aufräumen ein bisschen im kleinen Rahmen mit Dide Weihnachten "vorgefeiert". Es gab einige Geschenke und „Home Delivery“ von Burger King. So richtig idyllisch. In einer Stunde bringt uns Dide zum Flughafen. Ich freue mich auf die Ferien in der Schweiz. Ich freue mich auf die geselligen Stunden im Kreise der Familie und der Freunde.
Aber ich freue mich auch darauf, am 4. Januar wieder nach Abu Dhabi zu fliegen.

















Wir wünschen allen unseren Freunden und Verwandten ein besinnliches Weihnachstsfest und einen guten Rutsch in ein glückliches Jahr 2007!!!

Dide, Franziska, Tim, Linda und Nina

Thursday, December 14, 2006

Happy Birthday Linda... und Tim!















Gestern feierte Linda ihren 14. Geburtstag. Franziska, wohl wissend um ihre Vorliebe für Donuts, verteilte die Kerzen statt auf einer Torte auf 14 Donuts, was das Ausblasen leicht erschwerte.

Dennoch genoss die heranwachsende Tochter ihren Jubeltag, an dem dauernd Glückwünsche per Telefon, Mail oder SMS eintrafen. Kurz, es klingelte oder bimmelte den ganzen Tag und die Jubilarin wurde reich beschenkt (leider hat sich noch immer kein begüterter Beduinensohn in sie verliebt, der im Bewusstsein orientalischer Gastfreundschaft dem Vater ein standesgemässes Strassenvehikel geschänkt hätte oder so...).






Wohl zum ersten Mal konnte ihr Geburtstag mit Steak und Grillwurst im Garten gefeiert werden.


Damit wär die Reihe voll: Sämtliche Kinder haben ihren "ersten" Wüstengeburtstag gefeiert und sind somit bereits um ein Jahr "gealtert". Oder müsste ich schreiben "...haben gealtert..."?

Tim feierte seinen 16. Geburtstag vor genau einer Woche, am 6. Dezember, und erlangte somit die lang ersehnte "Pool-Mündigkeit". Ganz im Sinne seines bescheidenen und zurückhaltenden Wesens haben wir jedoch auf unnötigen medialen Rummel verzichtet und ihm dafür ein etwas aufwändigeres Geschenk gewährt....


Für "Neu-Blogger" sei an dieser Stelle noch einmal erwähnt: Wer ein Foto genauer anschauen möchte, der clicke lediglich auf das entsprechende Bild - und schon erscheint es im Grossformat...

Monday, December 11, 2006

Santa Claus rides the camel

Zugegeben, der letzte Blog-Eintrag war nicht unbedingt ein Aufsteller, doch für meine Ulcus ventriculi-Prävention absolut unvermeidlich. Aber wenden wir uns heute wieder erfreulicheren Dingen zu und tauchen ein in die Vorweihnachtsstimmung von Abu Dhabi.

Schon oft wurden wir gefragt, ob es denn in der Wüste auch einen „Samichlaus“ gäbe. Ja! Es gibt ihn tatsächlich, den Wüstenchlaus, der jedoch Wert auf eine korrekte Schreibweise legt und den ersten Teil seines Namens auf keinen Fall als Adjektiv verstanden haben will...

Am Abend des 9. Dezember lud die „Swiss Embassy“ zur zweiten „Santa Claus Party“ im Hotel Hilton. Im Gegensatz zur Schweiz finden solche Anlässe nicht in schlecht beleuchteten und spärlich beheizten Waldhütten statt sondern im idyllischen Tropengarten des Hotels Hilton. Und im Gegensatz zur Schweiz stapft der Chlaus nicht mit dem Esel an der Leine durch den verschneiten Tannenwald sondern erscheint „hoch zu Kamel“, den Schmutzli zu Fuss im Schlepptau. Letzterer arbeitet nebenberuflich bei der UBS, während der semiprofessionelle Weihnachtsmann in Abu Dhabi italienischer Urabstammung ist und sich seine spärliche Freizeit in den Cockpits der Etihad-Flieger vertreibt. Genug verraten...?
Sicher schon, schliesslich ist dieser Blog nicht jugendfrei. Ausserdem wollen wir versuchen, den Zauber und den Reiz weihnächtlicher Vorfreude wie auch das „Chlausische Brauchtum“ möglichst lange und unverfälscht zu wahren – Wüste hin oder her.

Das „casual get-together for adults and children“ war ein Stelldichein der Schweizer Kolonie, die so gross nicht ist in Abu Dhabi. Bekannte Gesichter an allen Ecken, bunt gemischt mit unbekannten Köpfen jeglichen Alters. Selbstverständlich macht die Pilotengruppe mit ihren Familien mittlerweile einen erklecklichen Anteil der Eidgenossen aus, wenn sie auch durchmischt ist mit skandinavischem und spanischem Blut. Die Kinder tummelten sich ausgelassen auf der Wiese während die gesetzteren Jahrgänge bei Glühwein und Stehgespräch den Abend einläuteten. Die meist indischen und fernöstlichen KellnerInnen trugen lustige, oft etwas zu gross geratene, Weihnachtsmützen und waren emsig bemüht, die Apéro-Häppchen, unter anderem bestehend aus Spiesschen mit Schweizer Käse und Oliven, an den Mann oder an die Frau zu bringen. Als schliesslich der Samichlaus angekündigt wurde, liessen sich die Kinder artig im Halbkreis nieder während die Väter auf Geheiss der Gattinnen ebenso artig

ihre Digitalkameras zückten und eine letzte Batteriekontrolle vornahmen.
Einzeln, mit Namen aufgerufen, traten die kleinen und nicht mehr so kleinen Töchter und Söhne vor den Chlaus und bedankten sich in verschiedenen Sprachen mit auswendig gelernten „Sprüchli“ oder Liedern für den grosszügig gefüllten Chlaussack. Dabei erstaunte auch die bärtige Eminenz durch sprachliche Vielfalt wie sie sonst nur Weltreisenden eigen ist. Ob Italienisch, Englisch, Französisch oder urchiges Schweizerdeutsch – dem Samichlaus entging auch nicht das kleinste linguistische Detail. Zu gerne hätten wir ihm einen jungen ausgewanderten Altgriechen gegenüber gestellt, doch ein solcher befand sich an diesem Abend leider nicht in der munteren Helvetierschar.

Nachdem sich „Père Noël” wieder auf den Kamelhöcker geschwungen (na ja – fällt mir gerade kein besseres Wort ein...) und verabschiedet hatte, begann die legendäre Schlacht am Buffet. Speziell die diversen Raclette-Stände wurden regelrecht „bestürmt“. Die Walliser Spezialität stand hoch in der Gunst der Gäste und mittlerweile liessen auch die Temperaturen sowie der hartnäckige Wind beinahe so etwas wie winterliche Schmelzkäsestimmung aufkommen. Die Damen warfen mit edler Geste ihre Paschminas über die Schultern, während die Herren ihre Pullover montierten. Man setzte sich an die runden, festlich gedeckten Tische und genoss bei lockerer Plauderei Raclette, Bratwurst, Gratin, Pommes und dergleichen. Für einmal waren die „Compatriotes“ aus der Westschweiz den Deutschschweizern – zumindest was die Anzahl betraf – ebenbürtig. Die Stimmung war angenehm und für wenige Stunden fühlten sich die Schweizer ganz unter sich während draussen vor dem Hotel der Abendverkehr von Abu Dhabi in gewohnt hektischer Manier weiter brauste.








Sunday, December 10, 2006

Die unerträgliche Schwere der Arroganz

Da ahnt man doch nichts Böses, bringt am ersten Tag der angebrochenen Arbeitswoche die Kinder zur Schule, erledigt im sich verdichtenden Morgenverkehr einige Besorgungen und fährt danach bestens gelaunt wieder zurück ins Haus am Stadtrand. Dabei kommt einem der Gedanke, wieder einmal das Postfach zu leeren und den Rest des Morgens Briefe und Rechnungen zu sortieren.

Gedacht, getan – mit einem Stapel Couverts unter dem Arm treffe ich wenig später wieder zuhause ein. Ebenfalls eingetroffen ist die neue Ausgabe der „SkyNews.ch“. Flüchtig blättere ich das farbige Luftfahrtmagazin durch und bleibe an einem Interview mit Moritz Suter hängen, der in seiner Funktion als Verwaltungsratspräsident der Hello AG offenbar nach wie vor mediales Interesse auslöst. Niemand kann mir verübeln, dass ich seine Aussagen nicht bis ins letzte Detail studiere. Auf dem abgebildeten Foto lächelt der Befragte verschmitzt im karierten Hemd und mit der obligaten Zigarre in seiner Hand.
Ich überfliege die Fragen und bleibe schliesslich an einem Kasten hängen, in dem Suter zu gewissen Stichwörtern seine Gedanken äussert. Eines dieser Stichwörter lautet - wie könnte es anders sein - „Swiss“.
Und wie ich Suters Äusserung lese, kommen mir doch beinahe der Morgenkaffe und sämtliche Glühweingläser des Chlausabends vom Vortag hoch. Seine Antwort lautet nämlich: „...Wurde am 14. Februar 1975 unter dem Namen Business Flyers Basel AG gegründet, änderte am 24. November 1978 ihren Namen in Crossair und im März 2002 in Swiss International Air Lines. Ich hoffe, sie wird erfolgreich weiter existieren.“
Sind es Verblendung, Irrwahn, Naivität oder bereits erste Spuren keimender Senilität, die den Guten zu dieser Aussage bringen? Vielleicht müssten in Anbetracht solch übler Selbstüberschätzung die Macher/Innen des Duden gewisse Steigerungsformen neu definieren, beispielsweise beim Begriff „arrogant“.

Das alles könnte mir im fernen Abu Dhabi im Grunde genommen ja egal sein, wäre da nicht eine weitere Passage des Gesprächs, die mich zusätzlich beunruhigt. Auf die Frage nämlich, ob er, Moritz Suter, sich noch in anderen aviatischen Feldern als der Hello AG bewegen würde, erwähnt er diverse Verwaltungsratsmandate, die er inne habe. Seit kurzem gar für den sehr interessanten Start-up RAK Airways in Ras Al Kaimah, für den er unter dem Präsidenten Scheich Omar Bin Saqr Al-Qasimi als Vizepräsident amte.
Auch die Golfregion scheint demzufolge nicht sicher zu sein vor Suters weit reichenden Beziehungen. Mir wird er langsam unheimlich, dieser omnipräsente und überhebliche Airlinemagnat. Da sollte sich der besagte Scheich ernsthaft in Acht nehmen. Sein Emirat trat wohl erst als siebtes und letztes den UAE bei. Das war bereits im Jahr 1972. Es kann an dieser Stelle jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass in den Geschichtsbüchern schon bald zu lesen sein wird, dass die Ursprünge von Ras Al Kaimah in der Schweiz lägen, wo am 14. Februar 1975 die Business Flyers Basel AG gegründet worden seien. Von einem gewissen Scheich Moritz bin Suter al Merian....

Monday, December 04, 2006

Von Bangladesh bis nach Berlin

Am Donnerstag früh, beim Morgengrauen, sind wir in Dhaka gelandet. Der Flug war kurz, dauerte nicht einmal vier Stunden. Der Flugplan notierte eine durchschnittliche Rückenwindkomponente von 83 Knoten. Die Monsunregen am Gangesdelta haben sich längst verzogen und sind den hartnäckigen Morgennebeln gewichen. Wer glaubt, nur die Zürcher Unterländer hätten die Nebelsuppe auszulöffeln, irrt. Auch in der Hauptstadt von Bangladesh ziehen um diese Jahreszeit jeden Morgen feine Nebelschwaden auf und hüllen die Landschaft um den Flughafen in sanftes und milchiges Grau. Allerdings nicht im selben Masse, wie wir es in der Schweiz gewohnt sind.
Bei unserer Landung um 0700 Uhr beträgt die Temperatur lediglich 13 Grad und es herrscht eine Sichtweite von 1200 Metern. Das reicht zumindest für einen Anflug. Das Instrumentenlandesystem auf dem „Zia International Airport“ verlangt eine minimale Sicht von 800 Metern. Viel Reserve bleibt also nicht, umso mehr, als dass wir gegen die aufgehende Sonne anfliegen und unangenehm geblendet werden. Beim Verlassen der Piste rollen wir an einem unmittelbar am „Taxiway“ liegenden kleinen Weiher vorbei, in dem Einheimische ihre Morgentoilette absolvieren. Noch gibt es hier keine Stacheldrahtzäune oder Mauern, die den Flughafen gegen aussen abschirmen. Soviel zum Thema „Airport Security“...

