Nach 28 Tagen Ferien und einer minimalen Vorbereitungszeit sitze ich bereits wieder im Cockpit. Und es ist erstaunlich, wie viele kleine Dinge nach einer Ferien-Auszeit von vier Wochen aus dem „Brain-Memory“ gekippt werden. In der Fliegerei sind die meisten Abläufe automatisiert. Zumindest in der sogenannten „Normal Ops“, also dann, wenn keine Probleme die Arbeit erschweren. Angefangen bei der Planung über die Flugvorbereitung im Cockpit, bis hin zur eigentlichen fliegerischen Operation. Unsere „SOP’s“ – die „Standard Operating Procedures“ – bilden dabei die Basis.
In vier Wochen ändern sich jedoch einige Dinge. Besonders in Abu Dhabi. Und noch mehr bei Etihad, denn wenn eine Airline dermassen dynamisch wächst, wird das Rad beinahe jede Woche neu erfunden.
Das spüre ich einmal mehr bei der Rückkehr aus den Ferien. Nach der Landung und dem Verlassen des Flugzeugs werden die Passagiere über unbekannte Wege zur Passkontrolle geschleust. Einem Chamäleon gleich erhält das Innenleben des neuen Terminals ständig neue Facetten. Ich habe überdies das Glück, dass einer meiner Koffer mit einem Plastikband am Traggriff versehen aufs Förderband rollt. Was mich dezent darauf hinweist, dass die Zollbeamten wohl etwas genauer hinschauen werden. Die verschleierte Dame beim Ausgang weist mich an, den Reissverschluss des Gepäckstücks zu öffnen. Sie beginnt, in meiner Wäsche zu wühlen, kämpft sich allerdings nicht bis zu den üppigen Wurst- und Schokoladevorräten in den unteren Schichten vor. Noch einmal Glück gehabt.
Mein Line Check führt mich nach London. Diese Überprüfung unseres operationellen Arbeitsverhaltens findet einmal pro Jahr statt und ist heuer in meinem Fall, unmittelbar nach längerer Ferienabwesenheit, speziell günstig geplant. Ich versuche in den zwei freien Tagen, die mir vorgängig bleiben, sämtliche Verfahrensänderungen der vergangenen vier Wochen durchzugehen. Keine einfache Sache, da mir in Zivilkleidung verwehrt wird, im Planungsraum am Flughafen meinen Laptop aufzudatieren. Die Herren von der Security wollen meinen Computer zurückbehalten. Sämtliche Erklärungsversuche meinerseits schlagen fehl. Na wo sind wir denn da! Wie um Himmels Willen kann ich mich nach langer Ferienabwesenheit professionell auf einen Flug vorbereiten, ohne die aktuell gültige Version der Hand- und Betriebsbücher herunterzuladen? Nachhause fahren, um die Uniform zu montieren, kommt für mich nicht in Frage. Also bleibt mir letztlich nichts anderes übrig, als entweder im Flight Safety Büro oder im IT-Department am Etihad-Hauptsitz, die Festplatte meines Laptops auf Vordermann zu bringen. Ich entschliesse mich für die zweite Variante, lediglich um sicherzustellen, dass allfällige technische Probleme (man weiss ja nie; expect the unexpected) gleich mitbehoben werden könnten.
Aber nicht nur meine Vorbereitung für den Line Check verläuft harzig. Das Jahr 2009 scheint insgesamt für die Zivilluftfahrt unter einem schlechten Stern zu stehen. So zumindest könnte man meinen, nachdem ein halbes Dutzend Unfälle in den ersten sechs Monaten weltweit 582 Menschenleben gefordert hat – mehr als im gesamten Vorjahr!
Als Mitarbeiter von Etihad Flight Safety erhalte ich regelmässig Bulletins und Statistiken von diversen Stellen und Organisationen. Einer der Berichte, welche diese Woche in meinem elektronischen Briefkasten landen, resümiert über die neuesten Erkenntnisse in Sachen Sicherheitsentwicklung. Der Inhalt dürfte sämtliche Mitmenschen, die unter Flugangst leiden, etwas beruhigen.
Die Flugunfälle dieses Jahres, darunter auch der Absturz des Air France Airbus A330, haben neue Fragen der Flugsicherheit aufgeworfen. Dennoch sind Experten der Überzeugung, dass Verbesserungen im Bereich der Technik, intensivierte Trainingsmethoden für Piloten und andere Mitarbeiter, sowie weltweit verbesserte Unterhaltsstandards die Sicherheit insgesamt erhöht haben. Im Übrigen haben vor allem die Europäer und Amerikaner straffere Regelwerke implementiert.
Man könne einen Industriezweig nicht anhand eines kurzfristigen Negativtrends beurteilen, bemerken Fachleute. Das Risiko, in einen Flugunfall verwickelt zu werden, ist heute 200 Mal geringer als vor 50 Jahren.
Einer der massgebenden Faktoren sind die Verbesserungen im Bereich der Flugzeugtechnologie. Gekoppelt mit der Tatsache, dass moderne Maschinen der Hersteller Boeing und Airbus auf dem Markt überwiegen. Die erste Version des Kurzstreckentyps Boeing 737, die bereits vor 40 Jahren erstmals regelmässig im Streckenbetrieb eingesetzt wurde, führt heute die Flugunfall-Statistiken an. Dafür hat die Boeing 777, der bislang letzte Wurf aus Seattle keinen Absturz mit Todesfolge seit dem Jahr 1995 zu verzeichnen. Der Airbus A340, welcher in seiner ersten Form seit 16 Jahren eingesetzt wird, verfügt ebenfalls über eine weisse Weste. Dies nach insgesamt 13 Millionen Flugstunden.
