Gestern Abend sind mein Bruder und sein Sohn Chris wieder nach Genf abgeflogen. Zuvor haben wir gefeiert; nicht seine bevorstehende Abreise, sondern Andrea’s Geburtstag.
Schweizer Ingredienzen
Es ist eben so eine Sache mit dem Besuch. Der eigene, rhythmisch eingespielte Tagesablauf gerät immer wieder ins Straucheln, verkommt manchmal zum Spagat. Gegensätze prallen aufeinander: die Gäste geniessen das „Laissez-Faire“ während wir unser Standardprogramm abspulen. Die Tagesabläufe unterscheiden sich markant: Aufstehen um 0615 Uhr oder Ausschlafen bis 1100 Uhr; Wein- und Zigarettengenuss in lauer Mitternachtsluft oder vor Müdigkeit tränende Augen kurz nach Sonnenuntergang. Da muss man den viel zitierten Gemeinsamen Nenner förmlich aus dem Sand buddeln.
Man soll mich aber keinesfalls falsch verstehen: Wir lieben Besuch und freuen uns jedesmal, wenn neue Gäste eintreffen. Pflichterfüllung und die Extra-Portion an häuslicher Geselligkeit grenzen sich nicht aus – mit Sicherheit aber sorgen sie für einen aktiven Lebensstil! Die vergangenen zehn Tage stand so einiges an: Diverse Stadt- und Shoppingtouren, auswärts essen beim Italiener, beim Japaner, beim Chinesen. Opulentes arabisch-mediterranes Buffett und kulinarischer „Ausrutscher“ bei TGI Fridays. Besuche in mehreren Sisha-Cafés, weils eben genau in dieser Jahreszeit entspannend (wenn auch nicht unbedingt gesund) ist, zu später Stunde die Abgase der Grossraumlimousinen mit dem Rauch der Wasserpfeife aufzumischen. Weiter fordern uns lange Diskussionen am Frühstückstisch, sportliche Aktivitäten wie Tennis und Flaschenöffnen, der Besuch der „Emirates Boatshow“ und natürlich, wie bereits beschrieben, einige Bootsausflüge.
Erfreulicherweise hat die Einsatzplanung - wenn auch mehr zufällig - ein Einsehen mit mir. Ausserdem sorgen operationell bedingte Änderungen im Verlauf des Monats dafür, dass meine Uniform über all die Tage im Schrank hängen bleibt. Einige Tage Büro, während fünf Tagen „Stand by“ ruft mich niemand an, mein Kathmandu-Simulator fällt ins Wasser, so auch der geplante Einführungsflug, daneben gibts noch einige gewöhnliche Freitage. Alles passt perfekt!
Im Wochenverlauf treffen Andrea und Toni in Abu Dhabi ein und verleihen mit ihrer kontaktfreudigen Art unserem Sozialleben neue Impulse. Die beiden führen haufenweise Weihnachts-Utensilien im Gepäck, denn an der Deutschen Schule plant das Festkomitee bereits intensiv den Weihnachtsmarkt. Andrea fühlt sich sogleich wieder zu Hause und stürzt sich – als wäre sie nie weg gewesen – an der Schule in Bastel- und Vorbereitungsarbeiten. Am Donnerstagabend ist es dann soweit: Bei angenehmen 24 Grad singen Kinder im bunten T-Shirt vor dem reich geschmückten künstlichen Tannenbaum Weihnachtslieder. Emsige VerkäuferInnen bieten Christstollen und anderes Weihnachtsgebäck feil, derweil die Besucher an (alkoholfreiem) Rum- und Orangenpunsch nippen. Auch diese Mixturen sind im Handgepäck der Ackermanns in den Golf gereist, genau so wie beinahe 20 Kilogramm Tannenreisig, Tannzapfen, Zimtstangen und getrockneten Orangen!
Der künstliche Weihnachtsbaum
Lichterketten und Holzbänke
Nächtliches Gedränge am Check-In
Und gestern Abend eben haben wir Andrea’s Geburtstag gefeiert. Den letzten vor der grossen Wende...
Im Hotel Shangri-La, das so herrlich nahe an unserem Compound liegt, staufrei zu erreichen ist und einen fantastischen Blick auf die Sheikh Zayed-Moschee bietet. Sogar Chris, Tim, Linda und Nina kommen mit, wenn auch die vier älteren das immer wieder faszinierende Buffett in rascher Abfolge abgrasen, um vor dem Start des Genfer-Fluges noch einmal ihre Freunde in der Stadt treffen zu können. Das ambitiöse Unternehmen gelingt, für einmal finden sie problemlos ein Taxi und kurz vor Mitternacht sitzen die vier wieder bei uns am Tisch.
Geburtstagsimpressionen
Nächtlicher Blick auf die "Sheikh Zayed Mosque"
Dann fahre ich meinen Bruder Urs und Chris an den Flughafen. Tim und Linda begleiten uns. Als wir dort eintreffen, herrscht ein Riesenchaos. Um diese Zeit starten die meisten Flüge. Das neue Terminal ist noch immer nicht betriebsbereit. Bereits vor der ersten Security-Kontrolle müssen wir uns in eine endlose Schlange einreihen. Bei den Check-In Schaltern sieht es nicht viel besser aus. Die Leute drängen, viele sind nervös, einige agressiv. Üse steht die Ungeduld ins gebräunte Gesicht geschrieben und er meint, bei solchen Zuständen wäre die Erholung der vergangenen Tage bald verflogen. Glücklicherweise wird es nicht gar so schlimm und die Maschine hebt ab, bevor die Nerven völlig blank liegen.
Am nächsten Morgen – ich habe mich kaum aus den Federn gekämpft – zwitschert mein Handy: Es ist mein Buder, der nach durchflogener Nacht bereits im Zug nach Zürich sitzt. Mein Tag hat eben erst begonnen. Noch immer kämpfe ich mit den Vorbereitungen für meinen Simulator-Check der nächsten Woche. Warum müssen es diesmal auch gleich drei Übungen sein.