Morgenstau
Die Fahrt mit den zwei Kleinbussen durch den Morgenverkehr ins Hotel ist ein besonderes Erlebnis. Als zivilisierter Europäer kann man sich derartige Strassenverhältnisse kaum vorstellen. Die Autos drängen – Karosserie an Karosserie – Richtung Stadt. Ein Kampf um jeden Zentimeter auf Biegen und Brechen. Die klapprigen Busse sind voll gepfercht, teilweise hängen die zuletzt eingestiegenen Gäste förmlich im offenen Türrahmen, Kleider und Haare flattern im Fahrtwind. Besonders mutig scheinen die Fahr- und Motorradfahrer. Sie schlängeln sich durch die Masse der wartenden und hupenden Autos in der Hoffnung, lange Stauzeiten zu umgehen. Die Qualität der Fahrzeuge allgemein ist miserabel. Jeder Prüfexperte eines kantonalen Strassenverkehrsamtes würde in diesem Land von Panikattacken ergriffen. Mögliche Langzeitschäden wären nicht auszuschliessen!
In die Stadt zu fahren ist nicht ungefährlich. Die politische Situation ist zur Zeit sehr instabil. Sogar unser Flight Attendant aus Dhaka warnt die Besatzung und bittet mich auf dem Hinflug persönlich, der Crew von Ausflügen irgendwelcher Art abzuraten. Im Januar sind Wahlen und täglich kommt es in den Strassen und auf öffentlichen Plätzen zu neuen Ausschreitungen und Kundgebungen. Gestern beispielsweise wurde das Auto eines Politikers in Brand gesetzt, vor wenigen Wochen kam es gar zu Schiessereien mit Toten. Ebenfalls wurde erst kürzlich ein Flight Attendant von Etihad im Taxi von drei Männern überfallen, geschlagen und ausgeraubt.
Bei meinem letzten Dhaka-Aufenthalt wollten wir es dennoch wissen und fuhren am Abend zu fünft in die Stadt. Der Gang durch die Strassen war ein Kampf. Zahlreiche Bettler und Kinder zerrten an den Kleidern und liessen uns kaum in Ruhe einen Schritt gehen. Mit grossen Augen wurden wir gemustert. Auf der Rückfahrt, nach dem Nachtessen, gab unser Taxi den Geist auf. Der Fahrer suchte Ersatz, was sich jedoch nicht als einfach erwies. Schliesslich wurden wir in einen Kleinwagen gepfercht, in dem wir nur deshalb alle Platz fanden, weil sich zwei weibliche Flight Attendants den Vordersitz teilten. Wobei auch dies nur möglich war, weil die eine der Damen ständig den Kopf durchs offene Fenster hielt. Nicht nur Fahrzeugkontrolleuren rate ich von einem Besuch in Dhaka ab. Auch für Schweizer Verkehrspolizisten ist die Stadt alles andere als empfehlenswert.

Hoteltage
So verbringe ich diesmal die Tage im Hotel. Das Radisson wurde erst kürzlich eröffnet. Eine wunderschöne Anlage mit grosszügigen Dimensionen. Diverse Restaurants, Fitness, Pool, Tennis. Eine Luxusinsel inmitten totaler Armut. Gegensätze wie sie Flugbesatzungen und Reisende immer wieder antreffen. In einem kleinen Laden im Untergeschoss werden DVD-Kopien verkauft, das Stück für 90 Thaka oder umgerechnet rund zwei Franken! Die Auswahl ist riesig, die Qualität bemerkenswert.
Doch für Filme bleibt mir nicht viel Zeit. Immer wieder verkrieche ich mich hinter meinen Laptop, bin ich doch damit beschäftigt, die Differenzliste A340-300 vs A340-500 durchzuackern. Nächste Woche steht mein Einführungsflug nach London an. Ausserdem spiele ich jeden Tag mindestens eine Stunde Tennis. Der 25-jährige Tennislehrer ist „Bangladesh Double Champion“, was auch immer das bedeuten mag. Auf jeden Fall bin ich gegen ihn chancenlos und die Lektionen machen Spass. Auch in Abu Dhabi stehe ich pro Woche mindestens drei bis viermal auf dem Tenniscourt unseres Compounds. Wolfgang und Peter, die beiden Deutschen Ärzte, erweisen sich als ideale Spielpartner, nicht nur wegen ihrer unregelmässigen Arbeitszeiten. Unser erklärtes Ziel ist eine Teilnahme in Wimbledon in der Sparte „Senior but still active Doubles“. Die „kleinen“ Beckers und der „kleine“ Federer – eine Topkombination! Auch in reiferen Jahren sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt...
Nach dem Tennis geht’s zur Massage, mindestens eine Stunde, bevor wir uns um 1900 Uhr zum Abendessen am Buffet treffen: Paul, der Copi aus den Philippinen, vormals im Cockpit von Philippine Airlines-Maschinen tätig, Karina unser „Cabin Manager“ (dafür gibt es offiziell keine weibliche Form) aus Indien, die früher für Kuwait Airways geflogen ist und Meriem, eine Hostess aus Algerien, die es direkt von der Uni zur Etihad gespült hat. Vier Sprachen an einem Tisch: Tagalog, Hindi, Französich-Arabisch und Deutsch. Dennoch unterhalten wir uns gut. Beim Essen wie beim anschliessen Billard. In Englisch natürlich.

National Day
Im Verlauf des 2. Dezember klingelt mein Telefon gleich mehrfach. Die U.A.E Botschaft organisiert anlässlich des Nationalfeiertags einen Empfang im „Grand Ballroom“ unseres Hotels. Sowohl ein Vertreter von Etihad als auch ein Angestellter der Botschaft – letzterer fünf Minuten

















Gruppenbild mit UAE-Ambassador

vor Beginn der Veranstaltung – informieren mich, dass die gesamte Besatzung eingeladen wäre. Mein zaghafter Einwand, ich hätte weder Anzug noch Krawatte im Reisegepäck, beirren den beflissenen "Embassy-Representative" keineswegs. "We can not take off without the captain" fügt er überzeugend an. Noch härter trifft es die beiden Arabisch sprechenden Flight Attendants. Sie werden kurzerhand „abdetachiert“ und erhalten den Auftrag, in Uniform den eintreffenden Gästen während zwei Stunden kleine Rosensträusse zu verteilen. 400 Besucher, meist hochrangige Wirtschaftsvertreter und Diplomaten mit ihren Gattinnen, geniessen bei lockerem Smalltalk die servierten Häppchen. Alkoholische Drinks werden selbstverständlich keine ausgeschenkt. Nach einer knappen Stunde verziehen wir uns und geniessen noch einmal das ausgezeichnete Buffett im Hotelrestaurant. Die beiden „Uniformierten“ stossen etwas später dazu.

Rückflug am Sonntag. Landung in Abu Dhabi bereits eine halbe Stunde zu früh, um 1625 Uhr. Viel Zeit zur Rast bleibt indes nicht. Heimfahren, duschen, umziehen.

Zusammen mit einigen Deutschen, alle Eltern von Klassenkameraden unserer Kinder, besuchen Franziska und ich ein Konzert des Berliner Sinfonie-Orchesters im Auditorium des Hotels Emirates Palace. Auch dies eine Veranstaltung im Rahmen der Feierlichkeiten zum Nationalfeiertag der UAE. Gastgeber ist diesmal die Deutsche Botschaft. Wohl in der Absicht, die interkulturellen Beziehungen zu intensivieren. Auch wir intensivieren, nämlich in erster Linie soziale Kontakte mit unseren nördlichen Nachbarn. Die Karten haben wir von einem Deutschen Elternpaar erhalten, ein offizieller Verkauf fand nicht statt. So gesehen solidarisiere ich mich mit meinen Swiss-Kollegen, deren Bande zum Mutterhaus mit Kranichsymbol auch immer enger werden...

Tuesday, November 28, 2006

DIE BESTE 5.KLASSE!!!

posted by Nina
Für den Anfang dieses Artikels möchte ich sagen, dass dieser Bericht hier nur der 5. Klasse Stadel inklusiv Lehrer gewidmet wird. Wieso?
Diese Klasse ist die beste, cleverste, sportlichste und perfekteste Klasse die es je gab!!! Mit diesen Schülern habe ich ein paar Jahre viel erlebt. Mit dem Lehrer erst ein Jahr. Trotzdem kannte ich ihn gut da meine Schwester bei ihm Schule hatte. Im vergangenen Jahr hatten ich und diese Klasse einfach die tollsten und grössten Erlebnisse erlebt die man je erleben kann!!! Doch auch mit dem war einmal Schluss. Jetzt bin ich hier in Abu Dhabi und habe eine kleinere Klasse, die trotzdem viel lauter ist als die von Stadel. Stöööhhnn...

Obwohl ich auch hier gute Freunde und Freundinnen gefunden habe, gefällt mir die 5. Klasse in Stadel besser!!! Nächsten Sommer darf ich wieder so etwas Spannendes erleben. Ich gehe dann nämlich mit der 5. Klasse Stadel in den Nationalpark. Ich freue mich schon riiiiiiiieeeeeeee.....siiiig darauf!!!!!!!!!!!!

Nicht nur die Klasse sondern auch die ganze Schule vermisse ich sehr!!! Am letzten Schultag hatte ich noch einmal Zeit die Kinder von der Schule ein letztes Mal zu sehen. Auch die Lehrer bekam ich nach dem Abschlussfest nicht mehr zu Gesicht, nur auf den Fotos. Hier in der Deutschen Schule in Abu Dhabi habe ich mich richtig eingelebt, auch wenn ich weiss, ich werde meine Freunde in der Schweiz wieder sehen, spüre ich eine gewisse Traurigkeit in mir, die mir sagt: Geh zu deinen alten Freunden. Sie wollen mit dir spielen und du auch. Fast überall in meinem Zimmer sind Fotos von meiner alten Klasse. Immer wenn ich sie anschaue sehe ich diese Szene vor mir bei der ich das Foto bekam oder es zum Ersten mal sah. Es ist schrecklich sich an solche Erinnerungen zu erinnern!!!
Nicht, dass ich diese Zeit nicht gut fand, sondern dass ich mit meinen Freunden nicht mehr zusammen sein kann. Ich glaube ich habe jetzt genug geschrieben, denn ich muss auch mal Zeit haben zum schlafen. Noch ein letztes Mal werde ich in diesem Bericht schreiben das es keine Klasse gibt die besser sein könnte als die 5.Klasse in Stadel!!!!!!!!!!!!













Nina mit "ihrer" 5. Klasse in Stadel...
















...mit Jette (li) und Anna Lena...
















... und beim Herumalbern mit Amelie aus der 10. Klasse der DSAD

Wednesday, November 22, 2006

Raindrops are falling on my head…

Auf den Tag genau sechs Monate nach meiner Ankunft im Golfstaat ist in Abu Dhabi der erste Regen gefallen. Was heisst hier Regen? Ein veritables Gewitter fegte über Abu Dhabi und Dubai hinweg und sorgte gemäss Zeitung für einen echten „Wintereinbruch“ im Wüstenland. Und zwar just in dem Moment, als Franziska mit ihren Eltern auf der Terrasse des Hotels "Beach Rotana" zum Mittagessen weilte.
Wir sind ob diesem phänomenalen Naturspektakel dermassen fasziniert, dass uns schlicht und einfach die Worte fehlen, und lassen deshalb für einmal ausschliesslich die Bilder sprechen...
















Da war noch alles in bester Ordnung...














































Verregnete Terrasse des Hotels "Beach Rotana"


Monday, November 20, 2006

Home alone

Meine Anstrengungen, den November-Einsatz durch Abtausch oder taktisch optimiertes Bitten bei den Planungsstellen zu modifizieren, blieben erfolglos. Überhaupt ist die ganze „Abtauscherei“ in dieser Firma eine frustrierende Angelegenheit. Abgesehen davon, dass pro Monat lediglich ein einziges Mal "geswapt" werden kann, muss leider festgehalten werden, dass sowohl die Bereitschaft als auch die Unterstützung der Crew Control Mitarbeiter minimal sind. Was waren das doch für herrliche Zeiten bei der SWISS!
Ich gehe ja nicht davon aus, dass aktive Crew-Disponenten/innen diesen Blog konsultieren, dennoch wäre es mir ein echtes Bedürfnis ihnen mitzuteilen, dass ihr Engagement, „posthum“ betrachtet, überdurchschnittlich war und wohl immer noch ist. Anders bei Etihad. Hier bewegt sich die Gruppe der „Abtausch-Willigen“ auf dünnem Eis. Wenn auch der Begriff „Eis“ für eine Airline mit Domizil Abu Dhabi vielleicht etwas ungünstig gewählt ist.