Mit diesen Erkenntnissen und einer kurzen, intensiven Vorbereitung fahre ich am Dienstag, kurz vor Mitternacht, aus dem Compound Richtung Flughafen. Einmal mehr hat es mit dem Vorschlafen nicht geklappt. Dabei werden beide Sektoren, also Hin- und Rückweg, in der Nacht geflogen. Wieso nur tue ich mir diese leidige Nachtfliegerei und Sternenguckerei nur an?Mindestens zweimal gähne ich bereits auf der Autofahrt. Am Airport angekommen, ist die Zufahrt zum Parkplatz blockiert. Zwei Autofahrer haben es doch tatsächlich geschafft, im Bereich der beiden Schranken zu kollidieren. Aufgeregte Beamte rennen umher und sind bestrebt, die einfahrenden Fahrzeuge durch eine der Ausfahrspuren zu schleusen.
Wie war das doch noch einmal? Der gefährlichste Teil einer Flugreise ist stets die Autofahrt zum Flughafen. Parkiermanöver eingeschlossen...
Friday, July 31, 2009
Monday, July 27, 2009
Ein Abschied mehr...
Vor 18 Minuten hat der Zug in Thun die Bremsen gelöst, ist gemächlich und mit sanftem Rütteln aus dem Bahnhof gerollt. Meine Sommerferien 2009 sind zu Ende. 28 Tage durfte ich in der Schweiz verbringen. So lange wie nie zuvor seit meinem Eintritt in die Etihad im Mai 2006.
Mein Handy klingelt mich bereits um 0745 Uhr aus dem Halbschlaf. Nach der Dusche stopfe ich mit Hilfe von Franziska die letzten Utensilien in die beiden Koffer; Würste, Landjäger, Senf- und Mayonnaisetuben. Und natürlich Schokolade. Letztere nicht für uns, sondern in erster Linie für Freunde und Arbeitskollegen in den Emiraten. Ich schleiche mich ins Schlafzimmer der Mädchen und küsse zum Abschied ihre verschlafenen, unter dem Duvet versteckten Gesichter. Ich werde sie erst am 9., respektive 12. August wiedersehen. Tim zieht es vor, zu dieser Stunde nicht von mir geweckt, und schon gar nicht geküsst zu werden. Abgesehen davon schläft sein ACS-Freund Neil im selben Zimmer. Wir haben uns bereits am Vorabend verabschiedet. Nachdem mich die beiden im Tischtennis noch einmal gehörig eingeteilt haben.
Franziska fährt mich durch die Serpentinen des verschlafenen Diemtigtals nach Thun. Berner Oberländer Idylle: Stahlblauer Himmel, ein prächtiger Sommermorgen, mit acht Grad allerdings etwas frisch. Doch keine Bange, wenn die Sonne das nächste Mal aufgeht, wird sie – zumindest für mich – mindestens die fünffache Kraft entfalten.
Auf dem Bahnhof von Thun herrscht bereits emsiges Treiben. Wanderer in kurzen Hosen und langen Wollsocken mischen sich mit sonntäglichen Frühaufstehern. Am Kiosk kaufe ich zwei Ausgaben der Sonntagszeitung. „Richtig helvetisch, wie der Tell“, schiesst es mir beim Bezahlen durch den Kopf. Mit dem kleinen Unterschied, dass es beim Willhelm Pfeile und nicht Zeitungen waren. Der eine Bund ist für Franziska, der andere verschwindet in meinem Handgepäck. Die Fertigstellung dieses Beitrags wird mich allerdings noch eine gute Weile von der Lektüre abhalten. Ein letzter gemeinsamer Kaffee mit Franziska auf der Terrasse der Bahnhof-Caféteria, dann sichten wir ihre Eltern. Zu viert warten wir auf die Einfahrt des Zuges nach Mannheim. Einmal mehr, wie so oft im Laufe der vergangenen drei Jahre, folgt ein Abschied. Bereits Routine? Kaum, vielleicht nicht ungewohnt – aber immer wieder nachdenklich stimmend, und nach so langem Aufenthalt in der Schweiz Erinnerungen an den Mai 2006 weckend.
Es sind noch keine 24 Stunden her, seit ich mich an der beinahe gleichen Stelle von meinem Bruder und meinem Göttibuben Dennis verabschiedet habe. Zum Abschluss meiner Ferien sind die beiden noch einmal nach Thun gefahren. Ich habe meinen Bruder in diesen Wochen lediglich einmal treffen können. Andere Freunde und Kollegen überhaupt nicht. Ich entschuldige mich auf diesem Weg bei allen, die nichts von mir gehört haben. Auf konjunktive Ausreden möchte ich an dieser Stelle verzichten.
Wir fahren mit dem Schiff zum Mittagessen nach Spiez. Tim und Linda sind auch mit von der Partie. Und viele Wochenend- und Ferienausflügler! Die Kulisse ist bilderbuchhaft. Der Niesen und das Stockhorn scheinen mir zuzuzwinkern. Sie wissen, dass mir das Berner Oberland mittlerweile auch ein wenig ans Herz gewachsen ist. Sand hin oder her.
