Ob ich mich langweile? Der Eindruck könnte in Anbetracht des aufgefrischten Blog-Layouts durchaus entstehen. Der Eindruck aber täuscht! Trotz „WANKER“-Periode (Wives Away No Kids Eating Rubbish) kommt keine Langeweile auf. Dies nicht zuletzt auch wegen der neu angetretenen Funktion im „Flight Safety“-Bereich.
Bunte Mischung
Nach meinem Abstecher an den Fuss des Himalaya tausche ich den immer sonnigen Fensterplatz im Cockpit für satte zwei Wochen gegen meinen Kippstuhl im kleinen aber gut klimatisierten, lichtschwachen und klaustrophobisch anmutenden „Flight Safety“-Büro. Aufgrund einer länger dauernden Ferienabwesenheit von André und seiner Familie wird unser an Erfahrung junges Team tüchtig gefordert. Das mag übertrieben klingen und nach billigem Boulevard riechen, kommt der Wahrheit jedoch näher als die Behauptung, wir genössen ein Faulenzer-Dasein. Die tägliche Überwachung und Verarbeitung der laufenden Flugoperation im Bereich „Flight Safety“, insbesondere die Erfassung der automatisch generierten „Exceedance-reports“ oder der von Piloten verfassten Rapporte hält uns auf Trab. Die Schilderung meines Büroumfeldes bietet zwar kaum Stoff für literarische Höhenflüge, soll mir an dieser Stelle aber dennoch einige Phrasen wert sein, nicht zuletzt um einen verständlichen Bogen von „Ground zero“ auf „Vierzigtausend Fuss“ zu spannen.
Der Bürotag beginnt offiziell um 0800 Uhr und endet um 1600 Uhr. Diese Zeiten aber erfreuen sich vor dem Hintergrund Arabischen Denkens (Insch Allah) einer gewissen Flexibilität. Allerdings nicht ausschliesslich zugunsten des Arbeitnehmers.
Der gesamte Bereich „Flight Safety“ befindet sich bei Etihad Airways in einem rasanten Wandel: Was von Schweizer Hand vor drei Jahren im anfänglich kleinen Rahmen minutiös aufgebaut wurde, genügt den heutigen Bedürfnissen der sprunghaft wachsenden Airline nicht mehr. Nach dem Abgang des einen „Ziehvaters“ zur Gulf Air, steht nun der Brite John D. an der Spitze des Departements, das sich neu „Corporate Safety“ nennt. Er verfügt mit seinen knapp 60 Lenzen und seinem aviatischen „Curriculum Vitae“ über äusserst sehenswerte Referenzen. Als langjähriger Pilot bei British Airways, unter anderem als Copi auf VC-10 und der Concorde, später als Captain und stellvertretender Chefpilot auf B747-400 und am Schluss auf der B777 ist er bestens mit den Belangen ständig wachsender Sicherheitsanforderungen vertraut. In sämtlichen Teilbereichen wie "Flight Data Monitoring", "Investigation" und "Risk Assessment" sind im Zuge der Vergrösserung weitere Teilzeitmitarbeiter dazugestossen. Neben dem vollamtlich im Büro tätigen „Investigator“, einem Pakistani, gehören neu Piloten aus Malaysia, Australien, Neuseeland und England zum Team. Auch ein Emirati ist mit von der Partie, und mit André – dem anderen Mann der „ersten Stunde“ – und mir nach wie vor zwei Schweizer. Um die Belange der Kabinenbesatzung kümmern sich Pushpa und Thea, zwei „Cabin Manager“ aus Indien und den Philippinen.
Kleine Büros
Unsere bescheidenen Büros liegen zur Zeit noch in einem barackenähnlichen Gebäude unmittelbar beim Flughafen. Wir teilen die Räumlichkeiten mit anderen Stellen des Bereichs „Flight Operations“. Dazu gehören der „Executive Vice President Operations“, der "Vice President Flight Ops“, die Flottenchefs und die Chefinstruktoren. Auch die technischen Piloten sowie das gesamte Administrationsteam arbeiten unter demselben Dach. Der Umzug in den neuen Hauptsitz soll Ende Jahr stattfinden.
Die Stimmung ist nicht mehr wie früher malaysisch sondern vielmehr anglistisch-germanisch geprägt und sehr locker. Die Bürotüren stehen in der Regel offen, was dem einen oder anderen Schwatz durchaus förderlich, der individuellen Effizienz hingegen eher abträglich ist. So meinte kürzlich unser „Investigator“ schmunzelnd, dass ein Wirkungsgrad von 50 Prozent unter den gegebenen Umständen bereits eine Meisterleistung sei. Und er muss es schliesslich wissen, verbringt er doch jeden Arbeitstag im Bürogebäude.
Auch das Telefon klingelt ab und zu. Vielleicht muss ich an dieser Stelle anfügen, dass der einzige Apparat in unserem, mit drei bis fünf Personen besetzten Kämmerchen auf meinem Pult steht, die meisten Anrufe aber für besagten „Investigator“, dessen Arbeitsplatz in meinem Rücken liegt, bestimmt sind. Mittlerweile haben wir Mittel und Wege gefunden, die mir auch während seiner Telefonate erlauben, meinen Pflichten nachzugehen. Und zwar ohne dabei in Gefahr zu laufen, von einem Telefonkabel stranguliert zu werden und damit definitiv unter die 50 Prozent-Effizienzmarke zu fallen.
Der indische Tea- and Coffeeboy versorgt die gesamte Belegschaft mit heissen oder kalten Getränken. Er tut dies mit beachtlicher Aufmerksamkeit und einer stoischen Ruhe. Bereits nach der ersten Bürowoche hat er meine persönlichen Präferenzen absolut im Griff. Zehn Minuten nach meinem morgendlichen Eintreffen serviert er die erste Tasse Tee mit einem Schuss Milch. Der Kaffee ist ungeniessbar. Eine halbe Stunde später bringt er unaufgefordert Nachschub. Am Nachmittag geht’s im gleichen Stil weiter. Ich habe es ihm nach meinem letzten Abstecher in die Schweiz mit einer Packung Toblerone verdankt. Wie übrigens einigen anderen Kollegen auch. Denn Geschenke erhalten ja bekanntlich die Freundschaft. Im Osten wie im Westen.
