...ist, wer das Privileg geniesst, im Kreise guter Freunde seinen Geburtstag feiern zu dürfen. Bei lukullischen Genüssen, liebevoll zubereitet von der Ehefrau, abgerundet durch einen edlen Tropfen. Besonders wer im Ausland, fern heimatlicher Gefilde lebt, weiss eine solche Runde zu schätzen, ist sie doch alles andere als selbstverständlich.
Deutsche Dominanz
Einer unserer letzten in Abu Dhabi verbliebenen Freunde der ersten „Expat-Stunde“ hat vergangenen Freitagabend eingeladen; Peter Lembach, der mit Frau Elke und den drei Kindern ebenfalls im Sommer 2006 in die Emirate zog, ist ein Jahr älter geworden. Aus Gründen des Datenschutzes und der Diskretion sei an dieser Stelle auf die Nennung seines Jahrgangs verzichtet. Er tut im Übrigen auch nichts zur Sache.
Der Jubeltag fällt also aufs Wochenende. Peter nutzt geschickt die Gunst der Stunde und versammelt eine bunt gemischte Runde um den häuslichen Esstisch. Die gebotenen Speisen munden ausgezeichnet, die Menge kann problemlos mit der Qualität mithalten. Salate, Früchte, Käse, Bruschetta, Teigwaren und Filet nach Toskanischer Art werden auf die Teller geschöpft, Wein wird in die Gläser gefüllt, alsdann dominiert das rhythmische Klappern von Messern und Gabeln. Vorerst zumindest, bis sich die Nahrung durch die ersten Passagen der Speiseröhren gewunden hat. Später vertun wir uns alle an köstlichen Torten und erfrischendem Zitronenmousse, schlürfen Espresso in kleinen, oder Standard-Kaffee in grossen Tassen.
Die lockere Gästeschar wird anteilsmässig von Deutschen dominiert. Anwesend sind aber auch eine Südafrikanerin und eine Niederländerin. Und dann natürlich die beiden, ihre Minoritätsrolle gewohnten Schweizer. Diskutiert wird zumeist in Deutscher Sprache, bisweilen verirrt sich ein Brocken Englisch in einem Germanischen Wortschwall. Der deutsche Philosoph und Dichter Christian Morgenstern hat einmal gesagt: „Nicht da ist man daheim, wo man seinen Wohnsitz hat, sondern wo man verstanden wird.“ Und verstehen tun wir uns alle ausserordentlich gut an diesem Abend. Die Stimmung ist locker und aufgeräumt. Es wird viel und laut gelacht. Und zwischendurch auch mal ein Schluck getrunken.
Verwirrende Partizipienvielfalt
Der italienische Kräuterlikör Ramazotti ist mindestens so gefragt wie der schwedische Wodka, der ebenso kalt serviert wird wie die gereichten Bierbüchsen. Dazwischen platzieren die stets aufmerksamen Gastgeber einige Wasserkrüge, mit deren Inhalt all jene ihre Gläser füllen, denen die Verantwortung für die Heimfahrt übertragen wurde. Die arabische „Nulltoleranz“ schwebt gnadenlos über der vergnügten Runde, vermag die blendende Stimmung allerdings in keiner Weise zu beeinträchtigen.
Irgendwann – noch bevor er sich an Wodka- oder Ramazottiflasche vergriffen hätte – verfängt sich der schreibende Helvetier im grammatikalischen Schlick des modernen Hochdeutsch. Wir hätten heute Abend ausgezeichnet „gespiesen“, entfährt es mir, worauf schallendes Gelächter ausbricht. Da hätte ich mich aber übel vertan, wird mir entgegnet, und sogar unsere jüngste Tochter schüttelt missbilligend den Kopf. Die Korrektur folgt auf dem Fuss: „gespeist“ würde die korrekte Partizipform lauten, lasse ich mir sagen. Überzeugen will mich dies jedoch nicht. Kaum angekommen zuhause – die Uhr zeigt weit nach Mitternacht – setze ich mich hinter den Laptop und beginne, in diversen Internetseiten zu wühlen. Wohl stosse ich mehrfach auf die Form „gespiesen“, deckt die Suche nämlich auf, dass das Partizip nicht erst seit heute Abend in dieser Form verwendet wird. Doch letztlich muss ich einsehen, dass ich falsch liege. Zumindest streng grammatikalisch betrachtet. Frust macht sich breit. Und Ärger. Einmal mehr überkommt mich das miserable Gefühl, linguistisch unterdrückt zu werden. Erst recht, als ich im Duden auf folgenden Zusatz stosse: „gespeist; (schweizerisch übertragen oder schweizerisch mundartlich, auch scherzhaft gespiesen).
Das wärs dann wohl. Der endgültige Speerstich ins Schweizerkreuz. Wir Schweizer bleiben wohl die Scherzkekse im hochdeutschen Sprachraum. Und dies nicht nur wegen unserer Aussprache. Tröstlich bleibt einzig die Tatsache, dass wir wegen der Vorzüge unseres Landes von vielen Nationen „benieden“ werden! Oder müsste es etwa „beneidet“ heissen...?
Sunday, August 31, 2008
Tuesday, August 26, 2008
Fliegen heisst rollen...
Wer vom Fliegen spricht, wer übers Fliegen diskutiert, denkt in erster Linie ans... Fliegen.
An das, was sich zwischen Himmel und Erde – oder genauer – zwischen Start und Landung abspielt. Die magischen Momente in der Luft eben, wie wir sie alle kennen aus raffiniert zusammengeschnittenen Filmsequenzen. Zumeist untermalt mit Trompeten und Fanfaren, bisweilen auch mit Pauken und Streichern.
Das Rollen, also sämtliche Bewegungen zwischen Piste und Parkplatz, gerät ob so viel Glanz und Gloria gern in den Hintergrund. Wen wunderts, schliesslich bewegen sich auch „Nicht-Aviatiker“ täglich im vertrauten, wenig spektakulären zweidimensionalen Raum. Da vermögen sich schwerfällig über den Tarmac wälzende Flug-Apparate kaum Begeisterungsstürme auszulösen.
Komplexe Flugplatz-Geometrie
Bei der Einschätzung der Arbeit im Cockpit werden analoge Muster angewandt. Faszinieren tun Start, Anflug und Landung, das Rollen wirkt weit weniger aufregend.
Dabei fordern die heutigen Flughäfen mit ihren komplexen Rollwegstrukturen Flugzeugbesatzungen in ähnlichem Masse wie ein Instrumentenanflug bei böigem Seitenwind. Die unübersichtliche Verkehrs-Kombination von Kleinfahrzeugen, Tankwagen, Passagierbussen, Frachtcontainern und Flugzeugen aller Länder und Grösse erfordert ein hohes Mass an Konzentration. Während des Rollens müssen ausserdem Checklisten abgearbeitet sowie der gesamte Funkverkehr mitverfolgt werden. Frequenzwechsel, oftmals im „dümmsten“ Moment reissen uns immer wieder aus der Routine eintrainierter Abläufe. Fliegt ein Pilot einen Flughafen zum ersten Mal an, erhöht sich der Stress, da er mit der Geometrie der Rollwege und Pisten noch wenig vertraut ist. Kurz - bei endlosen Nachtflügen oder technischen Problemen in der Luft wachsen Piloten graue Haare, beim Rollen verlieren sie die übrig gebliebenen gleich büschelweise.