Wie auch immer – Franziska flog also am 11. November wie geplant in die Schweiz. Der „Menuplan“ der Klassenzusammenkunft klang verlockend, ausserdem galt es, einige Pendenzen zu erledigen. So musste sie beispielsweise unseren Familienwagen, der sich leider als unverkäuflich erwies – zumindest zu unseren Preisvorstellungen – ins Berner Oberland überführen. Auf diese Weise werden wir uns während unserer Schweizer Aufenthalte wenigstens die üppigen Kosten für ein Mietauto ersparen können. Bleibt nur zu hoffen, dass uns keine unerwarteten Service- und Wartungskosten überraschen.
Während Franziska also im Alpenland bei Raclette und Autotransport weilte, düste meine Wenigkeit in beruflicher Mission nach Manchester. Die Kinder mussten wir zurücklassen: allein in Abu Dhabi – oder in Anlehnung an ein verblichenes cineastisches Meisterwerk mit ebenso verblichenem Hauptdarsteller kurz – „Home alone“.
Völlig allein waren sie natürlich nicht. Wir sind ja keine Unmenschen. Da gab es noch die weiteren rund 900000 Einwohner der Emiratischen Hauptstadt, und zu guter Letzt hatten sich unsere lieben Nachbarn und Freunde Toni und Andrea anerboten, die Jungschar minutiös zu observieren. Sie wachten über TV-, Computer- und Schlafgewohnheiten der Kinder und übernahmen sämtliche Fahrten zur Deutschen Schule und zurück. Ausserdem feuerten sie auf der Tribüne – der Zufall wollte es nämlich, dass am ersten der beiden Tage ein Wettkampf zwischen mehreren Schulen der Emirate in den Sparten Fuss- und Volleyball stattfand – die Mannschaften der DSAD lauthals an und sorgten für ausreichenden Vitamin- und Energienachschub in Form von nahrhaften Produkten der renommierten Marke „Kentucky Fried Chicken“, Fachleuten auch unter dem Kürzel „KFC“ bekannt.

So gesehen, waren unsere Kinder gut versorgt. Dennoch mutete die Konstellation ungewöhnlich an. Wohl hatten wir die drei bereits bei früheren Gelegenheiten allein gelassen, doch die Tatsache, dass wir Eltern rund sieben Flugstunden entfernt in Europa, und das Erbgut im fernen Abu Dhabi weilten, verlieh der ganzen Situation neue Dimensionen. Um es gleich vorwegzunehmen: alles klappte bestens. Keine unangenehmen Überraschungen und keine Beschwerdemeldungen irgendwelcher Art. Weder Landschaden noch misteriöse Schulabsenzen. Sicher ein weiteres Indiz dafür, dass sich Tim, Linda und Nina in ihrer neuen Umgebung gut eingelebt haben, und dass sie sich hier sehr wohl fühlen. Aber auch dafür natürlich, dass sie langsam dem Kindesalter entrücken...

„Abu Dhabi Mall“ und „Milano“
Überhaupt haben alle drei zahlreiche neue Beziehungen geknüpft und neue Freunde gefunden. Nicht nur an der Deutschen Schule, sondern auch im Compound selber oder bei den „Abu Dhabi Falcons“, dem lokalen Eishockeyclub. Die Jugendlichen - vor allem die „Expats“, die bereits längere Zeit in Abu Dhabi leben – wissen um die Kurzlebigkeit vieler Kontakte und Freundschaften. Spätestens nach zwölf Monaten, wenn das neue Schuljahr beginnt, kommt es zu massiven Wechseln: neue Gesichter tauchen auf, andere kehren zurück in ihre Heimat. Die Klassen werden neu gemischt. Schnell werden wieder neue Kontakte geknüpft.
Tim und Linda geniessen jeweils den Ausgang am Donnerstagabend in der „Abu Dhabi Mall“ oder im „Milano“, einem Lokal, in dem sich zahlreiche Jugendliche zum Sisharauchen und Plaudern treffen. Es mischen sich Schüler diverser Schulen und streifen dann in kleinen oder grösseren Gruppen durch die weiten Gänge der grosszügigen „Malls“. Anders als bei uns in der Schweiz spielt sich hier das sozial öffentliche Leben der Jungen nicht auf der Strasse sondern vielmehr in den belebten Einkaufszentren ab, in denen sich auch die grossen und topmodern eingerichteten Kinokomplexe befinden. Nicht zuletzt vielleicht auch deswegen, weil öffentliche Verkehrsmittel praktisch nicht existieren und eine Verschiebung ausschliesslich mit dem Taxi (Eltern oder bezahlter Fahrer) oder zu Fuss möglich ist.

Weitere Treffpunkte – auch unter Tag – sind der „Ice rink“ oder die Bowlinghalle. Des öfteren wird bei Freunden genächtigt, teilweise ganz spontan. Dieses Vergnügen gönnt sich auch Nina, die selbstverständlich noch nicht bei den donnerstäglichen Streifzügen in der Stadt mit von der Partie ist. Werden Freunde zu uns eingeladen, wird mitunter auch am Pool gebadet – wenn er denn Wasser hat und nicht gerade während mehrerer Tage gereinigt wird. Die unsägliche Regelung, dass Kindern unter 16 Jahren nur in Begleitung einer erwachsenen Aufsichtsperson Zulass gewährt wird, ist für uns Eltern weiterhin äusserst umständlich. Mehrmaliges Insistieren bei den zuständigen Stellen der verwaltenden Bank haben bisher wenig gebracht. Wen wundert’s. Zum Glück darf Tim in wenigen Wochen seinen 16. Geburtstag feiern...

Zur Zeit weilen Franziskas Eltern und ihre Gotte bei uns. Gerade richtig zur anbrechenden Grillsaison. Denn erst in diesen Novembertagen sind die Temperaturen auf Werte gesunken, die angenehmes und schweissloses Grillieren zulassen: 23 Grad um 2300 Uhr. Adventszeit bei „Barbeque“ und Gartenplausch. Den Flughafen von Abu Dhabi ziert übrigens bereits eine weihnächtliche Lichterflut. Fehlt nur noch „Santa Claus“ mit der Bimmelglocke.
Die Zeit rast dahin, es ist kaum zu glauben. Gespannt warte ich auf den Dezembereinsatz. Ob ich wohl meine Ferien vom 6. bis 14. Dezember bekomme? Und die gewünschten Freitage vom 28. bis 31. Dezember?
Ich bin skeptisch, aber vielleicht hat ja der Osterhase ein Einsehen mit mir...

Monday, November 13, 2006

"O tempora, o mores"

Wir verbringen hier in Abu Dhabi wesentlich mehr Zeit im Auto als in der Schweiz. Allein schon deswegen, weil wir unsere Kinder mit wenigen Ausnahmen täglich zur Schule und wieder zurück fahren. Selbstverständlich kennt die Deutsche Schule kein Blockzeitensystem. Wäre auch zu schön. Der Unterricht beginnt wohl für alle drei um 0800 Uhr, beim „Feierabend“ allerdings klaffen die Zeiten auseinander. Mindestens ein Kind hat täglich um 1315 Uhr die Schule aus. Für die anderen endet der Unterricht um 1520 Uhr. Hinzu kommen diverse „AG’s“, sogenannte Arbeitsgemeinschaften, die in der Schweiz vielmehr unter dem Titel „Freifach“ im Stundenplan figurieren würden. Da wären etwa verschiedene Sportfächer wie Volleyball, Fussball, Rollerblade oder Tennis. Ausserdem gibt es Angebote in den Bereichen Medien, Englischkonversation oder Basteln. Letztgenanntes ohne Gerda Conzetti. Die zentraleuropäische Leserschaft kann sich nun vielleicht vorstellen, wie komplex der elterliche „Shuttle-Service“ aufgebaut werden muss, um all diesen schulischen Aktivitäten gerecht zu werden.

So bin ich denn kürzlich mit einer aufgrund der frühen Morgenstunde wenig redseligen Kinderschar um 0730 Uhr im „Al Qurm“ Compound losgefahren. Es herrschte dichter Nebel. Und die Eindrücke auf dieser kurzen Fahrt zur Deutschen Schule, inspirierten mich einmal mehr, in die Tasten meines Laptops greifen.

„Was für Zeiten, was für Sitten!“

Wer die Gebräuche und Sitten auf den Strassen dieses Landes kennt, weiss um den extravaganten Fahrstil, den man hier zu gewärtigen hat. Es gibt kaum einen Tag, an dem wir nicht an einem Verkehrsunfall vorbeifahren. Glücklicherweise handelt es sich in der Regel bloss um Blechschaden. Das ist insofern erstaunlich, als dass die Fahrsitten schlicht radebrecherisch sind. Überholen darf man sowohl links als auch rechts. Und wer die Wahl hat, hat bekanntlich die Quahl. Die zumeist drei- und vierspurigen Ausfallstrassen bieten ein ideales Tummelfeld für waghalsige und spontane Überholmanöver im Stil der Formel eins. Es wird wild ausgeschert und bis auf wenige Zentimeter zum vorderen Fahrzeug aufgeschlossen.

„Was für Zeiten, was für Sitten!“

„Expect the unexpected“ heisst die Devise auch beim Kreisverkehr. Wie man in ein „Roundabout“, hier meist dreispurig, einfädelt, scheint gänzlich unbekannt. Oftmals wird vor der Einfahrt angehalten, was mitunter auch zu Stausituationen vor dem Kreisel führt. Losgefahren wird just dann, wenn ein Wagen im „Roundabout“ mit viel Schuss die nächste Ausfahrt ansteuert. Aber das ist schwer zu erkennen weil nicht geblinkt wird. Vortritt haben übrigens sowieso die Fahrzeuge auf der innersten Spur. Was den Automobilen im Zentrum des Kreisels ungeahnte, juristisch abgesicherte, Möglichkeiten beim spontanen Verlassen des Roundabouts bietet.
Überhaupt wird der „Blinker“ grundsätzlich nur in Ausnahmefällen verwendet. Ich bin mir gar nicht sicher, ob dessen Bedienung hier allen bekannt ist. Ganz im Gegensatz zur Hupe, die sich grosser Beliebtheit erfreut und die rüden Absichten der Lenker und Lenkerinnen lautstark unterstreicht.

„Was für Zeiten, was für Sitten!“

Auch dem guten Cicero selig hätte es wohl die Sprache verschlagen ob diesem Fahrverhalten. „Wie lange soll dein wahnsinniges Treiben uns noch verspotten? Bis zu welcher Grenze wird sich deine zügellose Frechheit brüsten?“ attackierte er in seiner legendären Rede im Senat den Putschisten Catilina. „Wahnsinnig“ ist das Treiben auch auf den Strassen von Abu Dhabi und ebenso „zügellos“ das Verhalten mancher Verkehrsteilnehmer. Tempolimiten werden notorisch ignoriert. Zwar wachen in regelmässigen Abständen zahlreiche Radarfallen am Strassenrand, blitzen tut es jedoch erst, wenn mit mehr als 20km/h zu schnell gefahren wird. Bei Nebellagen wie an besagtem Tag wird – ungeachtet der verminderten Sicht – äusserst aggressiv gefahren. Ein Grossteil der Fahrer/innen aktiviert die konstant blinkende Warnleuchte und beraubt sich damit der Möglichkeit, einen Spurwechsel oder ein Abbiegen den anderen Fahrzeugen anzuzeigen. Im besten Fall sind gar die Scheinwerfer aufgeblendet. Schliesslich will man ja gesehen werden! Im Radio ermahnen die Moderatoren derweil, NICHT die Warnleuchte sondern das Nebellicht am Heck des Wagens einzuschalten. Aber alles umsonst. Die „Gulf News“ wird in ihrer nächsten Ausgabe über 200 Unfälle im morgendlichen Geschäftsverkehr allein im Raum Dubai vermelden. Eine traurige Bilanz.

