Das Leben ist voller Zufälle. Die Fliegerei auch.
Bei Etihad überschlagen sich derzeit die aus Personalknappheit resultierenden Einsatzumstellungen. Beinahe jeden zweiten Tag rufen mich die Kollegen vom Crew Control an und teilen mir „Schedule Changes“ mit. Manchmal fragen sie auch zuerst, ob ich einverstanden sei. Meistens dann, wenn irgendwelche Limiten angekratzt werden. Nun kommt erschwerend hinzu, dass sie nicht immer merken, wenn Limiten angekratzt werden. Das kann daran liegen, dass diverse Limiten des öfteren neu definiert werden. Oder aber an der Tatsache, dass mann oder frau ganz einfach nicht weiss, welche Limiten wann wo und wie einzuhalten sind.
Die bevorstehenden Sommermonate werden diesbezüglich mit Sicherheit keine Entspannung bringen. Bereits in den vergangenen Tagen bekamen Besatzungsmitglieder einen ersten Vorgeschmack dessen, was sie alsbald erwarten wird.
Auch mein Einsatz erfuhr allein in der letzten Juni-Woche vier Änderungen. Ich will euch damit nicht bis in alle Details langweilen. Die ultimative Version schickte mich schliesslich am letzten Tag des Monats auf einen Kairo-Turnaround. Doch bereits der geplante Start um halb zehn am Morgen musste verschoben werden. Ich wollte gerade unter die Dusche steigen, als mein immer noch auf lautlos gestelltes Handy, neben dem Spültrog liegend, blinkte. Es ist nämlich so, dass die Crew Control-VertreterInnen ihre Klienten ausschliesslich via Handy (hier „Mobile“ genannt) attackieren. Und die Erfahrung lehrt, dass man gut daran tut, sein „Telefonino“ (Brunetti lässt grüssen) vor einem Arbeitseinsatz in Reichweite zu haben. „Your flight is delayed“, säuselt’s denn auch prompt aus der Muschel. Um zwei Stunden und 20 Minuten. Wenn ich das gestern gewüsst hätte; Die Merlot-Flasche hätte den Vorabend bestimmt nicht überlebt.
Unruhiges Jahr
Mein Copi heute ist Haakan Abrahamson. Der Schwede, vormals über viele Jahre in Diensten der SWISS(air) tätig, gehört zu jener Gruppe von SWISS-Piloten, die vor etwas mehr als einem Jahr ausgezogen sind, den Mittleren Osten zu erkunden. So wie wir. Mit Sack und Pack. Und mit vielen Hoffnungen, die sich leider nicht bei allen wie erwartet erfüllt haben. Das betrifft vor allem die Gruppe der damaligen Copis, die bei Etihad als Kapitäne hätten fliegen sollen. Vielfältige Gründe haben letztlich diesen zugegebenermassen ambitiösen Plan scheitern lassen und dazu geführt, dass fünf von ihnen wieder zur SWISS zurückkehren. Einige haben ihre Beduinenzelte in Abu Dhabi bereits abgebrochen. Haakan steht kurz davor. Seine Familie lebt bereits wieder in der Schweiz. Er teilt mir gleich zu Beginn mit, dass dies sein Etihad-Letztflug wäre. Ausgerechnet mit mir, der ich ebenfalls von der SWISS kommend beinahe zeitgleich mit ihm hier begonnen habe. Zufall oder ein Schicksalstritt ans Schienbein?
Während des Fluges nach Kairo erzählt mir Haakan, wie schwierig es gewesen sei, sich zu einer Entscheidung durchzuringen. Seiner Frau hat das Leben in Abu Dhabi sehr gut gefallen. Ihm eigentlich auch. Bei den drei Kindern war es nicht immer so. Wie ringt sich eine Familie vor diesem ungleichen Hintergrund zu einer tragfähigen Entscheidung durch? Im Grunde genommen kam diese gesamte Copi-Gruppe im Verlauf dieses einen Jahres nie so richtig zur Ruhe. Zu unklar, zu schwankend waren die Vorgaben nach den Anfangsschwierigkeiten im letzten Frühling.
Im SWISS-Cockpit
Solches diskutieren wir im Cockpit auf dem Weg nach Kairo, wo wir – ebenfalls eine süffisante Fügung des Schicksals – unsere Kollegen der SWISS treffen werden. Der A340 aus Zürich landet, unsere Verspätung sei dank, sozusagen zeitgleich mit uns. Wir hören, wie sie nach der Landung Rollinstruktionen erfragen.
Nachdem der letzte Passagier ausgestiegen ist, mache ich mich auf den Weg über den Tarmac und spähe in die Türe der SWISS-Maschine. Den M/C kenne ich, ebenso ein Flight Attendant. Auch der nächsten Dame, die mir im Galley begegnet, meine ich schon begegnet zu sein. Im Cockpit überrasche ich Kaspar Flückiger und Tom Vokinger. Der Schweizer Steuerstand wirkt nach wie vor sehr vertraut. Auch wenn der Unterschied nicht gross ist, so scheint er doch spürbar. Tom serviert mir einen Espresso im Kartonbecher. Dann drückt mir jemand eine üppige Menge „Schöggeli“ in die Hand. Und Pralinen. Und einen „Tagi“. Fast wie zuhause. Doch die Zeit drängt schon wieder, es bleibt (zu) wenig Zeit zum Schwatz. Schon hetze ich zurück zu unserem A330, wo die ersten Passagiere bereits am Einsteigen sind.
Schicksalshafte Konstellationen
Mir wird bewusst, dass sich hier und heute nicht nur zwei Wege gekreuzt haben. Es waren mehrere.
Die einen kommen, die anderen gehen. Im "irdischen" Leben wie auch in der Luft. Oder auf dem Wasser. Dazwischen begegnet man sich unverhofft irgendwo. Haakan schnuppert auf seinem nicht geplanten „Lastflight“ mehr Schweizer Luft als bei anderen Einsätzen. Und wer glaubt, alles sei berechenbar, täuscht sich: Spätestens dann, wenn Alinghi nach einem hoch dramatischen Finish mit läppischen und nach einem solchen Rennen taktisch nicht kalkulierbaren zwei Sekunden Vorsprung (nach einer unfreiwilligen Pirouette der Kiwis) über die Ziellinie segelt, gerät die Zuschauerschaar ins Sinnieren.
Uns kann’s nur freuen, denn jetzt hat die Schweiz bereits zwei wahre Champions, deren Erfolge sich in Traditionswettbewerben wiederholt bestätigt haben: Den Roger und den Ernesto. Und dann haben wir ja noch den „Nespresso“. Aber der gehört in eine andere Kategorie...
Tuesday, July 03, 2007
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1 comment:
Sälü zusammen
Immer wieder interessant, spannend und oftmals auch amüsant und nachdenklich stimmend deine/ eure "news" zu verfolgen = ist zudem auch ein kompliment an den "schreibstil".
fleissig tennis üben.....see you in august :) !
Gruss aus dem BeO
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