Die Grösse der Maschinen erschwert die Übersicht. Es ist beinahe unmöglich, vom Cockpit aus abzuschätzen, ob die 30 Meter entfernte Flügelspitze ein auftauchendes Hindernis passieren kann. Daher ist es äusserst wichtig, mit dem Bugrad auf der am Boden vorgegebenen Markierung zu bleiben. Mit Ausnahme der Kurven natürlich. Grosse Flugzeuge der heutigen Generation verfügen über externe Kameras auf der Rumpf Ober- und Unterseite, mit deren Hilfe Bilder auf die Cockpit-Bildschirme proijeziert werden können. In der Regel führt der Kapitän das Flugzeug am Boden, es gibt aber auch Airlines, bei denen immer der sogenannte "PF" (Pilot Flying, fliegt den entsprechenden Streckenabschnitt) den "Tiller" bedient.
Sehr unangenehm kann das Rollen bei dichtem Nebel oder im Winter werden, wenn es schneit und die Schneemassen in der Folge die Bodenmarkierungen verdecken. Die Haftung der Räder, insbesondere jene des Bugrades, lässt nach. Enge Kurven – deren es vor allem in Nordamerika und Kanada zuhauf gibt – stellen die Piloten vor hohe Probleme. Wer zu langsam rollt, bleibt mitten in den engen „turns“ stehen, wer die Sache zu sportlich angeht läuft in Gefahr zu „skidden“, mit dem Bugrad wegzurutschen. In der Regel empfiehlt sich bei engen Radien eine Geschwindigkeit von fünf bis maximal zehn Knoten . Wer steckenbleibt, und das ist bei kontaminierter Oberfläche keine Seltenheit, ist nicht selten auf den rettenden Traktor angewiesen.
Bewusste Steuertechnik
Die Manövrierbarkeit und die Drehradien eines Flugzeuges hängen neben der Beschaffenheit der Steuerung selber in erster Linie von der Rumpflänge ab. Entscheidend dabei sind die Position des Bugrades sowie der Abstand zum weiter hinten liegenden Hauptfahrwerk. Speziell bei engen Kurven muss entsprechend weit ausgeholt werden. Wer das Bugrad entlang der Mittellinie führt, versenkt das auf der Kurveninnenseite liegende Hauptfahrwerk im Gras. Der A380 wie auch der B747 verfügen über eine sogenannte „Body gear steering“. Steigt der Einschlag des Bugrades über einen vorgegebenen Wert, werden die inneren beiden Hauptfahrwerke in die entgegengesetzte Richtung ausgeschlagen. Auf diese Weise, werden enge Radien beinahe spielend geschafft.
Ein A340-600 benötigt für einen 180°-turn 59 Meter. Da sich beim A380 die Rumpflänge wie auch der Radstand in ähnlichen Massstäben bewegen, dürften die Rollwerte mit dem neuen Airbus-Flaggschiff vergleichbar sein. Wie gross der Einfluss der oben erwähnten „Body gear steering“ ist, entzieht sich meinen Kenntnissen. Wer die beiden Flugzeugtypen näher vergleichen möchte, dem empfehle ich einen Click auf die original Airbus-site.
Und zum Schluss noch dies: „Fahren" kann ein Flugzeut nicht – bestenfalls tut es „rollen“. Denn der Antrieb erfolgt, anders als bei Auto oder Velo, nicht über die Räder. Wer „fahren“ will, muss auf Strasse oder Schiene ausweichen. Beim Flugzeug ist es der Schub der Triebwerke, der die tonnenschwere Masse in Bewegung bringt.
An das, was sich zwischen Himmel und Erde – oder genauer – zwischen Start und Landung abspielt. Die magischen Momente in der Luft eben, wie wir sie alle kennen aus raffiniert zusammengeschnittenen Filmsequenzen. Zumeist untermalt mit Trompeten und Fanfaren, bisweilen auch mit Pauken und Streichern.
Das Rollen, also sämtliche Bewegungen zwischen Piste und Parkplatz, gerät ob so viel Glanz und Gloria gern in den Hintergrund. Wen wunderts, schliesslich bewegen sich auch „Nicht-Aviatiker“ täglich im vertrauten, wenig spektakulären zweidimensionalen Raum. Da vermögen sich schwerfällig über den Tarmac wälzende Flug-Apparate kaum Begeisterungsstürme auszulösen.
Komplexe Flugplatz-Geometrie
Bei der Einschätzung der Arbeit im Cockpit werden analoge Muster angewandt. Faszinieren tun Start, Anflug und Landung, das Rollen wirkt weit weniger aufregend.
Dabei fordern die heutigen Flughäfen mit ihren komplexen Rollwegstrukturen Flugzeugbesatzungen in ähnlichem Masse wie ein Instrumentenanflug bei böigem Seitenwind. Die unübersichtliche Verkehrs-Kombination von Kleinfahrzeugen, Tankwagen, Passagierbussen, Frachtcontainern und Flugzeugen aller Länder und Grösse erfordert ein hohes Mass an Konzentration. Während des Rollens müssen ausserdem Checklisten abgearbeitet sowie der gesamte Funkverkehr mitverfolgt werden. Frequenzwechsel, oftmals im „dümmsten“ Moment reissen uns immer wieder aus der Routine eintrainierter Abläufe. Fliegt ein Pilot einen Flughafen zum ersten Mal an, erhöht sich der Stress, da er mit der Geometrie der Rollwege und Pisten noch wenig vertraut ist. Kurz - bei endlosen Nachtflügen oder technischen Problemen in der Luft wachsen Piloten graue Haare, beim Rollen verlieren sie die übrig gebliebenen gleich büschelweise.
Die Grösse der Maschinen erschwert die Übersicht. Es ist beinahe unmöglich, vom Cockpit aus abzuschätzen, ob die 30 Meter entfernte Flügelspitze ein auftauchendes Hindernis passieren kann. Daher ist es äusserst wichtig, mit dem Bugrad auf der am Boden vorgegebenen Markierung zu bleiben. Mit Ausnahme der Kurven natürlich. Grosse Flugzeuge der heutigen Generation verfügen über externe Kameras auf der Rumpf Ober- und Unterseite, mit deren Hilfe Bilder auf die Cockpit-Bildschirme proijeziert werden können. In der Regel führt der Kapitän das Flugzeug am Boden, es gibt aber auch Airlines, bei denen immer der sogenannte "PF" (Pilot Flying, fliegt den entsprechenden Streckenabschnitt) den "Tiller" bedient.