A propos Radio. Wir haben die Wahl zwischen mindestens vier Stationen. Von „Radio 1“ über „Radio 2“ und „Channel 4“ bis hin zu „Radio 7“.
Beginnen wir bei „Radio one – the Nation Station“. Oder wie die Tschingels auch vermelden: „The best in Dance n’ R&B!“ Klingt vielversprechend, oder nicht? Die Kinder jedenfalls lieben dieses endlose Bassgehämmere, während den geplagten Eltern melodiösere Weisen lieber wären.
Da passt „Radio 2“ schon wesentlich besser ins akkustische Verständnis der Erzieherschaft. Dieser Sender wirbt mit dem Slogan „...the better mix....“ Und da liegt er gar nicht so falsch, spielen die Moderatoren doch Hits der 70er, 80er und 90er Jahre. Daneben gibt’s viel Sound aus den aktuellen Charts – oder jeden Morgen bei der Fahrt zur Schule das „Powerbreakfast with Almarai“ (Produziert Milchprodukte verschiedenster Art).
Radio oder „Channel 4“ scheint etwas weniger populär trotz vielseitigem Musikangebot. Und schliesslich bleibt noch „Radio 7“, das eigentlich „Radio sabha“ heisst und ein arabischer Sender ist. Deshalb fällt es mir schwer, an dieser Stelle kompetent über die Moderatorenleistung oder über die vermittelten Inhalte Auskunft zu geben. Zwar versuche ich immer wieder, 15 Minuten nach der vollen Stunde die Nachrichten des Tages (akhbar alyoum) zu verfolgen, doch mit dem Verstehen hapert es noch ganz gewaltig. So untermalen wir denn – je nach Laune und Tageszeit – die zahlreichen Autofahrten mit munterer Musik der Kanäle eins, zwei,vier oder sieben.
Und wenn uns das aktuelle Angebot nicht passt, schieben wir kurzerhand eine CD ein.
Und dann, ja dann haben wir die Wahl zwischen Florian Ast, Baschi oder Züri West.

„Was für Zeiten, was für Sitten...“

Monday, November 06, 2006

Staulage

Wieder einmal hat es mich nach Europa gespült.
Auch in Frankfurt residieren wir unmittelbar am Flughafen. Vom Hotel Sheraton führen diverse Passerellen und Rollbänder zu den An- und Abflughallen. Obwohl ich einen beträchtlichen Teil meines bisherigen Lebens auf Flughäfen verbracht habe, fasziniert mich die rastlose Atmosphäre dieser internationalen Drehscheiben nach wie vor. So schlendere ich gemütlich durch die zahlreichen Hallen und Verbindungsgänge. Beschnuppere dabei die Geschäfte, stöbere in deutschen Zeitungen und Journalen und decke mich mit neuen Büchern und Magazinen ein. Die „Rundschau“ finde ich leider nicht in den üppig gefüllten Gestellen.
Es herrscht emsiges Treiben an diesem Sonntagmorgen. Geduldig reihen sich die Reisenden in endlosen Warteschlangen. Froh, nicht selber anstehen zu müssen, ja beinahe genüsslich schon, studiere ich ihre Gesichter. Vor einigen Gepäck-Röntgenapparaten haben sich Schlangen von mehr als 30 Metern gebildet. Ob sie alle mit Etihad fliegen wollen...? Wohl kaum, unser Flug startet erst am Abend. Vielleicht mit der SWISS...?
Der Stau vor dem Check-In mahnt mich an diverse Notizen zu möglichen Blog-Einträgen. Auch hier haben sich einige Dinge „gestaut“. Ideen sind vorhanden, aber ich habe bislang nicht geschrieben. Dabei habe ich in der Zwischenzeit meinen „Training Day“ sowie den Simulator-Check auf dem A340 absolviert. Erfolgreich. Mehr noch, diese Reise nach Frankfurt ist mein erster Flug mit einem Etihad-A340. Allerdings „nur“ mit dem A340-300, jener Maschine, die auch die SWISS einsetzt. Um Flüge mit der grösseren A340-500 Version durchführen zu können, brauche ich noch eine Einführung mit einem Instruktor. Zwei „Sectors“ – that’s it.
Der A340-500 wird in erster Linie auf der Strecke Abu Dhabi-New York eingesetzt. Flüge von 14 Stunden und mehr mit einem lediglich 24-stündigen Aufenthalt in Long Island. Anschliessend geht’s zurück an den Arabischen Golf. Für Etihad Airways ist die Aufnahme der New York-Verbindung ein weiterer Meilenstein in ihrer jungen Geschichte. Nonstopflüge über den Nordatlantik mit Cockpit „Full-Enlargement“, sprich zwei Cockpitbesatzungen, die sich die Zeit am Sidestick teilen. Zahlreiche Bulletins wurden im Vorfeld versandt, neue Uniformteile kreiert. In der Kabine dürfen sich die Piloten nur mit einem „Cardigan“ zeigen. Die Passagiere sollen uns nicht erkennen. Auch wird ein einheitliches Pyjama in dezentem Grau mit Etihad-Emblem ausgefasst!!! Da genossen wir bei der SWISS ja geradezu grenzenlose Freiheiten, war uns doch die Wahl des Schlaftenues weitgehend freigestellt.
Toni hat mich natürlich – einmal mehr – überholt und fliegt diesen Monat bereits drei Mal als ausgecheckter 500er-Captain nach New York und zurück. Aber nicht nur in diesem Punkt hat er die Nase vorn. Auf seinem lokalen Bankkonto hat er – wenn auch für Insider nicht ganz unerwartet – in kürzester Zeit bereits wieder ein Vielfaches von uns an „Dirham“ geäuffnet, so dass mir nur noch das "Stau"nen ob diesem „Geldstau“ bleibt. Immerhin halte ich in Sachen Fahrkilometer die Pole Position. Der Tacho unseres Prado zeigt nämlich bereits 9000 Kilometer. Staufrei. Da zumindest können die Ackermanns in keiner Art und Weise mithalten...

Einsatz- und Kinderplanung mit Tücken
Der November-Einsatz wurde spät publiziert. Sehr spät. Erst am 29. Oktober. Dafür mit unangenehmen Überraschungen. Wahrscheinlich gabs einen Planungsstau. Mein Wunsch für vier Freitage vom 11. bis am 14. November hat der anglikanische Planer locker ignoriert. Im Gegensatz zu meinem früheren Arbeitgeber können bei Etihad solche „Requests“ nicht elektronisch eingegeben werden. Hier füllt man einen Zettel aus. Wie zu Beginn meiner zivilen Fliegerkarriere vor 25 Jahren. Dabei steht einem lediglich ein Wunsch pro Monat frei. Entweder für einen bestimmten Flug oder halt eben für einen Freitageblock. Diesmal hat es nicht geklappt und das ist ärgerlich, weil Franziska für eine Klassenzusammenkunft und einige andere Besorgungen in die Schweiz fliegt. Bisherige Versuche, den betreffenden Flug loszuwerden oder abzutauschen sind kläglich gescheitert. Trotz anderslautender Versprechungen gewisser Stellen. Ähnlich diffus präsentiert sich übrigens auch die Feriensituation für die Monate Dezember und Januar. Noch habe ich keine Ahnung, was da auf mich zukommt. Immer schön locker bleiben heisst die Devise. Nur nicht aufregen. Dafür haben wir jetzt endlich eine Alkohollizenz und können guten Gewissens mit dem Abbau der im Kühlschrank gestauten Bierbüchsen beginnen! Ganze vier Wochen mussten wir uns gedulden, bis der Kurier es geschafft hat, das kleine Büchlein bei uns auszuliefern. In dieser Zeit hat er mindestens 15 Mal angerufen und seinen Besuch angekündigt, dies zu den unmöglichsten Tages- und Nachtzeiten.
Und dies noch zum Schluss: Im Cockpit kommt es immer wieder zu interessanten Diskussionen, die sich in der Thematik zeitweise deutlich von früheren Gesprächen in SWISS-Flugzeugen unterscheiden: Bei einem meiner letzten Flüge – es war nach Manchester – war ich mit einem Emirati unterwegs. Einer der wenigen „Locals“, der es ins Cockpit der Etihad geschafft hat. Sie seien zehn Kinder gewesen, teilt er mir stolz mit. Offenbar gefällt ihm das System „Grossfamilie“, denn zusammen mit seiner aus Saudi-Arabien stammenden Frau hat er auch bereits fünf Söhne. Nun sucht er eine zweite Frau, mit der er weitere Kinder zeugen kann. Doch seine Gattin ist mit diesem Vorhaben nicht einverstanden. Obwohl die Muslime das Recht auf vier Frauen haben, muss sie dazu ihr Einverständnis geben. Da steht dem lieben Kollegen noch etwas Überzeugungsarbeit bevor. Sonst droht ein Stau der anderen Art.

Friday, October 27, 2006

Von den ersten Ferien

Ein zweitägiger Ausflug ins nahe liegende Al Ain brachte etwas Abwechslung in die "Eid al fitr" Ferienwoche unserer Kinder. Eine erste Anfrage, wer sich denn für die Verfassung eines Blogeintrages melden würde, verhallte scheinbar ungehört in den endlosen Weiten des "Jebel Hafit". Auch mehrmaliges Nachhaken brachte kein Resultat. Erst als ich mich auf der Rückfahrt dazu hinreissen liess, die Klimaanlage unseres Autos auszuschalten und die Temperaturen in der Folge wüstenähnliche Werte erklommen, erklärte sich Nina im weitesten Sinne freiwillig bereit, einen Bericht zu schreiben. Ihr Beitrag sei hiermit herzlich verdankt...





"Hier in Abu Dhabi, einem sehr warmen Land, musste ich eine Jacke anziehen. Nicht in einem kalten Restaurant oder so, nein. Es war draussen. In der Eid Al Fitr Ferienwoche gingen wir nach Al Ain. Bis dorthin braucht man etwa anderthalb Stunden. In dieser Stadt ist es gleich warm wie in Abu Dhabi aber unser Hotel, Mercure, lag so hoch – nämlich auf 1185m – dass wir fast weggeblasen wurden. Wenn man zwischen diesen Felsen hinauf fährt kommt man sich vor wie beim Gotthard. Etwa 26° war es dort. Ich weiss für die Schweizer ist das vielleicht noch warm aber für uns ist es schon ein bisschen kälter. In Al Ain ist es 34° warm. Schon ein kleiner Unterschied. Dafür hatte man von dort oben eine hervorragende Aussicht! Man sah über die ganze Stadt. Der Pool war auch recht gross und hat drei Rutschbahnen. Nicht zu vergessen, es gab auch eine Pool Bar. Ob ihrs glaubt oder nicht ich nahm an dieser Bar eine heisse Schokolade. Das Wasser war nämlich sehr kalt und mit diesem Wind fühlte es sich noch viel kälter an. Weil es in der Anlage ein grosses Schachbrett gibt spielten Linda und ich noch eine Partie als wir aus dem Wasser kamen. Wir hatten zwei Zimmer bestehlt. Eins für die Männer und eins für uns, die Frauen. Am Abend gingen wir kurz auf die Aussichtsterrasse. Ein wunderschöner, unbeschreiblicher Ausblick hatte man von dort aus! Zwar blies es uns unsere schönen Frisuren durcheinander aber trotzdem war es atemberaubend. Später genossen wir das Buffet. Das Motto war Südafrikanischer Abend. Leckerer Salat, saftiges Fleisch und süsse Desserts. Jetzt waren wir wieder an dem Punkt, an dem ich das erste mal eine Jacke draussen in den Vereinigten Arabischen Emiraten anzog. Meine Mutter und ich spazierten danach ins Zimmer und schauten ein bisschen, was im Fernseher kam. Die anderen rauchten noch eine Shisha in einem kleinen aber gemütlichen arabischen Zelt hoch über den Lichtern von Al Ain.

Nächster Tag: Kamelmarkt



Am nächsten Tag nahmen wir ein leckeres Frühstück zu uns. Es gab viele leckere Sachen darunter auch Datteln, Spiegeleier, Müsli und noch warmes Brot. Später packten wir in unseren Zimmern alles zusammen und zogen gute Kleidung an für unser Ziel. Als wir bereit waren stopften wir alles in unser Auto und konnten den ganzen Berg – der grösste in den Emiraten – wieder hinunter fahren. Unten angekommen war es schon wieder 34°. Mithilfe des Stadtplanes konnten wir den Kamelmarkt finden. Sie verkauften gerade junge Dromedare die erst drei Tage jung sind. Wir durften sie streicheln und Fotos machen. Danach gingen wir zu einem riesigen Dromedar aus Saudi Arabien. Das Fell war sehr rau und wir durften es auch streicheln. Mein Bruder und ich trauten uns auch auf eines rauf zu sitzen. Auf dem Markt gab es auch Rennkamele. Wir spazierten noch ein bisschen bei den Kamelen vorbei. Als wir genug gesehen hatten und gehen wollten hätten wir fast noch Linda gegen 10 Kamele getauscht. Mein Vater versuchte mit dem Verkäufer zu handeln. Und was kam heraus? Er offerierte uns 20 Kamele. Was wir aber dann doch nicht machten. Dafür gingen wir in ein Museum. Im Museum konnte ich viele Bilder anschauen von den Seihks und ihren Familien. Als wir alles gesehen hatten wollten wir in ein Fort. Um dorthin zu kommen fuhren wir durch eine Oase.