In zwei Tagen werden Andrea und Toni in die Schweiz fliegen. Und in einer Woche erwarten wir den nächsten Besuch.
Sunday, November 30, 2008
Wednesday, November 26, 2008
Eine Bootsfahrt...
In den vergangenen Tagen erreichten uns zahlreiche Mails, die, ähnlich wie helvetische Bäume unter den Schneemassen, unter der Last pixelreicher Attachments beinahe kollabierten. Sie berichteten von romantischen Spaziergängen in traumhaften Winterlandschaften.
Uns sind hier in Abu Dhabi andere Freuden vergönnt – beispielsweise eine Bootsfahrt auf arabischen Gewässern. Das Element Wasser bleibt das gleiche, jedoch bei verändertem Aggregatszustand. Abgesehen davon erweisen sich solche Ausflüge immer wieder als angenehme Abwechslung zu den eher zähen Vorbereitungen auf meine Anfangs nächster Woche anstehenden Simulator-Übungen, inklusive -Check.
Und deshalb erlaube ich mir an dieser Stelle - im Sinne eines Erlebnisaustausches, wie auch einer Flucht aus der "Lern-Folterkammer" - eine Bilderreihe unseres letzten Wasserausflugs zu zeigen: Zusammen mit unseren Besuchern Toni, Andrea, Urs und dessen Sohn Chris sind wir in See gestochen, ausgerüstet mit Sandwiches, Früchten und nicht alkoholischen Getränken. Lufttemperatur 29 Grad, das Wasser war mit rund 24 Grad doch etwas kühler...
Uns sind hier in Abu Dhabi andere Freuden vergönnt – beispielsweise eine Bootsfahrt auf arabischen Gewässern. Das Element Wasser bleibt das gleiche, jedoch bei verändertem Aggregatszustand. Abgesehen davon erweisen sich solche Ausflüge immer wieder als angenehme Abwechslung zu den eher zähen Vorbereitungen auf meine Anfangs nächster Woche anstehenden Simulator-Übungen, inklusive -Check.
Und deshalb erlaube ich mir an dieser Stelle - im Sinne eines Erlebnisaustausches, wie auch einer Flucht aus der "Lern-Folterkammer" - eine Bilderreihe unseres letzten Wasserausflugs zu zeigen: Zusammen mit unseren Besuchern Toni, Andrea, Urs und dessen Sohn Chris sind wir in See gestochen, ausgerüstet mit Sandwiches, Früchten und nicht alkoholischen Getränken. Lufttemperatur 29 Grad, das Wasser war mit rund 24 Grad doch etwas kühler...
Monday, November 24, 2008
Ein Bergsteiger bin ich nicht
Ich habe ihn bereits vorbereitet: den Beitrag über mein „Kathmandu-Training“. Es wäre für Aviatik Fans ein Leckerbissen geworden. Zweifelsohne. Denn der Anflug in die nepalesische Stadt am Fusse des Himalaja stellt ausserordentliche Anforderungen. Während auf „normalen“ Flughäfen die Piste mit einem Anflugwinkel von 3 Grad angepeilt wird, geschieht dies in Kathmandu phasenweise mit 5.8 Grad! Dass solche Werte eines jeden Piloten Schweissproduktion zusätzlich anregen, dürfte demzufolge verständlich sein. Anflug, Landung und Start werden ausschliesslich vom Kapitän geflogen. Doch bevor dieser die Gelegenheit dazu erhält, ist Training angesagt: Eine Einheit im Simulator, eine Streckeneinführung auf dem "Jump Seat" und anschliessend ein „Checkflug“ am Sidestick mit einem überwachenden Instruktor auf dem rechten Sitz.
Bereits zwei Mal habe ich Anlauf genommen. Und zwei Mal bin ich kläglich gescheitert. Nicht einmal bis in den Simulator habe ich es geschafft, und ich muss mir angesichts dieses trostlosen Resultates ernsthaft die Frage stellen, ob hier höhere Mächte ihre spirituellen Hände im Spiel haben. Die erste Übung wurde einen Tag vorher kurzfristig annuliert. Gerüchteweise habe ich vernommen, dass technische Probleme mit dem Simulator dafür verantwortlich waren.
Beim zweiten Versuch bin ich zumindest etwas weiter Richtung erstes Basislager am Fusse des Mount Everest vorgedrungen; bis in die Training Academy nämlich.
Infolge der zusätzlich gebotenen Chance überdurchschnittlich vorbereitet, erscheine ich an besagtem Tag kurz vor elf Uhr im Aufenthaltsraum (Pilots Lounge) des Trainingsgebäudes. Etihad-Piloten absolvieren ihr gesamtes Ground Training, also auch die Übungen im Simulator, in Uniform. Auf diese Weise wird geschickt verhindert, dass durch allzu lockere Kleidung der Fokus aufs Wesentliche verlorengeht. Ich plaudere unbeschwert mit Kollegen, trinke Kaffee und werfe zwischendurch einen Blick in die diversen Briefingräume. Doch ich finde keinen meiner heutigen Trainings-Partner. Also warte ich weiter. Wie bereits früher angekündigt, fördern längere Aufenthalte im Arabischen Raum die Gelassenheit in solchen Momenten und noch bin ich in keinster Weise beunruhigt.
Als dann aber auch 20 Minuten nach offiziellem Briefing-Beginn noch immer keine Seele zugegen ist, beginne ich stutzig zu werden. Zu weiteren Abklärungszwecken begebe ich mich in die höher gelegenen Räumlichkeiten, in denen Chef-Instruktoren ihre hinterhältigen Fantasien ausleben und immer kompliziertere und gemeinere Simulator-Szenarien entwerfen. Hier arbeiten auch die netten Damen der Planung, und an eben eine solche wende ich mich in meiner unklaren Lage. Ob sie etwas über meine Kathmandu-Übung wisse, erkundige ich mich. Worauf sie in einer Ansammlung von Blättern zu wühlen beginnt, gezielt eines herauspickt und mir dann ohne mit der Wimper zu zucken mitteilt, dass diese „Session“ bereits um 08.30 Uhr begonnen hätte. Ein Strohhalm bleibt noch, und so frage ich: „But you’re talking about UTC-times, am I right...?“ Doch der Halm knickt rasch ein und ich bin nicht „right“ – die Zeiten sind lokal, was nichts anderes heisst, als dass ich mindestens drei Stunden zu spät bin.