Neue Destination
Ein Vorzug bürolistischen Schaffens ist die Tatsache, stets frühzeitig informiert zu sein. Neben den allzeit hochtourig kursierenden Gerüchten, sickern harte Fakten etwas früher durch. Beispielsweise die Ankündigung, dass Etihad ab März 2009 tägliche Direktflüge nach Melbourne anzubieten plant. Neben Sydney und Brisbane wird somit eine dritte australische Destination ins Streckennetz aufgenommen. Ausserdem wird Sydney ab Oktober elf statt wie bisher sieben Mal pro Woche angeflogen. Dies ist möglich, weil zwei neue A340-600 zur Flotte stossen werden.
Wachstum in einer Dimension, wie ich es in dieser Form noch nie erlebt habe. Das alles ist natürlich nur möglich, solange genügend Personal vorhanden ist. Während sich in Europa und den USA bereits Restrukturierungen abzeichnen, rekrutiert Etihad nach wie vor Cockpitbesatzungen im grossen Stil. Um marktgerecht zu bleiben, werden per Juli die Pilotensaläre angepasst. Die „Housing allowance“ für einen Captain beispielsweise steigt von 120'000 Dirham (ca 40'000 CHF) jährlich auf 170'000 Dirham. Das entspricht einer Erhöhung von satten 41 Prozent! Dabei – dies mag Aussenstehende erstaunen – hinkt die Gesellschaft mit den neuen Entschädigungen den marktüblichen Mietpreisen nach wie vor hinten nach. Auch die Schulgelder werden für das kommende Jahr um 20 Prozent erhöht, aber auch diese Summe wird im gleichen Atemzug von den aktuell verlangten Gebühren verschlungen. Zusätzlich gibt’s per Juli eine Anhebung des Basissalärs um vier Prozent sowie neu zehn statt bis anhin vier Bonus-Tickets zum reduzierten Preis. Rechnet man alles zusammen, so fliessen rund zwölf Prozent mehr in die Lohntüten der Flugzeugführer. Dies ohne eine einzige Verhandlungsrunde und ohne vorgängige Abstimmung. Wer sich an europäische Dimensionen gewöhnt ist, dem verschlägt es ob solcher Ansätze glatt den Atem. Es sind dies letztlich untrügliche Indikatoren überschwänglicher Wachstumsraten oder einer (noch) völlig anders gelagerten Relation zwischen Piloten-Angebot und –Nachfrage.
Dass nicht alles Gold ist was glänzt, beweist die akute Wohnungsnot in Abu Dhabi. Wer heute in die Stadt zieht, hat grosse Mühe eine Unterkunft zu finden. Die wenigen Vakanzen wechseln ihre Mieter entweder unter der Hand oder sind im Preis völlig überrissen. So zahlt man heute für eine Dreizimmerwohung auf der Insel schnell einmal 250'000 Dirham. Der bei Etihad neu eingestellte „Health and Safety“-Manager gehört ebenfalls zu den Leidgeplagten. Auch nach zwei Monaten und der Hilfe des firmeninternen „Housing departments“ wohnt er mit seiner vierköpfigen Familie immer noch im Hotel. Das gefällt dem guten Mann verständlicherweise gar nicht. Die Familienmoral ist auf dem Tiefpunkt. Doch er ist Engländer und verfügt über den sprichwörtlich Britischen Humor. Jeden Morgen steckt er den Kopf in unser Büro, nie verlegen um eine treffende Pointe. Unsere Frage nach dem Befinden beanwortete er gestern trocken mit: „Oh quite good since I decided yesterday not to hang myself...“
Wednesday, July 30, 2008
Saturday, July 26, 2008
Islamabad
Der Wecker reisst mich um 05.50 Uhr aus unruhigem Schlaf. Genau genommen ist es mein Handy, das piepst. Wer braucht denn heute noch einen Wecker? In einer Zeit, in der das omnipotente Mobiltelefon so bislang manch unersetzlichen Gegenstand des täglichen Lebens zu ersetzen vermag; den Taschenrechner beispielsweise, den Fotoapparat, die Taschenlampe, die Agenda oder den MP3-Player. Dereinst, so wage ich kühn zu prophezeien, werden Handys, mit denen wir die Zähne putzen oder verschlossene Türen öffnen, den Markt dominieren. Es lebe der technologische Fortschritt des 3. Jahrtausends!
Unruhige Nacht
Auch nach 27 Berufsjahren schlafe ich meist schlecht vor Arbeitseinsätzen am frühen Morgen. Daran ändert weder die eingangs erwähnte moderne Technik noch die Arabische Lebensform etwas. Die latente Angst, den Wecker – oder eben das Handy – zu verpassen verhindert den seinerzeit von den „Bico-Matratzen-Herstellern“ telegen propagierten „tiefen, gesunden Schlaf“. Ich mühe mich an diesem Morgen mit zerschlagenen Gliedern aus den Federn und tappe ins Bad, wo mich meine zerknitterte Visage im Spiegel vollends in die Realität zurück reisst.
Mein Einsatzplan schickt mich heute nach Islamabad. Eine für mich bislang unbekannte Destination und damit eine weitere Premiere in meiner fliegerischen Laufbahn. Ich habe mich am Vortag detailliert mit den Besonderheiten dieses Flughafens im Norden Pakistans auseinandergesetzt, habe eifrig das Internet durchforstet und sowohl im „Jeppview“ wie auch in Etihad-internen „Sites“ Karten und Informationen studiert.
Kurz vor sieben Uhr treffe ich am Flughafen ein. Die Temperaturanzeige meines Wagens zeigt bereits zu dieser frühen Stunde 38 Grad an. Ich hole mir einen Cappuccino im trendigen Pappbecher an der kleinen Bar in der Abflughalle und schlendere anschliessend ins „OCC“ (Operations Control Centre). Schnell den Laptop an der Docking-Station auf Vordermann getrimmt, anschliessend schnappe ich mir die Flugunterlagen aus dem entsprechenden Fach und richte mich an einem der freien Stehtische ein. Der Copi ist noch nicht anwesend, so bleibt Zeit, mir einen ersten Überblick zu verschaffen. Und sogleich stosse ich auf ein erstes „Hindernis“, denn als Ausweichplatz wurde Peshawar geplant. Ich habe es mir beinahe gedacht. Diesen Platz darf bei Etihad jedoch nur anfliegen, wer vorgängig eine „inflight introduction“ erhalten hat, was bei mir nicht der Fall ist. Ich verlange beim Dispatcher einen neuen Flugplan mit dem Ausweichplatz Lahore. Da aber just in diesem Moment die Morgenschicht ihren Dienst antritt, will keiner so richtig zuständig sein. Mein Anliegen erweist sich als umständlich und zeitraubend. Schliesslich verzichte ich, umso mehr vorgesehen ist, den Sprit für den Rückweg bereits in Abu Dhabi zu tanken. Wir werden also über genügend Reserven verfügen. Der hohe Kerosin-Preis in Pakistan (oder der günstige Tarif in den UAE...) scheint dies zu rechtfertigen.
