Thursday, December 24, 2009

Feiertage















Einmal mehr haben wir es geschafft, uns für die Weihnachtstage in familiärer Einigkeit im Diemtigtal zu versammeln. Im Wissen, dass im Juni der Auszug von Tim und im kommenden Dezember Arbeit und keine (Weihnachts)Ferien anstehen, geniessen wir diese Zeit um so bewusster.

Die flotte Kadenz der eingehenden SMS kündet die unmittelbar bevorstehenden Festtage an. Die Geschenke sind eingepackt, der Tannenbaum für seine letzten Tage geschmückt.
Noch liegt der Schnee nicht in gewünschten Mengen, noch ist unser Ausblick vernebelt, noch droht der Föhn, uns heute Nacht zu verblasen – doch noch geben wir die Hoffnung auf sonnige Pistenstunden nicht auf und freuen uns auf die Höhepunkte der kommenden Tage: der Besuch von Lindas Freund Nemo, Schokolade, Wein, Besuche, Fondue, Wein, Raclette, Diskussionen, Wein, Skifahren, Schümli-Pflüümli, Ausflüge an den Spenglercup und ins Technorama, Sonne, mehr Wein und Silvester im Schnee mit Mehlsuppe um Mitternacht.

Euch allen wünschen wir frohe und entspannte Feiertage, und natürlich einen sanften Start in ein noch besseres, gesundes 2010!

Saturday, December 19, 2009

"Posso aiutarla?"

Nach zwei Tagen in der norditalienischen Metropole bin ich dem Cappuccino endgültig verfallen! Nicht all den vielen schaumlos-schwachen Kopien, wie ich sie überall in der Welt mehrfach schon getrunken habe, sondern dem „Original“.
Es ist nicht nur die klirrende Kälte, die mich im Stundentakt in die typisch italienischen Kaffeebars in Mailands Innenstadt treibt. Fasziniert vom filigranen Tun der "Baristas" klebe ich an der Theke; klappernde Unterteller bestimmen den Rhythmus. Bevor die Milch in die mit wenig Kaffee gefüllte Tasse kommt, wird der silberne Krug kurz auf die Bar geklopft, dann leicht im Kreis geschwenkt. Das Endprodukt ist eine köstliche, in der Temperatur perfekte Kaffee-Milch-Schaum-Kreation mit einer weiss-braunen Oberfläche. Auf Wunsch des Kunden mit etwas Kakao verfeinert, je nach Begabung und Lust des "Kaffeekünstlers" mit herzförmigem Muster versehen. Die Italiener halten lediglich kurz für den Cappuccino- oder Espressostop an der Bar inne. Mir scheint, als würden sie ihr „Kaffeereservoir“ füllen, ähnlich wie wir dies mit den Benzintanks unserer Autos tun. Ein Schwatz mit dem Personal, ein flüchtiges „Ciao, buona giornata“ und weiter geht’s mit dem Tagesgeschäft.

Meine Cappuccino-Genüsse werden eigentlich nur durch die kläglichen Versuche unterbrochen, meine Weihnachtseinkaufsliste abzuarbeiten. Eine Liste, die in früheren Jahren auch schon länger war. Schliesslich werden die Kinder älter. Und vernünftiger. Sie beginnen mitunter die elterliche Zuwendung und Unterstützung dergestalt zu schätzen, dass die Ära überdimensionierter Spielzeug- und Geschenkschachteln zu Ende geht. Geschenke werden nicht nach Grösse und materiellem Wert beurteilt, sondern häufiger nach ideellen Grundsätzen...

Genug des Träumens – zurück zur Realität. Nicht nur der Kaffee, auch die Sprache beschäftigen mich in diesen zwei Tagen. In Mailand, wie eigentlich überall auf diesem Planeten, ist ungestörtes Stöbern in Einkaufsläden kaum möglich. Unvermittelt werde ich von freundlichen Damen, oft hinter meinem Rücken stehend, mit der Frage aufgeschreckt, ob ich Hilfe benötige. Allerdings bin ich ob ihrem „Posso aiutarla?“ stets etwas verwirrt. Anfänglich reagiere ich nicht, in der Annahme, die Frage wäre an eine Dame gerichtet. Als auch im nächsten, und übernächsten Geschäft das weibliche Pronomen nicht ändert, prüfe ich sicherheitshalber mein Äusseres in einem der vielen Spiegel. Auf die Schnelle kann ich keinen Zerfall meiner herb-maskulinen Ausstrahlung erkennen. Wieso also das „aiutarLA“? Ein „LO“ wäre mir lieber gewesen. Zur Not hätte ich auch ein „LE“ akzeptiert. Doch die Mailänder Verkäuferinnen wollen partout nicht. Kurz überlege ich, ob allenfalls der gezielte Wurf einer Domfigur die verwirrten Geister erlösen könnte, verwerfe dann aber den Gedanken beim Anblick einer vor dem Fenster patrouillierenden Carabinieri-Einheit.

