Tuesday, June 14, 2011

Montag, 13. Juni 2011 – noch 5 Tage

Liebe WüstenspurenleserInnen: Der Countdown hat begonnen! Noch wenige Tage bis zu unserer Abreise. Hier die letzten Eindrücke stichwortartig im Tagebuchformat.

Montag der 13. Er beginnt für mich um 0759 Uhr. Der Blick noch unscharf, der Geist verwirrt. Ich habe lediglich sechs Stunden geschlafen. Eindeutig zu wenig. Also versuche ich es noch einmal, obwohl sich das Licht des angebrochenen Pfingstmontags durch die, wie immer schlecht zugezogenen, Vorhänge meines Hotelzimmers in Frankfurt zwängt.

Eine Stunde später ist endgültig Schluss. Mein Handy-Display signalisiert, dass Franziska versucht hat mich zu erreichen. Ich rufe zurück und sie meldet sich ungewohnt schnell. Die Shipping-Company benötigt eine Kopie meines Passes und meines Residence-Visums. Ansonsten bleibt der Container in Jebel Ali.

Mir stehen jetzt ein Laptop und das neue Netbook zur Verfügung. Email schicken, diverse Programme downloaden. Ich beisse mir die Zähne aus und scheitere kläglich beim Versuch, Outlook-Adressdateien zu übertragen. Schon bald ist Mittag. Nach einer Dusche hole ich mir in der Flughafenhalle Kaffee und ein Sandwich.

Zurück ins Zimmer und weiter im Takt. Das Handy klingelt. Es ist Peter Lembach, der sich zwischen zwei Anästhesien nach meinem/unserem Befinden erkundigt.

Später klingelts erneut. Es ist einer der libanesischen Zwillinge, denen wir den Prado verkauft haben. Die beiden haben einen weiteren Schaden ausgemacht. Irgendwo am Dach. Das sagt mir nun wirklich nichts. Doch Rami, so heisst der Hartnäckige, lässt nicht locker. Er will die Reparaturkosten (?) schätzen lassen und verlangt eine adäquate Compensation von mir. Das soll wohl ein Witz sein?! Welchen Schaden, was für eine Reparatur, wieso Compensation...? Ich mache ihm klar, dass ich nun wirklich keine Zeit für solche Spielchen hätte.

„The deal is closed!“

Offenbar nicht für ihn. Er redet unaufhörlich, ich komme kaum zu Wort. Irgendwann wird es mir zu bunt.
„I have no time for this. Thank you and good bye!” Ich unterbreche das Gespräch abrupt. Nach einer Minute klingelt es wieder. Nie wieder werde ich einem Libanesen ein Auto verkaufen...

Um 20.35 Uhr fährt der Bus, der uns zur Abflughalle bringt. Die Luft ist lau, das Blau des Himmels von feinen Schleierwolken durchzogen. Noch immer ist es hell. Ich geniesse den Walkaround um den A330 mit der Immatrikulation A6-EYQ. Ein solch milder Abend macht Lust auf Europa, und die libanesischen Autokäufer erleichtern den Abschied.

Als wir zum Start rollen fällt dem Copi und mir auf, dass sich eine unserer Radbremsen übermässig erhitzt. Bei der Piste 18 angelangt, steht die Anzeige bei 285 Grad, Tendenz steigend. Die Limite für den Start beträgt 300 Grad. Wir schalten den Brake Fan ein. Das reduziert zwar die aktuellen Temperaturen, doch das eingeschaltete Gebläse hat zur Folge, dass die Fühler zu tiefe Werte anzeigen und deshalb die zulässige Limite für den Start niedriger liegt, nämlich bei 150 Grad.

Wir beschliessen, das Fahrwerk nach dem Abheben nicht gleich einzuziehen. Wie erwartet erhitzt sich die Bremse Nummer 3 auch beim Start deutlich mehr als die anderen. Etwas stimmt hier nicht. Wir lassen die Bremsen drei Minuten von der Umgebungsluft abkühlen. Erst dann verschwinden Räder und Fahrgestell im Flugzeugrumpf.

Der restliche Flug verläuft ruhig. Ich fühle mich überhaupt nicht müde. Nachdem ich nach der Landung den beiden Triebwerke den Sprit abgedreht habe, schaue ich mich noch einmal im Cockpit um. Dann steige ich mit der übrigen Besatzung in den Bus, der uns zum Terminal bringt.

Drei Stunden später bereits stopfe ich Hemden, Kravatten, Achselpatten, Jackets, Hosen und Hut in eine grosse Kartonbox in der Uniformierung. Die Dame setzt einen Haken hinter das entsprechende Feld meines Exit Clearance Forms. Damit ist für mich das Kapitel Uniform bei dieser Firma endgültig erledigt.





13 comments:

Crowi said...

Was wohl mit der abgelegten Uniform passiert:

Fan-Artikel Merchandising?
E-Bay?
Kleidersammlung?
Second-Hand-Shop?
Recycling?

nff said...

… was haben libanesen und Windows-Computer gemeinsam?
Sie nerven noch lange nachdem der Deal geschlossen ist!

Buy a Mac, you won't go back!

Dide said...

@Crowi: Eins von alledem wirds schon sein. Goldstreifen sind beliebt!

@nff: Mit dem Windows-Compi kann ich einigermassen leben, mit gewissen Libanesen gehts brutal an die vom Umzug strapazierte Substanz.

G! said...