Jetzt geht es nur noch um den Selbstschutz. Ich fordere die Planerin auf, die Angaben im Computer zu überprüfen, insbesondere die Zeiten in meinem elektronischen Einsatz. Glücklicherweise bleibt ihr nichts anderes als die Erkenntnis, dass offenbar die Kollegen vom Crew Control verpasst haben, meinen „Roster“ entsprechend zu aktualisieren. So wasche ich denn meine Hände in sandiger Unschuld. Ich fliege zwar immer noch nicht zum Himalaja, doch damit kann ich problemlos leben. Und was die verpassten Simulatorstunden anbelangt, so kommen ebenfalls keine Ressentiments auf: Anfangs Dezember nämlich sind „Recurrent Training“ und „Operators Proficiency Check“ angesagt. Und da werde ich mit Sicherheit voll auf meine Kosten kommen.
Aber ein Bergsteiger bin ich nun eben einmal nicht.
Bereits zwei Mal habe ich Anlauf genommen. Und zwei Mal bin ich kläglich gescheitert. Nicht einmal bis in den Simulator habe ich es geschafft, und ich muss mir angesichts dieses trostlosen Resultates ernsthaft die Frage stellen, ob hier höhere Mächte ihre spirituellen Hände im Spiel haben. Die erste Übung wurde einen Tag vorher kurzfristig annuliert. Gerüchteweise habe ich vernommen, dass technische Probleme mit dem Simulator dafür verantwortlich waren.
Beim zweiten Versuch bin ich zumindest etwas weiter Richtung erstes Basislager am Fusse des Mount Everest vorgedrungen; bis in die Training Academy nämlich.
Infolge der zusätzlich gebotenen Chance überdurchschnittlich vorbereitet, erscheine ich an besagtem Tag kurz vor elf Uhr im Aufenthaltsraum (Pilots Lounge) des Trainingsgebäudes. Etihad-Piloten absolvieren ihr gesamtes Ground Training, also auch die Übungen im Simulator, in Uniform. Auf diese Weise wird geschickt verhindert, dass durch allzu lockere Kleidung der Fokus aufs Wesentliche verlorengeht. Ich plaudere unbeschwert mit Kollegen, trinke Kaffee und werfe zwischendurch einen Blick in die diversen Briefingräume. Doch ich finde keinen meiner heutigen Trainings-Partner. Also warte ich weiter. Wie bereits früher angekündigt, fördern längere Aufenthalte im Arabischen Raum die Gelassenheit in solchen Momenten und noch bin ich in keinster Weise beunruhigt.
Als dann aber auch 20 Minuten nach offiziellem Briefing-Beginn noch immer keine Seele zugegen ist, beginne ich stutzig zu werden. Zu weiteren Abklärungszwecken begebe ich mich in die höher gelegenen Räumlichkeiten, in denen Chef-Instruktoren ihre hinterhältigen Fantasien ausleben und immer kompliziertere und gemeinere Simulator-Szenarien entwerfen. Hier arbeiten auch die netten Damen der Planung, und an eben eine solche wende ich mich in meiner unklaren Lage. Ob sie etwas über meine Kathmandu-Übung wisse, erkundige ich mich. Worauf sie in einer Ansammlung von Blättern zu wühlen beginnt, gezielt eines herauspickt und mir dann ohne mit der Wimper zu zucken mitteilt, dass diese „Session“ bereits um 08.30 Uhr begonnen hätte. Ein Strohhalm bleibt noch, und so frage ich: „But you’re talking about UTC-times, am I right...?“ Doch der Halm knickt rasch ein und ich bin nicht „right“ – die Zeiten sind lokal, was nichts anderes heisst, als dass ich mindestens drei Stunden zu spät bin.
Jetzt geht es nur noch um den Selbstschutz. Ich fordere die Planerin auf, die Angaben im Computer zu überprüfen, insbesondere die Zeiten in meinem elektronischen Einsatz. Glücklicherweise bleibt ihr nichts anderes als die Erkenntnis, dass offenbar die Kollegen vom Crew Control verpasst haben, meinen „Roster“ entsprechend zu aktualisieren. So wasche ich denn meine Hände in sandiger Unschuld. Ich fliege zwar immer noch nicht zum Himalaja, doch damit kann ich problemlos leben. Und was die verpassten Simulatorstunden anbelangt, so kommen ebenfalls keine Ressentiments auf: Anfangs Dezember nämlich sind „Recurrent Training“ und „Operators Proficiency Check“ angesagt. Und da werde ich mit Sicherheit voll auf meine Kosten kommen.
Aber ein Bergsteiger bin ich nun eben einmal nicht.
Wednesday, November 12, 2008
Von Sydney bis Yerevan
Der Flug nach Sydney macht weniger Probleme als die gestrige Fahrt mit der „Lady Ann“. Für den Namen unseres Bootes kann ich keine Verantwortung übernehmen, für die technischen Unzulänglichkeiten, die uns anfänglich wiederfuhren, schon eher. Doch das Schöne an der Macht ist die Willkür. Und weil zumindest die „Macht der Wahrnehmung“ in der Hand der Schreibenden liegt, verzichte ich an dieser Stelle ganz willkürlich auf eine detaillierte Schilderung der Ereignisse auf Abu Dhabis Wassern.
Schwenken wir also zurück zum Flug nach „Down Under“.