Ich habs bereits gesagt: Seit meiner Abreise nach Abu Dhabi konnte ich – im Gegensatz zum Rest der Familie – noch nie eine so lange in der Schweiz weilen. Diese zeitliche Distanz zu den Emiraten zeigt Wirkung, löst Gedanken-Gänge aus. In Analogie zum Motorsport heisst das, ich habe einige Einheiten höher geschaltet. Mir vermehrt Gedanken zur Zukunft gemacht, mich mit dem „Leben nach der Wüste“ beschäftigt. Weiterhin unbeantwortet bleibt die Frage nach dem Wann und Wo. Das Pendeln zwischen zwei Welten verändert den Zeitbegriff: ich bin mir bewusst geworden, wie schnell das grosse Rad dreht. Jedes Eintauchen in die „andere Dimension“ offenbart Veränderungen. Wer stets im gleichen Umfeld lebt, realisiert dies kaum. Wissen um Veränderung ist Grundlage für bewusstes Erleben. Je länger ich mich mit solchen Gedanken befasse, desto mehr Zukunfts-Möglichkeiten zeichnen sich ab. Doch was für mich stimmt, löst bei der Familie nicht immer Jubelgeschrei aus.
Als würde Aladdin spüren, dass ich auf dem „Heimweg“ bin, mahnt mich just beim Schreiben dieser Zeilen – der Zug hat eben erst Olten passiert – folgende SMS-Mitteilung: „Policy Number 12/VA/22005/1958/2 expiry date 05/09/2009. Please call urgently regarding your AXA car insurance policy.“ Im Zeitalter der automatisierten Geschäftskommunikation erübrigt sich die Verfalldaten-Kontrolle. Ich werde artig, wie mir geheissen, in den kommenden Tagen die Versicherung unseres Prado revalidieren. Auch die drei Jahre gültigen Visa von Frau und Kindern laufen aus und bedürfen der Erneuerung. Um den lediglich zwölf Monate gültigen Mietvertrag für unser Haus muss ich mich ebenfalls kümmern. Aber zuerst gilt es, den jährlichen „Line Check“ nach London und zurück erfolgreich hinter mich zu bringen. Sinnigerweise mein erster Flug nach 28 Tagen Pause. Habe der Planerin eben zuwenig Schokolade oder Zigaretten aufs Pult gelegt.
Wer die Dynamik der Fliegerei kennt, kann sich ausmalen, wie viele Bulletins nach langer Abwesenheit zu studieren sind. Zum Glück ist der Checkpilot ein ganz netter. Ein Norweger, der, in Diensten der SAS stehend, auf ähnliche Weise und unter vergleichbaren Konditionen wie ich bei Etihad gelandet ist. Wesentlich jünger zwar, und erst vor einem Jahr Kapitän geworden. Bei unserer ersten Begegnung war er noch Kopilot. Die ältere seiner Töchter geht mit Nina in die gleiche Klasse. Die Mädchen sind sehr gute Freundinnen. Die jüngere spielt bei den Falcons Eishockey. Die Mutter hat sich stets in der Cluborganisation engagiert und war mir zu meiner Präsidialzeit stets eine verlässliche Hilfe. So umgibt diesen Check beinahe eine familiäre Aura. Vielleicht aber bilde ich mir dies nur ein. Um den Abschied von meiner Familie erträglicher zu gestalten.
Mein Handy klingelt mich bereits um 0745 Uhr aus dem Halbschlaf. Nach der Dusche stopfe ich mit Hilfe von Franziska die letzten Utensilien in die beiden Koffer; Würste, Landjäger, Senf- und Mayonnaisetuben. Und natürlich Schokolade. Letztere nicht für uns, sondern in erster Linie für Freunde und Arbeitskollegen in den Emiraten. Ich schleiche mich ins Schlafzimmer der Mädchen und küsse zum Abschied ihre verschlafenen, unter dem Duvet versteckten Gesichter. Ich werde sie erst am 9., respektive 12. August wiedersehen. Tim zieht es vor, zu dieser Stunde nicht von mir geweckt, und schon gar nicht geküsst zu werden. Abgesehen davon schläft sein ACS-Freund Neil im selben Zimmer. Wir haben uns bereits am Vorabend verabschiedet. Nachdem mich die beiden im Tischtennis noch einmal gehörig eingeteilt haben.
Franziska fährt mich durch die Serpentinen des verschlafenen Diemtigtals nach Thun. Berner Oberländer Idylle: Stahlblauer Himmel, ein prächtiger Sommermorgen, mit acht Grad allerdings etwas frisch. Doch keine Bange, wenn die Sonne das nächste Mal aufgeht, wird sie – zumindest für mich – mindestens die fünffache Kraft entfalten.
Auf dem Bahnhof von Thun herrscht bereits emsiges Treiben. Wanderer in kurzen Hosen und langen Wollsocken mischen sich mit sonntäglichen Frühaufstehern. Am Kiosk kaufe ich zwei Ausgaben der Sonntagszeitung. „Richtig helvetisch, wie der Tell“, schiesst es mir beim Bezahlen durch den Kopf. Mit dem kleinen Unterschied, dass es beim Willhelm Pfeile und nicht Zeitungen waren. Der eine Bund ist für Franziska, der andere verschwindet in meinem Handgepäck. Die Fertigstellung dieses Beitrags wird mich allerdings noch eine gute Weile von der Lektüre abhalten. Ein letzter gemeinsamer Kaffee mit Franziska auf der Terrasse der Bahnhof-Caféteria, dann sichten wir ihre Eltern. Zu viert warten wir auf die Einfahrt des Zuges nach Mannheim. Einmal mehr, wie so oft im Laufe der vergangenen drei Jahre, folgt ein Abschied. Bereits Routine? Kaum, vielleicht nicht ungewohnt – aber immer wieder nachdenklich stimmend, und nach so langem Aufenthalt in der Schweiz Erinnerungen an den Mai 2006 weckend.