Wir fragten einen Mann nach dem Weg. Wir fuhren und fuhren zwischen den Palmen hindurch und auf einmal waren wir wieder auf einer Strasse. Wir hatten also die ganze Oase durchquert. Meine Eltern sahen gerade noch einen Vasenstand. Sie kauften zwei von diesen schönen Vasen. Endlich hatten wir das Fort gefunden und bestaunten es. Gleich nebenan gab es ein Museum. Neben der Kasse sass ein Mann, der arabischen Kaffee und Datteln verkaufte. Wir probierten einen Schluck von diesem Kaffee. Er war etwas bitter. Für mich wie ein Kaffee ohne Zucker und ohne Milch. Mein Vater kaufte fünf Tickets für einen Rundgang im Museum. Es war sehr eindrücklich. Etwa um 5 Uhr Abends stiegen alle ganz erschöpft ins Auto und fuhren in Richtung Abu Dhabi. Dies waren zwei Tage aus unseren ersten Ferien in Abu Dhabi."






Monday, October 23, 2006

Herbstzeitlose

Ich sitze im Büro hinter meinem Laptop. Draussen scheint wie jeden Tag die Sonne. Man könnte sich in der Tat daran gewöhnen. Seit gestern ist der Ramadan zu Ende. Wenn das Fasten endet wird für drei Tage gefeiert. Diese Feier nennt man "Eid-Al-Fitr" (das Fest des Fastenbrechens). Geschenke werden vergeben, Freunde und Familie kommen zusammen und beten für ein großes Abendessen. In manchen Städten werden Feste veranstaltet, um das Ende des Ramadan zu zelebrieren. "Eid Mubarak" lautet der in diesen Tagen am meisten verwendete Ausspruch , was soviel bedeutet wie - "Alles Gute zum Fest Eid".
Die Kinder geniessen eine Woche Schulferien. Tim und Linda haben bei Freunden übernachtet, Franziska und Nina vergnügen sich am Pool. Ich stecke in den Vorbereitungen zu meinen beiden A340 Simulator-Sessions von Freitag und Sonntag. Alle festen oder feiern und ich soll lernen. Na ja – zum Glück darf ich heute Abend noch nach Kuwait und zurück fliegen. Da wird das Hirn ein wenig ausgelüftet...

Letzte Woche war ein München-Flug angesagt. Wir starteten hier in Abu Dhabi mitten in der Nacht und landeten in der Bayernmetropole am frühen Morgen: Es war noch dunkel, die Sicht betrug gerade mal 300 Meter und das Thermometer zeigte ein (1!) lumpiges Grad. Ob wohl der Zeiger festgefroren war? Automatische Landung und zum Standplatz rollen entlang der grünen Lichter. Eine gespenstisch wirkende Umgebung auf der Busfahrt ins nah gelegene Landshut, wo sich unser Hotel befindet. Obwohl ich müde bin, ist mir nicht ums Schlafen. Ich ziehe mich um, gehe in den Frühstücksraum und geniesse ein urchiges deutsches Buffet mit Eiern, Speck und frischen Semmeln.

Am Nachmittag – nach rund vier Stunden Schlaf – schlendere ich über die Brücke ins nahe Städtchen und bummle durch die Gassen. Renovierte Altstadthäuser in modernen Pastellfarben reihen sich aneinander. Sie vermitteln Geborgenheit und erinnern mich komischerweise an eine Kasperlitheaterbühne. Die Temperaturen sind zwar im Verlauf des Tages angestiegen, jedoch vermögen sie knapp an der 16 Grad-Marke zu kratzen. Die Luft ist frisch und satt, die Bäume haben ihre Farbe bereits gewechselt.

Es ist Herbst – und ich habe es bis zu diesem Moment nicht bemerkt!

Mit einem Schlag wird mir klar, wie wenig ich in Abu Dhabi vom Jahreszeitenwechsel mitbekomme. Wohl sind die Temperaturen kontinuierlich am sinken und die Tageshöchstwerte liegen nur noch bei rund 36 Grad. Auch die Abende und Nächte sind angenehmer, da die Luftfeuchtigkeit geringer ist. Doch es gibt keine Bäume, die ihre Farbe wechseln. Es gibt auch keine Passanten, die Handschuhe und Wollmützen tragen. Die Luft, die ich hier in Deutschland atme, verströmt einen starken und intensiven Herbstgeruch. Die Luft in Abu Dhabi ist dünn und geschmacklos. Auch das wird mir in diesem Moment bewusst.
Die Vorzeichen haben sich geändert. Während ich bis vor kurzem auf meinen Flügen jeweils die Kälte und den Nebel hinter mir gelassen habe, um mich am freundlichen Klima anderer Kontinente zu erfreuen, so geniesse ich jetzt umso mehr die dunkle und melancholische Stimmung des Herbstes in Europa. Genau wissend, dass ich mich in meiner neuen Heimat bald schon wieder wärmen kann. Dieses Erleben macht mir deutlich, wie schnell man sich auch an die schönen Dinge dieses Lebens gewöhnt. Und wie relativ doch die Wahrnehmung immer wieder ist.

Die Herbststimmung fasziniert übrigens nicht nur mich. Auch die Besatzung scheint beeindruckt und löchert mich mit ihren Fragen. Die „Crew members“ kommen aus Brasilien, Kenya, Weissrussland, Serbien, Tunesien, Indien, Marokko, Thailand und aus den Philippinen. In der Mehrzahl Länder, in denen selten Nebelschwaden die Herbststimmung trüben. Ach ja – da gibt es noch den jungen syrischen Copiloten, für den automatische Landungen bisher reine Theorie waren. Dafür kennt er sich beim Fasten aus. Doch er lässt Vernunft walten und reduziert die Fastentage auf die Zeit, in der er nicht fliegt. Dafür betet er im Cockpit. Nicht aber, ohne mich vorher um Erlaubnis zu bitten. Nachdem er sich genau vergewissert hat, in welcher Richtung Mekka liegt, beginnt er auf 41000 Fuss mit leiser Stimme sein Gebet. Dazwischen verneigt er sich immer wieder und legt seinen Kopf auf die Kante des kleinen Arbeitstisches vor seinem Sitz. Die Situation hat etwas Komisches, und Gleiches wäre in einem SWISS-Cockpit kaum denkbar. In meinem Kopfhörer vernehme ich Funksprüche mit arabischem Akzent. Wir befinden uns über Jordanien. „Salam aleikum.“ Sagt der eine. Eine andere Stimme entgegnet: „Wa aleikum salaam. Wa rahmatu allah.“

Saturday, October 14, 2006

Into the dunes



Man gönnt sich ja nichts. Und da während des Fastenmonats diverse Motoren mit gedrosselter Leistung laufen, stand uns der Sinn nach Abenteuer und Dünenritt. Den Bruder mit seinem Sohn zu Besuch, wurden wir bei der lokalen Agentur einer renommierten „Adventure-Organisation“ vorstellig und schrieben uns kurz entschlossen für einen abendlichen Trip im Sand ein. Denn noch reichen die eigenen „Skills“ nicht, um sich auf eigene Faust ins Sandmeer zu wagen.
Am späten Nachmittag wurden wir vom Fahrer abgeholt. Zu fünft füllten wir zusammen mit Latif – so hiess unser „Driver“ – knapp den geräumigen Wagen. Den einzigen freien Sitz nutzten wir zur Deponierung von Fotoapparaten und Wasserflaschen. Da Latif jedoch bereits zu Beginn der Fahrt erklärte, dass er am Fasten sei, hatten auch wir uns vor Sonnenuntergang nicht dafür, den eigenen Durst zu löschen.
Wir fuhren aus der Stadt in immer einsamere Gefilde. Schliesslich zweigte der Wagen ab zu einer kleinen Anhöhe, wo bereits drei weitere Geländecruiser mit ihren Passagieren auf uns warteten. Noch schnell Luft aus den Pneus abgelassen und dann konnte es losgehen. Um allfälligen Übelkeitsgefühlen vorzubeugen, steckten wir dem Nachwuchs einen Kaugummi in den Mund. Die vorsorglich mitgebrachten Plastiktüten blieben vorerst im Rucksack.




Dann ging der wilde Ritt durchs Sandmeer los. Der Ritt war nicht nur wild, er war zweifellos auch äussert eindrücklich. Sich die Dimensionen dieser Dünen vorzustellen ist das eine. Eine Fahrt durch dieses unwegsame Gelände selber mit zu erleben das andere. Mal stachen wir steil in den Himmel, dann wieder schossen wir kamikazegleich den Sandhügel hinunter. Wir drehten in den Dünen wie Rennfahrer in den Steilwandkurven von Indianapolis, schlitterten über steile Abhänge. Vollgas und Leerlauf. Mitunter schreckte Latif auch vor dem Gebrauch der Handbremse nicht zurück. Schatten und Licht. Die Sonne schien sich hinter den Sandhügeln zu verstecken, bevor sie plötzlich wieder an einer anderen Ecke auftauchte. Wohl hielt ich den Fotoapparat allzeit in meiner Hand bereit, doch das Schiessen eines Bildes erwies sich in Anbetracht des ruppigen und wenig antizipierbaren Fahrstils unseres Steuermanns als beinahe unmöglich. Zum Glück hielten die vier Wagen in regelmässigen Abständen an und boten auf diese Weise ihren Insassen die Gelegenheit, mit ruhiger Hand auf den Auslöser zu drücken. Vorausgesetzt das Zittern hatte bis dann nachgelassen. Dann wieder zog die zivilisierte Karawane schlingernd weiter, hielt kurz am Rande einer Kamelfarm inne, und genoss wenig später einen traumhaften Sonnenuntergang auf einer Dünenkuppe. Beinahe zu schön um wahr zu sein. Ein Naturschauspiel, wie es eine „Safari und Excursion Organisation“ besser nicht zu inszenieren in der Lage gewesen wäre. Der Kitsch tropfte förmlich in den trockenen Wüstensand und überzog die feinen Körner mit imaginärem Tau. Und kaum sassen wir wieder im Jeep war für Latif die Zeit gekommen, zwischen zwei Dünen das Fasten mit einigen Datteln und wenigen Schlücken Wasser zu brechen. Und weiter ging die rasante Fahrt.



A propos Essen. Das Abendmahl genossen wir in einem idyllischen Wüstencamp. Nach der obligaten Runde auf dem Rücken eines Kamels mit angeschlagener Bandscheibe. Dies zumindest musste aus den dumpfen und röchelnden Tönen geschlossen werden, die das arme Tier jeweils beim Aufladen neuer Passagiere von sich gab. Doch ein echter Wüstenreiter lässt sich nicht so leicht aus dem touristischen Gleichgewicht bringen, Höckerwackeln hin oder her. Das Grillfleisch mundete vorzüglich, ebenso wie die Datteln, der Salat, das im Humus getunkte Fladenbrot und der Reis. Und zum Schluss liessen wir uns alle erschöpft in die bereit gestellten Kissen fallen und pafften wie die Weltmeister an einer Sisha mit Apfelgeschmack. Jung und alt. Ein Stilleben der besonderen Art. Wie überhaupt der ganze Ausflug ein besonderes Erlebnis war. Auch wenn allenfalls die Vermutung aufkommen mag, dass unsere Schweizer Alpen vielleicht doch nicht das höchste aller Gefühle sind. Genausowenig wie Alpenrock und Jodelgesang. Ansonsten würden wir uns durch ein paar Sandhügel und arabische Klänge nicht dermassen beeindrucken lassen. Vielleicht bin ich aber ganz einfach ein Gewohnheitstier wie so viele andere auch, das sich der Faszination des Unbekannten nur schwer entziehen kann.



Die Plastiktüten haben wir übrigens nicht gebraucht. Wie auch immer. In der Wüste waren wir mit Sicherheit nicht zum letzten Mal...

Saturday, October 07, 2006

Happy Birthday

Premiere im Haus C3 im Al Qurm Compound: der erste Wüstengeburtstag. Nina die kleinste hat es uns allen vorgemacht. Man nehme einen grossen Zettel, schreibe möglichst viele Wünsche drauf, lasse sich nach Strich und Faden verwöhnen, blase Kerzen, verteile Kuchen und geniesse den Tag. Die originellen Glückwünsche der Klassenkollegen aus der Primarschule Stadel waren ein besonderes Highlight (http://schule-stadel.blogspot.com)!
Der Italiener hatte zwar - Ramadan sei dank - geschlossen. Doch auch das japanische Restaurant nur wenige Schritte daneben erwies sich als voller Erfolg. Tepanjaki wie zu Benihanas besten Zeiten. Mit einem Koch, der Eier jonglierte und Reisschüsseln herumschleuderte. Und der daneben so ehrlich war, uns immer wieder zuzuflüstern, dass er eigentlich gar kein echter Japaner sei sondern aus den Philippinen stamme. Aber, aber...