Voll besetzt
Wenig später streckt der australische Copi seinen Kopf durch die Tür. Er hat „erst“ ein Etihad-Jahr auf dem Buckel. Überhaupt zeigt mir ein Blick auf die Angestelltennummern der übrigen Besatzungsmitglieder, dass ich mit meinen zwei Jahren bereits zu den Dienstälteren gehöre. Dies trifft für die Mehrheit meiner Flüge zu. Das explosive Wachstum der Firma verändert das interne Gesicht rasant. Jeden zweiten Tag stösst ein neuer Pilot zum bestehenden Corps, und Kollegen, die bei meinem Antritt im Mai 2006 als Copi auf dem A330 flogen, gondeln heute als stolze Kapitäne auf dem A340-600 durch die Lüfte!
Für den Flug nach Islamabad gesellt sich noch ein drittes Cockpitmitglied zu uns. Ein Copi aus dem Land der Pharaonen, der bereits seit drei Jahren hier lebt und arbeitet. Er wurde soeben vom B777 auf den A330 umgeschult und wird nach einer Einführungszeit von sechs Monaten auf dem rechten Sitz die Kapitänsausbildung beginnen. Heute wird er uns lediglich über die Schultern schauen und ein bisschen Airbusluft schnuppern.
Mit zehn Minuten Verspätung wird unser Flugzeug vom Standplatz zurückgestossen. Erstaunlich pünktlich in Anbetracht der Tatsache, dass der Airbus A330 bis auf den letzten Platz gefüllt ist. Unsere heutige Maschine mit der Immatrikulation A6-EYI verfügt über eine Zweiklassen-Bestuhlung und bietet 22 Business- und 240 Economy-Gästen Platz, in unserem Fall sind dies hauptsächlich pakistanische Gastarbeiter auf dem Weg in die Ferien.
Gewittertürme
Die geplante Flugzeit nach Islamabad beträgt zwei Stunden und 50 Minuten. Wir steigen nach dem Start direkt auf 39'000 Fuss und steuern Richtung Oman, wo sich schon bald die wilden Zacken des „Hadschar-Gebirge“ am Horizont abzeichnen. Der Himmel präsentiert sich stahlblau und die Sonne blendet uns im Cockpit so heftig, dass es mitunter schwerfällt, die matte Anzeigeschrift des „Flight Management Systems“ abzulesen. Wir ziehen sämtliche Sonnenblenden und verdunkeln so gut es geht. Mittlerweile befinden wir uns über dem Golf von Oman und der Copi, der mich fliegen lässt und auf diesem ersten Teilstück als „Pilot non flying“ waltet, ruft Teheran auf, um die Bewilligung für den Einflug in den Iranischen Luftraum zu erbitten. Gleich anschliessend wiederholt er dieselbe Anfrage für Pakistan auf der Frequenz von „Kharachi-Control“. Wer im Fernen Osten oder in Afrika herumfliegt sieht sich auch heute noch – im Zeitalter der modernen Raumfahrt und der noch moderneren Satellitenkommunikation – gezwungen, auf altmodische und bisweilen umständliche Funkverfahren zurückzugreifen. Und wir Piloten müssen einmal mehr akzeptieren, dass es einfacher ist, per SMS mit der Familie am anderen Ende der Welt zu kommunizieren, als vom Omanischen in den benachbarten Iranischen Luftraum einzufliegen. Um hier nur ein Beispiel zu nennen.
Die Flugroute führt uns weiter über Belutschistan, mit einer Fläche von 347'000 Quadratkilometern die grösste und gleichzeitig am wenigsten besiedelte Provinz Pakistans. Leider vermiest uns eine tiefer liegende und ziemlich dichte Wolkendecke den Blick auf das Sulaiman-Gebirge. Wohl erhaschen wir vereinzelt einige Landschaftsfetzen, doch können wir die karge und zerklüftete Beschaffenheit dieser Gebirgskette nur erahnen. Dafür zeichnen sich am fernen Horizont eindrückliche Gewittertürme ab. Diese „Cumulonimbus-Wolken“, in der Fachsprache kurz „CB“ genannt, machen schon jetzt klar, dass wir wohl einige Haken werden schlagen müssen, um unsere Passagiere vor Ungemach zu verschonen. So ist es denn auch. Je mehr wir uns Islamabad, und damit dem südlichen Ausläufer des Himalya nähern, desto mehr „CB’s“ kreuzen unseren Weg. Es wird Zeit, den Sinkflug einzuleiten und dabei mit Hilfe des Wetterradars die immer wieder auftauchenden Gewitterzellen schlangengleich zu umfliegen.
Gewittertürme über Pakistan
Heisse Bremsen
Der Flughafen von Pakistans Hauptstadt steht zivilen und militärischen Flugzeugen offen, verfügt jedoch lediglich über eine Piste mit einer Länge von rund 3000 Metern und einem Instrumentenlandesytem „ILS“ in nordwestlicher Anflugrichtung. Das Terrain steigt gegen Norden rasant an, die Kulisse präsentiert sich eindrücklich. Islamabad liegt lediglich 15 Kilometer von Rawalpindi entfernt. Aufgrund der Nähe der beiden Städte wird Rawalpindi als Islamabads Schwesterstadt angesehen. Tatsächlich ist sie bis heute die nach Einwohnern größere Stadt und das lebendige Marktzentrum des westlichen Punjab.
Die Anflugleitstelle lotst uns per „Radar vectors“ präzise auf den Endanflug der Piste 30. Ich bin etwas hoch und fahre deshalb die auf der Flügeloberseite liegenden „Speed Brakes“ aus, um die überschüssige Höhe zu vernichten. Dabei helfen mir die unerwartet starken Rückenwinde nicht unbedingt. Doch es bleibt genügend Zeit für eine Korrektur. Während des Endanflugs wechselt der Wind ständig, bei der Landung schliesslich bläst er mit acht Knoten von hinten. Da die Möglichkeiten zum Verlassen der Piste beschränkt sind und wir aufgrund fehlender Rollwege am Ende der Landebahn sowieso wenden und beinahe zwei Kilometer zurückrollen müssen, will ich die Bremsen nicht unnötig belasten. Dafür aktiviere ich nach dem Aufsetzen die maximale Schubumkehr. Was aber nicht verhindert, dass sich die Beläge in Anbetracht der hohen Aussentemperaturen und der langen Rollstrecke auf 300 Grad erhitzen. Glücklicherweise verfügt unser A330 über einen „Brake fan“, mit dem wir in der Lage sind, die Bremsen jederzeit und unabhängig auf die erforderlichen Maximalwerte herunterzukühlen.