Es sind noch keine 24 Stunden her, seit ich mich an der beinahe gleichen Stelle von meinem Bruder und meinem Göttibuben Dennis verabschiedet habe. Zum Abschluss meiner Ferien sind die beiden noch einmal nach Thun gefahren. Ich habe meinen Bruder in diesen Wochen lediglich einmal treffen können. Andere Freunde und Kollegen überhaupt nicht. Ich entschuldige mich auf diesem Weg bei allen, die nichts von mir gehört haben. Auf konjunktive Ausreden möchte ich an dieser Stelle verzichten.
Wir fahren mit dem Schiff zum Mittagessen nach Spiez. Tim und Linda sind auch mit von der Partie. Und viele Wochenend- und Ferienausflügler! Die Kulisse ist bilderbuchhaft. Der Niesen und das Stockhorn scheinen mir zuzuzwinkern. Sie wissen, dass mir das Berner Oberland mittlerweile auch ein wenig ans Herz gewachsen ist. Sand hin oder her.
Ich habs bereits gesagt: Seit meiner Abreise nach Abu Dhabi konnte ich – im Gegensatz zum Rest der Familie – noch nie eine so lange in der Schweiz weilen. Diese zeitliche Distanz zu den Emiraten zeigt Wirkung, löst Gedanken-Gänge aus. In Analogie zum Motorsport heisst das, ich habe einige Einheiten höher geschaltet. Mir vermehrt Gedanken zur Zukunft gemacht, mich mit dem „Leben nach der Wüste“ beschäftigt. Weiterhin unbeantwortet bleibt die Frage nach dem Wann und Wo. Das Pendeln zwischen zwei Welten verändert den Zeitbegriff: ich bin mir bewusst geworden, wie schnell das grosse Rad dreht. Jedes Eintauchen in die „andere Dimension“ offenbart Veränderungen. Wer stets im gleichen Umfeld lebt, realisiert dies kaum. Wissen um Veränderung ist Grundlage für bewusstes Erleben. Je länger ich mich mit solchen Gedanken befasse, desto mehr Zukunfts-Möglichkeiten zeichnen sich ab. Doch was für mich stimmt, löst bei der Familie nicht immer Jubelgeschrei aus.
Als würde Aladdin spüren, dass ich auf dem „Heimweg“ bin, mahnt mich just beim Schreiben dieser Zeilen – der Zug hat eben erst Olten passiert – folgende SMS-Mitteilung: „Policy Number 12/VA/22005/1958/2 expiry date 05/09/2009. Please call urgently regarding your AXA car insurance policy.“ Im Zeitalter der automatisierten Geschäftskommunikation erübrigt sich die Verfalldaten-Kontrolle. Ich werde artig, wie mir geheissen, in den kommenden Tagen die Versicherung unseres Prado revalidieren. Auch die drei Jahre gültigen Visa von Frau und Kindern laufen aus und bedürfen der Erneuerung. Um den lediglich zwölf Monate gültigen Mietvertrag für unser Haus muss ich mich ebenfalls kümmern. Aber zuerst gilt es, den jährlichen „Line Check“ nach London und zurück erfolgreich hinter mich zu bringen. Sinnigerweise mein erster Flug nach 28 Tagen Pause. Habe der Planerin eben zuwenig Schokolade oder Zigaretten aufs Pult gelegt.
Wer die Dynamik der Fliegerei kennt, kann sich ausmalen, wie viele Bulletins nach langer Abwesenheit zu studieren sind. Zum Glück ist der Checkpilot ein ganz netter. Ein Norweger, der, in Diensten der SAS stehend, auf ähnliche Weise und unter vergleichbaren Konditionen wie ich bei Etihad gelandet ist. Wesentlich jünger zwar, und erst vor einem Jahr Kapitän geworden. Bei unserer ersten Begegnung war er noch Kopilot. Die ältere seiner Töchter geht mit Nina in die gleiche Klasse. Die Mädchen sind sehr gute Freundinnen. Die jüngere spielt bei den Falcons Eishockey. Die Mutter hat sich stets in der Cluborganisation engagiert und war mir zu meiner Präsidialzeit stets eine verlässliche Hilfe. So umgibt diesen Check beinahe eine familiäre Aura. Vielleicht aber bilde ich mir dies nur ein. Um den Abschied von meiner Familie erträglicher zu gestalten.
Wednesday, July 22, 2009
Fuchsjagd
Während in Europa mehrheitlich der Rotfuchs bejagt wird, sind dem versierten Jäger auch andere Varianten dieser Leidenschaft bekannt. Insbesondere die innovativen Helvetier bieten eine amüsante Form der Fuchsjagd, die Jung und Alt gleichermassen in den Bann zu ziehen vermag.
Dass das Jagen zu den Urinstinkten des Homo Sapiens gehört, ist nicht neu. Besonders das männliche Geschlecht neigt vermehrt zur exzessiven Pirsch, während die holde Weiblichkeit erwiesenermassen eher der Sammlerei frönt. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang gut und gerne an eine entsprechende Theatervorführung vor vielen Jahren, bei welcher der Darsteller unter dem Pseudonym „Caveman“ den gesamten Abend über diese Leidenschaften parlierte. Dabei liess er keine Macke aus, mockierte sich über das gockelhafte Balzverhalten des Mannes ebenso, wie über die feminine Sammelwut. „Caveman“ treibt übrigens auch heute noch sein Unwesen. Die zeitlose Struktur unserer Geschlechter-Gene wird seinem Spektakel wohl noch über lange Zeit zu gut besuchten Auftritten verhelfen.