Das Essen hat trotzdem geschmeckt und die Messer-, Gabel- und Gewürzshow hat ihre Wirkung nicht verfehlt.

Ach und übrigens; Nina hat jetzt auch eine Simkarte. Und ein Handy dazu, wenn auch eine Occasion aus dem Fundus der älteren Schwester!
Sie freut sich über SMS-Botschaften. Unter +971 50 323 1602...


















































11 Kerzen, das braucht Puste!

Monday, October 02, 2006

Klassenfotos

Auf vielseitigen Wunsch publizieren wir an dieser Stelle die Klassenfotos unserer Kinder. Die Bilder können - zusammen mit diversen zusätzlichen Infos - direkt auf der Webside der Deutschen Schule www.dsad.org betrachtet werden. Ein Mausklick auf eines der Bilder bringt euch noch näher ans Geschehen.

Alle drei scheinen äusserst zufrieden in ihrer neuen Umgebung: Sie nehmen regelmässig feste Nahrung zu sich, erledigen ihre Hausaufgaben, sind tag- und nachtaktiv (letzteres vor allem...) und verabreden sich in zunehmendem Masse mit Gleichaltrigen und nicht immer Gleichgeschlechtlichen jeglicher Nationalität. "Sisha" ist - zumindest bei den beiden älteren - "in", die Eltern etwas mehr "out". Doch noch sind keine Schlaf raubenden Tendenzen auszumachen.

Linda legt Wert auf die Feststellung, dass auf ihrem Klassenfoto ein Junge (wegen Blinddarmoperation in der ersten Woche!) fehlt. Er sei hübsch und trage sein Haar ebenfalls lang. Als wenn es nicht schon genug männliche Achtklässler gäbe...






8. Klasse




5. Klasse




10. Klasse

Saturday, September 30, 2006

Ramadan und hispeed

Am 23. September hat der Ramadan begonnen. Landesweit angekündigt in Radio und Printpresse. Was wiederum verständlich ist, denn der Fastenmonat gehört zu den Hauptfesten des Islam und ist gemäss der Zeitung „Gulf News“ „...a time of giving, patience and tolerance for Muslims“.
Und seit gestern geniessen wir in unserem Haus die Vorzüge eines Hispeed-Internetanschlusses! Lang herbei gesehnt und endlich wahr geworden.
Natürlich haben die beiden Ereignisse wenig bis gar nichts miteinander zu tun. Ausser vielleicht, dass beide unser Leben in Abu Dhabi spürbar beeinflussen. Während der Fastenmonat für Nicht-Muslime den Rhythmus der Stadt merklich verändert, öffnet uns die rasche Internetverbindung neue Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten, deren Vorzüge wir schon beinahe vergessen hatten.

Doch zuerst zum Ramadan. Es ist dies der neunte Monat des Islamischen Mondkalenders, der – nach der Skala des für uns geltenden Gregorianischen Kalenders – jedes Jahr elf Tage früher beginnt. Ramadan wird ausgerufen, wenn die Mondsichel nach Neumond, genannt „Hilal“, erstmals wieder mit blossem Auge sichtbar ist. Fasten ist obligatorisch für alle Muslime, die der Pubertät entwachsen, gesund, nicht schwanger und nicht auf langen Reisen sind. Wer nicht fastet, holt dies in einem anderen Monat nach oder kümmert sich um die Armen und Bedürftigen. Das Fasten, auch „sawm“ genannt, wurde im Jahre 624 nach Christus zur Pflicht für Muslime. Fasten heisst aber nicht nur, während des Tages auf Essen und Trinken zu verzichten. Auch dem Rauchen und jeglicher sexueller Aktivität muss entsagt werden.
Für Millionen Gläubige auf der ganzen Welt bedeuten die Riten des Ramadan Hingabe zu Gott und Selbstbesinnung bei der Ausübung der täglichen sechs Gebete.
Ein typischer Fastentag beginnt mit einem frühen Erwachen vor der Morgendämmerung. Es folgt die Einnahme einer letzten Nahrung, genannt „Suhoor“, die vor dem Aufgang der Sonne beendet sein muss. Auf unserem Flug nach Lahore vor wenigen Tagen – der Start in Abu Dhabi erfolgte um 0210 Uhr Lokalzeit – kam die Kabinenchefin, selbst eine Muslimin, immer wieder ins Cockpit um sich zu vergewissern, wann sie denn unseren Passagieren nun „Suhoor“ angekündigen könne. Bei konstant wechselnden Zeitzonen keine einfache Aufgabe, aber mit Hilfe einer phantasievollen Cockpitcrew durchaus machbar. Von unserer zwölfköpfigen Besatzung waren übrigens fünf Mitglieder am Fasten. Arbeit und Nachtflug hin oder her.
Auch der muslimische Installateur, der unsere Vorhänge montierte, unterbrach sein Tun in völliger Selbstverständlichkeit, um in einer stillen Ecke sein Gebet zu sprechen. Die Gebetszeiten werden täglich in der Tagespresse publiziert, beispielsweise „Fajr“ um 04.49 Uhr, „Dhuhur“ um 12.16 Uhr, „Asr“ um 15.41 Uhr, „Maghrib“ um18.11 Uhr und „Isha“ um 19.41Uhr. Diese fünf Gebetszeiten werden während des Fastenmonats um ein zusätzliches Abendgebet, genannt „Taraweeh“ ergänzt, das unmittelbar an "Isha" anschliesst. Die hier genannten Zeiten beziehen sich auf den 28. September und variieren je nach Ort. Das tägliche Fasten endet mit dem Ruf zum Abendgebet – dem "Maghrib" – und der anschliessenden Mahlzeit „Iftar“. Jeden Abend erfreuen sich auch zahlreiche Nicht-Muslime zusammen mit den Gläubigen an einem der in vielen Hotels und Restaurants angebotenen üppigen „Iftar-Buffet“. Auch wir haben uns schon durch die Vielfalt der arabischen Getränke und Speisen "gekämpft", allerdings mit dem Hauch eines schlechten Gewissens. Schliesslich hatten wir den Tag nicht fastend verbracht. Die Zeit unmittelbar vor „Iftar“ gehört statistisch gesehen übrigens zu den gefährlicheren auf der Strasse, kommt es doch immer wieder zu Unfällen, weil unterzuckerte und ausgehungerte Autofahrer im Eiltempo nach Hause rasen, wo sie zusammen mit ihren Familien das Fasten brechen ("break fast").

Auch Touristen und andere Menschen, die nicht fasten, spüren den veränderten Lebensrhythmus markant. Die Arbeitszeiten werden um zwei Stunden gekürzt, öffentliche Dienste und Ämter haben ihre Büros lediglich von 0900 bis 0200 Uhr geöffnet. Beim Einkauf im „Carrefour“ stösst frau in völlig neue Konsum-Dimensionen vor: obwohl es sich beim genannten Geschäft um eine äusserst grosszügig konzipierte Anlage handelt, herrscht jetzt ein fürchterliches Gedränge. Franziska erlebte ein wahres „Ramadan-Einkaufs-Tohuwabohu“ und benötigte anstelle der üblichen zwei Stunden gleich die doppelte Zeit. So paradox es klingt, während der Fastenzeit wird in arabischen Ländern deutlich mehr an Lebensmitteln gekauft und zubereitet als gegessen werden kann. Die Folge ist ein durchschnittlich doppelt so hohes Müllaufkommen. Ausserdem wird auf besonders energiehaltige Speisen und Zutaten wie beispielsweise Datteln und Nüsse Wert gelegt.
„Id al-Fitr“, das Fest des Fastenbrechens, mit dem die 30-tägige Fastenzeit ihren Abschluss findet, wird in den ersten drei Tagen des Folgemonats gefeiert und ist eines der beiden Hauptfeste des Islam.

Derweil also aufs Essen am Tag verzichtet wird, beginnt bei der Familie Eppler eine neue Zeitrechnung anderer Art: Die erfolgreiche Installation eines ADSL-Modems katapultiert uns ebenfalls in neue Dimensionen, allerdings nicht in Sachen Einkaufen sondern viel eher in Kommunikationbelangen. Ich bin beinahe erschrocken, als sich auf dem Bildschirm meines Laptops in rasend rascher Folge die einzelnen Text- und Bildelemente einer Zürcher Tageszeitung zu einem harmonisch blau-weissen Ganzen aufbauten.
Welch Wunder der Technik. Dass es so etwas gibt...!
Sogar Franziska – ansonsten in Sachen Computer eher von zurückhaltender Natur – kam nicht umhin, sogleich einen „Log-in Versuch“ zu starten. So macht das „world wide web“ wieder Spass. Internet at its best! Die letzte Hürde wird die kabellose Erschliessung sämtlicher Hausecken und –winkel sein. Doch dafür haben wir extra einen Experten ins Domizil bestellt. Er wird am Samstag erwartet. Was aber nichts heisst. Könnte gut sein, dass er nicht auftaucht. Auch am Sonntag nicht. Dafür vielleicht am Montag. Eine Woche später versteht sich. Aber das vermag uns nicht (mehr) zu erschüttern. Höchstens ein bisschen. Aber wir werden nicht laut und bleiben anständig. Schliesslich ist Ramadan. Und da gelten halt andere Gesetze....

„Ramadan Kareem!“

Sunday, September 17, 2006

Zwischenhalt

posted by Dide
Ich sitze im Wartesaal des Bahnhofs Spiez. Der Himmel ist wolkenverhangen, die Stimmung trübe. Nach einem angenehmen Nachtflug mit einigen Stunden Schlaf in der „Pearl-Class“ eines Etihad A330 bin ich kurz nach sieben in Genf gelandet. Die Schweiz hat mich wieder! Zumindest für zwei Tage.

Kurze Rückblende. Bevor ich gestern ins Taxi zum Abu Dhabi Airport stieg, besuchte ich mit Franziska gleich zwei Elternabende an der Deutschen Schule. Es informierten die Klassenlehrerinnen der 5. und der 8. Klasse. Wir waren gespannt, obwohl wir doch mittlerweile geübte ElternabendbesucherInnen sind! Natürlich prägen noch immer Stadler Dimensionen unser Denken. Sicher verständlich, schliesslich hat Franziska die vergangenen acht Jahre als Schulpflegerin sämtliche Vorgänge in der und um die Primarschule aus nächster Nähe mitverfolgt. Alles war vertraut.
Hier fühlen wir uns noch etwas fremd. Schweizer gibt es nur wenige an der DSAD (Deutsche Schule Abu Dhabi), die übrigens – wen’s interessiert – unter http://www.dsad.org/ angeklickt und piktoral betrachtet werden kann. Beim Betreten der kleinen Schulzimmer versuche ich zu erahnen, wie sich unsere Kinder am ersten Schultag gefühlt haben.
Lindas achte Klasse zählt, wie bereits berichtet, bloss neun Schüler. Acht davon sind männlichen Geschlechts. Frau Maluck, die Klassenlehrerin, wirkt äusserst sympathisch, wenn auch ziemlich „tough“. Sie unterrichtet Deutsch und Geschichte. Die Frau weiss was sie will. Und sie fordert was sie kann. Die Klasse wird als Gymnasialklasse geführt. Einzig ein Schüler erfüllt die Vorgaben nicht. Im Fach Deutsch hat bereits eine erste Kurzarbeit stattgefunden. Und wir nehmen beinahe etwas belustigt zur Kenntnis, dass Linda – als Schweizerin wohl gemerkt – mit Note 2 (Deutsches Benotungssystem!) die Klassenbeste war. Es mag darüber spekuliert werden, ob dies am Alemannischen Gymnasialniveau oder an der Kompetenz der Stadler Oberstufe E liegt. A propos Franziska und Schulpflege. Meine Frau hat es doch geschafft, bereits im Verlauf des ersten Elternabends einen Job zu fassen. Sie wurde ehrenvoll als Elternsprecherin der 8. Klasse gewählt. Die Schweizerinnen setzen Akzente in dieser Klasse – zumindest vorderhand...

