Thursday, June 29, 2006

Free again!

Zwischen Kairo und Abu Dhabi

posted by Dide
Nach fünf Wochen Schule, Simulator und Streckeneinführung habe ich gestern meine Initialphase in Abu Dhabi mit dem Final Check abgeschlossen. Ein gutes Gefühl, denn nach 26 Jahren Verkehrsfliegerei tut man sich nicht mehr so einfach mit der Tatsache, während zwölf "Sectors" einen Instruktor an seiner Seite zu haben. Sind zwar alles sehr nette Kollegen, doch vor lauter guter Tipps läuft einem schon beinahe der Speicher über. Schliesslich sind die Hirnzellen auch nicht mehr die jüngsten...
Der Final Check war - nebenbei bemerkt - insofern aussergewöhnlich, als dass wir ein reines Schweizer Cockpit stellten: Copi Roman Tschudy, Checkpilot Giuliano Moret und meine Wenigkeit im linken Sitz. Es mutete regelrecht befremdend an, im Cockpit Schweizerdeutsch zu sprechen. Aber da war ja noch die 12-köpfige Kabinenbesatzung mit klingenden Namen aus acht Nationen: Dänemark (Sveistrup Maria Louise Kobberholm), Ukraine (Gaynutdinova Daniya Efarovna), Australien, Indien, Kanada, Usbekistan, Südafrika und die Philippinen. Genug Gelegenheit also für einen Schwatz in Englisch. Wobei der Begriff "Englisch" in diesem Zusammenhang vorsichtig interpretiert werden muss: Allein das Wort "Kaffee" tönt auf "Philippinisch-Englisch" völlig anders als auf "Australisch-Englisch" oder "Ukrainisch-Englisch". Da gibt es immer wieder linguistische Hürden zu überwinden.
Beachtung gilt es in diesen Tagen auch dem Fussballstatus eines Landes zu schenken. Was darf ich bei einem Engländer sagen, wie weit lehne ich mich bei einer Italienerin aus dem Fenster und wieviel verträgt eine Brasilianerin...? Spannend ist dieses Sprachen- und Nationengemisch allemal und es wird dabei deutlich, dass der Begriff "Völkerverbindung" in seiner Wahrnehmung äusserst vielschichtig ist. United Nations im Kleinformat - mit Hauptsitz in Abu Dhabi statt in New York!







Eindrückliche Felsen in der Wüste Saudi Arabiens

Saturday, June 24, 2006

Von städtischen Irrfahrten und Jeppesen-Karten

Posted by Dide
Eigentlich würde ich gerne mehr Berichte in unserem Blog veröffentlichen. Wenn da nur nicht diese verflixte Fussball-WM immer wieder meine Schreibpläne durchkreuzen würde... Denn zu berichten gäbe es vieles, keine Frage.
Interessant – ja mitunter gar amüsant – verläuft beispielsweise die Suche nach einer passenden Bleibe für meine Familie. Gestern hatten Andrea (Damit keine Gerüchte aufkommen sei hier festgehalten, dass es sich um die Gattin von Toni handelt,...) und ich eine Verabredung mit Fadia, die für eine Vermittlungsagentur arbeitet. Sie sollte uns um 0930 Uhr vor dem Hotel abholen. Pünktlich wie wir uns dies schon beinahe nicht mehr gewohnt sind, klingelte mein Handy: Am Apparat war Fadia, die aus dem Libanon stammt und mit einem Franzosen verheiratet ist, und die mir kundtat, dass sie vor dem Hotel auf uns warten würde. Doch wir konnten sie nicht sehen und so fragte ich, vor welchem Hotel sie denn wohl ihren Wagen parkiert hätte. Ihr könnt es euch denken; es war das falsche. Kein Problem, wenige Minuten später hatte sie uns gefunden. Wir fuhren also los in der Hoffnung, in Bälde beim ersten Compound anzugelangen. Dem war leider nicht so. Fadia – sie lebt seit drei Jahren in Abu Dhabi und ihr Auto verfügt nicht über ein Navigationsgerät – verfuhr sich in den Quartierstrassen von Al Bateen hoffnungslos. Immer wieder parkte sie, auf die göttliche Eingebung hoffend, vor einem neuen Eingangstor. Dazwischen kramte sie in losen Blättern mit Strassenskizzen, versuchte die Gänge zu finden – Fadia fährt einen Wagen ohne Automatikgetriebe – und versuchte obendrein, Hilfe per Handy anzufordern. Ihre Spurwechsel waren unverhofft, um nicht zu sagen verwegen bis kühn, und ihr Beschleunigungs- und Bremsverhalten ziemlich unsanft. Ich habe mich zwischendurch einmal gefragt, ob sie dies aus taktischen Gründen täte; beispielsweise, um von ihrem navigatorischen Unvermögen abzulenken. Ich konnte allerdings – trotz höchster Konzentration – den Gedanken wegen eines brüsken Bremsmanövers nicht zu Ende führen.
Irgendwann entschied sich Fadia eine Adresse anzusteuern, die ihr wirklich bekannt war und wir kamen endlich in den Genuss, ein Haus zu besichtigen. Den nachfolgenden Versuch, einen dritten Compound anzusteuern, musste Fadia ebenfalls wieder abbrechen. Nach dreimaliger Passage der selben Strasse erklärte sie uns, dass sie in wenigen Minuten an eine Besprechung müsse und deswegen keine Zeit mehr hätte. Schlimmer noch: Sie hatte gar so wenig Zeit, dass es nicht einmal mehr für die Fahrt ins Hotel reichte. Mitten in der Stadt – an einer uns unbekannten Kreuzung – setzte sie Andrea und mich in ein Taxi, dessen Fahrer sie, nachdem sie ihn fürstlich entschädigt hatte, bat, uns ins Hotel zu fahren. Nach dieser rund zweieinhalbstündigen Tour hatten wir gerade einmal ein einziges Haus besichtigt.