Der „Foxtrail“ kommt ohne Bühne aus. Bei dieser raffiniert angelegten „Schnitzeljagd“ rücken die Gene in den Hintergrund. Erstaunlicherweise auch das Alter der Teilnehmer. Die „Jäger“ folgen dabei der Spur eines imaginären Fuchses, den sie natürlich – den Tierschutz wirds freuen – nie vor die ebenfalls imaginäre Flinte kriegen. Gejagt wird mit Hirn und Verstand. Die Spannung liegt in der Auflösung der Postenrätsel.
Wir geniessen die landschaftliche Vielfalt, die kräftigen Farben, die intensiven Gerüche dieses angenehmen Sommertages. Dies im Bewusstsein, dass in Abu Dhabi die Luft derweilen bei 45 Grad regelrecht flimmert. Die Route lässt uns anfänglich mit dem Bus verschieben. Dann kraxeln wir den Berg hoch. Ich, der Anti-Wanderer, im Schlepptau von Familie und Verwandten. Ein ständiges Kitzeln in der Nase erinnert mich an frühere Heuschnupfen-Zeiten. Derweil meine Frau mit ihrer Höhenangst kämpft, und bei der Überquerung der wild zischenden und sprudelnden Kander etwas verkrampft in die Kamera lächelt.
Nur wem es gelingt, die verschlüsselten Hinweise richtig zu „deuten“, findet den Weg zum nächsten Posten. Nach ungefähr vier Stunden und 22 kniffligen Aufgaben laufen wir – körperlich und geistig ausgewunden wie die Velo-Cracks nach einer Alpenetappe der Tour de France – im Ziel ein. Wir haben richtig gerechnet, logisch kombiniert und sind stets in die richtige Himmelsrichtung marschiert. Wir habens geschafft, ohne die Hilfe der Hotline in Anspruch zu nehmen! Kunststück – vier vorwitzige Jugendliche haben uns Erwachsenen den Weg – und damit den (Spurenleser)Meister – gezeigt. Und die Grossen haben die abschliessende Erfrischung berappt: Weisswein, Latte Macchiato und Eistee. Eine Teamleistung für die Lehrbücher.
Dass das Jagen zu den Urinstinkten des Homo Sapiens gehört, ist nicht neu. Besonders das männliche Geschlecht neigt vermehrt zur exzessiven Pirsch, während die holde Weiblichkeit erwiesenermassen eher der Sammlerei frönt. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang gut und gerne an eine entsprechende Theatervorführung vor vielen Jahren, bei welcher der Darsteller unter dem Pseudonym „Caveman“ den gesamten Abend über diese Leidenschaften parlierte. Dabei liess er keine Macke aus, mockierte sich über das gockelhafte Balzverhalten des Mannes ebenso, wie über die feminine Sammelwut. „Caveman“ treibt übrigens auch heute noch sein Unwesen. Die zeitlose Struktur unserer Geschlechter-Gene wird seinem Spektakel wohl noch über lange Zeit zu gut besuchten Auftritten verhelfen.
Der „Foxtrail“ kommt ohne Bühne aus. Bei dieser raffiniert angelegten „Schnitzeljagd“ rücken die Gene in den Hintergrund. Erstaunlicherweise auch das Alter der Teilnehmer. Die „Jäger“ folgen dabei der Spur eines imaginären Fuchses, den sie natürlich – den Tierschutz wirds freuen – nie vor die ebenfalls imaginäre Flinte kriegen. Gejagt wird mit Hirn und Verstand. Die Spannung liegt in der Auflösung der Postenrätsel.
Wir geniessen die landschaftliche Vielfalt, die kräftigen Farben, die intensiven Gerüche dieses angenehmen Sommertages. Dies im Bewusstsein, dass in Abu Dhabi die Luft derweilen bei 45 Grad regelrecht flimmert. Die Route lässt uns anfänglich mit dem Bus verschieben. Dann kraxeln wir den Berg hoch. Ich, der Anti-Wanderer, im Schlepptau von Familie und Verwandten. Ein ständiges Kitzeln in der Nase erinnert mich an frühere Heuschnupfen-Zeiten. Derweil meine Frau mit ihrer Höhenangst kämpft, und bei der Überquerung der wild zischenden und sprudelnden Kander etwas verkrampft in die Kamera lächelt.
Nur wem es gelingt, die verschlüsselten Hinweise richtig zu „deuten“, findet den Weg zum nächsten Posten. Nach ungefähr vier Stunden und 22 kniffligen Aufgaben laufen wir – körperlich und geistig ausgewunden wie die Velo-Cracks nach einer Alpenetappe der Tour de France – im Ziel ein. Wir haben richtig gerechnet, logisch kombiniert und sind stets in die richtige Himmelsrichtung marschiert. Wir habens geschafft, ohne die Hilfe der Hotline in Anspruch zu nehmen! Kunststück – vier vorwitzige Jugendliche haben uns Erwachsenen den Weg – und damit den (Spurenleser)Meister – gezeigt. Und die Grossen haben die abschliessende Erfrischung berappt: Weisswein, Latte Macchiato und Eistee. Eine Teamleistung für die Lehrbücher.
