Thursday, January 14, 2010

Getrennter Tisch

















Dass die Welt rund wie der ominöse (Fuss)Ball ist, wird der Menschheit regelmässig vorgehalten. Dass die Welt klein wie die (Wüsten)Maus ist, beweisen zahlreiche unerwartete Begegnungen, zumeist an Orten, wo wir nicht damit rechnen. Am einsamen Strand in den Ferien, beim Einkauf in der Wurstabteilung oder beim Einchecken im schmuddeligen Hotel auf der Südhalbkugel, irgendwann, während einer Weltreise.
Um unerwartet einen meiner ehemaligen militärischen Vorgesetzten zu kreuzen, muss ich nicht ans Ende der Welt reisen. Es genügen dreieinhalb Jahre in der Wüste. Unerfindliche Zufälle lassen Franziska und mir eine Einladung zu einem Raclette-Essen beim Schweizer Botschafter in Abu Dhabi ins Haus flattern. Denn hoher Besuch ist angekündigt: Der Kommandant der Schweizer Flugwaffe weilt im Land. Grund ist eine Bestellung der Emiratischen Luftwaffe von 25 PC-21 Turboprop Trainingsflugzeugen.

Der kleine aber feine militärische Trupp bewältigt während zwei Tagen ein anspruchsvolles Besichtigungsprogramm, vom Emirates Palace über militärische Einrichtungen bis hin zur Sheikh Zayed Moschee. Abschluss bildet ein Empfang beim Schweizer Botschafter. Dank der gütigen Hilfe der Montanaris gehören auch Franziska und meine verlorene Seele zur erlauchten 22-köpfigen Gästeschaar. Adrett gewandet entsteigen wir nach einem noblen Parkmanöver unseres „Drivers“ Aldo (im richtigen Leben Captain bei Etihad Airways) kurz vor 20 Uhr der Limousine (im richtigen Leben Barbara und Aldos Familienwagen).
Zum Apéro werden am Pool Häppchen serviert, fürs Essen ist im grosszügigen Entréébereich helvetisch rot-weiss gedeckt. Die Tischkarten spalten die Geister und Ehepaare aufs Brutalste. Franziska gerät zwischen die Fronten des PC-21 Cheffluglehrers und eines armeekritisch eingestellten Wallisers. Mir wird die Ehre zuteil, am gleichen Tisch wie der Botschafter und der Flugwaffenchef den Schmelzkäse zu zerteilen. Letzterer (Flugwaffenchef, nicht Schmelzkäse) hat mir vor 27 Jahren einen Verbandsführer-Checkflug in der Offiziersschule abgenommen. Die heutige Begegnung verläuft weniger formell. Überhaupt ist die Stimmung entspannt, die Gespräche plätschern locker dahin. Aus entfernten Lautsprechern erklingen nicht etwa Ländlertöne, sondern animierende Salsarhythmen. Dahinter steckt, wie sie mir später gesteht, die jamaikanische Gattin des Botschafters.
Wir begegnen an diesem Abend interessanten Gästen: einem Sportmanager, der hier bei der Organisation des „FIFA Club World Cup“ engagiert ist, oder dem Schweizerischen Verteidigungsattaché. Die Schweiz hat diesen Posten in der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate im vergangenen Jahr neu geschaffen. Der Oberst ist jedoch nicht nur für die Emirate zuständig, sondern auch für Saudiarabien. Ein weitläufiges Schlacht- und Tummelfeld.
Auch die Residenz des Botschafters ist weitläufig. Eindrücklich wie einladend. Den Eingangs- und Aufenthaltsbereich zieren Fotomotive aus der Formel 1. Zeugen einer stillen Leidenschaft.
Franziska und ich geniessen den Abend, auch an getrennten Tischen. Oder vielleicht gerade deswegen...

2 comments:

Anonymous said...

bei euch fängt das jahr schon super an. steigerungen werden da nicht einfach sein. die gegend ist aber trendy und ich bin überzeugt, dass es noch einige events geben wird. doch eines gilt es zu bedenken, mit jedem bissen geht auch ein stück (kohle) von mir. darum bitte nur auf den teller was auch wirklich gegessen wird.
ganz herzliche grüsse aus good old switzerland eppi

Dide said...

Nun, sagen wir mal "interessant". Nicht jeder reisst sich wohl darum, mit einem hohen Militär den Tisch zu teilen... Natürlich haben wir auch der grosszügigen Steuerzahler in der Heimat gedacht, die Teller waren alle leer! Letztlich dürfte nach so einem Besuch für die helvetische Wirtschaft aber mehr herausspringen, als wir hier vertilgt haben. Obs für eine Steuersenkung reicht, möchte ich aber bezweifeln...

Gruss