Planungshürden
Es bleibt uns eine Stunde Zeit, die 260 Passagiere auszuladen und durch ebenso viele neue zu ersetzen! Wobei sich bei der Planung des Rückfluges ein kleines Problem abzeichnet: Die Angestellten der Station machen uns nämlich darauf aufmerksam, dass das maximale Rollgewicht (und damit auch das Startgewicht) wegen der reduzierten "PCN" (Pavement classification number) auf 185 Tonnen beschränkt sei. Normalerweise beträgt das maximale Startgewicht unserer Maschine 233 Tonnen. Wir sind alle drei erstaunt und verunsichert zugleich, müssen aber bei der erneuten Durchsicht der Planungsunterlagen feststellen, dass wir bereits in Abu Dhabi auf den entsprechenden Hinweis im NOTAM (Notice to airmen) gestossen sind. Allerdings, und diese Feststellung ist in diesem Fall nicht ganz unbedeutend, hat keiner von uns die Bemerkung richtig erfasst! Was nun für den Laien vielleicht etwas unprofessionell wirken mag, muss relativiert werden. Unsere Unterlagen strotzen vor vielfältigen und – weil nicht international vereinheitlicht – verwirrenden Abkürzungen. Betrachtet man die Menge der Planungsunterlagen und stellt diese in Relation zur vorhandenen Planungszeit, so ist es schlicht unmöglich, sämtliche Details zu erfassen. Oftmals einigt man sich deshalb darauf, gewisse Punkte erst während des Fluges genauer unter die Lupe zu nehmen.
Da stehen wir nun also auf dem Vorfeld und jonglieren mit diversen Gewichtsangaben. Von den ursprünglich in Abu Dhabi getankten 39,9 Tonnen Kerosin haben wir auf dem Hinflug 17,6 Tonnen verbrannt. Mit den in den Flügeltanks verbleibenden 22,3 Tonnen und dem Flugzeuggewicht ohne Sprit (Zero Fuel Weight) von 164 Tonnen ergibt sich ein Startgewicht von 185,9 Tonnen, denn für das Rollen werden 400kg abgezogen. Wir sind demzufolge 900 Kilo zu schwer und es bleibt uns nichts anderes übrig, als Fracht stehen zu lassen, die dann hoffentlich auf einem der nächsten Flüge unterkommt.
Der Rückflug führt über die genau gleiche Route und dauert lediglich zwei Minuten länger als der Hinflug. Die Uhren zeigen 16.52 Uhr als unsere Räder auf der Piste von Abu Dhabi aufsetzen.
Am Morgen danach lese ich in den „Gulf News“, dass ebenfalls gestern die beiden am Nanga Parbat geretteten Bergsteiger Walter Nones und Simon Kehrer von Islamabad in ihre Heimat abgeflogen sind. Und irgendwie macht sich das Gefühl bei mir breit, zumindest ansatzweise an den berühmten Achttausendern gekratzt zu haben. Dabei bin ich doch ein völliger Anti-Alpinist...
Unruhige Nacht
Auch nach 27 Berufsjahren schlafe ich meist schlecht vor Arbeitseinsätzen am frühen Morgen. Daran ändert weder die eingangs erwähnte moderne Technik noch die Arabische Lebensform etwas. Die latente Angst, den Wecker – oder eben das Handy – zu verpassen verhindert den seinerzeit von den „Bico-Matratzen-Herstellern“ telegen propagierten „tiefen, gesunden Schlaf“. Ich mühe mich an diesem Morgen mit zerschlagenen Gliedern aus den Federn und tappe ins Bad, wo mich meine zerknitterte Visage im Spiegel vollends in die Realität zurück reisst.
Mein Einsatzplan schickt mich heute nach Islamabad. Eine für mich bislang unbekannte Destination und damit eine weitere Premiere in meiner fliegerischen Laufbahn. Ich habe mich am Vortag detailliert mit den Besonderheiten dieses Flughafens im Norden Pakistans auseinandergesetzt, habe eifrig das Internet durchforstet und sowohl im „Jeppview“ wie auch in Etihad-internen „Sites“ Karten und Informationen studiert.
Kurz vor sieben Uhr treffe ich am Flughafen ein. Die Temperaturanzeige meines Wagens zeigt bereits zu dieser frühen Stunde 38 Grad an. Ich hole mir einen Cappuccino im trendigen Pappbecher an der kleinen Bar in der Abflughalle und schlendere anschliessend ins „OCC“ (Operations Control Centre). Schnell den Laptop an der Docking-Station auf Vordermann getrimmt, anschliessend schnappe ich mir die Flugunterlagen aus dem entsprechenden Fach und richte mich an einem der freien Stehtische ein. Der Copi ist noch nicht anwesend, so bleibt Zeit, mir einen ersten Überblick zu verschaffen. Und sogleich stosse ich auf ein erstes „Hindernis“, denn als Ausweichplatz wurde Peshawar geplant. Ich habe es mir beinahe gedacht. Diesen Platz darf bei Etihad jedoch nur anfliegen, wer vorgängig eine „inflight introduction“ erhalten hat, was bei mir nicht der Fall ist. Ich verlange beim Dispatcher einen neuen Flugplan mit dem Ausweichplatz Lahore. Da aber just in diesem Moment die Morgenschicht ihren Dienst antritt, will keiner so richtig zuständig sein. Mein Anliegen erweist sich als umständlich und zeitraubend. Schliesslich verzichte ich, umso mehr vorgesehen ist, den Sprit für den Rückweg bereits in Abu Dhabi zu tanken. Wir werden also über genügend Reserven verfügen. Der hohe Kerosin-Preis in Pakistan (oder der günstige Tarif in den UAE...) scheint dies zu rechtfertigen.
Voll besetzt
Wenig später streckt der australische Copi seinen Kopf durch die Tür. Er hat „erst“ ein Etihad-Jahr auf dem Buckel. Überhaupt zeigt mir ein Blick auf die Angestelltennummern der übrigen Besatzungsmitglieder, dass ich mit meinen zwei Jahren bereits zu den Dienstälteren gehöre. Dies trifft für die Mehrheit meiner Flüge zu. Das explosive Wachstum der Firma verändert das interne Gesicht rasant. Jeden zweiten Tag stösst ein neuer Pilot zum bestehenden Corps, und Kollegen, die bei meinem Antritt im Mai 2006 als Copi auf dem A330 flogen, gondeln heute als stolze Kapitäne auf dem A340-600 durch die Lüfte!
