Geplant war sie schon lange, diese Reise. Allerdings nicht zum Mond, sondern in den Oman. Insofern hadert der Titel mit der Wahrheit. Erst wer selber die wilde, steinige und kahle Landschaft dieses Landes erlebt hat, vermag die Ähnlichkeit mit der Oberfläche unseres Erdtrabanten nachzuvollziehen – auch wenn wir Erdenbürger unsere Eindrücke nur publizierten Berichten und Fotos entnehmen können. Astronauten, so nehme ich an, werden sich wohl (noch) nicht in diesen Blog verirrt haben...
Es bedurfte einiger Absprachen, um diesen gemeinsamen Ausflug mit vier Familien inklusive deren Feriengästen zu planen. Einer blieb wie meist zuhause: Beinahe „routinemässig“ schon, ist man geneigt zu schreiben, düste Toni, zwecks Verbesserung der pilotischen Produktivität, an den besagten Tagen nach London.
Oase Khutwa
Um 0900 Uhr trafen sich Ackermanns – ausschliesslich vertreten durch Andrea – Lembergs und unsere Familie vor der Lachmair’schen Residenz. Den Unmgengen von Gepäck, bestehend aus Zeltmaterial, Luftmatratzen, Schlafsäcken, Kühlboxen und Proviant standen vier geräumige Geländewagen gegenüber.
Volle Ladung
Allerdings waren da auch diverse Passagiere, die befördert werden wollten. Alle ausser Andrea hatten Feriengäste dabei. Wir hatten immer noch Brige und Sven im Touristenzimmer, insgesamt waren wir 22 AbenteurerInnen an der Zahl. Die Autos waren bis zum Rande vollgepfercht mit Mensch und Material, als wir schliesslich im Konvoi aus der Stadt rollten und in den Morgenverkehr auf der Autobahn Richtung Al Ain einfädelten.
Wir kamen flott voran und nach etwas mehr als einer Stunde stand unsere „Karawane“ vor dem Grenzübergang zum Oman. Ohne viel zu kontrollieren liess uns der Zöllner passieren.
Warten vor dem Zoll zum Oman
Das erste Ziel war die Oase von Khutwa. Peter und Wolfgang, die beide schon mehrfach im Sultanat unterwegs gewesen waren, erwiesen sich als versierte „Tourguides“. Vertrauensvoll klebten wir an ihren Hinterrädern und waren entlastet von navigatorischen Knacknüssen. Kurz nach Mittag erreichten wir die Oase, deren dichter Palmenwald sich malerisch in eine felsige und hügelige Ebene eingebettet präsentierte.
In der Ebene der Palmenhain der Oase Khutwa
Dort angebaut werden Datteln, Mangos, Papayas, Avocados, Bananen und Feigen. Im Schatten der riesigen Palmenwedel verspeisten wir unser Picknick, bevor wir, dem Wasserlauf folgend, ins Tal spazierten. Bei einer Vertiefung des Flusses tauschten wir Shorts mit Badehosen und wenig später vergnügten sich alle im angenehm warmen Naturwasser. Die Erfrischung tat gut und spendete überdies Energie für weitere Aktivitäten. Die „Tourguides“ mahnten zum Aufbruch, alsdann wir den Rückweg zu unseren Autos antraten.
Wadi Madbah
Das nächste Ziel war das „Wadi Madbah“. Der aus dem Arabischen stammende Ausdruck „Wadi“ bezeichnet ein Trockental in Wüstengebieten. Wadis führen nur nach starken Regenfällen und nur vorübergehend Wasser. Sie können bis zu 100 m tief in die sie umgebende Wüste einschneiden und steile Seitenwände aufweisen. Wegen des meist schlagartigen Wasseranstiegs kann es zu bestimmten Zeiten gefährlich sein, sich darin aufzuhalten. Wer im Oman diese Trockentäler bereist, stösst immer wieder auf sogenannte „Pools“. So werden Schluchten und Teiche bezeichnet, die sich über Jahrtausende in die Granitfelsen gegraben haben, in denen ganzjährig Wasser fliesst und in denen auch gebadet werden kann. Da es sich um fliessende Gewässer handelt sind die Wassertemperaturen tiefer als beispielsweise im Meer oder in Hotelpools. Die Fluktuationen sind kleiner und das Mittel bewegt sich das ganze Jahr über bei etwa 23 Grad. In den Pools leben mehrere Fischarten. Palmen, wilder Oleander und andere Sträucher umgeben das Wasser, und an Wochenenden picknicken hier Einheimische wie auch Touristen.
