Und bereits sitze ich wieder in der Wartehalle des Frankfurter Rhein-Main-Flughafens. Eben erst aus den dreiwöchigen Ferien ins harte Arbeitsleben zurückgekehrt, habe ich mich nach zwei Wochen Abu Dhabi wieder Richtung Schweiz aufgemacht. Gestern – ich glaube es war Freitag – sind wir kurz vor Mitternacht nach 14-stündigem Flug, von Sydney kommend, in der Hauptstadt der UAE gelandet. Zwölf Stunden später reihe ich mich bereits wieder vor dem „Staff Check-in“-Schalter in der Schlange der Wartenden ein.
First Class
Die First-Class ist beinahe leer und der freundliche Herr teilt mir ohne mit der Wimper zu zucken einen Sitz zu. Vorher vergewissert er sich allerdings, dass ich weder Jeans noch Turnschuhe trage. Zu diesem Zweck erhebt er sich sogar von seinem Stuhl. Meine farblich vielleicht etwas aggressive Kravatte sticht ihm wohl ins Auge, allerdings vermisst er den vorgeschriebenen Blazer. Zur Sicherheit fragt er nach, worauf ich auf das über den Koffer gehängte Jacket zeige. Die Sache verhält sich nämlich so: Bei Etihad dürfen Angestellte, in Abhängigkeit ihrer Funktionsstufe, Standby-Tickets in allen drei Klassen ordern. Ein Privileg, das die SWISS in dieser Grosszügigkeit nicht anbietet. Allerdings müssen strenge Bekleidungsvorschriften eingehalten werden, die sämtliche Angestellten regelmässig per E-Mail eingetrichtert erhalten: Für Business- und First-Class werden anständige Hose, adrettes Schuhwerk, Hemd oder Shirt mit Kragen, Kravatte und Blazer verlangt. Die Kravatte darf grosszügigerweise nach dem Boarding im Handgepäck verstaut werden. Immerhin - so kann ich denn für knapp 300 Franken auf dem bequemsten Sessel nach Europa und zurück gondeln, mir dabei auf einem grossformatigen Bildschirm die neuesten Holly- und Bollywood-Filme „reinziehn“ und daneben kulinarische Köstlichkeiten geniessen. Gleiches gilt für sämtliche Familienangehörige. Ich gönne mir diesen Genuss. „Weil ich es mir wert bin“, würde Claudia Schiffer in die Kamera hauchen. Ich meinerseits schreibe es etwas weniger spektakulär einfach in meinen Blog. Die Familie darf selbstverständlich auch: erstklassig reisen und in den Blog schreiben. Sie gibt sich aber vornehmlich mit Ersterem zufrieden.
Erste Klasse
Die drei Tage im Berner Oberland verfliegen viel zu schnell. Am Sonntag feiern wir noch einmal ausgiebig Lindas Konfirmation. Da „Gotte“ und „Götti“ die Kirchenfeier in Abu Dhabi verpasst haben, treffen wir uns zu einer Dampfschifffahrt auf dem Thunersee. Die vor wenigen Jahren erst restaurierte „Blüemlisalp“ strahlt, von der Alpensonne beschienen, in morgendlichem Glanze. Bereits beim Betreten des matt lackierten und glatt polierten Holzplankenbodens kommen Erinnerungen an unsere Hochzeit vor 20 Jahren auf. Franziska und ich haben unser Fest seinerzeit – inklusive Trauung und Feier – auf der „Schiller“ gefeiert, einem der fünf prächtigen Dampfschiffe der Vierwaldstättersee-Flotte. Das heutige Konfirmationsessen für Linda mag in seinen Konsequenzen vielleicht etwas weniger folgenschwer sein als unser damaliger Schwur für den gemeinsamen Lebensbund, die Fahrt zwischen Stock- und Niederhorn hingegen ist mindestens ebenso memorabel. Natürlich in der Ersten Klasse!
Der Speisesaal liegt auf dem Oberdeck und ist beinahe vollständig mit bis zum Boden reichenden Glasfenstern eingefasst. Auf diese Weise bleibt die Aussicht des Reisenden (oder des Essenden...) uneingeschränkt erhalten, und dem Auge des aufmerksamen Passagiers entgehen weder die sich sanft erhebenden Oberländer Voralpen noch die zahlreichen herrschaftlichen Ufer-Residenzen.
Nach etwas mehr als zwei Stunden Fahrt manövriert der Kapitän das Schiff in Interlaken gekonnt an die Anlegeplattform. Über die Steuerbordseite verlässt unsere 14-köpfige Schar wohlgenährt das Schiff und gemeinsam schlendern wir zu den (sieben) Gleisen des unmittelbar daneben liegenden Bahnhofs. Der Zug bringt uns in einem Bruchteil der Zeit, die der Dampfer für die gleiche Distanz gebraucht hat, nach Thun zurück. Und ihr ahnt es wohl bereits: wir reisen natürlich in der Ersten Klasse!
Erste Reihe
Wie es der Zufall will, gastiert in eben diesen meinen drei Freitagen der Zirkus Monti im Berner Oberland. Am Wochenende noch in Spiez, sticht uns das gelbe Zelt während der Schiffsfahrt in die Augen. Am Sonntagabend wird nach Grindelwald disloziert, die Zeltstadt wie auch die Zirkuswagen finden auf dem riesigen Parkplatz der Männlichenbahn eine grosszügig bemessene Abstellfläche.