Der Anfang harzt: Die Kabinenchefin bleibt im Morgenverkehr stecken und checkt fünf Minuten zu spät ein. Die Verantwortlichen vom Crew Control streichen die Dame kurzerhand von der Besatzungsliste und machen daraus - so will es die Regelung - einen Disziplinarfall. Eine Reserve wird aufgeboten, das Problem ist nur – so befürchte ich – dass sie wohl kaum in absehbarer Zeit am Flughafen eintreffen wird. Deshalb versuche ich Crew Control und „Flight Duty Officer“ zu überzeugen, die ursprüngliche „Cabin Managerin“ nicht ihrer Pflicht zu entheben. Das erweist sich allerdings als kein einfaches Unterfangen. Nach langen Diskussionen lassen sich Hardliner erweichen und Skeptiker umstimmen. Wir haben zwar mindestens eine Viertelstunde verloren, aber alles ist wieder „back to normal“.
Leider hat an gewissen Tagen die Normalität kurze Beine. Kürzere als Lügen. Wenige Minuten nach dem Start reisst uns ein Bimmeln des Warncomputers aus der Routine: Eines der beiden Aggregate unserer Klimaanlage überhitzt und meldet sich ab. Soweit kein Grund zur Beunruhigung. Wir arbeiten die kurze Checkliste durch und hoffen, die Sache sei damit erledigt. Dem ist leider nicht so. Nach zehn Minuten bimmelt es wieder. Auf dem System-Display präsentiert sich dasselbe Bild wie vorher. Wir gehen einen Schritt weiter und entscheiden uns zu einem „Reset“ der entsprechenden Komponente. Doch nach einer weiteren Viertelstunde sind wir abermals mit der gleichen Warnung konfrontiert. Da Fluggeräte der heutigen Zeit mit Satelliten-Telephonen ausgerüstet sind, rufen wir unsere „Maintenance“ in Abu Dhabi an. Die Experten sind zwar auch nicht in der Lage, den Defekt zu beheben, doch immerhin schaffen wir es mit ihrer Hilfe, die Klimaanlage in einem Modus zu nutzen, der einen problemlosen Weiterflug – und ein Steigen auf die ursprünglich geplante Reiseflughöhe – zulässt.
Schaumiges
Nach der Ankunft im frühsommerlichen Sydney, nach einigen Stunden Schlaf und einer 90-minütigen Massage begebe ich mich, mein Buch unter den Arm geklemmt, in den nahe gelegenen Starbucks. Ich bestelle einen Caramel Macchiato und setze mich an eines der kleinen runden Holztischchen. Ich öffne den Deckel meines Kaffeebechers und bin begeistert ob der Konsistenz des Schaumes. Darauf kommt es nämlich an. Guter Kaffee zeichnet sich in erster Linie durch seinen Geschmack und die Dichte des „Schäumchens“ aus. Zumindest für mich. An dritter Stelle erst kommt die Werbung und damit die Erkenntnis, dass auch der Platz an „Mister George Clooney’s“ Seite nur über eben dieses „Schäumchen“ führt.
Mit dem, Kaffeehäusern oben genannter Marke eigenen Holzstäbchen, das mich übrigens immer wieder an dieses „Spachtel“-ähnliche Teil erinnert, das einem der Arzt bei der Untersuchung in den Rachen stösst, beginne ich, den Schaum Schicht um Schicht abzuarbeiten. Derweil lese ich mit Spannung, wie sich der übermüdete Wallander unaufhörlich näher an den diesmal überaus brutalen Mörder tastet. Ich lese so eifrig wie ich Kaffee trinke, und weil der Barristo heute einen so fantastischen Schaum hinkriegt, hole ich mir wenig später einen weiteren Becher. Es ist kurz vor 1800 Uhr, als ich ins Hotel zurückkehre. In einer halben Stunde haben wir uns fürs Nachtessen verabredet.
Kalbshaxen und Oberkrainer
In der Lobby treffe ich auf einen der beiden Copis sowie auf ein Flight Attendant. Beide haben Lust auf Schweinefleisch, das in Abu Dhabi nicht sehr freizügig angeboten wird. Da drängt sich der „Lowenbrau“-Keller in unmittelbarer Nähe des Hotels auf. Ein von Deutschen nach deutscher Art geführtes Lokal, zu dessen Spezialitäten natürlich auch die Schweinshaxen gehören. Bis anhin habe ich mich stets geweigert, nach 14 Stunden Flug ein Restaurant zu besuchen, das ich – im ähnlichen Stil zumindest – von unserem Schweizer Domizil in Stadel in 15 Auto-Minuten erreicht hätte. Heute gebe ich mich für einmal geschlagen. Doch bereits beim Klang des „Oberkrainer-Duplikats“ bereue ich meine Charakterschwäche. Die langen Holzbänke vermitteln Skihütten-Atmosphäre, und das deutsch unterlegte Englisch der Kellnerin im schwarzen Dirndl rundet das Bild perfekt ab. Wir bestellen Löwenbräu, Schweinshaxen und Schweinsschnitzel. Auf die Bretzeln verzichten wir. Der Copi ist aus Sri Lanka, die Hostess aus Armenien. Beide sind begeistert ob der tollen, volkstümlichen Atmosphäre. Ich teile ihre Freude nicht im vollen Ausmass...