Für den Flug nach Islamabad gesellt sich noch ein drittes Cockpitmitglied zu uns. Ein Copi aus dem Land der Pharaonen, der bereits seit drei Jahren hier lebt und arbeitet. Er wurde soeben vom B777 auf den A330 umgeschult und wird nach einer Einführungszeit von sechs Monaten auf dem rechten Sitz die Kapitänsausbildung beginnen. Heute wird er uns lediglich über die Schultern schauen und ein bisschen Airbusluft schnuppern.
Mit zehn Minuten Verspätung wird unser Flugzeug vom Standplatz zurückgestossen. Erstaunlich pünktlich in Anbetracht der Tatsache, dass der Airbus A330 bis auf den letzten Platz gefüllt ist. Unsere heutige Maschine mit der Immatrikulation A6-EYI verfügt über eine Zweiklassen-Bestuhlung und bietet 22 Business- und 240 Economy-Gästen Platz, in unserem Fall sind dies hauptsächlich pakistanische Gastarbeiter auf dem Weg in die Ferien.
Gewittertürme
Die geplante Flugzeit nach Islamabad beträgt zwei Stunden und 50 Minuten. Wir steigen nach dem Start direkt auf 39'000 Fuss und steuern Richtung Oman, wo sich schon bald die wilden Zacken des „Hadschar-Gebirge“ am Horizont abzeichnen. Der Himmel präsentiert sich stahlblau und die Sonne blendet uns im Cockpit so heftig, dass es mitunter schwerfällt, die matte Anzeigeschrift des „Flight Management Systems“ abzulesen. Wir ziehen sämtliche Sonnenblenden und verdunkeln so gut es geht. Mittlerweile befinden wir uns über dem Golf von Oman und der Copi, der mich fliegen lässt und auf diesem ersten Teilstück als „Pilot non flying“ waltet, ruft Teheran auf, um die Bewilligung für den Einflug in den Iranischen Luftraum zu erbitten. Gleich anschliessend wiederholt er dieselbe Anfrage für Pakistan auf der Frequenz von „Kharachi-Control“. Wer im Fernen Osten oder in Afrika herumfliegt sieht sich auch heute noch – im Zeitalter der modernen Raumfahrt und der noch moderneren Satellitenkommunikation – gezwungen, auf altmodische und bisweilen umständliche Funkverfahren zurückzugreifen. Und wir Piloten müssen einmal mehr akzeptieren, dass es einfacher ist, per SMS mit der Familie am anderen Ende der Welt zu kommunizieren, als vom Omanischen in den benachbarten Iranischen Luftraum einzufliegen. Um hier nur ein Beispiel zu nennen.
Die Flugroute führt uns weiter über Belutschistan, mit einer Fläche von 347'000 Quadratkilometern die grösste und gleichzeitig am wenigsten besiedelte Provinz Pakistans. Leider vermiest uns eine tiefer liegende und ziemlich dichte Wolkendecke den Blick auf das Sulaiman-Gebirge. Wohl erhaschen wir vereinzelt einige Landschaftsfetzen, doch können wir die karge und zerklüftete Beschaffenheit dieser Gebirgskette nur erahnen. Dafür zeichnen sich am fernen Horizont eindrückliche Gewittertürme ab. Diese „Cumulonimbus-Wolken“, in der Fachsprache kurz „CB“ genannt, machen schon jetzt klar, dass wir wohl einige Haken werden schlagen müssen, um unsere Passagiere vor Ungemach zu verschonen. So ist es denn auch. Je mehr wir uns Islamabad, und damit dem südlichen Ausläufer des Himalya nähern, desto mehr „CB’s“ kreuzen unseren Weg. Es wird Zeit, den Sinkflug einzuleiten und dabei mit Hilfe des Wetterradars die immer wieder auftauchenden Gewitterzellen schlangengleich zu umfliegen.
Gewittertürme über Pakistan
Heisse Bremsen
Der Flughafen von Pakistans Hauptstadt steht zivilen und militärischen Flugzeugen offen, verfügt jedoch lediglich über eine Piste mit einer Länge von rund 3000 Metern und einem Instrumentenlandesytem „ILS“ in nordwestlicher Anflugrichtung. Das Terrain steigt gegen Norden rasant an, die Kulisse präsentiert sich eindrücklich. Islamabad liegt lediglich 15 Kilometer von Rawalpindi entfernt. Aufgrund der Nähe der beiden Städte wird Rawalpindi als Islamabads Schwesterstadt angesehen. Tatsächlich ist sie bis heute die nach Einwohnern größere Stadt und das lebendige Marktzentrum des westlichen Punjab.
Die Anflugleitstelle lotst uns per „Radar vectors“ präzise auf den Endanflug der Piste 30. Ich bin etwas hoch und fahre deshalb die auf der Flügeloberseite liegenden „Speed Brakes“ aus, um die überschüssige Höhe zu vernichten. Dabei helfen mir die unerwartet starken Rückenwinde nicht unbedingt. Doch es bleibt genügend Zeit für eine Korrektur. Während des Endanflugs wechselt der Wind ständig, bei der Landung schliesslich bläst er mit acht Knoten von hinten. Da die Möglichkeiten zum Verlassen der Piste beschränkt sind und wir aufgrund fehlender Rollwege am Ende der Landebahn sowieso wenden und beinahe zwei Kilometer zurückrollen müssen, will ich die Bremsen nicht unnötig belasten. Dafür aktiviere ich nach dem Aufsetzen die maximale Schubumkehr. Was aber nicht verhindert, dass sich die Beläge in Anbetracht der hohen Aussentemperaturen und der langen Rollstrecke auf 300 Grad erhitzen. Glücklicherweise verfügt unser A330 über einen „Brake fan“, mit dem wir in der Lage sind, die Bremsen jederzeit und unabhängig auf die erforderlichen Maximalwerte herunterzukühlen.