Der Konvoi auf sandigen Spuren
Wir fuhren nicht direkt ins Wadi selber, sondern nahmen Kurs auf ein Plateau, welches das Tal markant überragt. Das letzte Stück der Zufahrt bestand aus einem schmalen Weg, der übersät war mit Steinen und Felsstücken, und uns nicht schneller als im Schritttempo vorwärtskommen liess. Die Fahrt war rauh. Die vier Toyotas – zwei Prados und zwei Fortuner – wurden immer wieder kräftig durchgerüttelt. Unser Konvoi hätte sich zweifellos hervorragend für einen reisserischen Werbespot geeignet! Der Nachwuchs genoss den steinigen Ritt, lehnten aus den offenen Fenstern und liess sich bei "vollem Sound" den Wind durch die zerzausten Haare blasen.
Auch das Timing passte, und wir konnten den ersten Teil des Sonnenuntergangs bei einem von Peter offerierten „Sundowner Beer“ in luftiger Höhe geniessen. Die letzten 200 Meter bis zum Lagerplatz legten wir individuell zurück. Die Jungs wollten unbedingt noch ein letztes Bad in einem etwas unterhalb des Plateaus gelegenen Pool geniessen, wo sie Gelegenheit hatten, sich als „Cliff Divers“ zu beweisen und aus Höhen von bis zu sechs Metern ins Wasser sprangen.
Tims Sprung von der Platte
Ob der vielen Sprünge vergassen wir beinahe, das Zeltlager einzurichten und so war es bereits am Eindunkeln, als wir das Material aus den Kofferräumen luden. Für die Campingprofis kein Problem, uns „Trekker-Laien“ jedoch machte das fehlende Tageslicht die Sache nicht einfacher. Unsere Ausrüstung hatten wir vor wenigen Tagen unter Wolfgangs Regie neu im Carrefour erstanden; bei Neonlicht und zu absoluten Tiefpreisen. Jetzt pumpten wir im Dunkeln Luft in Luftmatratzen, steckten Zeltstangen zusammen und versuchten krampfhaft, das professionelle Tempo der Alemannen mitzuhalten. Glücklicherweise fanden sich immer wieder helfende Hände und erklärende Stimmen. Und als wir uns einigermassen installiert hatten, brutzelten bereits die ersten Spiesschen und Würste über dem Feuer.
Die von Andrea in Kühlboxen, unter dicken Eisschichten versteckten und ins Land geschmuggelten Bierdosen leerten sich weit schneller als angenommen und wir realisierten erst im Verlauf des weiteren Abends, dass wir entweder unsere Trinkgewohnheiten ändern oder dann aber die diesbezüglichen Kalkulationsverfahren verfeinern müssen. Die Stunden verflogen bei lockeren Gesprächen am Lagerfeuer, bei Spass und Spiel (für einmal zeigten Mütter und Töchter den Vätern und Söhnen den „Meister“, bzw. die „Meisterin“ – es soll eine Ausnahme bleiben...) rasend schnell. Die jungen Wilden schmauchten in friedlicher Eintracht eine Shisha während die etwas älteren aber nicht wenig wilden den Restalkohol ökonomisch beseitigten. Irgendwann zu vorgerückter Stunde schlich auch der letzte Mohikaner in seinen Schlafsack. Wohl konnte man aus vereinzelten Ecken hie und da Gelächter und Stimmen vernehmen, doch dann kehrte Ruhe ein, und wer nicht unter einem Zeltdach hauste, entschlummerte unter einem funkelnden und selten klaren Sternenmeer.