Während wir auf das Essen warten, beginnt das Flight Attendant, nennen wir sie Janina, zu erzählen. Die ersten fünf Lebensjahre verbrachte sie in Georgien, wo auch ihre Mutter geboren wurde. Anschliessend zog die junge Familie nach Moskau. Der Vater betrieb ein florierendes Unternehmen mit Mercedes-Ersatzteilen. Auch mit den Autos selber wurde gehandelt. Das Geschäft lief dermassen gut, dass irgendwann die lokale Mafia die Ohren zu spitzen begann. Der Vater weigerte sich zu zahlen, bis eines Tages Janinas Bruder und ein Onkel verschwanden. Erst als die Gelder flossen, tauchten die beiden wieder auf. Doch die Angst blieb, und schliesslich liess der Vater erneut die Koffer packen. Janina erzählt, als wäre dies völlig selbstverständlich. Dazwischen bearbeitet sie unaufhörlich die Schweinshaxe auf ihrem Teller. Im Libanon baute sich die Familie eine neue Existenz auf. Der Vater fand eine Stelle bei der russischen Botschaft. Und weil die Eltern zwar Russisch und Armenisch, nicht aber Arabisch oder Französisch sprachen, war es jeweils Janina, gerade einmal zwölf Jahre alt, die mit ihren Schulkenntnissen immer wieder als Französisch-Dolmetscherin einspringen musste. Dann – im Jahre 2006 – als die Israeli ihre Raketen Richtung Beirut richteten, wurden die Zelte erneut abgebrochen. Die Eltern zog es nach Yerevan, der Hauptstadt Armeniens, wo sie noch heute leben. Derweil sich die Tochter nach Abu Dhabi absetzte und eine Anstellung bei der nationalen Airline der UAE fand.
Die Spannung ihrer Geschichte und die Grösse der gereichten Speisen halten sich die Waage. Der Copi und ich lauschen gespannt, stellen immer wieder Zwischenfragen. Schweinshaxen und Schnitzel sind auch nach einer Viertelstunde immer noch so gross wie die volle Portion eines gutbürgerlichen Restaurants im zentraleuropäischen Raum. Was letztlich auch an den überdimensionierten Fleischbrocken des Hauses liegt. Doch wir geben nicht auf. Angefeuert von der Blaskapelle kämpfen wir tapfer weiter, quer über den Teller, vom einen Rand zum anderen.
Auf den angebotenen Schnaps verzichten wir allerdings. Auch wenn das vielleicht die einzig richtige Massnahme zur Förderung einer erträglichen Verdauung gewesen wäre. Die Klänge der Tuba und der Posaune hallen noch lange in meinen Ohren. Begleitet vom dumpfen Rumoren meines überforderten gastroenterologischen Innenlebens verfolgen sie mich bis in meine tiefsten Träume. Immerhin bleibe ich von der russischen Mafia verschont.
Schwenken wir also zurück zum Flug nach „Down Under“.
Der Anfang harzt: Die Kabinenchefin bleibt im Morgenverkehr stecken und checkt fünf Minuten zu spät ein. Die Verantwortlichen vom Crew Control streichen die Dame kurzerhand von der Besatzungsliste und machen daraus - so will es die Regelung - einen Disziplinarfall. Eine Reserve wird aufgeboten, das Problem ist nur – so befürchte ich – dass sie wohl kaum in absehbarer Zeit am Flughafen eintreffen wird. Deshalb versuche ich Crew Control und „Flight Duty Officer“ zu überzeugen, die ursprüngliche „Cabin Managerin“ nicht ihrer Pflicht zu entheben. Das erweist sich allerdings als kein einfaches Unterfangen. Nach langen Diskussionen lassen sich Hardliner erweichen und Skeptiker umstimmen. Wir haben zwar mindestens eine Viertelstunde verloren, aber alles ist wieder „back to normal“.
Leider hat an gewissen Tagen die Normalität kurze Beine. Kürzere als Lügen. Wenige Minuten nach dem Start reisst uns ein Bimmeln des Warncomputers aus der Routine: Eines der beiden Aggregate unserer Klimaanlage überhitzt und meldet sich ab. Soweit kein Grund zur Beunruhigung. Wir arbeiten die kurze Checkliste durch und hoffen, die Sache sei damit erledigt. Dem ist leider nicht so. Nach zehn Minuten bimmelt es wieder. Auf dem System-Display präsentiert sich dasselbe Bild wie vorher. Wir gehen einen Schritt weiter und entscheiden uns zu einem „Reset“ der entsprechenden Komponente. Doch nach einer weiteren Viertelstunde sind wir abermals mit der gleichen Warnung konfrontiert. Da Fluggeräte der heutigen Zeit mit Satelliten-Telephonen ausgerüstet sind, rufen wir unsere „Maintenance“ in Abu Dhabi an. Die Experten sind zwar auch nicht in der Lage, den Defekt zu beheben, doch immerhin schaffen wir es mit ihrer Hilfe, die Klimaanlage in einem Modus zu nutzen, der einen problemlosen Weiterflug – und ein Steigen auf die ursprünglich geplante Reiseflughöhe – zulässt.
Schaumiges
Nach der Ankunft im frühsommerlichen Sydney, nach einigen Stunden Schlaf und einer 90-minütigen Massage begebe ich mich, mein Buch unter den Arm geklemmt, in den nahe gelegenen Starbucks. Ich bestelle einen Caramel Macchiato und setze mich an eines der kleinen runden Holztischchen. Ich öffne den Deckel meines Kaffeebechers und bin begeistert ob der Konsistenz des Schaumes. Darauf kommt es nämlich an. Guter Kaffee zeichnet sich in erster Linie durch seinen Geschmack und die Dichte des „Schäumchens“ aus. Zumindest für mich. An dritter Stelle erst kommt die Werbung und damit die Erkenntnis, dass auch der Platz an „Mister George Clooney’s“ Seite nur über eben dieses „Schäumchen“ führt.
Mit dem, Kaffeehäusern oben genannter Marke eigenen Holzstäbchen, das mich übrigens immer wieder an dieses „Spachtel“-ähnliche Teil erinnert, das einem der Arzt bei der Untersuchung in den Rachen stösst, beginne ich, den Schaum Schicht um Schicht abzuarbeiten. Derweil lese ich mit Spannung, wie sich der übermüdete Wallander unaufhörlich näher an den diesmal überaus brutalen Mörder tastet. Ich lese so eifrig wie ich Kaffee trinke, und weil der Barristo heute einen so fantastischen Schaum hinkriegt, hole ich mir wenig später einen weiteren Becher. Es ist kurz vor 1800 Uhr, als ich ins Hotel zurückkehre. In einer halben Stunde haben wir uns fürs Nachtessen verabredet.