Saturday, July 18, 2009
Die deutschen Ärzte und das emiratische Mädchen
Für einmal tauschen wir das Cockpit mit dem Operationssaal, respektive mit der Intensivstation. Dieser spontane Abstecher in die Welt der Doktoren hat mindestens drei Gründe:
Erstens zeigt die Geschichte, dass auch in den Emiraten medizinische Fachleute am Werk sind (trotz wiederholt anderslautender Behauptungen!), zweitens ist unser Freund der ersten Abu Dhabi-Stunde, Peter Lembach, direkt und erfolgreich ins Geschehen involviert und drittens bin ich nach wie vor überzeugt, dass Ärzte und Piloten eine stille Gemeinsamkeit verbindet. Erst recht, wenn es sich um Expats handelt.
Doch lest selbst, was die GULF NEWS am 29. Juni veröffentlichte:
Teenager undergoes rare surgery in UAE
Abu Dhabi: Despite undergoing rare heart surgery, 13-year-old Anoud Mohammad Faraj, makes things seem trivial as she confidently speaks to a roomful of journalists about her experience.
The Emirati grade eight pupil, who studies at Shaima Public School, Sharjah, was diagnosed with a rare tumour in the right atrium of her heart, with only seven similar cases reported worldwide.
Anoud had no medical problems prior to suffering from sudden abdominal pain, swollen legs and a mildly distended abdomen, approximately a month before her three-and-a-half hour surgery, which was performed on May 7 at Shaikh Khalifa Medical City (SKMC).
"It was unclear how the six to seven centimetre tumour originated but we needed to operate on Anoud immediately as her condition was deteriorating quite rapidly. Not to mention the rarity of the surgery that consists of an 80 per cent mortality risk," said Dr Gregory Eising, Head of Adult Cardiac Surgery at SKMC, who performed the heart operation on Anoud.
Anoud was a fortunate child, said Dr Norbert Augustin, Chair of Cardiac Sciences Institute at SKMC.
"The tumour was well defined and wasn't attached to any other organ, otherwise it wouldn't have been operable; she can now live a normal life, with up to a one to two per cent risk of a tumour re-occurrence."
Anoud, who is among six boys and two girls, was not scared before the surgery.
"I was told that doctors would remove some water from my heart, so I didn't know what to expect," she said.
When Gulf News asked Anoud how she now feels she said: "Alhamdulillah [thank God in Arabic]. I am back to doing what I love which is drawing and look forward to seeing my school friends again. My favourite subjects are English, Arabic and Islamic Studies."
According to Anoud's mother, Sohair Khalil, things began to appear abnormal when Anoud started to look yellow in-the face, and used to come back from school tired and dizzy.
"She used to sleep more than usual, and that got us worried."
Anoud's favourite part about the whole experience was her admiration for Dr Peter Otto Lembach, Head of Adult Cardiac ICU, Senior Consultant, Intensivist and Anaesthetist at SKMC, who followed up on her condition after the surgery.
"I really like him," she told Gulf News with a shy giggle as she looked at her favourite doctor.
Dr Lembach said having Anoud around was a pleasant, fun and interesting experience.Education final exams missed Anoud's mother told Gulf News that she hopes the school excuses Anoud from not having attended her final examinations. "We are still waiting for the education zone in Sharjah to answer us about whether Anoud will be allowed to enrol in the 9th grade due to missing her exams since April and hope the decision is positive." Before being submitted to SKMC Anoud was wrongly diagnosed by a famous hospital in Sharjah with having a problem with her appendix, and an appendectomy was performed on her.
Erstens zeigt die Geschichte, dass auch in den Emiraten medizinische Fachleute am Werk sind (trotz wiederholt anderslautender Behauptungen!), zweitens ist unser Freund der ersten Abu Dhabi-Stunde, Peter Lembach, direkt und erfolgreich ins Geschehen involviert und drittens bin ich nach wie vor überzeugt, dass Ärzte und Piloten eine stille Gemeinsamkeit verbindet. Erst recht, wenn es sich um Expats handelt.
Doch lest selbst, was die GULF NEWS am 29. Juni veröffentlichte:
Teenager undergoes rare surgery in UAE
Abu Dhabi: Despite undergoing rare heart surgery, 13-year-old Anoud Mohammad Faraj, makes things seem trivial as she confidently speaks to a roomful of journalists about her experience.
The Emirati grade eight pupil, who studies at Shaima Public School, Sharjah, was diagnosed with a rare tumour in the right atrium of her heart, with only seven similar cases reported worldwide.
Anoud had no medical problems prior to suffering from sudden abdominal pain, swollen legs and a mildly distended abdomen, approximately a month before her three-and-a-half hour surgery, which was performed on May 7 at Shaikh Khalifa Medical City (SKMC).
"It was unclear how the six to seven centimetre tumour originated but we needed to operate on Anoud immediately as her condition was deteriorating quite rapidly. Not to mention the rarity of the surgery that consists of an 80 per cent mortality risk," said Dr Gregory Eising, Head of Adult Cardiac Surgery at SKMC, who performed the heart operation on Anoud.
Anoud was a fortunate child, said Dr Norbert Augustin, Chair of Cardiac Sciences Institute at SKMC.
"The tumour was well defined and wasn't attached to any other organ, otherwise it wouldn't have been operable; she can now live a normal life, with up to a one to two per cent risk of a tumour re-occurrence."
Anoud, who is among six boys and two girls, was not scared before the surgery.
"I was told that doctors would remove some water from my heart, so I didn't know what to expect," she said.
When Gulf News asked Anoud how she now feels she said: "Alhamdulillah [thank God in Arabic]. I am back to doing what I love which is drawing and look forward to seeing my school friends again. My favourite subjects are English, Arabic and Islamic Studies."