Sehr unangenehm kann das Rollen bei dichtem Nebel oder im Winter werden, wenn es schneit und die Schneemassen in der Folge die Bodenmarkierungen verdecken. Die Haftung der Räder, insbesondere jene des Bugrades, lässt nach. Enge Kurven – deren es vor allem in Nordamerika und Kanada zuhauf gibt – stellen die Piloten vor hohe Probleme. Wer zu langsam rollt, bleibt mitten in den engen „turns“ stehen, wer die Sache zu sportlich angeht läuft in Gefahr zu „skidden“, mit dem Bugrad wegzurutschen. In der Regel empfiehlt sich bei engen Radien eine Geschwindigkeit von fünf bis maximal zehn Knoten . Wer steckenbleibt, und das ist bei kontaminierter Oberfläche keine Seltenheit, ist nicht selten auf den rettenden Traktor angewiesen.
Bewusste Steuertechnik
Die Manövrierbarkeit und die Drehradien eines Flugzeuges hängen neben der Beschaffenheit der Steuerung selber in erster Linie von der Rumpflänge ab. Entscheidend dabei sind die Position des Bugrades sowie der Abstand zum weiter hinten liegenden Hauptfahrwerk. Speziell bei engen Kurven muss entsprechend weit ausgeholt werden. Wer das Bugrad entlang der Mittellinie führt, versenkt das auf der Kurveninnenseite liegende Hauptfahrwerk im Gras. Der A380 wie auch der B747 verfügen über eine sogenannte „Body gear steering“. Steigt der Einschlag des Bugrades über einen vorgegebenen Wert, werden die inneren beiden Hauptfahrwerke in die entgegengesetzte Richtung ausgeschlagen. Auf diese Weise, werden enge Radien beinahe spielend geschafft.
Ein A340-600 benötigt für einen 180°-turn 59 Meter. Da sich beim A380 die Rumpflänge wie auch der Radstand in ähnlichen Massstäben bewegen, dürften die Rollwerte mit dem neuen Airbus-Flaggschiff vergleichbar sein. Wie gross der Einfluss der oben erwähnten „Body gear steering“ ist, entzieht sich meinen Kenntnissen. Wer die beiden Flugzeugtypen näher vergleichen möchte, dem empfehle ich einen Click auf die original Airbus-site.
Und zum Schluss noch dies: „Fahren" kann ein Flugzeut nicht – bestenfalls tut es „rollen“. Denn der Antrieb erfolgt, anders als bei Auto oder Velo, nicht über die Räder. Wer „fahren“ will, muss auf Strasse oder Schiene ausweichen. Beim Flugzeug ist es der Schub der Triebwerke, der die tonnenschwere Masse in Bewegung bringt.
Friday, August 22, 2008
Die Sache mit dem Audi-Schlüssel
A340-600-Piloten bei Etihad fliegen öfters mal nach London. Diese Flüge sind äusserst angenehm, verbinden sie doch den Komfort der modernen A340-600er Flotte mit akzeptablen Flugzeiten. Ansonsten düsen wir ja ständig nach Sydney, Toronto oder New York. Immer im pilotischen Doppelpack mit Flügen von elf Stunden oder mehr, stundenweise eingepfercht im engen „Crewbunk“ mit Luftfeuchtigkeits-Werten, die nicht nur Getränkelieferanten sondern auch jeden Hautlotion-Hersteller ins Schwärmen bringen. London verfügt ausserdem über den Vorteil eines Hotels in unmittelbarer Flughafennähe. Der Internetzugang ist gratis und das Pub liegt gleich „across the street“. Letzteres ermöglicht „Fish and Chips“-Genuss auch bei kurzen Layover-Zeiten, frühem Aufstehen oder bei typisch englischen „Low visibility conditions“ infolge hartnäckiger Nebellagen.
75m Rumpflänge; A340-600
Exklusive Fracht
Zwar fliege ich den acht Meter kürzeren A340-500 lieber als seinen „langen Bruder“. Zum einen erweist sich die rund zehn Prozent grössere Reichweite bei der Nordatlantik-Operation als nicht zu unterschätzender Vorteil. Weiter verfügt er über angenehmere Handling-Eigenschaften am Boden, während der 75 Meter lange A340-600 wenig verzeiht. Speziell Rollmanöver mit engen Kurven verlangen gefühlvolle Inputs am „Tiller“, einem kleinen Lenkrad-Segment unmittelbar neben dem „Sidestick“. Wer ruppig rollt, schlägt den Passagieren beinahe die Köpfe an der Flugzeugwand wund. Auch das Startmanöver, im Besonderen die Rotation des Flugzeuges, erfordert eine Angewöhnung. Die Gefahr des Touchierens der Heckpartie („Tailstrike“) nimmt mit der Länge des Rumpfes zu. Da die lange Röhre in dieser Phase nur langsam auf Inputs am „Sidestick“ reagiert, besteht die Gefahr, dass überkorrigiert wird.
Airbus-Tiller (li) und Sidestick
Selbstverständlich schlucken die grossen Airbustypen auch anständige Frachtvolumen. Und immer wieder finden sich aussergewöhnliche Lieferungen. Reiche Araber beleben ihr psychisches Wohlbefinden regelmässig mit extravaganten Einkäufen im Ausland, erstehen etwa edle Falken oder teure Autos in allen erdenklichen Sonderanfertigungen. Der Preis spielt keine Rolle.
Für unseren heutigen Rückflug nach Abu Dhabi, so wird uns von den Verantwortlichen der Station mitgeteilt, soll ein exlusives Audi-Modell geladen werden. Wir treffen bereits früh beim Flugzeug ein, denn für einmal gab es keine Warteschlange vor der in London besonders aufwendigen Security-Kontrolle. Es bleibt demzufolge neben Flugplanung und Checklistenarbeit genügend Zeit für den einen oder anderen Schwatz; nicht nur mit den Kolleginnen von der Kabine, sondern auch mit Mechanikern, Putzmannschaft und Etihad-Bodencrew.
Slot
Dennoch kommt er unweigerlich; der Moment, wo ich mit dem Copi die Details der Abflugroute bespreche. Wie in Heathrow üblich, wurde uns auch heute ein Startfenster, ein sogenannter „Take off slot“ zugeteilt. Wir dürfen zufrieden sein, Verspätung sollte daraus keine entstehen. Der Ärger droht von einer anderen Seite: Der für die Beladung verantwortliche „Supervisor“ erkärt mir nämlich 20 Minuten vor dem „Push back“, dass der Audi erst spät beim Flugzeug eingetroffen und der Verlad noch nicht abgeschlossen sei. Aus Erfahrung weiss ich, dass solche „Aktionen“ aufwendig und zeitraubend sein können. Ich erinnere mich an einen Ferrari, dessen Verfrachtung in Genf seinerzeit über eine Stunde gedauert hat. Mir schwant Übles, doch als positiv eingestellter Zeitgeist halte ich vorerst mit unbedachten Äusserungen zurück. „It’s gonna take about 15 more minutes“, höre ich wenig später. Das scheint mir etwas optimistisch.
