Monday, November 08, 2010

Systembefriedigung

Nach zwei Tagen im Simulator bin ich frustriert. Nicht alles gelingt beim halbjährlichen Training und Check wie gewünscht. Das Gefühl ist bekannt. Wild flatternde Schmetterlinge in der Bauchgegend fragen vorwurfsvoll: „Warum habt ihr nur nicht...?“. Doch im Nachgang sind wir immer klüger und täten uns mit manchen technischen Problemen, Anflügen und Checklisten wesentlich leichter.
Zwei Tage in der Folterkiste erweitern unseren Horizont in jeder Beziehung: fachlich und menschlich. Hie und da stolpert man über einen Ausbildner, der uns frustrierte Stossgebete zum künstlichen Himmel schicken lässt. Vielleicht liegts auch an meinem Alter, dass mir das Auftreten gewisser Instruktoren zunehmend zu schaffen macht. Wer meint, er wisse alles besser, macht anderen das Leben gehörig schwer. Wer das Gefühl hat, seine Ansichten seien die allein selig machenden, wird schon beinahe unerträglich. Wenn dann solche Personen mit unbekümmertem Selbstverständnis die gängigen Verfahren spontan mit eigenem Ideengut aufmischen, verkommt eine Trainingseinheit rasch einmal zum turbulenten Laienschauspiel, um nicht zu sagen, zum Affentheater; mal mit tragischem, mal mit komischem Charakter.

Der Copi und ich finden uns auf Anhieb. Mein englischer Kollege erweist sich als äusserst erfahrener Flieger. Vormaliger Pilot der Royal Air Force. Fluglehrer auf der F4 Phantom und dem Tornado. Drei Jahre Instruktionseinsatz bei der Deutschen Luftwaffe. Waffeneinsatzspezialist. Squadron Leader. Sein Einstieg in die Linienfliegerei erfolgte spät und brachte ihn über Thomas Cook Airlines und Virgin Atlantic vor einem Jahr in den Mittleren Osten. 47 Lenze auf dem Buckel, grau meliertes Haar. Fliegerisch stark, ein toller Cockpitkollege, der jederzeit mitdenkt, aktiv unterstützt, lückenlos kommuniziert und mich als Kapitän auch in komplexen Situationen nicht im Stich lässt.
Selbstverständlich unterlaufen uns während der beiden Tage im Simulator immer wieder kleine und grössere Missgeschicke. Formel1-Fahrer schaffen auch keine 30 fehlerfeien Runden in einem Stück. Doch letztlich gelingt es uns jedesmal, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Das Team spielt und trägt in fast jeder Situation.

Das Schulungsumfeld erlebe ich hier anders als in der Schweiz. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Instruktoren sind eklatant. Ebenso ihr Selbstverständnis, ihr Auftreten, ihre Strategien. Bei Simulatorchecks werden sämtliche durchgeführten Elemente bewertet. In der Regel setzt der Checkpilot ein „S“ ins entsprechende Feld. „S“ für Satisfactory. Standard, Durchschnitt. Ja nicht zu gut, lieber etwas schlechter. Differenziert wird kaum. Abgerundet wird die Quali mit der simplen Bemerkung „Check completed to satisfactory standards. Minor items debriefed.“ Was immer das heissen mag. Hoffentlich auch wurden wir debrieft. Und hoffentlich handelte es sich nur um Minor Items.

Ich habe schon aussagekräftigere Qualifikationen erhalten. Mein Copi mit Sicherheit auch. Doch was solls. Das System ist befriedigt, der Check bestanden, die Lizenz für weitere sechs Monate verlängert.

3 comments:

nff said...

Irgendwann werden die schwierigen Instruktoren auch pensioniert. Doch oh leider - es kommen neue didaktische Wildsäue nach. Der Instruktorenstatus scheint auf gewisse Leute eine anziehende Wirkung zu haben. Zum Glück sind die Guten in der Überzahl!

DBate said...

Nun, wie heisst doch immer so schön: Die Summe der Ar*******er bleibt immer gleich. Solange das Resultat stimmt, bleibe ich da ganz entspannt ;-).

In diesem Sinne freue ich mich schon auf meinen Check am Freitag - mit entspannten Instruktoren.

Grüsse aus Frankfurt,
DBate

Crowi said...

Zu Sigmund Freud's Zeiten gab's noch keine Flight-Simulator Instruktoren.

Ich weiss nicht was der Sigmund dazu gesagt hätte, zu diesem Bericht, oder Alfred Adler...

Sieht so aus, unter diesen vorherrschenden Bedingungen: ein Team der Patrouille Suisse wäre wohl mit ebenso mittelmässiger Bewertung davongekommen. Auch Snow Geese, Blue Angels - wie auch immer diese Kunstflug Truppen heissen mögen. Sie alle wären auf die Plätze verwiesen worden.

"Götter in Weiss".
Gewisse Ärzte nennt man so. Weiss nicht; aber ein verwandter Begriff für gewisse Simulator Instruktoren muss vielleicht erst noch definiert werden.

Gibt es heutzutags auch Simulator Instruktorinnen, oder Instruktrissen? In Abu Dhabi wohl weniger, aber vielleicht in Russland, Europa oder den USA?

Na ja, wie auch immer. Das Licht am Ende des Tunnels. Ihre Lizenz für weiter sechs Monate haben sie in der Tasche.

Congrats!