Planungshürden
Es bleibt uns eine Stunde Zeit, die 260 Passagiere auszuladen und durch ebenso viele neue zu ersetzen! Wobei sich bei der Planung des Rückfluges ein kleines Problem abzeichnet: Die Angestellten der Station machen uns nämlich darauf aufmerksam, dass das maximale Rollgewicht (und damit auch das Startgewicht) wegen der reduzierten "PCN" (Pavement classification number) auf 185 Tonnen beschränkt sei. Normalerweise beträgt das maximale Startgewicht unserer Maschine 233 Tonnen. Wir sind alle drei erstaunt und verunsichert zugleich, müssen aber bei der erneuten Durchsicht der Planungsunterlagen feststellen, dass wir bereits in Abu Dhabi auf den entsprechenden Hinweis im NOTAM (Notice to airmen) gestossen sind. Allerdings, und diese Feststellung ist in diesem Fall nicht ganz unbedeutend, hat keiner von uns die Bemerkung richtig erfasst! Was nun für den Laien vielleicht etwas unprofessionell wirken mag, muss relativiert werden. Unsere Unterlagen strotzen vor vielfältigen und – weil nicht international vereinheitlicht – verwirrenden Abkürzungen. Betrachtet man die Menge der Planungsunterlagen und stellt diese in Relation zur vorhandenen Planungszeit, so ist es schlicht unmöglich, sämtliche Details zu erfassen. Oftmals einigt man sich deshalb darauf, gewisse Punkte erst während des Fluges genauer unter die Lupe zu nehmen.
Da stehen wir nun also auf dem Vorfeld und jonglieren mit diversen Gewichtsangaben. Von den ursprünglich in Abu Dhabi getankten 39,9 Tonnen Kerosin haben wir auf dem Hinflug 17,6 Tonnen verbrannt. Mit den in den Flügeltanks verbleibenden 22,3 Tonnen und dem Flugzeuggewicht ohne Sprit (Zero Fuel Weight) von 164 Tonnen ergibt sich ein Startgewicht von 185,9 Tonnen, denn für das Rollen werden 400kg abgezogen. Wir sind demzufolge 900 Kilo zu schwer und es bleibt uns nichts anderes übrig, als Fracht stehen zu lassen, die dann hoffentlich auf einem der nächsten Flüge unterkommt.
Der Rückflug führt über die genau gleiche Route und dauert lediglich zwei Minuten länger als der Hinflug. Die Uhren zeigen 16.52 Uhr als unsere Räder auf der Piste von Abu Dhabi aufsetzen.
Am Morgen danach lese ich in den „Gulf News“, dass ebenfalls gestern die beiden am Nanga Parbat geretteten Bergsteiger Walter Nones und Simon Kehrer von Islamabad in ihre Heimat abgeflogen sind. Und irgendwie macht sich das Gefühl bei mir breit, zumindest ansatzweise an den berühmten Achttausendern gekratzt zu haben. Dabei bin ich doch ein völliger Anti-Alpinist...
Tuesday, July 22, 2008
First-Class
Und bereits sitze ich wieder in der Wartehalle des Frankfurter Rhein-Main-Flughafens. Eben erst aus den dreiwöchigen Ferien ins harte Arbeitsleben zurückgekehrt, habe ich mich nach zwei Wochen Abu Dhabi wieder Richtung Schweiz aufgemacht. Gestern – ich glaube es war Freitag – sind wir kurz vor Mitternacht nach 14-stündigem Flug, von Sydney kommend, in der Hauptstadt der UAE gelandet. Zwölf Stunden später reihe ich mich bereits wieder vor dem „Staff Check-in“-Schalter in der Schlange der Wartenden ein.
First Class
Die First-Class ist beinahe leer und der freundliche Herr teilt mir ohne mit der Wimper zu zucken einen Sitz zu. Vorher vergewissert er sich allerdings, dass ich weder Jeans noch Turnschuhe trage. Zu diesem Zweck erhebt er sich sogar von seinem Stuhl. Meine farblich vielleicht etwas aggressive Kravatte sticht ihm wohl ins Auge, allerdings vermisst er den vorgeschriebenen Blazer. Zur Sicherheit fragt er nach, worauf ich auf das über den Koffer gehängte Jacket zeige. Die Sache verhält sich nämlich so: Bei Etihad dürfen Angestellte, in Abhängigkeit ihrer Funktionsstufe, Standby-Tickets in allen drei Klassen ordern. Ein Privileg, das die SWISS in dieser Grosszügigkeit nicht anbietet. Allerdings müssen strenge Bekleidungsvorschriften eingehalten werden, die sämtliche Angestellten regelmässig per E-Mail eingetrichtert erhalten: Für Business- und First-Class werden anständige Hose, adrettes Schuhwerk, Hemd oder Shirt mit Kragen, Kravatte und Blazer verlangt. Die Kravatte darf grosszügigerweise nach dem Boarding im Handgepäck verstaut werden. Immerhin - so kann ich denn für knapp 300 Franken auf dem bequemsten Sessel nach Europa und zurück gondeln, mir dabei auf einem grossformatigen Bildschirm die neuesten Holly- und Bollywood-Filme „reinziehn“ und daneben kulinarische Köstlichkeiten geniessen. Gleiches gilt für sämtliche Familienangehörige. Ich gönne mir diesen Genuss. „Weil ich es mir wert bin“, würde Claudia Schiffer in die Kamera hauchen. Ich meinerseits schreibe es etwas weniger spektakulär einfach in meinen Blog. Die Familie darf selbstverständlich auch: erstklassig reisen und in den Blog schreiben. Sie gibt sich aber vornehmlich mit Ersterem zufrieden.
Erste Klasse
Die drei Tage im Berner Oberland verfliegen viel zu schnell. Am Sonntag feiern wir noch einmal ausgiebig Lindas Konfirmation. Da „Gotte“ und „Götti“ die Kirchenfeier in Abu Dhabi verpasst haben, treffen wir uns zu einer Dampfschifffahrt auf dem Thunersee. Die vor wenigen Jahren erst restaurierte „Blüemlisalp“ strahlt, von der Alpensonne beschienen, in morgendlichem Glanze. Bereits beim Betreten des matt lackierten und glatt polierten Holzplankenbodens kommen Erinnerungen an unsere Hochzeit vor 20 Jahren auf. Franziska und ich haben unser Fest seinerzeit – inklusive Trauung und Feier – auf der „Schiller“ gefeiert, einem der fünf prächtigen Dampfschiffe der Vierwaldstättersee-Flotte. Das heutige Konfirmationsessen für Linda mag in seinen Konsequenzen vielleicht etwas weniger folgenschwer sein als unser damaliger Schwur für den gemeinsamen Lebensbund, die Fahrt zwischen Stock- und Niederhorn hingegen ist mindestens ebenso memorabel. Natürlich in der Ersten Klasse!