Ich hege stille Zweifel und weise diskret auf unser Startfenster hin. Denn immer mehr wird klar, dass diesem anfänglich so erfreulichen „Slot“ langsam die Luft auszugehen droht. In einer Viertelstunde läuft er aus und noch immer stehen zwei unserer Frachttore offen. Ich erfrage am Funk eine mögliche Verlängerung, worauf mir die freundliche Tower-Lady in bestem Oxford-Englisch kundtut, dass die Station das bestehende Startfenster bereits annuliert hätte. Unser neuer „Slot“ würde in anderthalb Stunden beginnen! Toll, und wieso weiss ich nichts davon?
Olympisches Schlüsselwerfen
Mich beginnt der Luxus-Audi, beziehungsweise sein schuld- und ahnungsloser Käufer ein wenig zu ärgern und ich versuche, jemanden von der Bodencrew ans Mikrophon zu kriegen. Wie lange das denn nun noch dauern würde, will ich wissen, doch die Antwort klingt eher vage: „Another 15 minutes at least.“ Das hatten wir doch schon einmal, erinnere ich mich, wohl wissend, dass ich im Moment nicht viel ändern kann. Überhaupt gehören Formulierungen wie „at least“ auf die nach oben offene Adverbien-Skala und lassen mein Schweizer Uhrenmacherherz kaum schneller hüpfen. Und wenn, höchstens weil ich mich ärgere. Dafür gibt’s Neues von der „Slot-Front“ – eine Verbesserung um 20 Minuten. Na also, es bewegt sich was. Die Richtung zumindest stimmt.
Schliesslich ist der deutsche Luxusschlitten verladen, die Frachttore verriegelt. Die Passagiertüren sind ebenfalls längst geschlossen. Just in diesem Moment werden die Kollegen von der Verladetruppe gewahr, dass sie den Audi-Schlüssel noch in ihren Händen halten. Der beim Bugrad stehende Mechaniker wartet mit einem innovativen Vorschlag auf, den er uns über das bordeigene Kommunikationssystem übermittelt: Wir sollen das Cockpitfenster öffnen, damit er den Schlüssel hochwerfen könne. Der hat wohl zu viel Olympia (Basketball, Diskuswerfen, Kugelstossen?) geschaut, denke ich. „...and what if the key gets lost because you miss the window…?” will ich wissen. Und ich versuche zu erklären, dass es nicht die Verantwortung der Besatzung sein kann, den Schlüssel zu transportieren und „irgend einer Person“ in Abu Dhabi zu übergeben. Ein Wort gibt das andere. Der Slot wird – al Hamdullilah – um weitere 20 Minuten nach vorne verschoben. Die Zeit für langwierige Verhandlungen wird knapp, und schliesslich akzeptieren wir den Schlüsseltransport trotzdem, allerdings bestehe ich darauf, eine Passagiertür zu öffnen und die Übergabe nicht zur neuen Olympischen Disziplin verkommen zu lassen. Wenig später taucht unsere indische Kabinenchefin Natasha, die früher ebenfalls für die Swissair geflogen ist, grinsend im Cockpit auf. In der Hand den wertvollen Schlüssel, schmiedet sie allerlei gewagte Pläne...
Endlich kann unser Airbus zurückgestossen werden. 54 Minuten später als geplant. Dass sich beim Start der vier Triebwerke kurzfristig ein für die Steuerung des Flugzeuges wichtiger Computer abmeldet, passt zu den vorgängigen Ereignissen. Ein „Reset“ sorgt wieder für normale Verhältnisse. Und dass uns während des gesamten Fluges ein ewig nörgelnder und provozierender Business Class-Passagier über Gebühr beschäftigt, passt ebenfalls. Gäbe es eine Petition zur Einführung von Fallschirmen zwecks Entsorgung renitenter Fluggäste – ich würde sie sofort unterschreiben.
75m Rumpflänge; A340-600
Exklusive Fracht
Zwar fliege ich den acht Meter kürzeren A340-500 lieber als seinen „langen Bruder“. Zum einen erweist sich die rund zehn Prozent grössere Reichweite bei der Nordatlantik-Operation als nicht zu unterschätzender Vorteil. Weiter verfügt er über angenehmere Handling-Eigenschaften am Boden, während der 75 Meter lange A340-600 wenig verzeiht. Speziell Rollmanöver mit engen Kurven verlangen gefühlvolle Inputs am „Tiller“, einem kleinen Lenkrad-Segment unmittelbar neben dem „Sidestick“. Wer ruppig rollt, schlägt den Passagieren beinahe die Köpfe an der Flugzeugwand wund. Auch das Startmanöver, im Besonderen die Rotation des Flugzeuges, erfordert eine Angewöhnung. Die Gefahr des Touchierens der Heckpartie („Tailstrike“) nimmt mit der Länge des Rumpfes zu. Da die lange Röhre in dieser Phase nur langsam auf Inputs am „Sidestick“ reagiert, besteht die Gefahr, dass überkorrigiert wird.
Airbus-Tiller (li) und Sidestick
Selbstverständlich schlucken die grossen Airbustypen auch anständige Frachtvolumen. Und immer wieder finden sich aussergewöhnliche Lieferungen. Reiche Araber beleben ihr psychisches Wohlbefinden regelmässig mit extravaganten Einkäufen im Ausland, erstehen etwa edle Falken oder teure Autos in allen erdenklichen Sonderanfertigungen. Der Preis spielt keine Rolle.
Für unseren heutigen Rückflug nach Abu Dhabi, so wird uns von den Verantwortlichen der Station mitgeteilt, soll ein exlusives Audi-Modell geladen werden. Wir treffen bereits früh beim Flugzeug ein, denn für einmal gab es keine Warteschlange vor der in London besonders aufwendigen Security-Kontrolle. Es bleibt demzufolge neben Flugplanung und Checklistenarbeit genügend Zeit für den einen oder anderen Schwatz; nicht nur mit den Kolleginnen von der Kabine, sondern auch mit Mechanikern, Putzmannschaft und Etihad-Bodencrew.
Slot
Dennoch kommt er unweigerlich; der Moment, wo ich mit dem Copi die Details der Abflugroute bespreche. Wie in Heathrow üblich, wurde uns auch heute ein Startfenster, ein sogenannter „Take off slot“ zugeteilt. Wir dürfen zufrieden sein, Verspätung sollte daraus keine entstehen. Der Ärger droht von einer anderen Seite: Der für die Beladung verantwortliche „Supervisor“ erkärt mir nämlich 20 Minuten vor dem „Push back“, dass der Audi erst spät beim Flugzeug eingetroffen und der Verlad noch nicht abgeschlossen sei. Aus Erfahrung weiss ich, dass solche „Aktionen“ aufwendig und zeitraubend sein können. Ich erinnere mich an einen Ferrari, dessen Verfrachtung in Genf seinerzeit über eine Stunde gedauert hat. Mir schwant Übles, doch als positiv eingestellter Zeitgeist halte ich vorerst mit unbedachten Äusserungen zurück. „It’s gonna take about 15 more minutes“, höre ich wenig später. Das scheint mir etwas optimistisch.
