Tuesday, July 15, 2008

Schreib-Stau

Sonntagmorgen in Abu Dhabi. Allein im Haus, die Familie weilt genüsslich in Helvetischen Landen. Gestern habe ich meinen jährlichen „Line-Check“ absolviert. Nach Bahrain und zurück. Kurz und schmerzlos. Eine der ersten Fragen des südafrikanischen Checkpiloten zielt auf meinen Blog: „I heard you have a nice website“. Genau genommen würde es sich um einen Blog handeln, erkläre ich ihm, erstaunt über die Tatsache, dass er – selber der Deutschen Sprache nicht mächtig – von den Wüstenspuren weiss.

„Mamma Mia“
Ein Freund hat ihm davon berichtet. Was eigentlich unwesentlich ist, doch die kurze Anspielung auf den Blog erinnert mich einmal mehr schmerzlich daran, wie wenig Zeit zum Schreiben ich in den vergangenen Wochen gefunden habe. Immer wieder hat es Ansätze gegeben und ich habe begonnen, Texte zu verfassen, die dann allerdings, irgendwo zwischen dem Zürcher Unterland und dem Sopraceneri verloren gingen.
Ich spüre, wie der Schreib-Stau zu drücken beginnt. Nicht in der Magengegend, vielmehr im Kopf: beim Einschlafen etwa oder im Auto, wenn die Ampel wieder einmal viel zu lange braucht, um auf Grün zu schalten. Die vergangenen Wochen sind trotz Ferien unruhig verlaufen und haben für viel Abwechslung gesorgt. Jetzt sitze ich vor dem Laptop und weiss gar nicht, wo ich beginnen soll. Es fällt schwer, die Erlebnisse zu ordnen: Spontan kommt mir zuerst der gestern gesehene Film „Mamma Mia“ mit der singenden Meryl Streep in den Sinn. Über den ich eigentlich gar nicht zu schreiben gedenke. Ich tue es trotzdem: Noch nie habe ich in Abu Dhabi erlebt, dass die Besucher nach einem Film Beifall klatschen. Zugegeben, der Saal war überwiegend mit Expats gefüllt, die Araber schauen sich andere (Action-)Streifen an. Doch ich muss ehrlich gestehen – und ich kann nicht einmal sagen wieso, dass mir dieser Film „eingefahren“ ist. Vielleicht wegen der Bilderbuchkulisse oder der urkomischen Gegensätze, dass ein vormaliger James Bond-Darsteller mit brüchiger Stimme Abba-Melodien zum Besten gibt. Brosnan und Streep trällern zwar nicht ganz so schön wie John Travolta und Olivia Newton-John vor 30 Jahren im Kultstreifen „Grease“ – dennoch amüsiere ich mich während zwei Stunden blendend.

Verzögerter Ferienstart
Aber zurück zu den Ferien: Kurz nach der Abreise von Toni und Andrea fliegen Tim und ich in die Schweiz und verbringen die erste Woche getrennt im Raum Zürich. Unmittelbar vorher begleitet er mich auf eine Paris-Rotation, die uns 36 Stunden Zeit zur Erkundung der Seine-Stadt bietet. Es ist die Zeit, wo König Fussball das grosse Sagen hat. „Le Foot“, „Il Calcio“ oder „Soccer“ in jeder Stube, in jeder Bar, aber auch entlang der überschäumenden Fanmeile in Zürich. Wir geniessen das ansteckende Charisma dieser Veranstaltung in Frankreich und anschliessend in der Schweiz. Auch wenn Köbis Buben nicht mitzuhalten vermögen.















Tim et "La Tour"

Fünf Tage später landet Franziska, die gezwungen ist, ihren Geburtstagsabend im Flugzeug zu „feiern“, mit den Mädchen in Zürich. Immerhin reisen die drei in der First-Class. Soll eine(r) kommen und behaupten, bei Epplers hätten es die Frauen nicht gut...
Ihr Abflug in Abu Dhabi ist zwei Stunden verspätet, der geplante Anschluss in Frankfurt Richtung Zürich entwischt. Tim und ich warten mit Rosen, deren Köpfe langsam zu "lampen" beginnen, in der Ankunftshalle. Wir wollen gleich anschliessend Richtung Tessin fahren. Toni und Andrea sind auch zugegen. Dummerweise, dem lieben Murphy sei dank, fehlt die Hälfte des Gepäcks und das Ausfüllen des Rapports am „Lost and found“-Schalter zieht sich unangenehm in die Länge.
Wir schaffen es schliesslich doch noch und treffen am späten Nachmittag im Hotel am Lago di Lugano ein. Das „Parco san Marco“ liegt auf italienischem Boden. Nach der Zoll-Passage in Gandria erreicht man Cima in knapp zehn Minuten. Die Strasse ist schmal und schlängelt sich in zahlreichen unübersichtlichen Kurven den steilen Hängen des Valsolda entlang. Immer wieder gerät der Verkehr ins Stocken, weil sich zwei Fahrzeuge gegenüberstehen, deren Fahrer zwischen einklappen der Rückspiegel oder einlegen des Rückwärtsgangs hin- und herschwanken. Ungeachtet all dessen jagen tollkühne (lebensmüde) Motorradfahrer ihre Maschinen in purpurrote Drehzahlbereiche und mir wird unmittelbar klar, wieso Italien so viele gute Motorradrennfahrer produziert...