Wer regelmässig den "Wüstenspuren" folgt mag sich erinnern, dass wir im vergangenen Jahr eine Woche im Ferienwagen des Monti verbracht haben. Bereits zum dritten Mal übrigens und mittlerweile sind wir vom Virus dieses zauberhaft verspielten Familienzirkus’ dergestalt befallen, dass wir nach Möglichkeit jedes Jahr mindestens einmal eine Vorstellung der immer wieder neu zusammengesetzten Artistentruppe besuchen.
Wir verlassen das Diemtigtal zur Mittagszeit und erreichen Grindelwald eine knappe Stunde später. Ohne lange suchen zu müssen, treffen wir zwischen den parallel aufgestellten Wohnwagen auf Tobias, den ältesten der Muntwyler-Söhne. Er und sein jüngerer Bruder Mario wollen mit uns auf die Pfingstegg zur Sommer-Rodelbahn. Da keine Nachmittagsvorstellung angesagt ist, haben sie bis am Abend frei.
Das Rodeln ist nicht nur für die Kinder ein Vergnügen, allerdings stellt sich im Verlaufe der vielen Fahrten heraus, dass die Erwachsenen ihr Fahrtemperament etwas besser im Griff haben. Der jugendliche Übermut (oder das edukative Unvermögen der Begleitpersonen...) führt letztlich dazu, dass wir unser Aktivitätszentrum auf die Terrasse des Berglokals verlegen, und den Zvieri etwas früher als geplant einnehmen.
Rodelfreuden auf der Pfingstegg
Die abendliche Zirkus-Vorstellung verläuft dann (fast) störungs- und pannenfrei. Wir geniessen einmal mehr die fantasievolle Darbietung der Artisten. Verspielt, akrobatisch, bezaubernd und oftmals nachdenklich stimmend. Und selbstverständlich sitzen wir auch hier in der „Ersten Reihe“!
Tuesday, July 22, 2008
Subscribe to:
Post Comments (Atom)
8 comments:
.... das war schon auf dem Jumbo so, der Dide sass beim Flug immer auf der Sonnenseite.
Geniesse es!
Ha! Von wegen Sonnenseite: bin bereits wieder in Abu Dhabi an der Sonne, aber tüchtig am "Schwitzen" (Temperaturen zwischen 45 und 50 Grad).
Zuviel Sonne soll ja bekanntlich auch nicht gut sein. Du weisst ja - jede Münze hat zwei Seiten.
"The art of living is perfect timing."
Gruss
First Class. Es sei Ihnen und Ihrer Familie gegönnt.
Den Schiffer Spruch gibt es übrigens auch in leicht abgewandelter Form:
"Man gönnt sich ja sonst...alles"
Vergönnt oder gegönnt? Sie haben in einem früheren Beitrag schon auf die Problematik dieses Wortes hingewiesen oder verwiesen. Ich bin immer noch nicht dahintergekommen was es mit dieser Unterscheidung auf sich hat.
"The art of living is perfect timing" - that's great man, jeder drummer würde ihnen da recht geben!
1. ver|gön|nen [mhd. vergunnen]:
1. als Gunst, als etw. Besonderes zuteilwerden lassen; ...
2. gön|nen [mhd. gunnen, ahd. giunnan, zu ahd. unnan = gönnen; gewähren, gestatten, ...
Quelle: Duden - Deutsches Universalwörterbuch
Die beiden Begriffe haben im Grunde genommen die gleiche Bedeutung, werden jedoch im praktischen Sprachgebrauch nicht immer entsprechend angewendet.
Das Wort "Vergoennen" steht gem. Duden gar fuer eine "besondere" Zuteilwerdung und manifestiert demzufolge einen staerkeren Ausdruck der Gunst.
Die Anwendung zeigt im Besonderen Unterschiede in Deutschland, Oesterreich und der Schweiz, was wohl seinen Ursprung in den mannigfaltigen lokalen Dialekten hat.
Liebe Gruesse
Vor 20 Jahren auf dem Vierwaldstättersee! Gerne erinnere ich mich an Euer Fest! War ja auch daran beteiligt.
Da ist man im Berneroberland und meldet sich nicht...
He nu, so bleibt uns nichts anderes übrig, als in die Emirate zu fahren, damit wir euch wieder einmal sehen - das erste Mal seit dem Vierwaldstättersee.
Grüsse vom Hochzeitspfarrerehepaar
Liebe "Zosses" - tja wenn das alles so einfach unter einen Hut zu bringen wäre... Keine faulen Ausreden, aber wir mussten die ach so knappe Zeit beinahe auf die Minute einteilen. Deshalb freuen wir uns umso mehr auf euren Besuch im Dezember!
Liebe Grüsse
Wir haben grossen Verständnis.
"Einszweidrei, im Sauseschritt,
läuft die Zeit; wir laufen mit."
(Wilhelm Busch).
Zeit war offensichtlich immer ein Thema.
Liebe Grüsse
"Der Rhythmus
wo man immer mit muss"
Post a Comment