Ich hege stille Zweifel und weise diskret auf unser Startfenster hin. Denn immer mehr wird klar, dass diesem anfänglich so erfreulichen „Slot“ langsam die Luft auszugehen droht. In einer Viertelstunde läuft er aus und noch immer stehen zwei unserer Frachttore offen. Ich erfrage am Funk eine mögliche Verlängerung, worauf mir die freundliche Tower-Lady in bestem Oxford-Englisch kundtut, dass die Station das bestehende Startfenster bereits annuliert hätte. Unser neuer „Slot“ würde in anderthalb Stunden beginnen! Toll, und wieso weiss ich nichts davon?
Olympisches Schlüsselwerfen
Mich beginnt der Luxus-Audi, beziehungsweise sein schuld- und ahnungsloser Käufer ein wenig zu ärgern und ich versuche, jemanden von der Bodencrew ans Mikrophon zu kriegen. Wie lange das denn nun noch dauern würde, will ich wissen, doch die Antwort klingt eher vage: „Another 15 minutes at least.“ Das hatten wir doch schon einmal, erinnere ich mich, wohl wissend, dass ich im Moment nicht viel ändern kann. Überhaupt gehören Formulierungen wie „at least“ auf die nach oben offene Adverbien-Skala und lassen mein Schweizer Uhrenmacherherz kaum schneller hüpfen. Und wenn, höchstens weil ich mich ärgere. Dafür gibt’s Neues von der „Slot-Front“ – eine Verbesserung um 20 Minuten. Na also, es bewegt sich was. Die Richtung zumindest stimmt.
Schliesslich ist der deutsche Luxusschlitten verladen, die Frachttore verriegelt. Die Passagiertüren sind ebenfalls längst geschlossen. Just in diesem Moment werden die Kollegen von der Verladetruppe gewahr, dass sie den Audi-Schlüssel noch in ihren Händen halten. Der beim Bugrad stehende Mechaniker wartet mit einem innovativen Vorschlag auf, den er uns über das bordeigene Kommunikationssystem übermittelt: Wir sollen das Cockpitfenster öffnen, damit er den Schlüssel hochwerfen könne. Der hat wohl zu viel Olympia (Basketball, Diskuswerfen, Kugelstossen?) geschaut, denke ich. „...and what if the key gets lost because you miss the window…?” will ich wissen. Und ich versuche zu erklären, dass es nicht die Verantwortung der Besatzung sein kann, den Schlüssel zu transportieren und „irgend einer Person“ in Abu Dhabi zu übergeben. Ein Wort gibt das andere. Der Slot wird – al Hamdullilah – um weitere 20 Minuten nach vorne verschoben. Die Zeit für langwierige Verhandlungen wird knapp, und schliesslich akzeptieren wir den Schlüsseltransport trotzdem, allerdings bestehe ich darauf, eine Passagiertür zu öffnen und die Übergabe nicht zur neuen Olympischen Disziplin verkommen zu lassen. Wenig später taucht unsere indische Kabinenchefin Natasha, die früher ebenfalls für die Swissair geflogen ist, grinsend im Cockpit auf. In der Hand den wertvollen Schlüssel, schmiedet sie allerlei gewagte Pläne...
Endlich kann unser Airbus zurückgestossen werden. 54 Minuten später als geplant. Dass sich beim Start der vier Triebwerke kurzfristig ein für die Steuerung des Flugzeuges wichtiger Computer abmeldet, passt zu den vorgängigen Ereignissen. Ein „Reset“ sorgt wieder für normale Verhältnisse. Und dass uns während des gesamten Fluges ein ewig nörgelnder und provozierender Business Class-Passagier über Gebühr beschäftigt, passt ebenfalls. Gäbe es eine Petition zur Einführung von Fallschirmen zwecks Entsorgung renitenter Fluggäste – ich würde sie sofort unterschreiben.
Tuesday, August 19, 2008
Grosse kleine (Blogger-)Welt
Die Familie ist zurück in Abu Dhabi. Unser drittes „Wüstenjahr“ hat begonnen.
Nach der langen Sommerpause versuchen wir uns langsam wieder an den täglichen Rhythmus zu gewöhnen. Das mag befremdend klingen, doch nach beinahe zwei Monaten in ständig wechselnden „Familien-Kompositionen“ benötigen wir eine kurze Angewöhnungszeit. Mit meiner Ruhe ist es vorbei, die Gattin hat sich ihren Platz auf der häuslichen Kommandobrücke zurückerobert und die Kinder stürzen sich mit vollem Elan ins Freizeitleben. Letzteres vorwiegend zu unterschiedlichen und wenig koordinierten Zeiten natürlich. Zwar verkehren seit kurzem öffentliche Busse in Abu Dhabi, und Taxis gibt es auch immer mehr, doch wer vom „Al Qurm Compound“ an die Corniche will, der (oder die) bleibt vorerst aufs Auto angewiesen.
Teure Mieten
Die Stadtplanung sieht zwar vor, das Zentrum der Stadt in den kommenden Jahren Richtung Khalifa zu verlegen, doch die Realisierung solch ambitiöser Pläne braucht Zeit. Viel (Arabische) Zeit! Es entstehen zahlreiche neue Compounds, auch luxuriöse Appartementbauten in Zentrumsnähe werden errichtet, Tatsache ist jedoch, dass die zuständigen Ämter infolge Überlastung nicht in der Lage sind, die Neubauten zeitgerecht am Wasser- und Stromnetz anzuschliessen. Tragisch wenn man bedenkt, dass tausende von Wohneinheiten fehlen, und einige Firmen mittlerweile in Betracht ziehen, ihre Angestellten im eine Autofahrstunde entfernten Dubai oder Al Ain unterzubringen. Derweil die Mietpreise in Abu Dhabi selber astronomische Höhen erklimmen und für viele Expats gar nicht mehr verkraftbar sind. Wir bezahlen für unser Haus mittlerweile stolze 200'000 Dirham pro Jahr, was umgerechnet 60'000 Franken entspricht. Glaubt man den diversen Zeitungsberichten, wird sich die Lage frühestens Anfangs 2010 entspannen. Während in Europa in erster Linie die Rohstoffpreise für die sprunghafte Teuerung verantwortlich zeichnen, sind es hierzulande die horrenden Grundstücks- und Mietpreise. Ungeachtet dessen beschleunigt die Entwicklung in den Emiraten weiterhin im Formel 1-Tempo, und im Soge dieses Ausbaus strömen ausländische Fachleute nach wie vor in Scharen ins Land. Auch wer Glück – und einen grosszügigen Arbeitgeber – hat, findet nur mit grösster Mühe eine familientaugliche und zahlbare Unterkunft. Bei den Schulen sieht es nicht viel besser aus, die Klassenzimmer sind „pumpenvoll“, die Aufnahme neuer Schüler limitiert. Immer grössere und top moderne Schulanlagen sind am Entstehen, allerdings vermag auch hier die Fertigstellung nicht mit den Ideen und Wünschen der Auftraggeber mitzuhalten. Die Lage war bereits vor zwei Jahren angespannt, doch in keiner Weise mit den heute herrschenden Verhältnissen zu vergleichen.