Frühes Erwachen
Am nächsten Morgen herrschte bereits früh wieder Betriebsamkeit. Ans Ausschlafen war nicht zu denken, in kurzen Abständen krochen zerknitterte Visagen aus zerwühlten Schlafsäcken. Nicht alle liessen sich gerne ansprechen, nicht immer wurde ein fröhliches „Guten Morgen“ ebenso fröhlich quittiert. Dennoch war die Stimmung gut. Beate funktionierte ihren Klapptisch dank Geschick und „Schaumquirler“ ansatzweise in eine „Starbucks-Filiale“ um und offerierte uns „Camper-Greenhörnern“ Schaum gekrönten Cappuccino (Ich weiss, diese „Cappuccino-Sequenzen“ beginnen sich zu mehren in meinen Blog-Einträgen. Da es sich aber um Tatsachenberichte handelt, scheinen mir auch Detailschilderungen nicht unwesentlich. Vielleicht sollte ich nächstens einmal einen Schwarztee bestellen...)
Guten Morgen....
Wo geht's denn hier zum "Pool"?
Dann war einmal mehr Baden und Springen angesagt, denn das Thermometer kletterte bis 0800 Uhr bereits auf 30 Grad. Eintauchen in den Natursee statt Morgendusche – eine echte Alternative zur täglichen Morgenroutine und vor allem wesentlich unkomplizierter als der erste (Stuhl)Gang aufs Naturkloo...
Nach der Erfrischung betätigten sich Alexander, Sven und Tim als Bergsteiger und kraxelten in kurzer Zeit zwei Felswände hoch, dass uns Angst und Bange wurde. Und hätten wir mit zwei Ärzten und zwei Krankenschwestern nicht gleichsam die halbe Notfallstation im Team gehabt, wären einige Erzieherseelen vielleicht etwas unruhiger geworden...
Gegen 11 Uhr wurde der Aufbruch vorbereitet. Lachmairs wollten direkt nach Abu Dhabi fahren, da ihre beiden jugendlichen Gäste Kath und Alexander noch am selben Abend nach München zurückflogen. Lembachs hatten im Sinn, die Rückfahrt mit einem Abstecher zu den „Hatta-Pools“ zu verbinden, und Andrea und wir schlossen uns diesem Plan an – trotz heftiger, teilweise krawallähnlicher Proteste von Linda, deren Launen von akutem Schlafmangel geprägt und deren Beine von unzähligen Mückenstichen übersät waren. So kam es kurzfristig zu einem Epplerschen Stimmungstief, das wir jedoch, dank grossem Einfühlungsvermögen und psychologischem Geschick verbunden mit taktisch optimalem Verhalten, rasch überwanden.
Fahrt mit Hindernissen
Da waren es also nur noch drei Autos, die sich nach Hatta aufmachten. Und einmal mehr zog uns die wilde Schönheit des Omans in ihren Bann und die steinige und braun durchfärbte Szenerie erinnerte immer wieder an die eingangs erwähnte Mondlandschaft. Lange Zeit fuhren wir auf bestens asphaltierten und verkehrsarmen Strassen, bevor wir in einen Schotterweg abzweigten und die Verhältnisse wieder „holperiger“ wurden. Es ging auf und ab, die Route war gesäumt von „Detours“, da an verschiedenen Stellen Asphaltierungsarbeiten im Gange waren. So war es letztlich nur eine Frage der Zeit, bis wir die drei Wagen in ein kurzes Teilstück mit frischem, noch feuchtem Teer steuerten. Ein kurzer Stopp bestätigte unsere Befürchtungen: Die Karrosserien präsentierte sich voller Teerspritzer und bei jedem weiteren unachtsamen Ein- oder Aussteigen besudelten wir unsere meist hellen und luftigen Somerkleider mit hässlichen schwarzen Dreckspuren.