Später, bei einem weiteren Cappuccino, lasse ich mir aus kompetentem Mund erläutern, dass es sich hierbei um die Höflichkeitsform handle und die Anwendung eigentlich korrekt, wenn auch grammatikalisch nicht ganz richtig sei. Logischer wird die Sache deshalb nicht für mich. Doch was will ich die Italiener denn beim Gebrauch ihrer ansonsten so wunderbellaschönen Sprache kritisieren. Sie werden schon wissen, was sie tun. Und sonst kann ihnen sicher Herr Berlusconi weiterhelfen. Frei nach dem Motto "Posso aiutarla?"

Wednesday, December 16, 2009

Die Maske des Schreckens

Der näher rückende Jahreswechsel löst bei mir regelmässig philosophische Wandelgänge aus. Gedanken an die nahe und ferne Zukunft, verbunden mit vielen Fragen und wenig Antworten. Dazwischen mischen sich Hoffnungen und Wünsche, ebenso wie Ängste und Zweifel. In der Regel überwiegen erstere, und mit der Zeit entsteht der irreführende Glaube, die unsichtbaren Lebensfäden instinktiv günstig zu spinnen. Doch das Schicksal (oder die Bestimmung?) schmiedet seine eigenen Pläne. Ohne sich um unsere Meinung zu scheren.
Die Krankheit unseres Nachbarn, meines Arbeitskollegen, hat sich verschlimmert und ihn und seine Familie abrupt gezwungen, ihre unmittelbaren Absichten zu ändern. Kurz vor Weihnachten, in einer Zeit, in der wir eher das Festessen als den Spitalaufenthalt zu planen pflegen. Das eigene Leben bewusst zu leben, bleibt eine hohe Kunst. Ein Spagat, der immer wieder höchste Ansprüche an unsere Flexibilität und Balance stellt.

Vor solchem Hintergrund geraten gedankliche Höhenflüge mitunter ins Trudeln und erreichen nicht immer die gewünschte Flughöhe. Ich bin froh, kann ich mich mindestens mit dem Airbus A330 wie gewünscht vom Boden lösen und auf den ursprünglich geplanten „Flight Level“ steigen.
Der Dezember-Einsatz hat mir einen besonderen Leckerbissen beschert. Es mag seltsam klingen, aber ich musste zuerst nach Abu Dhabi „auswandern“, um endlich anständige „Nightstops“ in Europa zu erhalten. In diesem Fall handelt es sich um eine „lange“ Mailand-Rotation: Abflug in Abu Dhabi um 0850 Uhr, Ankunft in Malpensa um 12.45 Uhr. Dann zwei volle Tage frei (zwei Striche), und wieder mit einem Tagflug zurück in die Wüste. Während ich diesen Eintrag verfasse, pendle ich noch immer von einer Espresso-Bar zur anderen. Eine Destination passend zur Advents- und Guetzlizeit. Die „Mailänderli“ – die Rede ist bitteschön von den Backwaren – gehörten schon immer zu meinen Favoriten. Und wer geniesst denn schon das Privileg, in Abu Dhabi zu leben, Weihnachtseinkäufe in "Milano"zu tätigen und die Festtage im verschneiten Berner Oberland verbringen zu dürfen...?
In meinem Crewbag verstaut habe ich Unterlagen, um mein Schul-Italienisch aufzubessern. Denn wer seine Rente in Lugano zu geniessen beabsichtigt, sollte der italienischen Sprache mächtig sein. So studiere ich neben dem Stadtplan Mailands Konjugationstabellen, stolpere über indefinite und finite Modi und stelle fest, dass unsere südlichen Nachbarn – anders als im Deutschen – bei den Objektpronomen zwischen betonten und unbetonten Formen unterscheiden. Zur Auflockerung stürze ich mich in einen italienischen Lernkrimi mit dem verheissungsvollen Titel „Die Maske des Schreckens“. Ob die Überschrift in direktem Zusammenhang mit den Tücken der Sprache steht, oder sich ausschliesslich auf inhaltliche Begebenheiten bezieht, kann ich im Moment noch nicht mit letzter Sicherheit feststellen.