Kalbshaxen und Oberkrainer
In der Lobby treffe ich auf einen der beiden Copis sowie auf ein Flight Attendant. Beide haben Lust auf Schweinefleisch, das in Abu Dhabi nicht sehr freizügig angeboten wird. Da drängt sich der „Lowenbrau“-Keller in unmittelbarer Nähe des Hotels auf. Ein von Deutschen nach deutscher Art geführtes Lokal, zu dessen Spezialitäten natürlich auch die Schweinshaxen gehören. Bis anhin habe ich mich stets geweigert, nach 14 Stunden Flug ein Restaurant zu besuchen, das ich – im ähnlichen Stil zumindest – von unserem Schweizer Domizil in Stadel in 15 Auto-Minuten erreicht hätte. Heute gebe ich mich für einmal geschlagen. Doch bereits beim Klang des „Oberkrainer-Duplikats“ bereue ich meine Charakterschwäche. Die langen Holzbänke vermitteln Skihütten-Atmosphäre, und das deutsch unterlegte Englisch der Kellnerin im schwarzen Dirndl rundet das Bild perfekt ab. Wir bestellen Löwenbräu, Schweinshaxen und Schweinsschnitzel. Auf die Bretzeln verzichten wir. Der Copi ist aus Sri Lanka, die Hostess aus Armenien. Beide sind begeistert ob der tollen, volkstümlichen Atmosphäre. Ich teile ihre Freude nicht im vollen Ausmass...
Während wir auf das Essen warten, beginnt das Flight Attendant, nennen wir sie Janina, zu erzählen. Die ersten fünf Lebensjahre verbrachte sie in Georgien, wo auch ihre Mutter geboren wurde. Anschliessend zog die junge Familie nach Moskau. Der Vater betrieb ein florierendes Unternehmen mit Mercedes-Ersatzteilen. Auch mit den Autos selber wurde gehandelt. Das Geschäft lief dermassen gut, dass irgendwann die lokale Mafia die Ohren zu spitzen begann. Der Vater weigerte sich zu zahlen, bis eines Tages Janinas Bruder und ein Onkel verschwanden. Erst als die Gelder flossen, tauchten die beiden wieder auf. Doch die Angst blieb, und schliesslich liess der Vater erneut die Koffer packen. Janina erzählt, als wäre dies völlig selbstverständlich. Dazwischen bearbeitet sie unaufhörlich die Schweinshaxe auf ihrem Teller. Im Libanon baute sich die Familie eine neue Existenz auf. Der Vater fand eine Stelle bei der russischen Botschaft. Und weil die Eltern zwar Russisch und Armenisch, nicht aber Arabisch oder Französisch sprachen, war es jeweils Janina, gerade einmal zwölf Jahre alt, die mit ihren Schulkenntnissen immer wieder als Französisch-Dolmetscherin einspringen musste. Dann – im Jahre 2006 – als die Israeli ihre Raketen Richtung Beirut richteten, wurden die Zelte erneut abgebrochen. Die Eltern zog es nach Yerevan, der Hauptstadt Armeniens, wo sie noch heute leben. Derweil sich die Tochter nach Abu Dhabi absetzte und eine Anstellung bei der nationalen Airline der UAE fand.
Die Spannung ihrer Geschichte und die Grösse der gereichten Speisen halten sich die Waage. Der Copi und ich lauschen gespannt, stellen immer wieder Zwischenfragen. Schweinshaxen und Schnitzel sind auch nach einer Viertelstunde immer noch so gross wie die volle Portion eines gutbürgerlichen Restaurants im zentraleuropäischen Raum. Was letztlich auch an den überdimensionierten Fleischbrocken des Hauses liegt. Doch wir geben nicht auf. Angefeuert von der Blaskapelle kämpfen wir tapfer weiter, quer über den Teller, vom einen Rand zum anderen.
Auf den angebotenen Schnaps verzichten wir allerdings. Auch wenn das vielleicht die einzig richtige Massnahme zur Förderung einer erträglichen Verdauung gewesen wäre. Die Klänge der Tuba und der Posaune hallen noch lange in meinen Ohren. Begleitet vom dumpfen Rumoren meines überforderten gastroenterologischen Innenlebens verfolgen sie mich bis in meine tiefsten Träume. Immerhin bleibe ich von der russischen Mafia verschont.
Saturday, November 08, 2008
Schuleinweihung in Bildern
Mit der dem Morgenland eigenen Grosszügigkeit in Sachen "Timing" liefern wir erst jetzt die Bilder zum vorherigen Blogeintrag.
Eindrücke eines besonderen Festtages, der tanzende und Einrad fahrende Kinder auf die Bühne brachte, und der den deutschen Aussenminister bunte Luftballons aufsteigen liess. Nicht 99 waren es, sondern einige mehr. Schon bald nach ihrem Start verkümmerten sie zu winzigen Punkten, um sich wenig später im kräftigen Blau des wolkenlosen Himmels vollständig aufzulösen.
Grosszügiger Innenhof der neuen Schule
Begrüssung der Ehrengäste
Warten in der Bücherei...
Endlich tauchen die illustren Gäste auf
Aufgeräumtes Bücherei-Team
Lesen mit dem Aussenminister
Warten...
Akrobatik
(Noch) jungfräuliches Buffet
Die Luftballons vor dem Aufstieg...
Eindrücke eines besonderen Festtages, der tanzende und Einrad fahrende Kinder auf die Bühne brachte, und der den deutschen Aussenminister bunte Luftballons aufsteigen liess. Nicht 99 waren es, sondern einige mehr. Schon bald nach ihrem Start verkümmerten sie zu winzigen Punkten, um sich wenig später im kräftigen Blau des wolkenlosen Himmels vollständig aufzulösen.
Grosszügiger Innenhof der neuen Schule
Begrüssung der Ehrengäste
Warten in der Bücherei...
Endlich tauchen die illustren Gäste auf
Aufgeräumtes Bücherei-Team
Lesen mit dem Aussenminister
Warten...