Dafür war das Bad in den wunderschönen „Hatta-Pools“ ein ganz besonderer Genuss, denn diese Becken sind wesentlich tiefer und grösser als jene, in denen wir uns am ersten Tag getummelt hatten. Die angenehme Kühle des Wassers brachte unsere erhitzten Körper wieder auf normale Betriebstemperaturen, wenn auch nur für kurze Zeit. Denn bereits nach dem Mittagessen unter einem Felsvorsprung plagte uns die drückende Hitze erneut. Zeit zum Aufbruch, umso mehr, als dass sich bei allen nach den Erlebnissen der vergangenen 40 Stunden eine gewisse Trägheit bemerkbar machte. Zum letzten Mal stopften wir Taschen und Tücher in die Autos, dann fuhren wir los. Noch bemerkten wir nichts Ungewöhnliches. Schon bald nickten die Passagiere ein, während die Fahrer in zügigem Tempo Richtung Abu Dhabi steuerten.
Drei Nixen und ein....
Späte Überraschung
Nach der Rückkehr am frühen Abend und nach dem Entladen der Autos machte ich mich mit Andrea unverzüglich auf den Weg zur nahe gelegenen ADNOC (Abu Dhabi National Oil Company)-Station. Diese modern und grosszügig ausgestatteten Tankstellen-Satelliten bieten auch Wagenreinigungen an. Doch beim Anblick unserer „geteerten“ Vehikel schüttelte der Shiftleader nur den Kopf. Er empfahl uns, ins nahe liegende Mussaffah zu fahren, wo wir mit Sicherheit Hilfe finden würden. Angesichts der vorgerückten Stunde verschoben wir dies jedoch auf den nächsten Tag. Und der Entscheid war sicher nicht schlecht, denn es dauerte eine gute Stunde, bis ich am folgenden Morgen im miserabel beschilderten Niemandsland von Mussaffah am richtigen Ort landete. Dafür wurde unser Prado sogleich einer Spezialbehandlung (Tar sprinkle) unterzogen und nach einer Stunde stand ich staunend vor einem Auto, dessen Radkästen sauberer als dereinst bei der Übernahme vom Händler waren. Einzig die groben Kratzspuren oberhalb der Beifahrertüre machten mich stutzig, denn ich konnte mich beileibe nicht daran erinnern, diese schon einmal gesehen zu haben. Auch die Innenseite der Türe wies seltsame Lackschäden auf. Nun kam mir in den Sinn, dass sowohl Linda als auch Sven nach der Rückkehr am Vorabend über fehlende Geldscheine in ihren Portemonnaies geklagt hatten. Auch ich war etwas verwirrt gewesen, als meine Geldbörse leer war, dachte mir aber nichts besonderes dabei, da ich nie viel Bargeld bei mit trage. Nun begann sich das Rätsel langsam aufzulösen. Offenbar hatten sich während unserer Badefreuden diebische Elstern an unserem Wagen zu schaffen gemacht. Mehr noch – bei Toni und Andreas Prado fanden sich an der exakt gleichen Stelle identische Täterspuren. Glücklicherweise war Andrea aber nichts abhanden gekommen.
So blieb denn am Schluss ein schaler Nachgeschmack. Und das Beispiel führte uns deutlich vor Augen, dass auch in den so sicheren Emiraten oder im Oman die immer gültige Fliegerformel „Expect the unexpected“ Gültigkeit hat.
Doch dies ändert nichts an der Tatsache, dass diese Tour ein durchschlagender Erfolg war! Wir genossen (fast) jede Minute – Wolfgang und Peter sei Dank! – in vollen Zügen. Und wir haben der ganzen Welt gezeigt, dass wir harte Burschen und verwegene AbenteurerInnen sind. Und – last but not least – die Sache mit dem Diebstahl hat mir bereits Stoff für eine weitere „Wüstenspuren-Episode“ geliefert. Fortsetzung folgt...
Sunday, April 15, 2007
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