Freitagnachmittag ist Sonntagnachmittag in den Emiraten. Aber im Moment sind sowieso Schulferien: Wegen Eid al Adha und dem UAE-Nationalfeiertag am 2. und 3. Dezember.
Linda möchte unbedingt aufs Boot. Zusammen mit einer Schulfreundin. Hoch erfreut über das nautische Interesse meiner Tochter, lassen wir „LITINA“ kurz vor dem Mittag sanft vom Trailer ins Wasser gleiten. Die beiden Mädchen machen es sich auf den Liegesitzen im offenen Bug bequem, dann rauschen wir in flotter Fahrt zwischen zwei kleinen, namenlosen Inseln Richtung „Bahraini Island“, wo sich zahlreiche Ankerplätze befinden. Nach einem erfrischenden Bad im 25° Grad warmen Salzwasser und einer geruhsamen Verpflegungspause schippern wir los in der Hoffnung, einigen Delphinen zu begegnen. Leider erfolglos. Zwar ortet der „Fishfinder“ immer wieder grössere Fischgruppen, doch die Delphine üben sich in moderater Zurückhaltung. Keine Rückenflosse weit und breit. Da ich heute Nacht fliegen muss/darf, steuern wir bereits kurz nach 1500 Uhr wieder in den Hafen. Ich will mich unbedingt noch einige Stunden aufs Ohr legen, denn auf dem anstehenden Paris-Flug wird mich die jüngste Tochter Nina begleiten. Und da werden erquickliche Ruhestunden eher rar sein.
Wir starten um halb drei in der Nacht. Das Fluggerät ist ein A340-600. Nicht irgend einer, sondern die A6-EHJ. Die Maschine im auffälligen Formel 1-Look, die vor dem Rennen in Abu Dhabi mit einem tiefen Überflug für Spektakel und hauseigene Werbung gesorgt hat. Unser Flug nach Paris verläuft weniger spektakulär, trotz stürmischer Westwinde, die über Europa fegen. Im Anflug auf die Piste 26R des Flughafens Charles de Gaulle kämpfe ich mit Turbulenzen und ruppigem Seitenwind. Der 76m lange Rumpf giert und windet sich, die Automatik kompensiert die Windböen mit erhöhter Geschwindigkeit. Trotz Müdigkeit gelingt die Landung erstaunlich gut, was sich letztlich daran zeigt, dass bis zum Einchecken im Marriott keine einzige kritische Bemerkung von Seite der Kabinenbesatzung vorgebracht wird.
Da die Crew in Paris mit dem Bus vom Flugzeug direkt zum Hotel gefahren wird, muss sich Nina selber ihren Weg durch Passkontrolle und Zoll suchen. Eine gute Gelegenheit, ihr Französisch zu verbessern. Dann wartet sie auf den Shuttle-Bus, der sie zum Marriott bringen soll. Mit einer kleinen Verzögerung (erster Bus verpasst) trifft sie schliesslich strahlend in der Lobby ein.
Ich lege mich lediglich eine Stunde aufs Ohr, denn wir wollen mit dem vom Hotel betriebenen Bus in die Stadt. Abfahrt um 10 Uhr. Leider spielt das Wetter nicht ganz mit. Das Thermometer stockt bei 10° Grad, der Wind bläst uns noch immer unanständig ins Gesicht. Wir lösen Tickets für den „Bus Rouge“; Doppeldecker-Busse, die in kurzen Abständen die immer gleiche Rundfahrtroute abspulen. Jede Haltestelle bietet die Möglichleit auszusteigen (hop off), um später in einem der folgenden Busse die Tour fortzusetzen (hop on). In etwas mehr als zwei Stunden ziehen vor unseren schläfrigen Augen die Champs-Elysées, der Eiffelturm, der Arc de Triomphe und der Louvre vorbei. Bei der Haltestelle Notre Dame steigen wir aus. Zusammen mit Hunderten von anderen Touristen bestaunen wir das Innenleben dieser Kathedrale. Ein kurzer Shopping-Halt noch, und um 15 Uhr sitzen wir im Hotelbus, der uns wieder zum Marriott-Roissy fährt. Nach einem Snack an der Hotelbar ziehen sich Nina und ich ins Zimmer zurück, und noch vor 19 Uhr falle ich in einen Koma ähnlichen Tiefschlaf, an dem jeder Anästhesist seine Freude gehabt hätte. Die Tochter hält sich eine TV-Einheit länger wach, dann wird auch sie von der Müdigkeit übermannt (oder müsste ich hier „überfraut“ schreiben...?)
Erst nach dreizehn Stunden wachen wir wieder auf. Mit Sand in den Augen und schlaffen Gliedern kämpfen wir uns aus den Federn unter die Dusche ohne Duschvorhang. Wie unangenehm sind doch jene Badewannen-Duschen, bei denen lediglich eine viel zu knapp bemessene Glasscheibe die Wasserspritzer abhalten soll. Was sie – die Glasscheiben – natürlich nicht in der Lage sind, zu tun.