Im Klassenzimmer von Nina sind die Bänke wesentlich besser besetzt. Kein Wunder, die Gruppe ist mit 17 Kindern beinahe doppelt so gross und homogen durchmischt. Frau Friedrich, die Klassenlehrerin, ist ebenfalls neu an der Schule und kämpft mit ähnlichen Problemen wie viele der neu zugezogenen Familien: Man tafelt am Campingtisch, teilt sich infolge ungenügender Ausstattung Geschirr und Besteck und verbringt die Freizeit zu grossen Teilen in den einschlägigen Möbelhäusern. Diese wiederum kämpfen bei ungestümer Nachfrage neu eingeschleuster „Expats“ – wohl aufgrund knapper Baumressourcen – mit gewaltigen Lieferproblemen. Aber das ist ein anderes Thema.

Auch in Ninas Klasse werden ElternvertreterInnen gesucht und es gelingt mir nur dank raffiniertem taktischen Geschick, ungefragt das Zimmer zu verlassen. Dafür habe ich mich – dies sei hier verraten – beim lokalen Eishockeyclub, den Abu Dhabi Falcons, als „Score Keeper“ gemeldet. Ich bin mir zwar noch nicht ganz sicher, welches Tätigkeitsgebiet diese Charge umfasst, bin jedoch beseelt von der Hoffnung, der Herausforderung gewachsen zu sein. Denn Tim hat sich mittlerweile als neuer Spieler registrieren lassen und bereits sein erstes Eistraining auf „Wüsteneis“ absolviert. Am gleichen Tag übrigens, an dem Linda im Rahmen einer Geburtstagsfeier zum Skifahren nach Dubai eingeladen war. Verkehrte Welt: Wir Schweizer sitzen bei 40 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von annähernd 90 Prozent am Arabischen Golf in der Wüste, zwei unserer Kinder treiben Wintersport, während in Zürich bereits die ersten Herbstboten Einzug halten.



Unseren Kindern gefällt es soweit ausgezeichnet. Das wiederum beruhigt die geplagte Elternseele. Denn die erste Krise ist nur eine Frage der Zeit. Ich kann mich an eine Tierfutterwerbung mit dem Spruch „Geht es der Katze gut, freut sich der Mensch“ (oder so ähnlich) erinnern. Mit dem Nachwuchs verhält es sich analog. Überhaupt ist aus der Forschung bekannt, dass sich die Mechanismen zwischen den Haltern von Haustieren und den Erziehern von Kindern verblüffend ähnlich sind. Auch das ein anderes Kapitel.
Unser Compound füllt sich derweil mit Leben. Das bringt den Sprösslingen entsprechende Vorteile. An den Abenden trifft sich regelmässig eine internationale Mischung aus Amerikanern, Kanadiern, Brasilianern und Einheimischen (sogenannte „Locals“) vor den Häusern auf der Strasse zum Fussballspiel oder am Pool zum Baden. Daneben bevölkern Schweden, Pakistani, Iraner, Ägypter, Jemeniten und Holländer den Compound. Einige Hunde unbestimmer Nationalität hat es übrigens auch. Aber die spielen nicht Fussball. Die hecheln primär und schaffen es bei dieser Hitze gerade einmal, den Häuserblock ohne Chappi-Infusion zu umrunden.

Zurück ins Bahnhofbuffet. Bald kommt mein Zug und bringt mich weiter ins Diemtigtal, wo ich einige Dinge erledigen will. Morgen geht’s in Kloten zum „JAR Medical Check“, in zwei Wochen muss auch das Emiratische „Medical“ erneuert werden. Neu verlangt das U.A.E. Luftamt übrigens eine Kontrolle des „Body Mass Index“. Mit Verlaub, dies ist kein Scherz. Zwei Limiten müssen eingehalten werden. Wird die erste überschritten, bleiben sechs Monate Zeit zum Abspecken. Liegt der Wert über der zweiten, höheren, Limite, gibts ein „Grounding“. Da bleiben mir die so heiss geliebten Datteln förmlich im Halse stecken. Ganz abgesehen davon, dass ich als semiprofessioneller Weisskittel-Hypertoniker solche Übungen sowieso nicht besonders liebe. Ich lebe in ständiger Angst, dass sich irgendwann einmal ein Arzt an einem überstrapazierten und in der Folge geschädigten Quecksilber-Messgerät verletzen könnte. Noch ist allerdings nichts dergleichen passiert. Knock on wood.

Wednesday, September 06, 2006

School has started

posted by Dide and Tim
Seit die Familie hier in Abu Dhabi lebt komme ich kaum noch zum Schreiben. Die Tage verfliegen förmlich, Sonnenauf- und Sonnenuntergang scheinen verbrüdert, kurze Tage und noch kürzere Nächte halten uns in ihrem Bann. Bei mir persönlich wächst der Wunsch nach einem „normalen“ familiären Alltagsrhythmus. Doch daran ist im Moment nicht zu denken. Für Franziska hat nach der strengen Zeit der „Haushaltsauflösung“ die ebenso anspruchsvolle Phase des „Neuaufbaus“ begonnen. Sie kämpft mit den Macken indischer Haushaltmaschinen ebenso wie mit den ekelhaften Windattacken unserer Klimaanlage. Im Schlafzimmer ist es uns zwar gelungen, dank raffinierter Stellung der einzelnen Blenden zu verhindern, dass wir beinahe aus dem Nachtlager geblasen werden. Allerdings hat diese Massnahme zur Folge, dass – Bernoulli lässt grüssen – die Anlage entsprechend an Dezibeln zugelegt hat und sich in einem Wettbewerb zur Imitation heranbrausender Schnellzüge mit Leichtigkeit in die Medaillenränge hieven würde.
Doch davon will ich heute nicht berichten. Solche Episoden lassen sich weit besser von Angesicht zu Angesicht schildern. In den vergangenen Tagen waren es unsere Kinder, die im Mittelpunkt des Geschehens standen. Das tun sie im Grunde genommen zwar immer, in vielfältiger Weise und aus vielfältigem Anlass. Der erste Schultag in Abu Dhabi jedoch darf mit Sicherheit als ein besonderes Ereignis bezeichnet werden.

Es geht los
Am 4. September war es soweit. Eines darf gesagt sein: unsere drei Sprösslinge sind die ganze Angelegenheit erstaunlich locker und mit positiver Einstellung angegangen. Zumindest gegen aussen. Ohne Hektik und Aufregung. Nach gemeinsamem Frühstück kämpfte sich die ganze Familie im eigenen Wagen durch den Morgenverkehr von Abu Dhabi. Da unser Compound am Rande der Stadt liegt, dauert die Fahrt zur Schule um diese Tageszeit rund 20 Minuten. Vor dem Eingang der Deutschen Schule herrschte reger „Abladeverkehr“. Weil um 0800 Uhr eine Begrüssungsrede des neuen Schulleiters angesagt war, wollten die meisten Eltern ihren Wagen parkieren, was sich in Abetracht der begrenzten Abstellmöglichkeiten als ein anspruchsvolles Unterfangen erwies.
Tim, Linda und Nina waren natürlich gespannt auf ihre Lehrer, ihre Mitschüler und auf die Zusammensetzung ihrer Klassen. Ähnlich dürfte es wohl auch den zahlreichen anderen Kindern und Jugendlichen ergangen sein, von denen viele ebenfalls neu an dieser Schule begannen. Das Geheimnis wurde am Schluss der Ansprache gelüftet, als die SchülerInnen klassenweise nach vorne gerufen wurden, um danach gemeinsam die Turnhalle Richtung Schulzimmer zu verlassen.
Tim ist in einer Klasse von lediglich vier Schülern: Zwei Mädchen und zwei Jungs. Alles deutsche Gymnasiasten, die ebenfalls erst vor wenigen Wochen nach Abu Dhabi gezogen sind. Er bescheibt die Eindrücke dieses ersten Tages wie folgt: Die langen Ferien endeten mit dem ersten Schultag an der Deutschen Schule Abu Dhabi (DSAD). Nach einer Ansprache des neuen Schulleiters in der Sporthalle, begab sich meine kleine Klasse, die mit mir aus vier Schülern besteht, in ihr kleines Klassenzimmer. Es ist sicher eine Qual, immer im Blickfeld des Lehrers zu sein, aber laut der Schule hat so eine kleine Klasse auch Vorteile, z.B., dass man schneller lernt, da man sich mehr am Unterricht beteiligen muss. Meine Klasse ist wie folgt zusammengesetzt: zwei Mädchen und zwei Jungs – dazu muss noch gesagt werden, dass die Mädchen nicht schlecht aussehen. Der Haken dieser Klasse ist aber, dass ich der einzige Schweizer bin und umzingelt von lauter Deutschen ist das auch nicht immer der Hit. Noch kann ich das nicht als Nachteil werten, denn bis jetzt gefällt es mir sehr gut.

Nach drei Einführungsstunden mit unserem Klassenlehrer begann dann endlich der richtige Unterricht. Dachten wir. Musik stand auf dem Stundenplan und die Lehrerin war die Frau unseres Klassenlehrers, die ziemlich aufbrausend aber zugleich lustig war. „Schule“ konnte man aber dieser Stunde auch nicht sagen, denn wir mussten die Instrumentenfamilien wiederholen. Danach war Biologie angesagt, auch nicht so mein Lieblingsfach. Doch auch hier wurde nicht richtig gearbeitet. Das einzige, was mir schwer fiel, war ein Gesichtsprofil von mir auf ein Blatt zu zeichnen. Dies ohne jegliche Hilfsmittel ausser einem schwarzen, dicken Stift. Zum Glück konnten wir dieses Problem mittels Hellraumprojektor lösen. Als letzte Stunde an diesem ersten Schultag folgte dann noch Geschichte. Darauf freute ich mich diesen Morgen am meisten – und auf die Mädchen natürlich. Hier überraschte mich, dass die Unterlagen des Faches in der Regel auf Englisch ausgeteilt werden. Auch diese Stunde hatte ein Ende und am Schluss blieben nur eine Menge Hausaufgaben, die ich jetzt noch zu erledigen habe.

Mit einer Überraschung begann der Schultag für Linda, ist sie doch das einzige (!) Mädchen in einer Gruppe von acht Knaben. Eine zweifellos einseitige hormonelle Verteilung. Sie schickte sich nach einem vielsagenden und vielfragenden Blick Richtung Eltern an, umringt von adoleszenten Jünglingen die Sporthalle Richtung Schulzimmer zu verlassen. Wir zweifeln nicht daran, dass Linda ein spannendes und lehrreiches Jahr in dieser Konstellation bevorsteht. Die Frage bleibt, in welchen "Fächern" sie am meisten profitiert. Man darf auf die Fortsetzung dieser Klassensaga gespannt sein.
Bei Nina scheint der Mix zu stimmen. Ihre Klasse zählt 16 Kinder und die Geschlechter scheinen gerechter verteilt. Neu für sie als Primarschülerin ist der Unterricht mit Fachlehrern. Auf ihrem Stundenplan finden sich Fächer wie Ethik, Informatik und – wie auch bei Tim und Linda – Arabisch. A propos Stundenplan: Auch hier hat Linda einen schweren Stand, denn mit 38 Wochenlektionen bleiben auf ihrem Blatt nur wenige Felder leer. Tim bringt es auf 35 Stunden und Nina liegt mit 33 Einheiten ebenfalls klar über der vergleichbaren Zürcher Limite von 29 Wochenlektionen. Die Schule beginnt jeden Vormittag für alle drei um 0800 Uhr und endet entweder um 1315 Uhr oder 1520 Uhr. Selbstverständlich beenden die drei ihren Unterricht nicht jeden Tag zur gleichen Zeit, was für Franziska und mich zusätzlichen Fahraufwand zur Folge haben wird.

Wie dem auch sei - das Eis ist gebrochen. Mit dem Eintritt in die Schule hat auch für unsere Kinder das Alltagsleben in den Emiraten begonnen. Eine weitere Hürde ist gemeistert.