Risotto am Monte Bré...















...Gelati al bordo del Lago di Lugano















Inspirierender Blick von der Terrasse in Cima

Vieles, Altes, Neues
Die Woche im Süden ist ein Genuss und die malerische Kulisse bestätigt mich einmal mehr in der Absicht, mein Leben nach der Pensionierung dereinst im Süden unseres Landes zu verbringen. Zwischen bewaldeten Hügeln, grün gefärbten Seen und pittoresken Städtchen.
Es sind (die einzigen) acht Tage in diesen Ferien, die wir ausschliesslich im Kreise der Familie verbringen. Die Kinder reifen wie Tomaten unter der Walliser Sonne und mehr als einmal frage ich mich, wie oft wir noch in dieser Zusammensetzung verreisen werden. Die anschliessende Woche im Zürcher Unterland diktiert einen völlig anderen Rhythmus. Da wir unser Haus vermietet haben, nisten wir uns im Anwesen von Toni und Andrea ein. Tim, Linda und Nina erhalten auf diese Weise Gelegenheit, ihre Freunde zu treffen, während Franziska und ich unseren Besuchs-Marathon abspulen. Wir freuen uns auf jeden einzelnen Besuch, leiden aber unter der Tatsache, dass letztlich immer zu wenig Zeit bleibt. Es gibt so Vieles auszutauschen, Altes zu diskutieren und Neues zu berichten.
Kommt hinzu, dass nach 34-jährigem Wirken der Stadler Gemeindepfarrer würdig verabschiedet wird. Ein Fest, zu dem wir ebenfalls eingeladen sind. Mit Michèle und Mario fahren wir zwei Tage nach Olten, wo „Karls Kühne Gassenschau“ ihr „Silo 8“ zum Besten gibt. Das Wetter könnte besser nicht sein und wir geniessen die bombastisch inszenierte Freichlichtauffführung in vollen Zügen.
Bereits am nächsten Tag packe ich erneut meine Koffer. Franziska bringt mich an den Flughafen, und über Frankfurt geht’s wieder zurück „nach Hause“. Finito le vacanze!

Mittlerweile hat mich das sandige Wüstenleben wieder eingeholt. Die erste Bürowoche habe ich ebenso überstanden wie den eingangs erwähnten „Line-Check“. Dies bei Temperaturen von über 40 Grad. Was ja grundsätzlich den Rahmen des Erträglichen sprengt. Doch etwas ist mir in diesen Ferien aufgefallen: Wenn sich die Hitze über die Schweiz legt, wird gelitten und geschwitzt. Im Freien wie im Haus – während in Abu Dhabi glücklicherweise sämtliche Räume klimatisiert sind. Wenn auch manchmal etwas mehr als nötig.

2 comments:

Anonymous said...

Gute Nachricht, Herr Eppler, das mit dem Schreib-Stau!

So sehe ich es zumindest: Die somit gesamt-geballte Eppler'sche Kreativität, die uns LeserInnen immer wieder erfreut, sucht nach einem Auslassventil; was uns diese, wie gesagt erfreulichen, Blogbeiträge beschert.
Dass viele dieser Beiträge nicht besonders einträglich sind für Sie: Eine Schattenseite... Keine Tantiemen, keine Autorenhonorare, und selbst Kommentatorinnen und Kommentatoren scheinen eher von Zurückhaltung geprägt zu sein, feedbackmässig.

Wo wir bei den Schattenseiten sind: Sind eigentlich Ihre ausgedehnten Nachtflüge eher zuträglich für Gedankenskizzen und Niederschriften? Haben diese insofern eine Sonnenseite?

Dide said...

Lieber crowi,

besten Dank für die aufmunternden Worte. Wenn ich die Wüstenspuren der Kommentare wegen schreiben würde, hätte ich in der Tat schon lange aufgehört. Darum geht es aber nicht wirklich. Wenn sie (die Kommentare) kommen, freue ich mich, bleiben sie aus, ist es auch nicht weiter schlimm.

Ihre Frage zu den ausgedehnten Nachtflügen ist interessant. Soeben bin ich von einem 14-stündigen Flug von Sydney zurückgekommen. Zwei Drittel davon war es dunkel. Wir sind vor etwas mehr als einer Stunde, kurz vor Mitternacht gelandet. Und im Grunde genommen habe ich mir vor dem Abflug vorgenommen, einige Erlebnisse niederzuschreiben. Ich bin in Sydney nämlich mitten in den "World Youth Day"-Strudel geraten und habe von meinem Hotelzimmer sogar den Papst im Papomobil vorbeifahren gesehen. Aber eben - geschrieben habe ich letztlich nichts. Einmal mehr ist es bei der Absicht geblieben. Weshalb kann ich so konkret gar nicht sagen. Die Zeit vergeht auch ohne Schreiben immer wieder erstaunlich schnell. Die meisten meiner Beiträge entstehen in der Regel über mehrere Tage, denn ein "Schnell-Schreiber" war ich noch nie...

Gruss