Im mailändischen Hotelzimmer angekommen, muss ich mich zuerst etwas erwärmen. Die Po-Ebene erstarrt im Kälteschock, das Thermometer bei 3 Grad Celsius. Die MailänderInnen eilen mit raschem Schritt und gesenktem Blick durch die Stadt. Bei diesen klimatischen Verhältnissen verkommt der gemütliche Bummel zum frostigen Ladenhüpfen. Ich packe jede Gelegenheit, um in beheizten Räumen Füsse, Ohren und Nasenspitze aufzuwärmen. Ungeachtet der Temperaturen geniesse ich italienische Wortfetzen, die mich in quadrophonischer Vielfalt linguistisch inspirieren; Flüchtige „Ciao’s“ oder hoffnungsvolle „A più tardi’s“. Wie herrlich diese Sprache doch klingt; rhythmisch, abgerundet mit einer Melodie, die sowohl Temperament als auch Sanftmut in ihren Lauten vereint. Unverfälschte Italianità, der in diesem Fall auch die herrschende Unterkühlung keinen Abbruch tut. Einzig die blutende Nase Berlusconis, noch immer omnipräsent in den lokalen Medien, wirkt etwas störend, und weckt letztlich Assoziationen an den Titel meiner Lern-Lektüre: „La maschera del terrore“.



Saturday, December 05, 2009

Wüsten-Camp

Soeben sind wir aus der Wüste zurückgekehrt. Nach einer wild-abenteuerlich-romantischen Camping-Nacht. Lediglich zwei Autostunden entfernt von Abu Dhabi. In der Gegend von Liwa, nicht unweit der Grenze zu Saudi Arabien, hat sich unser Konvoi zwischen den Dünen eingenistet.
Bizarre Mondlandschaft, roter Sand, geheimnisvolle Spuren.
Das geschriebene Wort erübrigt sich - die Bilder, wenn auch von Laienhand geschossen, sind aussagekräftiger, stärker.
Erlebt haben wir viel; im Sand stecken gebliebene Fahrzeuge, vom Wüstenwind verwehte Zeltteile und ein heftig loderndes Lagerfeuer. Schweisstreibende Temperaturen am Tag und unangenehm feucht-kühle 15 Grad in der Nacht.

Ein tolles Erlebnis für die ganze Familie - wenn auch verbunden mit einiger körperlicher Arbeit und viel Sand in Schuhen und Kleidern. Wie haben wir doch die anschliessende Dusche genossen...









































































































































































Tuesday, December 01, 2009

Mit Nina in Paris

Freitagnachmittag ist Sonntagnachmittag in den Emiraten. Aber im Moment sind sowieso Schulferien: Wegen Eid al Adha und dem UAE-Nationalfeiertag am 2. und 3. Dezember.
Linda möchte unbedingt aufs Boot. Zusammen mit einer Schulfreundin. Hoch erfreut über das nautische Interesse meiner Tochter, lassen wir „LITINA“ kurz vor dem Mittag sanft vom Trailer ins Wasser gleiten. Die beiden Mädchen machen es sich auf den Liegesitzen im offenen Bug bequem, dann rauschen wir in flotter Fahrt zwischen zwei kleinen, namenlosen Inseln Richtung „Bahraini Island“, wo sich zahlreiche Ankerplätze befinden. Nach einem erfrischenden Bad im 25° Grad warmen Salzwasser und einer geruhsamen Verpflegungspause schippern wir los in der Hoffnung, einigen Delphinen zu begegnen. Leider erfolglos. Zwar ortet der „Fishfinder“ immer wieder grössere Fischgruppen, doch die Delphine üben sich in moderater Zurückhaltung. Keine Rückenflosse weit und breit. Da ich heute Nacht fliegen muss/darf, steuern wir bereits kurz nach 1500 Uhr wieder in den Hafen. Ich will mich unbedingt noch einige Stunden aufs Ohr legen, denn auf dem anstehenden Paris-Flug wird mich die jüngste Tochter Nina begleiten. Und da werden erquickliche Ruhestunden eher rar sein.

Wir starten um halb drei in der Nacht. Das Fluggerät ist ein A340-600. Nicht irgend einer, sondern die A6-EHJ. Die Maschine im auffälligen Formel 1-Look, die vor dem Rennen in Abu Dhabi mit einem tiefen Überflug für Spektakel und hauseigene Werbung gesorgt hat. Unser Flug nach Paris verläuft weniger spektakulär, trotz stürmischer Westwinde, die über Europa fegen. Im Anflug auf die Piste 26R des Flughafens Charles de Gaulle kämpfe ich mit Turbulenzen und ruppigem Seitenwind. Der 76m lange Rumpf giert und windet sich, die Automatik kompensiert die Windböen mit erhöhter Geschwindigkeit. Trotz Müdigkeit gelingt die Landung erstaunlich gut, was sich letztlich daran zeigt, dass bis zum Einchecken im Marriott keine einzige kritische Bemerkung von Seite der Kabinenbesatzung vorgebracht wird.