Etwas effizienter gehts zu bei unserer fliegerischen Ausbildung. Ich habe bereits drei Einführungsflüge hinter mir. Wie gewohnt sitzen wir „Jungkapitäne“ auf dem linken Sitz, während, anders als bei der SWISS, der Instruktor – ebenfalls ein Captain – rechts Platz nimmt. Die Destinationen liegen nicht allzu fern, so dass es sich in der Regel um eintägige Turnarounds handelt. Ich begann mit Bahrain. Für einen Erstflug quasi keine ideale Ausgangslage weil ziemlich nah. Die neuen Verfahren und zahlreichen Checklisten hielten mich zügig auf Trab. Ebenso die ungewohnten und unübersichtlichen Jeppesen-Karten. Dass auch gleich noch die ILS ausser Betrieb war und ich einen VOR-Anflug fliegen musste, minderte den Druck keineswegs. Speziell die Berechnung des leidigen VDP’s (liebe SWISS-Kollegen; wenn ich es dereinst einmal kapiert habe, werde ich es euch in diesem Blog erklären...) gab mir zu schaffen. Unvermittelt wurde ich an meine ersten Tage als junger Swissair-Copi und die hektischen Flüge nach Basel und zurück erinnert.
Heute, nach insgesamt sechs Sectors läuft alles schon viel runder. Die Rolls Royce-Aggregate stossen kräftig und sind in der Tat eindrücklich. Überhaupt beeindrucken die neuesten A330-Maschinen. Ein witziges Detail: Der Bildschirm zur Überwachung der Cockpittüre befindet sich nicht an der oberen Rückwand, sondern wird mittels eines Schalters auf das untere ECAM projeziert. Und da sich offenbar viele Kollegen nicht „zu schade“ sind, die Flight Attendants auch wegen kleinerer Wünsche vermehrt ins Cockpit zu rufen, könnte eine solche Verbesserung – langfristig gesehen – den einen oder anderen Besuch beim Giropraktiker vermeiden und damit die Gesundheitskosten des Landes weiter tief halten – hamdulela!

Saturday, June 10, 2006

Visual Impressions

Observerflight Abu Dhabi - Bahrain - Abu Dhabi



Gewohnte Position auf dem dritten Sitz; not as an instructor but as a bloody beginner...












"Arabian Cappuccino"


Bahrain International Airport

Thursday, June 08, 2006

“Sai ydati Sadeti”

posted by Dide
Die Tage vergehen zügig. Es ist erstaunlich, wie schnell man sich an den Rhythmus einer neuen Umgebung gewöhnt. Unser Hotel – in dem wir uns ausserordentlich wohl fühlen – liegt sehr zentral in unmittelbarer Nähe der „Corniche“. Die grün gesäumte Strasse trennt die ersten Hochhauszeilen vom Ufer des Arabischen Golfes. Abu Dhabi trägt seinen Reichtum völlig selbstverständlich zur Schau. Insbesondere vor den internationalen Hotels zeugen exklusive Luxusautos von üppigem Wohlstand. Hier verläuft das Leben nach dem Motto: Einmaligkeit ist die Regel, Bescheidenheit ein Fremdwort. Da ausschliesslich in diesen Hotels Alkohol ausgeschenkt wird, sind auch wir hie und da im Sheraton, Hilton oder Le Meridien auf ein Bier oder zwei anzutreffen. Noch können wir am Abend unter freiem Himmel sitzen. Bald schon wird es zu heiss sein.