Akrobatik
(Noch) jungfräuliches Buffet
Die Luftballons vor dem Aufstieg...
...die Reise kann beginnen
Saturday, November 01, 2008
Schuleinweihung und Kappadokien
Der November hat begonnen, die Temperaturen in Abu Dhabi sinken auf angenehmere Werte. Und mit den abnehmenden Hitzeeinheiten steigt die Anzahl unserer Besucher. Die Wintermonate, oder einen Teil davon in den Emiraten verbringen zu können, ist ein Privileg. T-Shirt statt Daunenjacke. Laue „Winter“-Abende im Freien, dazu Gegrilltes und Rotwein, abgerundet mit Zigarre oder – wie’s der lokalen Tradition entspricht – Shisha.
Verständlich also, dass es manch unterkühlte Schweizer Seele in die Wüste zieht. Vor wenigen Tagen sind Franziskas Eltern bei uns eingetroffen. Sie werden bis Mitte November bleiben, dann räumen sie das Gästezimmer für meinen Bruder und einen seiner beiden Söhne. Eine Woche später bereits, noch vor der Abreise meines Bruders, erwarten wir auch Toni und Andrea, unsere „ex Nachbarn“ im Ruhestand. Und zum Abschluss beehren uns zwei besondere Gäste: unser „Hochzeitspfarrer“ und seine Frau. Just zu unserem 20-jährigen Ehejubiläum machen die beiden auf der Rückreise von Australien Zwischenhalt im Al Qurm Compound. Der Talar hängt allerdings bereits seit langer Zeit am ominösen Nagel. Heute amtet der ehemalige Pfarrer als Direktor der Strafanstalt Thorberg. Und da können einige Tage Erholung in den Emiraten sicher nicht schaden...
Bei Toni und Andrea könnte man von Missbrauch im klassischen Sinne sprechen, haben die beiden doch den wichtigen Auftrag, eine Kofferladung „Tannenreisig“ und Lebkuchen für den Weihnachtsmarkt der Deutschen Schule anzuliefern. Franziska steckt zusammen mit dem Festkomitee bereits knöcheltief in den Fest-Vorbereitungen. Zum ersten Mal wird der stimmige Anlass in der neuen Schulanlage durchgeführt. Und da die Schule die Gebäulichkeiten von der lokalen Regierung gratis zur Verfügung gestellt erhält, verpflichten Anstand und Dankbarkeit zur Einhaltung strengerer Vorschriften. Auf Alkohol-Ausschank beispielsweise, wird verzichtet. Was nicht alle frohlocken lässt.
Obwohl die Kinder bereits seit Anfangs September in den neuen Räumlichkeiten unterrichtet werden, findet die offizielle Eröffnung erst dieser Tage statt. Am vergangenen Mittwoch, um 15.30 Uhr, sitzen Kinder, Eltern und weitere Gäste gespannt in der stimmungsvoll geschmückten Turnhalle des neuen Schulhauses. Mit der, solch gewichtigen Delegationen eigenen Verzögerung marschieren der deutsche Aussenminister Dr. Frank-Walter Steinmeier und sein emiratischer Amtskollege Sheikh Abdullah bin Zayed Al Nahyan schliesslich über den faltenlos ausgelegten roten Teppich. Dann lassen sie sich unter stürmischem Beifall auf ihre Plätze in der ersten Reihe geleiten. Blitzlichter machen ihrem Namen Ehre und blitzen um die Wette, während schwitzende Kameramänner mit ihren gebuckelten Arbeitsgeräten durch die Gänge hetzen. Die Feier ist würdig, ausgewogen und in der Länge sogar erträglich. Wessen Lebensgeister dennoch eingeschlummert sind, dem verleiht das Buffet neue Energien. Und wären da im Vorfeld nicht dummerweise einige Steuermillionen dissidenter Bundesdeutscher ins vermaledeite Helvetien abgeflossen, die dargebotenen Speisen hätten mit Sicherheit gar noch den einen oder anderen hungrigen Gaumen mehr stopfen können. Der politisch arg kritisierte Gelderfluss vermag zumindest moralisch dafür ein bisschen zu kompensieren, dass die (Schweizer) Leiterin der (Deutschen) Schulbücherei ihre Arbeit gratis und franko verrichtet. Dass es sich dabei um meine Frau handelt, ist reiner Zufall.
Kappadokien
(Vorläufig) Keine Probleme mit der Schweizer Steuerverordnung haben die Amerikaner. Dafür müssen sie einen neuen Präsidenten wählen, was angesichts der in den amerikanischen Stimmlokalen vorhandenen Infrastrukturen auch keine einfache Aufgabe ist. Die sind mindestens so aus der Mode gekommen wie der eine der beiden Kandidaten.
US-Wahlpolemik wird in Abu Dhabi wenig betrieben. Auch an der „American Community School“. Schon gar nicht in den Klassen der „Middle School“ – dazu gehören die „Grades“ sechs bis acht. Diese sind dafür, im Rahmen der Mission „Week without walls“, zu Reisen ins Ausland aufgebrochen. Sämtliche SiebtklässlerInnen, zu denen auch Nina gehört, verbringen die ganze Woche in der Türkei, und zwar im Südanatolischen Kappadokien, das wegen seiner aus dem weichen Tuff herausgehauenen Höhlenkirchen und wegen der unterirdischen Städte Touristen aus der ganzen Welt ins Land bringt.
Der Trip verspricht Aufregung und Spannung. Allein die Hinreise ist aussergewöhnlich: Um 0230 Uhr, mitten in der Nacht, besammeln sich die rund 80 Kinder vor der Schule. Dort starten sie zur ersten Etappe mit dem Bus nach Dubai. Der Abflug mit Turkish Airlines erfolgt am frühen Morgen. Nach der Landung in Istanbul ist warten angesagt. Nach fünf Stunden geht es auf dem Luftweg weiter nach Kayseri. Das letzte Teilstück wird wieder gefahren. Dann endlich, um 1800 Uhr Lokalzeit (1900 Uhr Abu Dhabi), treffen die Kinder im Hotel in Goreme ein. Nina scheint es zu gefallen. Sie schickt ein SMS mit folgendem Wortlaut: „Just arrived in the hotel... we have the biggest room!! The weather reminds me of Switzerland… Kinda cold but ok! Cu love u!