Planung und Realität
Diese Kluft zwischen „Planung und Realität“ weckt bei mir Erinnerungen an den Anfang unseres Wüstenabenteuers. In einem der ersten Blog-Einträge im August 2006 schrieb ich nämlich:
„Der Aufbruch in ein neues Land und Leben kommt einem Wandel gleich, wie ich ihn in seiner vollen Dimension heute nicht abschätzen kann. Dies wurde mir allein in meinen ersten drei Abu Dhabi-Monaten klar. Die Pläne und Vorstellungen, geschmiedet an diversen Tischrunden in heimatlichen Gefilden decken sich bei weitem nicht immer mit den Realitäten des neuen Landes. Wunschträume verschmelzen mit Fantasien und Hoffnungen. Erst das unmittelbare Erleben des Alltags jedoch bringt uns der Wahrheit ein Stück näher. Einer Wahrheit, die sich immer wieder neu zu definieren scheint und die individuell sehr unterschiedlich empfunden wird.“
Wer sich aufmacht, einen neuen Flecken dieser Erde zu entdecken, versucht im Vorfeld möglichst viele Informationen zu ergattern. Getrieben nicht nur von einer allgemeinen Neugierde, sondern ganz einfach weil man wissen will, was einen erwartet. Wer lässt sich denn schon gerne durch unangenehme Überraschungen überrumpeln.
Möglichkeiten zur Informationsbeschaffung gibt es im Zeitalter von Internet und Suchmaschinen verschiedene: beispielsweise die Lektüre eines Blogs. So sitzen Franziska und ich anfangs dieser Woche in einem Mehrzweckraum der „American Community School (ACS), denn wieder einmal ist ein Info-Abend angesagt. Für die Eltern neuer „Middle School“-Schüler, zu denen auch unsere jüngste Tochter Nina zählt. Tim besucht zwar bereits seit einem Jahr die „High School“ an eben diesem Institut, doch da ständig alles ändert, haben wir uns zum Besuch des Elternabends durchgerungen. Und auch mein bevorstehender Nachtflug nach London (Take off um 02.45 Uhr) kann mich für einmal nicht bremsen. Noch vor Beginn der Veranstaltung dreht sich die Dame vor uns plötzlich um, stellt sich vor und fragt: „Sind Sie etwa Dieter Eppler?“ Sie würde seit längerem die „Wüstenspuren“ lesen, auf die sie durch eine Freundin in Deutschland aufmerksam gemacht worden wäre. „Wir sind erst vor einer Woche nach Abu Dhabi gezogen“, berichtet sie weiter, erleichtert über die Tatsache, dass ihre beiden Kinder in der ACS Unterschlupf gefunden haben. Ich hingegen bin verblüfft und korrigiere mein Weltbild wohl zum tausendsten Mal: die reale Welt ist zwar klein – die Bloggerwelt hingegen ist riesengross.
Nach der langen Sommerpause versuchen wir uns langsam wieder an den täglichen Rhythmus zu gewöhnen. Das mag befremdend klingen, doch nach beinahe zwei Monaten in ständig wechselnden „Familien-Kompositionen“ benötigen wir eine kurze Angewöhnungszeit. Mit meiner Ruhe ist es vorbei, die Gattin hat sich ihren Platz auf der häuslichen Kommandobrücke zurückerobert und die Kinder stürzen sich mit vollem Elan ins Freizeitleben. Letzteres vorwiegend zu unterschiedlichen und wenig koordinierten Zeiten natürlich. Zwar verkehren seit kurzem öffentliche Busse in Abu Dhabi, und Taxis gibt es auch immer mehr, doch wer vom „Al Qurm Compound“ an die Corniche will, der (oder die) bleibt vorerst aufs Auto angewiesen.
Teure Mieten
Die Stadtplanung sieht zwar vor, das Zentrum der Stadt in den kommenden Jahren Richtung Khalifa zu verlegen, doch die Realisierung solch ambitiöser Pläne braucht Zeit. Viel (Arabische) Zeit! Es entstehen zahlreiche neue Compounds, auch luxuriöse Appartementbauten in Zentrumsnähe werden errichtet, Tatsache ist jedoch, dass die zuständigen Ämter infolge Überlastung nicht in der Lage sind, die Neubauten zeitgerecht am Wasser- und Stromnetz anzuschliessen. Tragisch wenn man bedenkt, dass tausende von Wohneinheiten fehlen, und einige Firmen mittlerweile in Betracht ziehen, ihre Angestellten im eine Autofahrstunde entfernten Dubai oder Al Ain unterzubringen. Derweil die Mietpreise in Abu Dhabi selber astronomische Höhen erklimmen und für viele Expats gar nicht mehr verkraftbar sind. Wir bezahlen für unser Haus mittlerweile stolze 200'000 Dirham pro Jahr, was umgerechnet 60'000 Franken entspricht. Glaubt man den diversen Zeitungsberichten, wird sich die Lage frühestens Anfangs 2010 entspannen. Während in Europa in erster Linie die Rohstoffpreise für die sprunghafte Teuerung verantwortlich zeichnen, sind es hierzulande die horrenden Grundstücks- und Mietpreise. Ungeachtet dessen beschleunigt die Entwicklung in den Emiraten weiterhin im Formel 1-Tempo, und im Soge dieses Ausbaus strömen ausländische Fachleute nach wie vor in Scharen ins Land. Auch wer Glück – und einen grosszügigen Arbeitgeber – hat, findet nur mit grösster Mühe eine familientaugliche und zahlbare Unterkunft. Bei den Schulen sieht es nicht viel besser aus, die Klassenzimmer sind „pumpenvoll“, die Aufnahme neuer Schüler limitiert. Immer grössere und top moderne Schulanlagen sind am Entstehen, allerdings vermag auch hier die Fertigstellung nicht mit den Ideen und Wünschen der Auftraggeber mitzuhalten. Die Lage war bereits vor zwei Jahren angespannt, doch in keiner Weise mit den heute herrschenden Verhältnissen zu vergleichen.