Mit dem letzten Theorietag haben wir heute Donnerstag die erste Etappe abgeschlossen. Diese Woche war geprägt von Prüfungen und zwei Tagen CRM (Crew Resource Management). Den Test in Luftfahrtgesetzgebung absolvierten wir nicht im Schulhaus, sondern im GCAA-Gebäude (General Civil Aviation Authority) in Abu Dhabi. Zu fünft sassen wir, jeder an einem eigenen Tisch, in einem kleinen unaufgeräumten Raum mit – der Klimaanlage sei dank – beinahe frostigen Temperaturen. Pullover wurden montiert, vereinzelt war ein Räuspern hörbar. Mehr allerdings nicht. Nach der knappen Einführung eines Inspektors setzte sich eine verschleierte Frau vor unsere Gruppe und musterte uns während einer Stunde unbeweglich mit strengem Blick. Ihre schwarze „Shayla“, die oft gesehene Kopfbedeckung der Araberinnen, gab nicht mehr als zwei dunkle, stechende Augen Preis. Und wir bekamen den Eindruck, als entginge ihnen nichts.

Während einer unserer Kollegen nun mangels verfügbarer Instruktoren einer entspannten und lockeren zweiten Monatshälfte entgegensieht und in dieser Nacht nach Zürich zu seiner Familie fliegt, beginnt für Toni und mich am Samstag bereits die zweite Etappe. Am Vormittag werden wir als „Observer“ im ETIHAD-Cockpit von Abu Dhabi nach Bahrain und zurück fliegen und dabei versuchen, möglichst viele Abläufe und Verfahren aufzusaugen. Denn am Sonntagmorgen um 0630 Uhr steht die erste Simulator-Session an. Damit wir rechtzeitig zum Briefing in Dubai sind – ETIHAD trainiert auf den Simulatoren von „Emirates“ – holt uns das Taxi um 0300 Uhr beim Hotel ab. Und dies nicht nur am Sonntag, sondern auch an den folgenden beiden Tagen. Wenn alles klappt, schliessen wir diese Trainingseinheit am Dienstag mit dem Skill-Test ab und sollten dann für die ersten Flüge vom 20. Juni gerüstet sein. Auf dem Programm stehen Einsätze nach Bahrain, Amman und Mumbai. Unsere Jordanischen Kollegen versuchen bereits seit Tagen, uns in die Geheimnisse der Arabischen Cockpitansagen einzuweihen. Während wir mit der gutturalen Vielfalt dieser Sprache kämpfen, können sie ihr schadenfreudiges Lachen kaum verkneifen. „Sai ydati sadeti – qa’ed al-taerh“ heisst etwa „Meine Damen und Herren, hier spricht der Captain“. Diese Kombination lässt sich irgendwie noch meistern. Wesentlich schwieriger wird es dann aber bei der Passage „Ahlan wsahlan wshokran lefteiranicum…“ Netterweise hat der Ghostwriter den Text in phonetischer Schrift abgefasst. Unser Trost: Allein der Buchstabe „ü“ erweist sich für arabische Zungen als hohe Hürde. Und arabische Ohren haben beim Klang des Schweizerdeutschen Dialekts das Gefühl, als würde jemand „Zeitungen zerreissen“.

Nach etwas mehr als drei Wochen lockt der erste „Heimurlaub“: Am Dienstagabend werden wir bei Freunden in Dubai das WM-Spiel Schweiz-Frankreich verfolgen. In der Nacht auf Mittwoch fliege ich in die Schweiz und werde einige Tage bei der Familie verbringen. Das erinnert an das erste freie Wochenende in der Rekrutenschule vor rund 30 Jahren. Allerdings war in Payerne seinerzeit kein Muezzin zu hören. Sein melodiöser Ruf dringt durch mein Fenster und reisst mich jetzt aus meiner Schreibarbeit. Mein Magen knurrt und Toni wartet….