Täglich krachen Autos auf unseren Strassen ineinander. Wir lesen von diesen Unfällen und nehmen sie zur Kenntnis wie Börsenkurse und Sportresultate. Weniger Auto fahren tun wir deswegen nicht.
Flugunfälle werden in der Öffentlichkeit anders wahrgenommen als Strassenunfälle, was wohl in erster Linie an der Zahl der zu beklagenden Opfer liegt. Wenn ein Flugzeug, im Besonderen ein Verkehrsflugzeug, crasht, drapieren Presseagenturen entsprechende Meldungen mit einer reisserischen Katastrophen-Schleife. In der Regel zieren dergestaltige Titel die Frontseiten vieler Tageszeitungen. Wer will es ihnen, den um Leserquoten kämpfenden Journalen, verübeln.
Selbstverständlich verfolgen Piloten die Berichterstattungen um Abstürze mit aufmerksamem Interesse. Je nachdem, welche Airline, welcher Flugzeugtyp oder welche Region betroffen sind.
Vergangene Woche ist eine UPS Boeing 747-400 in Dubai vom Himmel gefallen. Eine knappe Autostunde von Abu Dhabi entfernt. Offenbar ging die Maschine unmittelbar neben einer Wohnsiedlung nieder, in der zahlreiche Emirates-Piloten hausen. Eine Cockpitbesatzung der Etihad hat den Funkverkehr der UPS-Besatzung live mitverfolgt. Auf dem Rückweg von Kuwait kommunizierten sie zur gleichen Zeit auf der entsprechenden Frequenz von Bahrain-Control. Unsere Flight Safety Abteilung ist im Besitz ihres Berichts. Aufzeichnungen eines Dramas, die unter die Haut gehen und unmittelbare Assoziationen an die vor zwölf Jahren in den Nordatlantik gestürzte Swissair 111 wecken.
Seit dem Absturz der UPS-Maschine zirkulieren in unserer Firma auch Informationen zu einem System, das angeblich auch bei intensiver Rauchentwicklung im Cockpit den Piloten ermöglicht, Instrumente und Anzeigen zu lesen und zu bedienen. EVAS steht für Emergency Vision Assurance System. Das vom FAA zugelassene System besteht aus einer aufblasbaren Sichthilfe, die auf mirakulöse Weise den Blick aufs Instrumentenpanel ermöglicht.
Hokuspokus oder Revolution?
Ich weiss es nicht, allein der kurze Informationsfilm weckt neben Fragen auch Hoffnungen. Denn noch immer sind Feuer und Rauch der Fliegerei gefährlichster Feind. Wer es nicht schafft, innert zehn bis fünfzehn Minuten zu landen, dem bleiben kaum Chancen. Doch für eine auch nur einigermassen erfolgreiche Landung benötigen die Piloten eine minimale Sicht auf die Instrumente. Wer nicht ans Panel sieht, weder Autopilot, Bordcomputer noch Funkgeräte bedienen kann, dem helfen wohl auch zehn Minuten nicht zum Überleben.
3 comments:
hallo!
auch ich habe die berichte, unter anderem auf flightglobal, pprune etc. verfolgt.
das system sieht wirklich interessant aus.
habe auch gehört, dass fedex in manchen typen (777, md11 etc.) auf ein neues bekämpfungssystem umrüstet.
siehe: http://news.van.fedex.com/node/14867
hier noch ein video dazu: http://news.van.fedex.com/firesuppressionvideo
dieses fss ist natürlich vorerst nur für frachtflugzeuge interessant.
hoffen wir, dass auch ups aufrüstet.
wie immer muss erst eine katastrophe passieren, dass man sich über solche systeme (evas...) ernsthafte gedanken macht. eine einheit soll ja "nur" 14.000dollar kosten. kein grosser preis, wenn man das mal im verhältnis zu den kosten eines flugzeuges setzt. von menschenleben, die dadurch gerettet werden können mal abgesehen.
netjets, air force etc. sollen das system ja schon installiert haben.
ist es möglich an diesen flight safety bericht zu kommen, oder sind das nur zusammengefasst atc calls?
es geht mir nicht um sensation, sondern um vorläufige untersuchungsberichte, procedures etc.
danke und liebe grüße aus lszh!
Interessant, auch wenn's ziemlich ungewohnt ausschaut, danke!
Das System hilft natürlich nur, wenn Rauch bzw. die nicht mehr vorhandene Sicht auf die Instrumente das Problem sind. Wenn aber (im Cockpit oder sonstwo) Feuer im Spiel ist...
Da wäre es interessant zu wissen, ob die Abstürze mit Feuer letzten Endes wegen Feuer oder wegen des fehlenden Blicks auf die Instrumente stattfand. Ich bezweifle allerdings, dass sich das so (genau) unterscheiden und feststellen lässt. Oder hast du dazu irgendwelche Infos / Zahlen?
Gruess, G!
@anonymous: Der von dir angesprochene Bericht besteht in der Tat lediglich aus einer Rekapitulierung der Funksprüche. Dabei gilt zu bemerken, dass es sich nicht um eine Aufzeichnung im eigentlichen Sinne, sondern vielmehr um die mitgehörte und niedergeschriebene Kommunikation eines Piloten handelt, der zufälligerweise auf der selben Frequenz war. Leichte Abweichungen sind denkbar. Vor diesem Hintergrund verzichte ich zu diesem Zeitpunkt, diesen Bericht hier zu veröffentlichen. Das sollte verständlich sein. Es ist eine Frage der Zeit, bis die aufgezeichneten Funkgespräche öffentlich gemacht werden.
@G!: Du hast natürlich Recht, bei Feuer und/oder starker Hitzeentwicklung im Cockpit selber ist die Arbeit der Piloten auf jeden Fall massiv eingeschränkt, ua auch durch schmelzende und tropfende Panel-Elemente und/oder glühend heisse Hebel und Knöpfe.
Zu deiner zweiten Frage: Nein, genaue Infos habe ich keine. Die Geschichte zeigt, dass beide Szenarien zu Abstürzen geführt haben. Auch die Swissair wurde mit dem Coronado-Absturz 1970 in Würenlingen (die Feuerquelle war im Frachtraum, aber im Cockpit herrschte dichter Rauch) und SR111 (Feuer nahe beim Cockpit, hier haben Rauch und Hitze die Arbeit der Piloten beeinträchtigt) in diesem Bereich zwei Mal hart getroffen.
Post a Comment