...ist, wer das Privileg geniesst, im Kreise guter Freunde seinen Geburtstag feiern zu dürfen. Bei lukullischen Genüssen, liebevoll zubereitet von der Ehefrau, abgerundet durch einen edlen Tropfen. Besonders wer im Ausland, fern heimatlicher Gefilde lebt, weiss eine solche Runde zu schätzen, ist sie doch alles andere als selbstverständlich.
Deutsche Dominanz
Einer unserer letzten in Abu Dhabi verbliebenen Freunde der ersten „Expat-Stunde“ hat vergangenen Freitagabend eingeladen; Peter Lembach, der mit Frau Elke und den drei Kindern ebenfalls im Sommer 2006 in die Emirate zog, ist ein Jahr älter geworden. Aus Gründen des Datenschutzes und der Diskretion sei an dieser Stelle auf die Nennung seines Jahrgangs verzichtet. Er tut im Übrigen auch nichts zur Sache.
Der Jubeltag fällt also aufs Wochenende. Peter nutzt geschickt die Gunst der Stunde und versammelt eine bunt gemischte Runde um den häuslichen Esstisch. Die gebotenen Speisen munden ausgezeichnet, die Menge kann problemlos mit der Qualität mithalten. Salate, Früchte, Käse, Bruschetta, Teigwaren und Filet nach Toskanischer Art werden auf die Teller geschöpft, Wein wird in die Gläser gefüllt, alsdann dominiert das rhythmische Klappern von Messern und Gabeln. Vorerst zumindest, bis sich die Nahrung durch die ersten Passagen der Speiseröhren gewunden hat. Später vertun wir uns alle an köstlichen Torten und erfrischendem Zitronenmousse, schlürfen Espresso in kleinen, oder Standard-Kaffee in grossen Tassen.
Die lockere Gästeschar wird anteilsmässig von Deutschen dominiert. Anwesend sind aber auch eine Südafrikanerin und eine Niederländerin. Und dann natürlich die beiden, ihre Minoritätsrolle gewohnten Schweizer. Diskutiert wird zumeist in Deutscher Sprache, bisweilen verirrt sich ein Brocken Englisch in einem Germanischen Wortschwall. Der deutsche Philosoph und Dichter Christian Morgenstern hat einmal gesagt: „Nicht da ist man daheim, wo man seinen Wohnsitz hat, sondern wo man verstanden wird.“ Und verstehen tun wir uns alle ausserordentlich gut an diesem Abend. Die Stimmung ist locker und aufgeräumt. Es wird viel und laut gelacht. Und zwischendurch auch mal ein Schluck getrunken.
Verwirrende Partizipienvielfalt
Der italienische Kräuterlikör Ramazotti ist mindestens so gefragt wie der schwedische Wodka, der ebenso kalt serviert wird wie die gereichten Bierbüchsen. Dazwischen platzieren die stets aufmerksamen Gastgeber einige Wasserkrüge, mit deren Inhalt all jene ihre Gläser füllen, denen die Verantwortung für die Heimfahrt übertragen wurde. Die arabische „Nulltoleranz“ schwebt gnadenlos über der vergnügten Runde, vermag die blendende Stimmung allerdings in keiner Weise zu beeinträchtigen.
Irgendwann – noch bevor er sich an Wodka- oder Ramazottiflasche vergriffen hätte – verfängt sich der schreibende Helvetier im grammatikalischen Schlick des modernen Hochdeutsch. Wir hätten heute Abend ausgezeichnet „gespiesen“, entfährt es mir, worauf schallendes Gelächter ausbricht. Da hätte ich mich aber übel vertan, wird mir entgegnet, und sogar unsere jüngste Tochter schüttelt missbilligend den Kopf. Die Korrektur folgt auf dem Fuss: „gespeist“ würde die korrekte Partizipform lauten, lasse ich mir sagen. Überzeugen will mich dies jedoch nicht. Kaum angekommen zuhause – die Uhr zeigt weit nach Mitternacht – setze ich mich hinter den Laptop und beginne, in diversen Internetseiten zu wühlen. Wohl stosse ich mehrfach auf die Form „gespiesen“, deckt die Suche nämlich auf, dass das Partizip nicht erst seit heute Abend in dieser Form verwendet wird. Doch letztlich muss ich einsehen, dass ich falsch liege. Zumindest streng grammatikalisch betrachtet. Frust macht sich breit. Und Ärger. Einmal mehr überkommt mich das miserable Gefühl, linguistisch unterdrückt zu werden. Erst recht, als ich im Duden auf folgenden Zusatz stosse: „gespeist; (schweizerisch übertragen oder schweizerisch mundartlich, auch scherzhaft gespiesen).