Der Speisesaal liegt auf dem Oberdeck und ist beinahe vollständig mit bis zum Boden reichenden Glasfenstern eingefasst. Auf diese Weise bleibt die Aussicht des Reisenden (oder des Essenden...) uneingeschränkt erhalten, und dem Auge des aufmerksamen Passagiers entgehen weder die sich sanft erhebenden Oberländer Voralpen noch die zahlreichen herrschaftlichen Ufer-Residenzen.
Nach etwas mehr als zwei Stunden Fahrt manövriert der Kapitän das Schiff in Interlaken gekonnt an die Anlegeplattform. Über die Steuerbordseite verlässt unsere 14-köpfige Schar wohlgenährt das Schiff und gemeinsam schlendern wir zu den (sieben) Gleisen des unmittelbar daneben liegenden Bahnhofs. Der Zug bringt uns in einem Bruchteil der Zeit, die der Dampfer für die gleiche Distanz gebraucht hat, nach Thun zurück. Und ihr ahnt es wohl bereits: wir reisen natürlich in der Ersten Klasse!
Erste Reihe
Wie es der Zufall will, gastiert in eben diesen meinen drei Freitagen der Zirkus Monti im Berner Oberland. Am Wochenende noch in Spiez, sticht uns das gelbe Zelt während der Schiffsfahrt in die Augen. Am Sonntagabend wird nach Grindelwald disloziert, die Zeltstadt wie auch die Zirkuswagen finden auf dem riesigen Parkplatz der Männlichenbahn eine grosszügig bemessene Abstellfläche.
Wer regelmässig den "Wüstenspuren" folgt mag sich erinnern, dass wir im vergangenen Jahr eine Woche im Ferienwagen des Monti verbracht haben. Bereits zum dritten Mal übrigens und mittlerweile sind wir vom Virus dieses zauberhaft verspielten Familienzirkus’ dergestalt befallen, dass wir nach Möglichkeit jedes Jahr mindestens einmal eine Vorstellung der immer wieder neu zusammengesetzten Artistentruppe besuchen.
Wir verlassen das Diemtigtal zur Mittagszeit und erreichen Grindelwald eine knappe Stunde später. Ohne lange suchen zu müssen, treffen wir zwischen den parallel aufgestellten Wohnwagen auf Tobias, den ältesten der Muntwyler-Söhne. Er und sein jüngerer Bruder Mario wollen mit uns auf die Pfingstegg zur Sommer-Rodelbahn. Da keine Nachmittagsvorstellung angesagt ist, haben sie bis am Abend frei.
Das Rodeln ist nicht nur für die Kinder ein Vergnügen, allerdings stellt sich im Verlaufe der vielen Fahrten heraus, dass die Erwachsenen ihr Fahrtemperament etwas besser im Griff haben. Der jugendliche Übermut (oder das edukative Unvermögen der Begleitpersonen...) führt letztlich dazu, dass wir unser Aktivitätszentrum auf die Terrasse des Berglokals verlegen, und den Zvieri etwas früher als geplant einnehmen.
Rodelfreuden auf der Pfingstegg
Die abendliche Zirkus-Vorstellung verläuft dann (fast) störungs- und pannenfrei. Wir geniessen einmal mehr die fantasievolle Darbietung der Artisten. Verspielt, akrobatisch, bezaubernd und oftmals nachdenklich stimmend. Und selbstverständlich sitzen wir auch hier in der „Ersten Reihe“!
First Class
Die First-Class ist beinahe leer und der freundliche Herr teilt mir ohne mit der Wimper zu zucken einen Sitz zu. Vorher vergewissert er sich allerdings, dass ich weder Jeans noch Turnschuhe trage. Zu diesem Zweck erhebt er sich sogar von seinem Stuhl. Meine farblich vielleicht etwas aggressive Kravatte sticht ihm wohl ins Auge, allerdings vermisst er den vorgeschriebenen Blazer. Zur Sicherheit fragt er nach, worauf ich auf das über den Koffer gehängte Jacket zeige. Die Sache verhält sich nämlich so: Bei Etihad dürfen Angestellte, in Abhängigkeit ihrer Funktionsstufe, Standby-Tickets in allen drei Klassen ordern. Ein Privileg, das die SWISS in dieser Grosszügigkeit nicht anbietet. Allerdings müssen strenge Bekleidungsvorschriften eingehalten werden, die sämtliche Angestellten regelmässig per E-Mail eingetrichtert erhalten: Für Business- und First-Class werden anständige Hose, adrettes Schuhwerk, Hemd oder Shirt mit Kragen, Kravatte und Blazer verlangt. Die Kravatte darf grosszügigerweise nach dem Boarding im Handgepäck verstaut werden. Immerhin - so kann ich denn für knapp 300 Franken auf dem bequemsten Sessel nach Europa und zurück gondeln, mir dabei auf einem grossformatigen Bildschirm die neuesten Holly- und Bollywood-Filme „reinziehn“ und daneben kulinarische Köstlichkeiten geniessen. Gleiches gilt für sämtliche Familienangehörige. Ich gönne mir diesen Genuss. „Weil ich es mir wert bin“, würde Claudia Schiffer in die Kamera hauchen. Ich meinerseits schreibe es etwas weniger spektakulär einfach in meinen Blog. Die Familie darf selbstverständlich auch: erstklassig reisen und in den Blog schreiben. Sie gibt sich aber vornehmlich mit Ersterem zufrieden.
Erste Klasse
Die drei Tage im Berner Oberland verfliegen viel zu schnell. Am Sonntag feiern wir noch einmal ausgiebig Lindas Konfirmation. Da „Gotte“ und „Götti“ die Kirchenfeier in Abu Dhabi verpasst haben, treffen wir uns zu einer Dampfschifffahrt auf dem Thunersee. Die vor wenigen Jahren erst restaurierte „Blüemlisalp“ strahlt, von der Alpensonne beschienen, in morgendlichem Glanze. Bereits beim Betreten des matt lackierten und glatt polierten Holzplankenbodens kommen Erinnerungen an unsere Hochzeit vor 20 Jahren auf. Franziska und ich haben unser Fest seinerzeit – inklusive Trauung und Feier – auf der „Schiller“ gefeiert, einem der fünf prächtigen Dampfschiffe der Vierwaldstättersee-Flotte. Das heutige Konfirmationsessen für Linda mag in seinen Konsequenzen vielleicht etwas weniger folgenschwer sein als unser damaliger Schwur für den gemeinsamen Lebensbund, die Fahrt zwischen Stock- und Niederhorn hingegen ist mindestens ebenso memorabel. Natürlich in der Ersten Klasse!