Trotz überschwemmtem Bad und nassen Socken sind wir rechtzeitig für die Fahrt mit dem Bus in die Stadt gerichtet. Nach der Ankunft schlendern wir von der Porte Maillot die Champs-Elysées hinunter und bestaunen den stimmungsvollen Weihnachtsmarkt mit seinen zauberhaften Ständen. Nina lässt sich ihren Namen in ein Reiskorn ritzen, wenig später besteigen wir eine Gondel des Riesenrads beim Place de la Concorde. In drei Umläufen schiesst die Tochter Dutzende von Fotos, vorzugsweise vom Eiffelturm. Wenig später sitzen wir erneut im roten Bus. Beim Trocadero stärken wir uns mit Kaffee und heisser Schokolade im „Le Malakoff“, bevor wir die Treppen zum Eiffelturm hinunter steigen.
Der Tag vergeht in Windeseile. Nicht nur, weil eben besagter Wind immer noch sehr heftig bläst. Ich geniesse die Stunden in der fremden Stadt, alleine mit Nina. Solche Momente empfinde ich immer als besonders bereichernd, denn es drängen sich weder Telefon, Internet noch Freunde zwischen Vater und Tocher (oder Sohn). Und sie sind so herrlich unpolitisch...
In der selben Nacht, kurz nach 22 Uhr Ortszeit, starten wir Richtung Abu Dhabi. Als ich in der Hälfte des Fluges nach Nina schaue, schläft sie tief und fest. Sie sei eingenickt, ohne gegessen zu haben, berichtet mir ein Flight Attendant. Beseelt von den Eindrücken der vergangenen zwei Tage, denke ich schmunzelnd, drehe mich um, und mache mich wieder auf den Weg zu meinem Arbeitsplatz.
Nina's Gesichter in Paris
In der Métro
Vor dem Eiffelturm
Bei der heissen Schokolade im Le Malakoff
Auf der Bustour
Auf dem Riesenrad
...immer noch auf dem Riesenrad
Der "Bus Rouge"
Weihnachts-Stand an der Champs-Elysées
Tuesday, December 01, 2009
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8 comments:
Nina lässt sich ihren Namen in ein Reiskorn ritzen
Gibt's das wirklich oder ist das im übertragenen Sinn gemeint?
(Oder sind Reiskörner in Frankreich grösser als ich sie in Erinnerung habe?)
Martin, die Franzosen mögen uns ja in vielen Belangen überlegen sein, blumigeren Wein und kräftigeren Käse produzieren, doch ihre Reisgerichte kochen sie mit den gleich grossen (oder kleinen) Körnern wie alle anderen auch. Aber deine Frage ist berechtigt. Wir haben ebenfalls gestaunt. Der Name wird mit einem sehr feinen Stift eingeritzt. Daneben hat sogar noch ein gezeichneter Volleyball Platz gefunden. Der Graveur arbeitet mit einer Arbeitsbrille. Von blossem Auge ist die Inschrift nicht lesbar.
Das Reiskorn soll als Glücksbringer gute Dienste leisten - siehe auch unter
http://www.brandmalerei-online.de/index-Dateien/reiskornketten.htm
Habt ihr Paris mit einem Strich? Gibts ja nicht...
Keine Bemerkungen meinen bei euch ein gutes Feedback, was brauchts denn bei euren Kabinenbesatzungen für ein Lob?
Liebe Grüsse und weiterhin viel Vergnügen mit dem Herbstwind.
Severin
@Severin: Wir haben viele Europa-Rotationen mit Strichen: Paris, Dublin, Genf und Mailand. In diesem Fall dauerte der Layover zwar 38 Stunden, allerdings ohne Strich. Ankunft am Morgen des ersten Tages, Abflug am Abend des zweiten Tages.
Ich darf übrigens im Dezember auf eine Mailand-Rotation mit ZWEI Strichen...
Lob von der Kabinenbesatzung gibt es eher selten (ähnlich wie bei SWISS...), allerdings bedankt sich in der Regel jedes F/A nach dem Flug persönlich beim Captain: "Thank you Captain for the safe flight" - oder ähnlich.
Das ist doch auch etwas wert, oder nicht?
Gruss
Hallo, happy blogging...!!!
Wollte nur mal einen Gruß da lassen. War zu Besuch auf deinem Blog. Wünsch noch einen schönen Tag.
@Senator67: Danke für den Besuch, auch wenn er wohl zu keinen neuen gastronomischen Erkenntnissen geführt hat...
Habe hoffnungsvoll nach Restaurant-Empfehlungen in Abu Dhabi gesucht; war leider (noch) nichts vorhanden!
Also denn, auf gehts!
Sorry, was ist ein "Strich"? Mailand mit zwei Strichen bedeutet was? Danke für die Aufklärung.
PS: Super Blog!
@Werner: Ein "Strich" bedeutet ein freier Tag während eines Auslandaufenthaltes.
Danke für die positiven Worte!
Gruss
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