Das wärs dann wohl. Der endgültige Speerstich ins Schweizerkreuz. Wir Schweizer bleiben wohl die Scherzkekse im hochdeutschen Sprachraum. Und dies nicht nur wegen unserer Aussprache. Tröstlich bleibt einzig die Tatsache, dass wir wegen der Vorzüge unseres Landes von vielen Nationen „benieden“ werden! Oder müsste es etwa „beneidet“ heissen...?
Sunday, August 31, 2008
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4 comments:
Was ist Ihnen lieber: Ein schweizerisches Deutsch, bei dem es Spaß macht zuzuhören und sich vielleicht das ein oder andere vermeintlich falsche Adjektiv/Verb etc. verirrt - oder perfektes Beamtenhochdeutsch, das so trocken wie die Sie umgebende Wüste ist?
Auch wenn 2 Kommentar innerhalb einer Woche langsam inflationär werden, drängt sich mir an dieser Stelle eine vielleicht persönliche Frage an Sie auf:
Wie Sie selbst schon schrieben, ist die durchschnittliche Verweihldauer von "Expats" um einiges geringer als die Zeit, die Sie selbst dort verbringen (werden).
Fällt es nun schwer, stetig Freunde verabschieden bzw. im Jahresrhythmus einen neuen Freundeskreis aufbauen zu müssen - oder ist diese Durchmischung eher "erfrischend" und man findet schnell Anschluss?
Für jemanden wie mich, der sich für den neuen Ab-Initio-Pilotenlehrgang interessiert, den Etihad ja neuerdings anbietet, und noch keine Familie hat eine wichtige Frage. Entschuldigen Sie bitte, sollte diese Frage irgendwie zu "persönlich" sein.
Ansonsten wieder ein *thumbs up* Daumen hoch für Ihren weiteren Eintrag.
Und auch wenns mit "gespiesen" vielleicht noch nicht geklappt hat, an Ihrem wunderbar flüssigem Schreibstil ändert das nichts! Immer wieder schön zu lesen...
Mit einem hessischen Gruß Richtung Abu Dhabi
McBirdie
@mcbirdie:
Deiner Eingangsfrage entnehme ich, dass es - einigen zumindest - Spass macht, wenn Schweizer Hochdeutsch sprechen. Bleibt offen, WER sich ob "Holzhackerdialekt" und Fallfehler amüsiert. Auch wenn wir Tellensöhne (und -töchter) zu unseren Wurzeln stehen, so gebe ich zu, dass manchmal sogar ich verstohlen schmunzeln muss.
Zu Frage 2: Es ist nicht so, dass sich Expats jedes Jahr völlig neu orientieren müssen. Tatsache ist, dass sich das Umfeld nach der Sommerpause, sprich mit Beginn eines neuen Schuljahres, verändert. Einige Familien haben das Land verlassen, andere sind hierher gezogen. Automatisch werden neue Beziehungen geknüpft, bei Familien mit schulpflichtigen Kindern geschieht dies auf ganz natürliche Art. Da alle vorgängig irgendwie "entwurzelt" wurden, entstehen diese Kontakte sehr unkompliziert. Die Menschen sind in der Regel offen, neugierig und manchmal sogar etwas hilflos. Wir haben diese Wechsel bisher als bereichernd erlebt. Bei Verabschiedungen präsentiert sich die Sache etwas anders, die Empfindungen hängen in erster Linie auch von der Intensität einer Beziehung ab und werden individuell sehr unterschiedlich empfunden.
Wie heisst es doch so treffend? "Stetig ist allein der Wandel..."
Ein Gruss nach Hessen
Also so eine Geburtstagsfeier, in lockerer und aufgeräumter Atmosphäre, zudem noch mit den Epplers zu Gast - da wird bestimmt viel und laut gelacht. Ich möchte sogar sagen, es wird gekrischen vor lachen!
"Gekrischen" - nicht schlecht. Zumindest sind wir Schweizer innovativ...
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