Planung und Realität
Diese Kluft zwischen „Planung und Realität“ weckt bei mir Erinnerungen an den Anfang unseres Wüstenabenteuers. In einem der ersten Blog-Einträge im August 2006 schrieb ich nämlich:
„Der Aufbruch in ein neues Land und Leben kommt einem Wandel gleich, wie ich ihn in seiner vollen Dimension heute nicht abschätzen kann. Dies wurde mir allein in meinen ersten drei Abu Dhabi-Monaten klar. Die Pläne und Vorstellungen, geschmiedet an diversen Tischrunden in heimatlichen Gefilden decken sich bei weitem nicht immer mit den Realitäten des neuen Landes. Wunschträume verschmelzen mit Fantasien und Hoffnungen. Erst das unmittelbare Erleben des Alltags jedoch bringt uns der Wahrheit ein Stück näher. Einer Wahrheit, die sich immer wieder neu zu definieren scheint und die individuell sehr unterschiedlich empfunden wird.“
Wer sich aufmacht, einen neuen Flecken dieser Erde zu entdecken, versucht im Vorfeld möglichst viele Informationen zu ergattern. Getrieben nicht nur von einer allgemeinen Neugierde, sondern ganz einfach weil man wissen will, was einen erwartet. Wer lässt sich denn schon gerne durch unangenehme Überraschungen überrumpeln.
Möglichkeiten zur Informationsbeschaffung gibt es im Zeitalter von Internet und Suchmaschinen verschiedene: beispielsweise die Lektüre eines Blogs. So sitzen Franziska und ich anfangs dieser Woche in einem Mehrzweckraum der „American Community School (ACS), denn wieder einmal ist ein Info-Abend angesagt. Für die Eltern neuer „Middle School“-Schüler, zu denen auch unsere jüngste Tochter Nina zählt. Tim besucht zwar bereits seit einem Jahr die „High School“ an eben diesem Institut, doch da ständig alles ändert, haben wir uns zum Besuch des Elternabends durchgerungen. Und auch mein bevorstehender Nachtflug nach London (Take off um 02.45 Uhr) kann mich für einmal nicht bremsen. Noch vor Beginn der Veranstaltung dreht sich die Dame vor uns plötzlich um, stellt sich vor und fragt: „Sind Sie etwa Dieter Eppler?“ Sie würde seit längerem die „Wüstenspuren“ lesen, auf die sie durch eine Freundin in Deutschland aufmerksam gemacht worden wäre. „Wir sind erst vor einer Woche nach Abu Dhabi gezogen“, berichtet sie weiter, erleichtert über die Tatsache, dass ihre beiden Kinder in der ACS Unterschlupf gefunden haben. Ich hingegen bin verblüfft und korrigiere mein Weltbild wohl zum tausendsten Mal: die reale Welt ist zwar klein – die Bloggerwelt hingegen ist riesengross.
Saturday, August 16, 2008
Safety und Security
Des Piloten tägliches Brot sind Abkürzungen. Nichts geht ohne Kürzel. In unseren technischen Handbüchern wimmelt es von lustigen Buchstabenkombinationen wie ADIRU, FCMC, PRIM oder LGCIU. Mit zunehmendem Alter nimmt zwar die Erfahrung des Flugzeugführers zu, in gleichem Masse reduziert sich jedoch die Kapazität des Denkorgans, so dass die spontane Zuordnung nicht immer auf Anhieb gelingt. In der Folge vervielfachen sich die „Aha-Momente“ – und zwar sowohl in der Häufigkeit als auch in der Intensität. Doch damit noch nicht genug des Ungemachs, auch bei den Planungsunterlagen finden sich immer mehr Abkürzungen: oftmals bleibt die Bedeutung gewisser Begriffe reichlich unklar. Dabei sind der Einfallsreichtum und die Willkür der publizierenden Länder und Organe grenzenlos, und das Studium des NOTAMs (NOtice To AirMen) verkommt nicht selten zum heiteren Ratespiel.
Verwirrende Begriffsvielfalt
Funktioniert beispielsweise ein Teil der Pistenbefeuerung nicht, was immer wieder mal vorkommt, so muss dies den Besatzungen aus verständlichen Gründen mitgeteilt werden. In vielen Fällen wird dies mit der Abkürzung „u/s“ signalisiert. Auf gut Englisch: „unserviceable“. Möglich wäre aber auch die findige Kombination „OTS“, was dann heissen würde „Out of Service“. Die Amerikaner sind diesbezüglich noch eine Spur origineller und verwenden mit Vorliebe den prägnanten Terminus „DCMSND“. Erraten? Genau, dies heisst nämlich nichts anderes als „decommissioned“.
Glücklicherweise verwenden wir in der Aviatik nach wie vor auch solide Begriffe, deren Verständlichkeit nichts zu wünschen übrig lässt. Dazu zählen etwa die Termini „Safety“ und „Security“, die beide im Deutschen Sprachgebrauch mit „Sicherheit“ übersetzt werden. Doch bei näherer Betrachtung stellt sich alsbald heraus, dass auch diese Begriffe – so selbstverständlich sie in der fliegerischen Umgangssprache angewendet werden - in der Interpretation gewisse Unterschiede offenlegen.
Bei meinem letzten Flug nach New York will es der auf diesem ersten Sektor verantwortliche Kapitänskollege genau wissen. Zu diesem Zweck stellt er im Crew Briefing eine interessante Frage: Von jedem der 14 Mitglieder der Kabinenbesatzung will er in zehn Sekunden den Unterschied zwischen „Safety“ und „Security“ erklärt haben. Da geraten die grau gewandeten jungen Frauen und Männer gehörig ins Schwitzen. Und dies nicht nicht nur wegen der mangelhaft arbeitenden Klimaanlage. Doch Hand aufs Herz liebe „Wüstenspuren“-Leser und -Leserinnen. Wie würdet ihr denn auf diese Frage antworten?
Simpel und einleuchtend
Die Flight Attendants diverser Nationalitäten zumindest scheinen verunsichert, suchen verzweifelt nach Erklärungen, ringen um Worte, reden um den Brei herum, jedoch ohne dabei auf den Kern der Sache zu stossen. „Security allows to make our flight safe“, meint etwa eine Rumänin, während die Marokkanerin verschmitzt entgegnet „Same, same – but different...“!
Schliesslich löst der Kapitän vom philippinischen Archipel das Rätsel auf: „It’s very simple and straight forward“, meint er, „security is crime prevention while safety is accident prevention.”
In der Tat. Dies ist simpel und leuchtet ein. Es trifft den Nagel auf den Kopf und unterscheidet die beiden ähnlich gelagerten Begriffe äusserst treffend. Doch der Kollege ist mit seinen Ausführungen noch nicht am Ende. Er spricht die „Safety- and Security-Checks“ an, die jedes Mitglied der Kabinenbesatzung vor dem Flug auszuführen hat und will wissen, wie viele Feuerlöscher in der Kabine eines A340-500 vorhanden sind. Acht sind es an der Zahl, diesbezüglich herrscht allgemeine Einigkeit. „And what if one day you'll find ten instead of eight fire extinguishers on the same aircraft...?” Das wäre doch theoretisch ein “Safety increase”, also eine Erhöhung der Safety, fügt er an. Denn wenn es brennt, ist jeder zusätzliche Feuerlöscher nur von Vorteil...
