Nach zwei Tagen in der norditalienischen Metropole bin ich dem Cappuccino endgültig verfallen! Nicht all den vielen schaumlos-schwachen Kopien, wie ich sie überall in der Welt mehrfach schon getrunken habe, sondern dem „Original“.
Es ist nicht nur die klirrende Kälte, die mich im Stundentakt in die typisch italienischen Kaffeebars in Mailands Innenstadt treibt. Fasziniert vom filigranen Tun der "Baristas" klebe ich an der Theke; klappernde Unterteller bestimmen den Rhythmus. Bevor die Milch in die mit wenig Kaffee gefüllte Tasse kommt, wird der silberne Krug kurz auf die Bar geklopft, dann leicht im Kreis geschwenkt. Das Endprodukt ist eine köstliche, in der Temperatur perfekte Kaffee-Milch-Schaum-Kreation mit einer weiss-braunen Oberfläche. Auf Wunsch des Kunden mit etwas Kakao verfeinert, je nach Begabung und Lust des "Kaffeekünstlers" mit herzförmigem Muster versehen. Die Italiener halten lediglich kurz für den Cappuccino- oder Espressostop an der Bar inne. Mir scheint, als würden sie ihr „Kaffeereservoir“ füllen, ähnlich wie wir dies mit den Benzintanks unserer Autos tun. Ein Schwatz mit dem Personal, ein flüchtiges „Ciao, buona giornata“ und weiter geht’s mit dem Tagesgeschäft.
Meine Cappuccino-Genüsse werden eigentlich nur durch die kläglichen Versuche unterbrochen, meine Weihnachtseinkaufsliste abzuarbeiten. Eine Liste, die in früheren Jahren auch schon länger war. Schliesslich werden die Kinder älter. Und vernünftiger. Sie beginnen mitunter die elterliche Zuwendung und Unterstützung dergestalt zu schätzen, dass die Ära überdimensionierter Spielzeug- und Geschenkschachteln zu Ende geht. Geschenke werden nicht nach Grösse und materiellem Wert beurteilt, sondern häufiger nach ideellen Grundsätzen...
Genug des Träumens – zurück zur Realität. Nicht nur der Kaffee, auch die Sprache beschäftigen mich in diesen zwei Tagen. In Mailand, wie eigentlich überall auf diesem Planeten, ist ungestörtes Stöbern in Einkaufsläden kaum möglich. Unvermittelt werde ich von freundlichen Damen, oft hinter meinem Rücken stehend, mit der Frage aufgeschreckt, ob ich Hilfe benötige. Allerdings bin ich ob ihrem „Posso aiutarla?“ stets etwas verwirrt. Anfänglich reagiere ich nicht, in der Annahme, die Frage wäre an eine Dame gerichtet. Als auch im nächsten, und übernächsten Geschäft das weibliche Pronomen nicht ändert, prüfe ich sicherheitshalber mein Äusseres in einem der vielen Spiegel. Auf die Schnelle kann ich keinen Zerfall meiner herb-maskulinen Ausstrahlung erkennen. Wieso also das „aiutarLA“? Ein „LO“ wäre mir lieber gewesen. Zur Not hätte ich auch ein „LE“ akzeptiert. Doch die Mailänder Verkäuferinnen wollen partout nicht. Kurz überlege ich, ob allenfalls der gezielte Wurf einer Domfigur die verwirrten Geister erlösen könnte, verwerfe dann aber den Gedanken beim Anblick einer vor dem Fenster patrouillierenden Carabinieri-Einheit.
Später, bei einem weiteren Cappuccino, lasse ich mir aus kompetentem Mund erläutern, dass es sich hierbei um die Höflichkeitsform handle und die Anwendung eigentlich korrekt, wenn auch grammatikalisch nicht ganz richtig sei. Logischer wird die Sache deshalb nicht für mich. Doch was will ich die Italiener denn beim Gebrauch ihrer ansonsten so wunderbellaschönen Sprache kritisieren. Sie werden schon wissen, was sie tun. Und sonst kann ihnen sicher Herr Berlusconi weiterhelfen. Frei nach dem Motto "Posso aiutarla?"
Saturday, December 19, 2009
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4 comments:
Ance sei pilota et non piloto... ;-)
Tanti auguri et buon natale
Ecco, giusto - pero, non posso ancora capire la logica...
Anche a te, buon natale e buon anno!
Dide
Anche nella lingua greca o nel latino ci sono delle forme simili...
Nominativ: Lei --- Loro / voi
Akkusativ: la --- li / le / vi
Dativ: gli --- gli / loro
...quale non tanto agevola le cose...
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