Thursday, August 26, 2010

Kondome

Sollten wir im kommenden Sommer, oder spätestens in einigen Jahren, unser Expat-Dasein aufgeben, so wird mir das abwechslungsreiche Pendeln zwischen der Schweiz und den Emiraten fehlen. Das mag jetzt ironisch klingen, ist aber ernst gemeint. Ich empfinde die spontanen Kurztrips auch nach vier Jahren immer wieder als spannend, auflockernd und bereichernd. Denn glücklicherweise kann ich mir die Flüge so einteilen, dass genügend freie Sitze vorhanden und die Wartezeiten bei Check-In und Security akzeptabel sind.
Die Entscheidungsfindung in der Causa Rückkehr allerdings verläuft schleppend. Dabei wird die Zeit langsam knapp. Bis im Februar wollen SWISS und Pilotenverband informiert sein. Franziska und ich haben uns eine eigene Deadline gesetzt: Am Jahresende müssen die Würfel gefallen sein.

Am vergangenen Wochenende bin ich für die Hochzeit meines Göttibuben Robin und seiner Braut Barbara nach Genf geflogen und mit Zug nach Winterthur gefahren. Die Trauung in der Stadkirche der Eulachstadt weckt Erinnerungen an meine Konfirmation vor 36 Jahren. Der gleiche Altar, die gleiche Kanzel, auf der Pfarrposition wurde allerdings ausgewechselt.
Gefeiert wird nach einem Apéro in der Villa Sträuli (es lebe Winterthur!) in der 1748 erbauten Trotte Iselisberg. Bei herrlichem Sommerwetter geniesst die bunte Gästeschaar nicht nur das ausgezeichnete Essen, sondern auch den ausschweifenden Blick über das Thurtal bis nach Frauenfeld. Es ist jenes Wochenende, wo sich die starken Schwinger gegenseitig an die Hosen gehen. Natürlich freut mich, dass ein Jungtalent aus dem Diemtigtal die begehrte Krone holt.

Franziska ist leider nicht mit dabei. Bei der Hochzeit, meine ich. Sie hat just in dieser Woche Prüfungen in Frankfurt für ihre Weiterbildung zur Buchhändlerin. Wir treffen uns am Sonntagabend vor dem Check-In des Rhein Main Flughafens für den gemeinsamen Rückflug nach Abu Dhabi. Nach kurzer Nacht, einem Besuch bei der Ex-Schwägerin und den Ackermanns in Neerach, habe ich einmal mehr die Dienste von SBB und DB beansprucht, und mich auf der Schiene nach Hessen verschoben. Die Mädchen geniessen während zwei Tagen ungewohnte Freiheiten, losgelöst von erzieherischer Besserwisserei. Allerdings auch ohne Rückhalt bei Küchendienst und Aufräumarbeiten.

In der neuen Wohnung stören noch immer überzählige Kleinmöbel und Bilder, bei denen wir über die weitere Verwendung unsicher oder uns nicht einig sind. Behutsam tasten wir uns weiter vor an eine, wie uns scheint, gefällige Lösung. Bereits sind die neuen Vorhänge ausgesucht, zugeschnitten und montiert. Jeden Tag schreiten die Räumungs-, Entsorgung- und Einrichtungssarbeiten voran. Es kommt gut. Meine anfängliche Skepsis weicht langsam einer stillen Freude.

Derweilen rückt die endgültige Abreise von vertrauten Menschen unwiderruflich näher: Peter besucht uns zu einem bescheidenen Abschiedsbrunch. Die Familie hat in Würzburg bereits die neue Wohnung bezogen. Er wohnt mehr schlecht als recht im leer geräumten Haus und ist in seinen letzten Abu Dhabi-Tagen mit allerlei administrativem Krimskrams beschäftigt. Der in die Jahre gekommene treue Familienhund Manu muss vor dem Abflug von seinen Altersbeschwerden erlöst werden. Eine strapaziöse Flugreise nach Deutschland wäre ihm nicht mehr zuzumuten. Am Samstag fährt Peter mit dem Hund zur deutschen Tierärztin in Khalifa. Sie kennt sowohl die Lembachs als auch Manu und zeigt Verständnis und Einfühlungsvermögen.

Jetzt sitzt er, Peter, in unserer Stube und geniesst noch einmal den Blick über die Dächer von Abu Dhabi. Bereits am ersten September wird er seine neue Stelle in der Missionsärztlichen Klinik Würzburg antreten. Anästhesisten haben es einfacher als Piloten, einen neuen Arbeitsplatz zu finden.

Auch Lindas Freund Nemo ist am Kofferpacken. Anfangs September wird er sein Studium an der UBC, der University of British Columbia in Vancouver beginnen. Liegt nicht gerade am Weg, die Stadt an der Westküste Kanadas. Seine Abreise steht in wenigen Tagen an. Während ich bei milder, spätsommerlicher Witterung meinen ersten Nightstop in Dublin zu einem kurzen Stadtbummel nutze, bleibe ich nach dem üblichen Kaffee Latte – schliesslich bin ich wieder einmal die Nacht durchgeflogen – vor dem Schaufenster eines Trödelladens, dessen Eingang im satten Grün der irischen Freiheitskämpfer bemalt ist, hängen.






























Brooks & Co.
vereinigt ein Sammelsurium an Objekten aus früheren Jahren: Fotos, Plakate, Truhen, Hüte, Krüge, Bücher, Vasen, Puppen, Modellautos und sonstige Krämereien. Ein Paradies für Sammelfreaks und Schnäppchenjäger. Aus der hintersten Ecke des Ladens meldet sich mit brüchiger Stimme der Inhaber. Ich schätze ihn auf mindestens 80 Jahre. Er kann sich nur mit der Hilfe zweier Holzstöcke bewegen. Wenn er nicht spricht, röchelt er, man verzeihe mir den Ausdruck, wie ein alter Hund. Er erklärt mir, dass er dieses Geschäft seit 1977 betreibt. Er scheint über die Jahre mit dem Inventar zu einer symbiotischen Einheit verschmolzen zu sein. Ich erstehe zwei Metallschilder mit Aufdruck. Das eine werde ich an Lindas Zimmertür nageln. Am Tag von Nemos Abreise. Rein prophylaktisch. Es könnte ja sein, dass dereinst Männerbesuch ansteht. Auf dem Schild steht geschrieben:







Ich will mir später nichts vorzuwerfen haben.

2 comments:

Der Fischotter said...

geile idee mit dem schild .... meine tochter ist jetzt 15 .... ich glaube, ich muß mich auch mal auf die suche nach so einem schild machen!!!!

Crowi said...

Treue.

Treu sein.
Trauen, Vertrauen....wie auch immer; ob vertraut oder getraut...

Treue:
That's one of the messages here - that's it, in my own view.

So sehe ich das.