According to Anoud's mother, Sohair Khalil, things began to appear abnormal when Anoud started to look yellow in-the face, and used to come back from school tired and dizzy.
"She used to sleep more than usual, and that got us worried."
Anoud's favourite part about the whole experience was her admiration for Dr Peter Otto Lembach, Head of Adult Cardiac ICU, Senior Consultant, Intensivist and Anaesthetist at SKMC, who followed up on her condition after the surgery.
"I really like him," she told Gulf News with a shy giggle as she looked at her favourite doctor.
Dr Lembach said having Anoud around was a pleasant, fun and interesting experience.Education final exams missed Anoud's mother told Gulf News that she hopes the school excuses Anoud from not having attended her final examinations. "We are still waiting for the education zone in Sharjah to answer us about whether Anoud will be allowed to enrol in the 9th grade due to missing her exams since April and hope the decision is positive." Before being submitted to SKMC Anoud was wrongly diagnosed by a famous hospital in Sharjah with having a problem with her appendix, and an appendectomy was performed on her.
Wednesday, July 15, 2009
Der Zug der Karawane
Ferien sind zur Erholung gedacht. Müde, abgespannte Seelen, von der Hetze alltäglicher Probleme gebeutelt, dürsten nach Musse und Nichtstun.
In diesen Tagen und Wochen verbringen wir ebensolche Ferien in der Schweiz. Träge wie ich nun einmal bin, fällt es mir beim Müssiggang schwer, die lose baumelnden Früchte meiner Gedankengänge niederzuschreiben. Dafür habe ich mir vorgenommen, viel und Vielfältiges zu lesen. Oftmals aber fallen mir nach wenigen Seiten bereits, sei es auf dem Liegestuhl unter südschweizerischer Sonne oder auf dem Berner Oberländer Laken, übermannt von übermächtiger Druckerschwärze, die Augen zu.
Zwischendurch verbringe ich so manche Stunde am Steuer unseres nicht mehr ganz taufrischen Chrysler Voyager. Beispielsweise von Neerach nach Neftenbach, Zürich und Grüt bei Wetzikon. Und jeweils wieder zurück.
Dann – eine Woche später Verschiebung ins Diemtigtal. Bereits am nächsten Tag weiter nach Adelboden. Für einmal nur Franziska und ich. Unterwegs zum Jubiläumstreff: Im Jahre 1979 begannen dannzumal 16 junge, motivierte Kandidaten ihre Pilotenausbildung an der Schweizerischen Luftverkehrs Schule SLS. Ich war einer von ihnen. Seither sind drei Dekaden verstrichen. Auf unseren Buckeln haben sich tausende von Luftstrassenmeilen angehäuft. In alle Ecken dieser Welt sind wir geflogen, haben Hunderte von Passagieren sicher und oftmals pünktlich in die Anonymität exotischer Flughäfen entlassen. Jetzt kreuzen sich unsere vielfältigen Wege in alpenländischer Bodenständigkeit. Begleitet von den Ehefrauen kommt es zum Stelldichein in Adelboden. Etwas in die Jahre gekommen, das Haar gelichtet, ergraut – glücklich jene, die überhaupt noch welches haben. Drei Kollegen geniessen bereits den Ruhestand, einer hat seine Lizenz aus medizinischen Gründen verloren, zwei fliegen für Airlines aus dem Mittleren Osten, einer hat der Fliegerei vollständig den Rücken gekehrt und die Branche gewechselt. Auch der vor vielen Jahren mit dem Militärhubschrauber abgestürzte Klassenkamerad ist im Geiste präsent, denn seine Ehefrau besucht mit ihrem neuen Partner regelmässig unsere jährlichen Treffen. Die Scheidungsrate unserer Truppe ist übrigens erstaunlich tief: nicht nur für allgemeine Schweizer Verhältnisse, sondern erst recht für Pilotenstandards. Lediglich vier von 16 ehemaligen SLS-Schülern der Klasse 3-79 haben sich von ihrer ersten Ehegattin getrennt.
Während der zwei intensiven Tage gibt es Vieles zu berichten und auszutauschen. Auf der Schwelle zum Rentnerdasein, werden uns einmal mehr die Folgen des Swissair-Groundings vor Augen geführt. Doch ich will an dieser Stelle nicht in Wehklagen über reduzierte Renten verfallen. Schliesslich werde ich noch für einige Jahre im Räderwerk der (Aviatik-)Industrie eingespannt bleiben. Und somit mein Salär weiterhin mit entsprechender Produktionsaufwand-Quote rechtfertigen. Also was solls.
Nach Adelboden und entsprechender Ausnüchterung fahren Franziska und ich wieder ins Diemtigtal. Das Ritual beginnt von neuem: Auspacken, waschen, bügeln, einpacken. 19 Stunden später rollt unser Wagen, vollgepackt mit kompletter Familie sowie zahlreichen Koffern und Taschen, erneut Richtung Spiez. Diesmal führt uns die Fahrt über Grimsel und Nufenen (6 Grad Celsius) ins Tessin. Endziel Lugano (28 Grad Celsius). Die Karawane zieht weiter.
Die Gegend südlich des Monte Ceneri stimuliert mich immer ungemein. Zum Einen bin ich top motiviert, mein kümmerliches Italienisch aufzubessern, studiere Wörterbücher und in Hochglanz gefasste Konjugationstabellen. Andererseits stürze ich mich sogleich nach der Ankunft im „Bello Ticino“ ins eifrige Studium von Immobilien-Annoncen. Meine Frührentner-Fantasien scheinen grenzenlos und reichen von der Idee eines Bootsverleihs bis hin zum Traum, in einer der engen Altstadtgassen Luganos eine Espressobar mit Gelateria zu betreiben.