Erklärungsnotstand
Das mag wohl richtig sein, doch genau hier liegt des Pudels Kern begraben. Denn jeder zusätzliche, nicht zur Standardausrüstung gehörende Feuerlöscher, verkommt gleichzeitig zum Sicherheitsrisiko und damit zu einer Reduktion der „Security“. Denn nichts darf an Bord sein, was nicht an Bord gehört! Mögliche Sprengsätze gilt es unbedingt auszuschliessen, sämtliche Gegenstände mit unbekannter Herkunft verkommen zu einer potenziellen Gefahrenquelle. Auch wenn es sich um einen Feuerlöscher handelt. Was im einen Fall positiv gewertet werden kann, stellt sich bei kritischer Betrachtung als klares „No-Go“ heraus. „Safety“ und „Security“ – zwei Begriffe, die in der Fliegerei zum täglichen Brot gehören. Zwei Begriffe, deren Übergang ähnlich fliessend verläuft wie bei Yin und Yang, Zwei Begriffe letztlich – und dies mag erstaunen – bei deren Erklärung auch gestandene Besatzungsmitglieder ins Straucheln geraten.
Verwirrende Begriffsvielfalt
Funktioniert beispielsweise ein Teil der Pistenbefeuerung nicht, was immer wieder mal vorkommt, so muss dies den Besatzungen aus verständlichen Gründen mitgeteilt werden. In vielen Fällen wird dies mit der Abkürzung „u/s“ signalisiert. Auf gut Englisch: „unserviceable“. Möglich wäre aber auch die findige Kombination „OTS“, was dann heissen würde „Out of Service“. Die Amerikaner sind diesbezüglich noch eine Spur origineller und verwenden mit Vorliebe den prägnanten Terminus „DCMSND“. Erraten? Genau, dies heisst nämlich nichts anderes als „decommissioned“.
Glücklicherweise verwenden wir in der Aviatik nach wie vor auch solide Begriffe, deren Verständlichkeit nichts zu wünschen übrig lässt. Dazu zählen etwa die Termini „Safety“ und „Security“, die beide im Deutschen Sprachgebrauch mit „Sicherheit“ übersetzt werden. Doch bei näherer Betrachtung stellt sich alsbald heraus, dass auch diese Begriffe – so selbstverständlich sie in der fliegerischen Umgangssprache angewendet werden - in der Interpretation gewisse Unterschiede offenlegen.
Bei meinem letzten Flug nach New York will es der auf diesem ersten Sektor verantwortliche Kapitänskollege genau wissen. Zu diesem Zweck stellt er im Crew Briefing eine interessante Frage: Von jedem der 14 Mitglieder der Kabinenbesatzung will er in zehn Sekunden den Unterschied zwischen „Safety“ und „Security“ erklärt haben. Da geraten die grau gewandeten jungen Frauen und Männer gehörig ins Schwitzen. Und dies nicht nicht nur wegen der mangelhaft arbeitenden Klimaanlage. Doch Hand aufs Herz liebe „Wüstenspuren“-Leser und -Leserinnen. Wie würdet ihr denn auf diese Frage antworten?
Simpel und einleuchtend
Die Flight Attendants diverser Nationalitäten zumindest scheinen verunsichert, suchen verzweifelt nach Erklärungen, ringen um Worte, reden um den Brei herum, jedoch ohne dabei auf den Kern der Sache zu stossen. „Security allows to make our flight safe“, meint etwa eine Rumänin, während die Marokkanerin verschmitzt entgegnet „Same, same – but different...“!
Schliesslich löst der Kapitän vom philippinischen Archipel das Rätsel auf: „It’s very simple and straight forward“, meint er, „security is crime prevention while safety is accident prevention.”
In der Tat. Dies ist simpel und leuchtet ein. Es trifft den Nagel auf den Kopf und unterscheidet die beiden ähnlich gelagerten Begriffe äusserst treffend. Doch der Kollege ist mit seinen Ausführungen noch nicht am Ende. Er spricht die „Safety- and Security-Checks“ an, die jedes Mitglied der Kabinenbesatzung vor dem Flug auszuführen hat und will wissen, wie viele Feuerlöscher in der Kabine eines A340-500 vorhanden sind. Acht sind es an der Zahl, diesbezüglich herrscht allgemeine Einigkeit. „And what if one day you'll find ten instead of eight fire extinguishers on the same aircraft...?” Das wäre doch theoretisch ein “Safety increase”, also eine Erhöhung der Safety, fügt er an. Denn wenn es brennt, ist jeder zusätzliche Feuerlöscher nur von Vorteil...
Erklärungsnotstand
Das mag wohl richtig sein, doch genau hier liegt des Pudels Kern begraben. Denn jeder zusätzliche, nicht zur Standardausrüstung gehörende Feuerlöscher, verkommt gleichzeitig zum Sicherheitsrisiko und damit zu einer Reduktion der „Security“. Denn nichts darf an Bord sein, was nicht an Bord gehört! Mögliche Sprengsätze gilt es unbedingt auszuschliessen, sämtliche Gegenstände mit unbekannter Herkunft verkommen zu einer potenziellen Gefahrenquelle. Auch wenn es sich um einen Feuerlöscher handelt. Was im einen Fall positiv gewertet werden kann, stellt sich bei kritischer Betrachtung als klares „No-Go“ heraus. „Safety“ und „Security“ – zwei Begriffe, die in der Fliegerei zum täglichen Brot gehören. Zwei Begriffe, deren Übergang ähnlich fliessend verläuft wie bei Yin und Yang, Zwei Begriffe letztlich – und dies mag erstaunen – bei deren Erklärung auch gestandene Besatzungsmitglieder ins Straucheln geraten.
Saturday, August 02, 2008
"Sitemeter" verhindert Blog-Zugang
Der 1. August, seines Zeichens Nationalfeiertag der Schweiz, hats in sich!
Nicht genug, dass heftige Gewitterregen die traditionelle Rütlifeier noch vor dem gemeinsamen Gesang der Nationalhymne zum Abbruch zwingen.
Seit derselben Stunde quasi ist auch der Zugriff auf die "Wüstenspuren" und viele andere Blogs gestört. Grund dafür ist der bei vielen Bloggern verwendete "Sitemeter", der die Zugriffe zählt und gleichzeitig ein Tracking verschiedener Daten ermöglicht.
Nun aber verunmöglicht eben dieser "Sitemeter" sämtlichen Benutzern des Internet Explorers Version 6.0 und 7.0 den Zugriff auf entsprechende Blogs und Webpages. Der Grund scheint unbekannt, Anwender des Firefox sind glücklicherweise verschont.
Mittlerweile habe ich die entsprechenden Codes entfernt und damit sollte allen interessierten (Wüsten-)Spurenlesern der Zugriff wieder möglich sein...
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