Dide, vielen Dank für den spannenden Countdown. Das du unter diesen Vorzeichen noch bloggst verdient höchsten Respekt und Dank!

Ich bin schon mal gespannt, wie du den Kulturschock Etihad - LX verbloggst :-)

G!

PS: nff, das kommentier ich nicht... :-D

Anonymous said...

Lieber Schreiberling

Ich lese fleissig mit, doch habe ich irgendwie gedacht nirgends gelesen zu haben, wie lange der Container unterwegs sein wird?

Lieben Gruss und toi toi toi mit den Emiraten und besonders Deinen beiden Libanesen ;)

Gruss

L. (Luis)

Dide said...

@G!: Gern geschehen, die abendlichen Schreibpausen lenken ab und tun gut. Eine perfekte Art, die Hektik des Tages abzuschütteln.

@Luis: Wir erwarten den Container in der zweiten Julihälfte in der Schweiz. Das sind, inklusive Strassentransport Rotterdam-Winterthur zwischen vier bis sechs Wochen.

Danke für die guten Wünsche. Die Libanesen habens vor einer Stunde wieder versucht...

Anonymous said...

Kleines Wort - grosse Wirkung! Ich würde den Libanesen gleich wissen lassen, dass ihr bei nochmaliger Belästigung umgehend die Polizei und das Schweizer Konsulat einschalten würdet. Garantiert werden die Zwillinge danach für immer verstummen :-))

Viel Glück und Gelassenheit für die letzten Tage im Wüstensand!!

fmu said...

toll! daß sie jetzt noch bloggen! bei dem streß!
aber trotz trubel MUSS ich doch folgendes loswerden:
BITTE BITTE BITTE BITTE KEIN O U T L O O K benutzen (wenn ich das wort schreibe, streuben sich mir schon die nackenhaare!)
ich habe wirklich schon viele mailclients, sprich frontends, und mailprovider durch (...habe zum glück nie outlook benutzen muessen) und bin jetzt bei dem hier hängen geblieben:

http://www.fastmail.fm/

da zahle ich für den "Personal" -> "Enhanced" - Zugang 39,95 US-Dollar (also in EUR habe ich natürlich weniger bezahlt) im jahr, logge mich direkt unter http://www.fastmail.fm/ in meinen mail-account ein und muß sagen: ich hatte noch nie etwas besseres. auch von den möglichkeiten, die dieser mailprovider bietet. ich habe alle meine kontakte dorthin geschaufelt, ich kann mir soviele ordner anlegen, wie ich will, ich kann bilder und dokumente storen - ich habe wirklich alle möglichkeiten. und schnell ist es auch noch!

also: wenn sie wieder zu atem kommen lohnt es sich AUF JEDEN FALL, DORTHIN ZU WECHSELN (nein! ich bekomme von denen keine prämie! :-) )

und ansonsten: happy move!

Ingo said...

@fmu:

Warum für einen Mail-Client Geld bezahlen? Thunderbird kann fast alles und das, was es nicht kann, lässt sich per Plugin nachrüsten und dies auch alles wieder für nada...

Anonymous said...

Warum erhitzen sich die Radbremsen beim Starten?

Dide said...

@fmu und Ingo: Vielen Dank für die Tipps! Ich werde mit Sicherheit beide Optionen prüfen. Allerdings erst, wenn ich wieder zurück in der Schweiz bin.

@Anonymous: Normalerweise erhitzen sich Radbremsen natürlich nicht beim Start. In unserem Fall muss es sich um einen technischen Defekt gehandelt haben. Denkbar wäre beispielsweise ein Restdruck auf einem der hydraulischen Systeme zur Bedienung der Bremsen. Auf jeden Fall war die besagte Bremse nicht vollständig gelöst. Dadurch erhöhte sich die Temperatur mit jeglicher Bewegung des Rades (Rollen und Start).

fmu said...

@ingo
thunderbird wäre wieder nur (und meiner meinung nach wieder nur ein schlechtes) ein schlechtes frontend, sprich ein schlechter mailclient.

ich schrieb davon, sich direkt "beim provider", also fastmail.fm, einzuloggen.

das hat auch den wahnsinnig großen vorteil, daß z.b. spam-mails nicht von deinem benutzten mailclient, also outlook oder thunderbird, automatisch beim öffnen desselbigen auf deinen rechner geladen werden, sondern direkt auf dem server des mail-providers anschaubar und löschbar sind - und auch dort bleiben.

und für die flexibilität, sicherheit und vorallem schnelligkeit und ausfallsicherheit von fastmail.fm zahle ich gerne diesen betrag pro jahr.

Ingo said...

@fmu: Jetzt verstehe ich, was Du meinst. Aber Du solltest zwischen dem Mail-Provider und dem Mail-Programm trennen. Ich kann Outlook / Tunderbird, Pegasus etc. sowohl mit irgendwelchen Kostenlos-Mailprovidern betreiben oder eben Geld für Deine E-Mail-Postfächer bezahlen, was ich - als Inhaber eigener Domains - auch tue. Und bei jedem vernünftigen Provider lässt sich ein Spam-Filter dazubuchen.

Wenn Du nun aber - wie ich es tue - nicht zwingend den Spam-Erkennungs-Algorithmen des Providers vertrauen möchtest, brauchst Du einen vernünftigen Mail-Client. Und da schließt sich der Kreis zum Thunderbird: Er hat auch einen exzellenten Spam-Filter, der slebstlernend ist und schützt Dich auch zuverlässig vor Phishing-Versuchen...