Die Woche ist gut angelaufen. Wie immer vergeht die Zeit viel zu schnell. Die Abende sind lau, der weisse Chardonnay mundet mindestens so vorzüglich wie der rote Merlot im Bocchalino. Das Wasser im Pool ist angenehm warm, wenn auch das erste Eintauchen etwas mehr Überwindung kostet als in Abu Dhabi. Aber schliesslich scheint die Sonne nicht gar so heiss und unerbittlich wie in den Emiraten.
In diesen Tagen und Wochen verbringen wir ebensolche Ferien in der Schweiz. Träge wie ich nun einmal bin, fällt es mir beim Müssiggang schwer, die lose baumelnden Früchte meiner Gedankengänge niederzuschreiben. Dafür habe ich mir vorgenommen, viel und Vielfältiges zu lesen. Oftmals aber fallen mir nach wenigen Seiten bereits, sei es auf dem Liegestuhl unter südschweizerischer Sonne oder auf dem Berner Oberländer Laken, übermannt von übermächtiger Druckerschwärze, die Augen zu.
Zwischendurch verbringe ich so manche Stunde am Steuer unseres nicht mehr ganz taufrischen Chrysler Voyager. Beispielsweise von Neerach nach Neftenbach, Zürich und Grüt bei Wetzikon. Und jeweils wieder zurück.
Dann – eine Woche später Verschiebung ins Diemtigtal. Bereits am nächsten Tag weiter nach Adelboden. Für einmal nur Franziska und ich. Unterwegs zum Jubiläumstreff: Im Jahre 1979 begannen dannzumal 16 junge, motivierte Kandidaten ihre Pilotenausbildung an der Schweizerischen Luftverkehrs Schule SLS. Ich war einer von ihnen. Seither sind drei Dekaden verstrichen. Auf unseren Buckeln haben sich tausende von Luftstrassenmeilen angehäuft. In alle Ecken dieser Welt sind wir geflogen, haben Hunderte von Passagieren sicher und oftmals pünktlich in die Anonymität exotischer Flughäfen entlassen. Jetzt kreuzen sich unsere vielfältigen Wege in alpenländischer Bodenständigkeit. Begleitet von den Ehefrauen kommt es zum Stelldichein in Adelboden. Etwas in die Jahre gekommen, das Haar gelichtet, ergraut – glücklich jene, die überhaupt noch welches haben. Drei Kollegen geniessen bereits den Ruhestand, einer hat seine Lizenz aus medizinischen Gründen verloren, zwei fliegen für Airlines aus dem Mittleren Osten, einer hat der Fliegerei vollständig den Rücken gekehrt und die Branche gewechselt. Auch der vor vielen Jahren mit dem Militärhubschrauber abgestürzte Klassenkamerad ist im Geiste präsent, denn seine Ehefrau besucht mit ihrem neuen Partner regelmässig unsere jährlichen Treffen. Die Scheidungsrate unserer Truppe ist übrigens erstaunlich tief: nicht nur für allgemeine Schweizer Verhältnisse, sondern erst recht für Pilotenstandards. Lediglich vier von 16 ehemaligen SLS-Schülern der Klasse 3-79 haben sich von ihrer ersten Ehegattin getrennt.
Während der zwei intensiven Tage gibt es Vieles zu berichten und auszutauschen. Auf der Schwelle zum Rentnerdasein, werden uns einmal mehr die Folgen des Swissair-Groundings vor Augen geführt. Doch ich will an dieser Stelle nicht in Wehklagen über reduzierte Renten verfallen. Schliesslich werde ich noch für einige Jahre im Räderwerk der (Aviatik-)Industrie eingespannt bleiben. Und somit mein Salär weiterhin mit entsprechender Produktionsaufwand-Quote rechtfertigen. Also was solls.
Nach Adelboden und entsprechender Ausnüchterung fahren Franziska und ich wieder ins Diemtigtal. Das Ritual beginnt von neuem: Auspacken, waschen, bügeln, einpacken. 19 Stunden später rollt unser Wagen, vollgepackt mit kompletter Familie sowie zahlreichen Koffern und Taschen, erneut Richtung Spiez. Diesmal führt uns die Fahrt über Grimsel und Nufenen (6 Grad Celsius) ins Tessin. Endziel Lugano (28 Grad Celsius). Die Karawane zieht weiter.
Die Gegend südlich des Monte Ceneri stimuliert mich immer ungemein. Zum Einen bin ich top motiviert, mein kümmerliches Italienisch aufzubessern, studiere Wörterbücher und in Hochglanz gefasste Konjugationstabellen. Andererseits stürze ich mich sogleich nach der Ankunft im „Bello Ticino“ ins eifrige Studium von Immobilien-Annoncen. Meine Frührentner-Fantasien scheinen grenzenlos und reichen von der Idee eines Bootsverleihs bis hin zum Traum, in einer der engen Altstadtgassen Luganos eine Espressobar mit Gelateria zu betreiben.
Die Woche ist gut angelaufen. Wie immer vergeht die Zeit viel zu schnell. Die Abende sind lau, der weisse Chardonnay mundet mindestens so vorzüglich wie der rote Merlot im Bocchalino. Das Wasser im Pool ist angenehm warm, wenn auch das erste Eintauchen etwas mehr Überwindung kostet als in Abu Dhabi. Aber schliesslich scheint die Sonne nicht gar so heiss und unerbittlich wie in den Emiraten.
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