Die Mehlsuppe ist voll eingefahren. Der Glühwein noch mehr. Bei Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt rutschen wir ins neue Jahr. An einer romantischen Grill-Stelle im Diemtigtal, wo im Sommer jeweils hungrige Wandersleute ihre strapazierten Füsse im sprudelnden Wasser der Fildrich kühlen, derweilen die Würste über dem züngelnden Feuer braten. Die Nacht ist hell erleuchtet von einem Mond, der in vollen Zügen am beinahe klaren Firmament leuchtet.
21 Personen, drei Generationen inklusive Freunde sorgen für ordentlich Stimmung. Kein Glockenschlag signalisiert an dieser abgelegenen Stelle den Beginn der neuen Dekade, wir verlassen uns auf die Zeiger der Armbanduhren. Am Horizont steigen, von Zischen und Knallen begleitet, einige Raketen auf. „Prost – Happy New Year!“ Küsschen links und rechts, gute Wünsche, ein Schluck aus dem Plastik-Champagnerglas.
Dieser Jahreswechsel bekommt für unsere Familie eine besondere Bedeutung. 2010 steht eine gewichtige Entscheidung an; Die Frage nämlich, ob wir im Sommer 2011 unsere Wüsten-Zelte in Abu Dhabi abbrechen und in die Schweiz zurückkehren werden. Will ich meine um ein Jahr verlängerte „Option to return“ – mein „Rückkehrticket zur SWISS – einlösen, muss ich dies spätestens im Februar 2011 meinem früheren Arbeitgeber mitteilen. Der Entscheid jedoch muss früher gefällt werden, schliesslich gäbe es noch dieses oder jenes einzufädeln. Mit Tims Umzug in die Schweiz im kommenden Juni rücken wir unserem Heimatland automatisch ein Stück näher. Die Zeit verfliegt beängstigend schnell, es gilt weit vorauszuplanen. Damit verliert unser Leben in den Emiraten eine Spur an Leichtigkeit. Die Gedanken verheddern sich in einem Strudel aus Optionen, Konsequenzen, Vor- und Nachteilen. Die kräftig expandierende Airline im von üppigen Ölreserven profitierenden Abu Dhabi scheint mehr Möglichkeiten zu bieten als die bereits konsolidierte Gesellschaft im wirtschaftlich angeschlagenen Europa. Etihad assoziiert topmodernes Flugmaterial, ständig neue Destinationen, Wachstum und damit verbunden unbegrenzte berufliche Chancen. Die SWISS offeriert zwar Sicherheit und für die verbleibenden Berufsjahre Zahlungen in die Pensionskasse, doch faktisch kommt die Rück“kehr“ einem Rück“schritt“ gleich. Im Bewusstsein, dass neben Etihad und SWISS noch viele andere Airlines und Luftfahrtorganisationen Arbeitsplätze anbieten, bleibe ich wachsam und prüfe sämtliche Möglichkeiten.
Derweilen vertiefe ich mich intensiver in Flight Safety-Belange, geniesse jeden Flug, sei es mit dem sich mittlerweile sehr „handlich“ anfühlenden A330-200 oder mit den etwas schwerfälligeren A340-500 und -600 Typen. Diesen Monat ist der erste A330-300 zur Etihad-Flotte gestossen. Weitere werden folgen. Wie auch, irgendwann, der A380, A350 und der B787. Ausserdem laufen auf dem Flughafen Abu Dhabi die Bauarbeiten für das im Jahre 2012 öffnende Midfield Terminal mit einem Passagiervolumen von 20 Millionen pro Jahr. Die Zahlen beeindrucken, eine rasante Entwicklung, ein Griff nach den Sternen quasi.
Ich stehe etwas abseits der feiernden Gruppe. In der Hand die Tasse mit der Mehlsuppe, im Mundwinkel eine „Krumme“ aus der Fertigung der Firma einer vormaligen Bundesratsfamilie. Politik und Zigarren - Dualstrategie, schiesst es mir durch den Kopf. Leider kann ich nicht für zwei Airlines gleichzeitig fliegen. Und auch ohne die Sterne zu befragen weiss ich, dass die Entscheidung nicht einfach wird.
Saturday, January 02, 2010
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6 comments:
Entscheide mit dem Herzen, nicht mit dem Kopf!
gruß
frank
Tja....
"Entscheide mit dem Herzen, nicht mit dem Kopf!"
Das klingt gut.
Irgendwo habe ich auch mal gehört, man solle sich "vom höchsten Punkt des Bewusstseins" aus zu entscheiden versuchen, wenn es um solche Dinge geht.
Na ja, wenn Sie Ihren nächsten Auftenthalt in Dubai verbringen - vielleicht fahren Sie mal hoch auf den Burj Dubai. Überraschend zu "Burj Chalifa" umgetauft - wie ich soeben erfahre.
Tja, der Nachbarstaat und seine Milliardenzuschüsse- und Einschübe...
Es ist keine eifache Entscheidung!
Und dem Herzen zu folgen ist als Pilot ja auch nicht gerade leicht. Und manchmal hat man(N)/Frau auch keine andere Wahl!
Das vor allem in schlechten Zeiten.
Deshalb freuen Sie sich das sie Alternativen haben!
Nichtdestotrotz, ich bin mir sicher, dass Sie viele gute als auch schlechte Erfahrungen in der Ferne gemacht haben.
Dass sie viele Dinge zu Wert schätzen gelernt haben und sicher auch menschlich viel weiter sind.
Und ihre Sichtweise auch viel weiter ist, als man es einen typischen Schweizer (falles es den so gibt) eigentlich zumutet! Vor allem aufgeschlossenen zu sein!
Egal wie Sie sich entscheiden, ich wünsche Ihn für beide Wege alles Gute!
Fliegerische Grüße,
HBB
@anonymous(HBB): Danke für die guten Wünsche. Wieviel wir letztlich gelernt haben (immer noch lernen...), wird sich dereinst nach unserer Rückkehr zeigen!
Gruss
Hey there,
ich persönlich würde überlegen, was für Dich und Deine Frau das sinnvollste ist. Deine Kinder werden bald gehen oder sind es schon, wie Du geschrieben hast. Somit ist die Frage nach Besuchsmöglichkeiten und dem wohlbefinden von Dir und Deiner Frau in meinen Augen die vllt zentralsten. Eine gute Pension wie von der SWISS bekommst Du sicher auch bei ETHIAD oder?
Ich wäre froh, wenn es bei mir schon solche Fragen zu klären gäbe und ich nicht jetzt schon mir darüber Gedanken machen müsste, was ich denn nach der Ausbildung anstelle ohne Cockpit...
Also genieße Deine Optionen - auch wenn ich jünger bin weiß ich, dass selbige im Alter durchaus pflegen weniger zu werden ;-)
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