Da die Crew in Paris mit dem Bus vom Flugzeug direkt zum Hotel gefahren wird, muss sich Nina selber ihren Weg durch Passkontrolle und Zoll suchen. Eine gute Gelegenheit, ihr Französisch zu verbessern. Dann wartet sie auf den Shuttle-Bus, der sie zum Marriott bringen soll. Mit einer kleinen Verzögerung (erster Bus verpasst) trifft sie schliesslich strahlend in der Lobby ein.
Ich lege mich lediglich eine Stunde aufs Ohr, denn wir wollen mit dem vom Hotel betriebenen Bus in die Stadt. Abfahrt um 10 Uhr. Leider spielt das Wetter nicht ganz mit. Das Thermometer stockt bei 10° Grad, der Wind bläst uns noch immer unanständig ins Gesicht. Wir lösen Tickets für den „Bus Rouge“; Doppeldecker-Busse, die in kurzen Abständen die immer gleiche Rundfahrtroute abspulen. Jede Haltestelle bietet die Möglichleit auszusteigen (hop off), um später in einem der folgenden Busse die Tour fortzusetzen (hop on). In etwas mehr als zwei Stunden ziehen vor unseren schläfrigen Augen die Champs-Elysées, der Eiffelturm, der Arc de Triomphe und der Louvre vorbei. Bei der Haltestelle Notre Dame steigen wir aus. Zusammen mit Hunderten von anderen Touristen bestaunen wir das Innenleben dieser Kathedrale. Ein kurzer Shopping-Halt noch, und um 15 Uhr sitzen wir im Hotelbus, der uns wieder zum Marriott-Roissy fährt. Nach einem Snack an der Hotelbar ziehen sich Nina und ich ins Zimmer zurück, und noch vor 19 Uhr falle ich in einen Koma ähnlichen Tiefschlaf, an dem jeder Anästhesist seine Freude gehabt hätte. Die Tochter hält sich eine TV-Einheit länger wach, dann wird auch sie von der Müdigkeit übermannt (oder müsste ich hier „überfraut“ schreiben...?)
Erst nach dreizehn Stunden wachen wir wieder auf. Mit Sand in den Augen und schlaffen Gliedern kämpfen wir uns aus den Federn unter die Dusche ohne Duschvorhang. Wie unangenehm sind doch jene Badewannen-Duschen, bei denen lediglich eine viel zu knapp bemessene Glasscheibe die Wasserspritzer abhalten soll. Was sie – die Glasscheiben – natürlich nicht in der Lage sind, zu tun.
Trotz überschwemmtem Bad und nassen Socken sind wir rechtzeitig für die Fahrt mit dem Bus in die Stadt gerichtet. Nach der Ankunft schlendern wir von der Porte Maillot die Champs-Elysées hinunter und bestaunen den stimmungsvollen Weihnachtsmarkt mit seinen zauberhaften Ständen. Nina lässt sich ihren Namen in ein Reiskorn ritzen, wenig später besteigen wir eine Gondel des Riesenrads beim Place de la Concorde. In drei Umläufen schiesst die Tochter Dutzende von Fotos, vorzugsweise vom Eiffelturm. Wenig später sitzen wir erneut im roten Bus. Beim Trocadero stärken wir uns mit Kaffee und heisser Schokolade im „Le Malakoff“, bevor wir die Treppen zum Eiffelturm hinunter steigen.
Der Tag vergeht in Windeseile. Nicht nur, weil eben besagter Wind immer noch sehr heftig bläst. Ich geniesse die Stunden in der fremden Stadt, alleine mit Nina. Solche Momente empfinde ich immer als besonders bereichernd, denn es drängen sich weder Telefon, Internet noch Freunde zwischen Vater und Tocher (oder Sohn). Und sie sind so herrlich unpolitisch...

In der selben Nacht, kurz nach 22 Uhr Ortszeit, starten wir Richtung Abu Dhabi. Als ich in der Hälfte des Fluges nach Nina schaue, schläft sie tief und fest. Sie sei eingenickt, ohne gegessen zu haben, berichtet mir ein Flight Attendant. Beseelt von den Eindrücken der vergangenen zwei Tage, denke ich schmunzelnd, drehe mich um, und mache mich wieder auf den Weg zu meinem Arbeitsplatz.

Nina's Gesichter in Paris














In der Métro



















Vor dem Eiffelturm















Bei der heissen Schokolade im Le Malakoff















Auf der Bustour















Auf dem Riesenrad















...immer noch auf dem Riesenrad















Der "Bus Rouge"















Weihnachts-Stand an der Champs-Elysées