Friday, December 12, 2008

Feiertage

Nach dem Samichlaus – in dessen Namen ich übrigens auch auf eine Kurzmission geschickt wurde – und Volljährigkeit baumeln unsere Seelen in den UAE bereits wieder in der ansteckenden Gelassenheit wichtiger Feiertage. Am 2. Dezember zelebrierten die Emirate ihren 37sten Nationalfeiertag.

Es ist für einen Zentraleuropäer schwer vorstellbar, wie üppig sich der bunte Lichterschmuck der Stadt präsentiert. Jedes der unzähligen „Roundabouts“ ist bestückt mit grellen, weiss oder hellblau leuchtenden Strahlenbündeln, und um die Stämme sämtlicher Palmen entlang der Strassen sind schlangengleich dichte Leuchtketten geschlungen. Zwischen den einzelnen Bäumen liessen die Stadt-Dekorateure Tafeln mit einer rot oder blau leuchtenden Zahl „37“ oder dem diagonal angeordneten Schriftzug „UAE“ platzieren. Die Summe aller Leuchtkörper lässt die Nacht förmlich zum Tag erstrahlen und es kann vorkommen, dass der eine oder andere Autofahrer darob vergisst, sich nach Sonnenuntergang seiner Sonnenbrille zu entledigen. Was bei den „Locals“ allerdings nicht aussergewöhnlich ist, denn die Sonnenbrille, vornehmlich aus den Häusern Guggi, Armani oder Pierre Cardin, wie auch das Handy gehören eh zu ihren ständigen Begleitern. Wer zu Fuss unterwegs ist – was nur in Notfällen vorkommt – montiert sich gleich ein ganzes Set bestehend aus Kopfhörer, Mikrofon und Verbindkungskabeln unter die flatternde „Gatra“, „Kufiya“ oder "Abbaya" und ist auf diese Weise auch mit gefüllten Einkaufstaschen jederzeit „kommunikationsbereit“.
Auch die nächtliche Fahrt entlang Abu Dhabis Renommierstrasse wird zum besonderen Erlebnis, erstrahlen doch die Hochhäuser entlang der Corniche ebenfalls in ausgefallenem Lichterglanz. Am Abend des Nationalfeiertages würde ich allerdings von dieser Route abraten, denn der Verkehr erreicht unerträgliche Spitzenwerte. Selbstverständlich sind auch die Autos entsprechend dekoriert und beklebt; wild flatternde Fahnen und Kleber in den Farben Rot, Grün, Weiss und Schwarz. Die Priorität ist unmissverständlich: Es geht um die Grösse der bunten Insignien, und weniger um die Sicht des Fahrers oder der Fahrerin. Schliesslich wird der „National Day“ nur einmal im Jahr gefeiert. Mit dem monumentalen Feuerwerk beim Hotel Emirates Palace schliesslich erreichen die Feierlichkeiten den absoluten Höhepunkt.

Eid al Adha
Die Wogen des Nationalfeiertages haben sich kaum geglättet, da kündigt sich „Eid al Adha“ an. Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, sei hier nochmals angefügt, dass es sich dabei um das wichtigste islamische Fest handelt: Es wird zum Höhepunkt des „Hadj“, der Pilgerfahrt nach Mekka, und findet in der Regel rund 70 Tage nach dem Ende des Ramadans statt. Aufgrund des islamischen Mondkalenders kann das Opferfest zu jeder Jahreszeit stattfinden, die Verschiebung findet rückwärts im Sonnenkalender um meist elf Tage statt. Und heuer sind diese Feiertage eben vom 8. bis 10. Dezember. Diese Kumulation von Festivitäten ist auch der Grund, weshalb die Amerikanische Schule den ganzen Monat geschlossen hat, während die Deutsche Schule ihre Klassenzimmer vor Weihnachten nochmals eine Woche „reaktiviert“. Linda nimmt es knurrend zur Kenntnis.
Auch mich straft das Schicksal, bin ich doch während „Eid al Adha“ im Flight Safety-Büro eingesetzt. Und ich sitze ziemlich verlassen und einsam in meiner bescheidenen Ecke. In weiser Voraussicht erkundige ich mich zwar am Vorabend des ersten Bürotages bei einem Kollegen über die zu erwartenden Arbeitszeiten. Doch der meint, für uns würde sich nichts ändern; internationale Airlines bewegen ihre Apparate ungeachtet aller Welt-Religionen. Die Erklärung leuchtet ein, und so kämpfe ich mich am nächsten Morgen aus den Federn, unter die Dusche und hinters Lenkrad unseres ungewaschenen Zweitwagens. Um wenig später im Büro festzustellen, dass der nette Kollege die Lage definitiv falsch beurteilt hat. Er selber hat übrigens frei, was ich ihm von Herzen gönne, schliesslich ist er praktizierender Muslim.
Um 0800 Uhr hauche ich meinem Computer die Lebensgeister ein, dann dauert es beinahe zwei Stunden bis sich die nächste Seele ins Gebäude verirrt. Es handelt sich dabei um eine der Assistentinnen, welche für den „Upload“ der Flugzeugdisketten verantwortlich sind. Erst jetzt kann ich langsam ans Arbeiten denken, bin ich doch auf Gedeih und Verderben auf diese Datenflüsse angewiesen.

Es zeigt sich einmal mehr, wie angenehm wir Piloten doch leben: Am Monatsende wird uns der Einsatz des kommenden Monats zugestellt. Darin sind sämtliche überlebenswichtigen Angaben enthalten wie Destinationen, oder die Zeiten, wann wir uns vor den Flügen am Flughafen zu melden haben. Welch herrliche Entlastung des geschundenen Denkapparates!

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