Verständlich also, dass es manch unterkühlte Schweizer Seele in die Wüste zieht. Vor wenigen Tagen sind Franziskas Eltern bei uns eingetroffen. Sie werden bis Mitte November bleiben, dann räumen sie das Gästezimmer für meinen Bruder und einen seiner beiden Söhne. Eine Woche später bereits, noch vor der Abreise meines Bruders, erwarten wir auch Toni und Andrea, unsere „ex Nachbarn“ im Ruhestand. Und zum Abschluss beehren uns zwei besondere Gäste: unser „Hochzeitspfarrer“ und seine Frau. Just zu unserem 20-jährigen Ehejubiläum machen die beiden auf der Rückreise von Australien Zwischenhalt im Al Qurm Compound. Der Talar hängt allerdings bereits seit langer Zeit am ominösen Nagel. Heute amtet der ehemalige Pfarrer als Direktor der Strafanstalt Thorberg. Und da können einige Tage Erholung in den Emiraten sicher nicht schaden...
Bei Toni und Andrea könnte man von Missbrauch im klassischen Sinne sprechen, haben die beiden doch den wichtigen Auftrag, eine Kofferladung „Tannenreisig“ und Lebkuchen für den Weihnachtsmarkt der Deutschen Schule anzuliefern. Franziska steckt zusammen mit dem Festkomitee bereits knöcheltief in den Fest-Vorbereitungen. Zum ersten Mal wird der stimmige Anlass in der neuen Schulanlage durchgeführt. Und da die Schule die Gebäulichkeiten von der lokalen Regierung gratis zur Verfügung gestellt erhält, verpflichten Anstand und Dankbarkeit zur Einhaltung strengerer Vorschriften. Auf Alkohol-Ausschank beispielsweise, wird verzichtet. Was nicht alle frohlocken lässt.
Obwohl die Kinder bereits seit Anfangs September in den neuen Räumlichkeiten unterrichtet werden, findet die offizielle Eröffnung erst dieser Tage statt. Am vergangenen Mittwoch, um 15.30 Uhr, sitzen Kinder, Eltern und weitere Gäste gespannt in der stimmungsvoll geschmückten Turnhalle des neuen Schulhauses. Mit der, solch gewichtigen Delegationen eigenen Verzögerung marschieren der deutsche Aussenminister Dr. Frank-Walter Steinmeier und sein emiratischer Amtskollege Sheikh Abdullah bin Zayed Al Nahyan schliesslich über den faltenlos ausgelegten roten Teppich. Dann lassen sie sich unter stürmischem Beifall auf ihre Plätze in der ersten Reihe geleiten. Blitzlichter machen ihrem Namen Ehre und blitzen um die Wette, während schwitzende Kameramänner mit ihren gebuckelten Arbeitsgeräten durch die Gänge hetzen. Die Feier ist würdig, ausgewogen und in der Länge sogar erträglich. Wessen Lebensgeister dennoch eingeschlummert sind, dem verleiht das Buffet neue Energien. Und wären da im Vorfeld nicht dummerweise einige Steuermillionen dissidenter Bundesdeutscher ins vermaledeite Helvetien abgeflossen, die dargebotenen Speisen hätten mit Sicherheit gar noch den einen oder anderen hungrigen Gaumen mehr stopfen können. Der politisch arg kritisierte Gelderfluss vermag zumindest moralisch dafür ein bisschen zu kompensieren, dass die (Schweizer) Leiterin der (Deutschen) Schulbücherei ihre Arbeit gratis und franko verrichtet. Dass es sich dabei um meine Frau handelt, ist reiner Zufall.
Kappadokien
(Vorläufig) Keine Probleme mit der Schweizer Steuerverordnung haben die Amerikaner. Dafür müssen sie einen neuen Präsidenten wählen, was angesichts der in den amerikanischen Stimmlokalen vorhandenen Infrastrukturen auch keine einfache Aufgabe ist. Die sind mindestens so aus der Mode gekommen wie der eine der beiden Kandidaten.
US-Wahlpolemik wird in Abu Dhabi wenig betrieben. Auch an der „American Community School“. Schon gar nicht in den Klassen der „Middle School“ – dazu gehören die „Grades“ sechs bis acht. Diese sind dafür, im Rahmen der Mission „Week without walls“, zu Reisen ins Ausland aufgebrochen. Sämtliche SiebtklässlerInnen, zu denen auch Nina gehört, verbringen die ganze Woche in der Türkei, und zwar im Südanatolischen Kappadokien, das wegen seiner aus dem weichen Tuff herausgehauenen Höhlenkirchen und wegen der unterirdischen Städte Touristen aus der ganzen Welt ins Land bringt.
Der Trip verspricht Aufregung und Spannung. Allein die Hinreise ist aussergewöhnlich: Um 0230 Uhr, mitten in der Nacht, besammeln sich die rund 80 Kinder vor der Schule. Dort starten sie zur ersten Etappe mit dem Bus nach Dubai. Der Abflug mit Turkish Airlines erfolgt am frühen Morgen. Nach der Landung in Istanbul ist warten angesagt. Nach fünf Stunden geht es auf dem Luftweg weiter nach Kayseri. Das letzte Teilstück wird wieder gefahren. Dann endlich, um 1800 Uhr Lokalzeit (1900 Uhr Abu Dhabi), treffen die Kinder im Hotel in Goreme ein. Nina scheint es zu gefallen. Sie schickt ein SMS mit folgendem Wortlaut: „Just arrived in the hotel... we have the biggest room!! The weather reminds me of Switzerland… Kinda cold but ok! Cu love u!
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