Sunday, August 27, 2006

Endlich angekommen

posted by Nina

Nach zwei Wochen streichen, malen und einräumen im Berner Oberland sind wir endlich am Ziel. Jetzt ist unsere Ferienwohnung wo wir in Zukunft unsere Ferien in der Schweiz verbringen endlich bereit. Lindas und mein Bett sind pink geworden. Die Wand ist orange mit Hawaiiblumen verziert. Mein Pult steht auch schon bereit. In unserem Zimmer könnte man schon schlafen doch wenn man in das Wohnzimmer kommt sieht es nicht so schön aus. Ein Durcheinander und auf dem Sofa sind zwei volle Kartons. Als es dann endlich Dienstag, der 22. August war, mussten wir sehr früh aufstehen. Unser Grossvater fuhr uns dann nach Genf zum Flughafen. Nachdem wir das Gepäck aufgaben gab es noch eine Überaschung. Mein Onkel und meine Grossmutter hatten uns eine Freude gemacht. Sie legten extra 200km hinter sich um uns auf Wiedersehn zu sagen. Der Flug dauerte lang. Alle waren aufgeregt. Nachdem wir in Abu Dhabi gelandet waren, mussten wir an einen Schalter gehen und unsere Visa abholen. Erst danach konnten wir durch den Zoll gehen. Um unsere neun Koffer und Taschen zu transportieren brauchten wir drei Gepäckwagen. Mein Papi und Andrea holten uns ab. Wir fuhren zum ersten Mal im neuen Auto! Nach 20 Minuten erreichten wir den „Al Qurm Compound“. Unser Haus war noch ziemlich leer. Wenigstens waren die Betten montiert. Mein Papi hatte für jedes Kind eine Karte, eine Rose und ein kleines Geschenk aufs Nachttischchen gelegt. Auch für Mama gab es eine kleine Überraschung. Die erste Nacht im neuen Haus habe ich sehr gut überstanden und bis um 1100 Uhr geschlafen.

Jetzt bin ich schon drei Tage in Abu Dhabi. Ich habe mich langsam an die Hitze gewöhnt. Wenn Tim, Linda und ich am Abend durch den Compound spazieren, sehen wir weit und breit keinen einzigen Menschen. Wir wissen aber schon, dass es drei Hunde hat. Heute Nachmittag haben wir einen amerikanischen Jungen kennengelernt. Er ist 13 Jahre alt und heisst Robbie. Bis jetzt fuhren wir jeden Tag in die Stadt und besuchten Möbelgeschäfte. Leider haben wir noch kein Internet und können deshalb nicht mit unseren Freunden chatten. Dafür gehen wir jeden Tag im Pool des Compounds baden. Das Wasser wird nicht gekühlt und ist etwa 35 Grad warm.
Noch immer warten wir auf den Container mit unseren Möbeln und Spielsachen. Wir haben weder einen Tisch, noch ein Sofa, noch einen Fernseher und essen meistens auf dem Fussboden. Wie die Beduinen. Heute haben wir unser Nachtessen bei einem Iranischen Restaurant bestellt. Morgen ist der erste Tag, an dem wir alleine ohne Papa zurecht kommen müssen, weil er nach Manchester fliegt. Hoffentlich gibt es kein Durcheinander.

Wednesday, August 16, 2006

Ich gehe fremd

posted by Dide
Liebe Blog-Leser. Für einmal mache ich es mir einfach und gehe fremd - quasi! In der NZZ vom 10. August beschrieb Christian Dettwiler in einem äusserst informativen Artikel die Gegensätze von Dubai und Abu Dhabi.
Sehr lesenswert und deshalb prominent platziert in den "Wüstenspuren". Viel Spass...


Begegnung mit Gegensätzen

Der Extravaganz von Dubai steht in Abu Dhabi vornehme Zurückhaltung gegenüber
Die Widersprüche zwischen Entwicklung und Gesellschaft sind in den Vereinigten Arabischen Emiraten sehr gross. Der teuren Tourismus-Infrastruktur und dem Luxus der Einheimischen stehen Heere von rechtlosen Gastarbeitern, religiöse Traditionen sowie ernste ökologische Probleme gegenüber. Abu Dhabi und Dubai gehen unterschiedliche Wege.


Das Paradox ist unter Vielreisenden und erfahrenen Touristen längst bekannt: Wer nach Dubai reisen will, bucht einen Flug nach Abu Dhabi. Der Zeitverlust durch die Fahrt vom Flughafen der Hauptstadt der Emirate nach Dubai wird nämlich längst wettgemacht durch das notorische Chaos auf dem Flughafen Dubais, der grössten Passagierdrehscheibe im Mittleren Osten. 5 Millionen Touristen zählt Dubai jährlich, Tendenz stark steigend, denn bis in 10 Jahren sollen es 15 Millionen sein, was auch die Neubaupläne für einen - den weltgrössten - Flughafen mehr als rechtfertigt. Aber auch Abu Dhabi kennt solche Pläne, bereits ist der Bau eines neuen Terminals angekündigt. Das ist Sinnbild für die stets latent schwelende Konkurrenz zwischen Dubai, dem Las Vegas des Orients, und Abu Dhabi, dem vornehm zurückhaltenden Genf der arabischen Welt. Hie der ungebremste Boom mit Tausenden von Neubauprojekten, die vor der Vollendung stehen, und da, in Abu Dhabi, die gemässigten, aber dennoch grosszügigen Entwicklungspläne.

Pionier aus Notwendigkeit
Es war zweifellos Dubai, das in dieser ganzen Entwicklung am Persischen Golf zeichensetzend war. In fünf Jahren werden keine Petrodollars mehr in die Staatskasse der Königsfamilie fliessen, und da ist Handlung angesagt: Durch die Schaffung einer offenen Wirtschaft, einer liberalen Kultur und einer gut ausgebauten Infrastruktur wurden zunächst Investoren angelockt, die von grosszügigen Steuergeschenken profitieren, und danach wurde der Tourismus generalstabsmässig gefördert. Noch vor 40 Jahren zählte Dubai knapp 100 000 Einwohner, heute sind es 1,2 Millionen - und Wohnungen für weitere 1,6 Millionen Bewohner und Gäste sind im Bau. Das wiederum ist für Touristen nicht sonderlich attraktiv: Der an der Dubai Marina Beach herrschende Bauboom hat ein solches Ausmass angenommen, dass gut überlegt und recherchiert werden will, wer wo Ferien bucht, sonst liegt man am Strand gleich neben der Baustelle des kommenden, noch luxuriöseren Beach-Resorts.
Sorgen mit dem Bauen hat auch die sich im Besitz der Königsfamilie befindende Bau- und Immobilienunternehmung Nakheel: Ihre beiden ambitioniertesten Projekte, die Dubai vorgelagerten künstlichen Inseln «The Palm» und «The World», sind ins Stocken geraten. Zwar schreiten die Arbeiten an den rund 150 000 bereits verkauften Wohnungen, Villen und 25 Hotels auf «The Palm» weiterhin voran, doch im innern des künstlichen Archipels brodelt es: Die Wasserzirkulation zwischen den Palmblättern ist gestört, dem Wasser mangelt der Sauerstoffzustrom, und da, wo eigentlich in Zukunft die Gäste baden sollen, verfault das Wasser. Den Ingenieuren bleiben noch zwei Jahre, dann nämlich sind die Luxusvillen und Luxusapartments der internationalen Kundschaft bezugsbereit. Zurzeit werden in den umkreisenden Damm des «Palm» Löcher gebohrt in der Hoffnung, dass so eine genügende Durchmischung mit sauerstoffhaltigem Frischwasser erfolgen wird. Dramatischer scheint die Situation auf «The World» zu sein; widersprüchlichen Quellen gemäss sollen da die Bauarbeiten eingestellt sein, bestehen in der Planung doch noch grosse logistische Defizite bezüglich Wasser- und Energieversorgung.

Abu Dhabi hat, was Dubai fehlt
Was Dubai an natürlichen Ressourcen nicht hat, nämlich Öl und natürliche Inseln, hat Abu Dhabi im Überfluss. Zurzeit fördert das grösste Land der Emirate täglich rund 2 Millionen Barrel Öl, seine Reserven sind die viertgrössten weltweit. Und entsprechend gross sind die Möglichkeiten für Investitionen. Die Summen sind schwindelerregend. Gesamthaft sollen gemäss «Gulf News» in den fünf kommenden Jahren rund 100 Milliarden Dollar in den Ausbau der Wirtschaft und des Tourismus investiert werden, allein das führende Immobilienunternehmen Aldar will in den nächsten drei Jahren für rund 20 Milliarden Dollar auf natürlichen Inseln, die der Hauptstadt Abu Dhabi vorgelagert sind, Übernachtungs- und Wohnmöglichkeiten für 400 000 Menschen bauen. Bei all diesen Projekten wird aber stets betont, dass in Abu Dhabi nicht die (massen)touristischen Fehler Dubais wiederholt werden sollen: Man setzt ganz explizit auf Abgrenzung: in Dubai der Hype und die Masse, in Abu Dhabi der Luxus und die Exklusivität, konzentriert auf die rund 200 natürlichen Inseln.
Das unterstreicht auch Stephan Kaminsky, der Direktor des «Emirates Palace Hotel» in Abu Dhabi, des exklusivsten Hotels der Golfregion neben dem legendären «Burj al-Arab» in Dubai. Knapp 3 Milliarden Dollar hat das Haus an der Marina Abu Dhabis mit 300 Zimmern und 100 Suiten gekostet, es beschäftigt heute 1100 festangestellte Mitarbeiter, verzeichnet eine Auslastung von 50 Prozent - und ist für die Managementfirma Kempinski selbsttragend (bei Zimmerpreisen zwischen 800 und 25 000 Franken). Kaminsky sieht denn auch das Potenzial in der exklusiveren Klientel Abu Dhabis: Die Inselprojekte wie Al Raha Beach, Al-Reem, Saaydat Island oder El Grum basieren auf natürlichem Terrain und setzen Exklusivität vor Quantität und Masse. El Grum beispielsweise soll ein Resort nach polynesischem Vorbild werden mit einem Hotel (159 Zimmer), 59 Wasservillen und 10 privaten Inseln. Der Verkauf solcher Objekte ist übrigens atemberaubend: Für das Al-Raha- Projekt sollen 366 Wohnungen Ausländern angeboten und innert 45 Minuten verkauft worden sein; für weitere 900 Wohnungen (Kaufpreis zwischen 300 000 und 1,5 Millionen Dollar) lagen dem Vernehmen nach innert zweier Tage 20 000 Offerten auf dem Pult.
Dagegen stehen diejenigen, die diesen Bauboom und die Infrastruktur ermöglichen, mit recht leeren Händen da. 85 Prozent der Einwohner der Emirate sind Zugezogene aus Asien, Afrika und den umliegenden arabischen Ländern. Gegenüber den einheimischen «Nationals» sind sie absolut unterprivilegiert und unterbezahlt; ein Arbeiter auf dem Bau kommt auf knapp 200 Dollar, der «arabische Nomade» aus Somalia, der das Wüstencamp des «Emirates Palace Hotel» betreut, gerade einmal auf 100 Dollar im Monat. Finanzkräftig sind nur die leitenden Angestellten von nationalen wie internationalen Unternehmungen, die sich denn auch über die neugeschaffene Möglichkeit des Liegenschaftskaufs freuen.
Wie grenzenlos die Ideen der Tourismusplaner sind, zeigt auch die Tatsache, dass die Insel Sir Bani Yas rund 250 Kilometer westlich von Abu Dhabi erschlossen werden soll: Diese Insel war vom ehemaligen Scheich und Präsidenten zu einem Natur- und Tierreservat erklärt worden, doch in Zukunft sollen die Vögel, Gazellen, Giraffen und Wüstenhasen Freundschaft mit Touristen schliessen.

Tradition gegen Innovation
Angesichts dieses enormen Wandels mit Einfluss auf Umwelt und Gesellschaft stellt sich die Frage: Wie kann das Experiment gelingen, die nach den Prinzipien des Liberalkapitalismus des 19. Jahrhunderts erarbeiteten Entwicklungspläne für die gesamte Region zu realisieren und gleichzeitig der nach wie vor latenten Gefahr fundamental- islamistischer Übergriffe wie etwa in Ägypten zu begegnen?
Ein sicherlich nicht endgültiges Fazit könnte lauten: Sowohl Abu Dhabi als besonders auch Dubai befinden sich auf einem schwierigen Balanceakt. Ihr durchaus berechtigter Anspruch auf einen Platz in der Welt des Luxus-Tourismus mit allen dazugehörenden Konsequenzen muss tagtäglich neu austariert werden mit einer Realität, in welcher es immer noch eine fast sklavenartige Fremdarbeit gibt und eine Kultur, die letztlich die Gepflogenheiten westlicher Touristen nur widerwillig, doch sehr professionell assimiliert. Ein Ende dieses schwierigen Prozesses ist noch nicht absehbar.

Christian Dettwiler
Informationen zu Dubai bei F & W Communications in Ittigen. Telefon 031 924 75 99. Homepage: www.dubaitourism.com. Zu Abu Dhabi: News Plus Communications, 80311 München. Telefon 0049 89 23 66 21 25. E-Mail: abudhabi@mangum.de.



Diesen Artikel finden Sie auf NZZ Online unter: http://www.nzz.ch/2006/08/10/to/articleEAWV2.html


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