Der Speisesaal liegt auf dem Oberdeck und ist beinahe vollständig mit bis zum Boden reichenden Glasfenstern eingefasst. Auf diese Weise bleibt die Aussicht des Reisenden (oder des Essenden...) uneingeschränkt erhalten, und dem Auge des aufmerksamen Passagiers entgehen weder die sich sanft erhebenden Oberländer Voralpen noch die zahlreichen herrschaftlichen Ufer-Residenzen.
Nach etwas mehr als zwei Stunden Fahrt manövriert der Kapitän das Schiff in Interlaken gekonnt an die Anlegeplattform. Über die Steuerbordseite verlässt unsere 14-köpfige Schar wohlgenährt das Schiff und gemeinsam schlendern wir zu den (sieben) Gleisen des unmittelbar daneben liegenden Bahnhofs. Der Zug bringt uns in einem Bruchteil der Zeit, die der Dampfer für die gleiche Distanz gebraucht hat, nach Thun zurück. Und ihr ahnt es wohl bereits: wir reisen natürlich in der Ersten Klasse!
Erste Reihe
Wie es der Zufall will, gastiert in eben diesen meinen drei Freitagen der Zirkus Monti im Berner Oberland. Am Wochenende noch in Spiez, sticht uns das gelbe Zelt während der Schiffsfahrt in die Augen. Am Sonntagabend wird nach Grindelwald disloziert, die Zeltstadt wie auch die Zirkuswagen finden auf dem riesigen Parkplatz der Männlichenbahn eine grosszügig bemessene Abstellfläche.
Wer regelmässig den "Wüstenspuren" folgt mag sich erinnern, dass wir im vergangenen Jahr eine Woche im Ferienwagen des Monti verbracht haben. Bereits zum dritten Mal übrigens und mittlerweile sind wir vom Virus dieses zauberhaft verspielten Familienzirkus’ dergestalt befallen, dass wir nach Möglichkeit jedes Jahr mindestens einmal eine Vorstellung der immer wieder neu zusammengesetzten Artistentruppe besuchen.
Wir verlassen das Diemtigtal zur Mittagszeit und erreichen Grindelwald eine knappe Stunde später. Ohne lange suchen zu müssen, treffen wir zwischen den parallel aufgestellten Wohnwagen auf Tobias, den ältesten der Muntwyler-Söhne. Er und sein jüngerer Bruder Mario wollen mit uns auf die Pfingstegg zur Sommer-Rodelbahn. Da keine Nachmittagsvorstellung angesagt ist, haben sie bis am Abend frei.
Das Rodeln ist nicht nur für die Kinder ein Vergnügen, allerdings stellt sich im Verlaufe der vielen Fahrten heraus, dass die Erwachsenen ihr Fahrtemperament etwas besser im Griff haben. Der jugendliche Übermut (oder das edukative Unvermögen der Begleitpersonen...) führt letztlich dazu, dass wir unser Aktivitätszentrum auf die Terrasse des Berglokals verlegen, und den Zvieri etwas früher als geplant einnehmen.
Rodelfreuden auf der Pfingstegg
Die abendliche Zirkus-Vorstellung verläuft dann (fast) störungs- und pannenfrei. Wir geniessen einmal mehr die fantasievolle Darbietung der Artisten. Verspielt, akrobatisch, bezaubernd und oftmals nachdenklich stimmend. Und selbstverständlich sitzen wir auch hier in der „Ersten Reihe“!
Thursday, July 17, 2008
Giganterie
Farnborough – das alljährliche Stelldichein der Aviatik.
Da turnen nicht nur pilotische „Tausendsassas“ auf modernstem (zu verkaufendem) Fluggerät am Englischen Himmel, da werden auch Geschäfte der grösseren Art getätigt. In Abhängigkeit aktueller und prophezeiter Industrietrends bestellen die Airlines dieser Welt neue Maschinen, was wiederum die Flugzeughersteller – je nachdem eben – zu Trauertänzen oder Freudensprüngen verleitet.
Boeing B787
Mein Arbeitgeber Etihad veranlasst dieses Jahr mit Sicherheit den einen oder anderen “Manager-Freudenhüpfer”. Gestern wurde uns Mitarbeitern per E-Mail folgende Nachricht mitgeteilt:
Definitiv bestellt wurden diese Woche: 20 A320, 25 A350, 10 A380, 35 B787 und 10 B777. Das entspricht einem Total von 100 Flugzeugen!
Daneben wurden 55 Optionen gezeichnet für 5 A320, 10 A350, 5 A380, 25 B787 und 10 B777.
Doch damit nicht genug, die Delegation sicherte der Etihad ausserdem 50 Kaufrechte, umfassend 15 A320, 15 A350, 5 A380, 10 B787 sowie 5 B777.
Airbus A350
Damit umfasst dieses Bestellungs- und Optionenpaket insgesamt 205 Einheiten! Die Flugzeuge werden zwischen 2011 und 2020 geliefert und sollen den Bestand der Airline auf über 150 Maschinen vergrössern. Gemäss Aussagen der Geschäftsleitung entspricht dies einer der grössten je getätigten Bestellungen in der Geschichte der kommerziellen Luftfahrt.
Dieser Schritt ist Teil einer gewaltigen Expansion des Emirats Abu Dhabi mit geplanten Investitionen von rund 200 Milliarden US-Dollars innerhalb der kommenden zehn Jahre.
Ich glaube fast, mir geht die Arbeit hier nicht so schnell aus…
Tuesday, July 15, 2008
Schreib-Stau
Sonntagmorgen in Abu Dhabi. Allein im Haus, die Familie weilt genüsslich in Helvetischen Landen. Gestern habe ich meinen jährlichen „Line-Check“ absolviert. Nach Bahrain und zurück. Kurz und schmerzlos. Eine der ersten Fragen des südafrikanischen Checkpiloten zielt auf meinen Blog: „I heard you have a nice website“. Genau genommen würde es sich um einen Blog handeln, erkläre ich ihm, erstaunt über die Tatsache, dass er – selber der Deutschen Sprache nicht mächtig – von den Wüstenspuren weiss.
„Mamma Mia“
Ein Freund hat ihm davon berichtet. Was eigentlich unwesentlich ist, doch die kurze Anspielung auf den Blog erinnert mich einmal mehr schmerzlich daran, wie wenig Zeit zum Schreiben ich in den vergangenen Wochen gefunden habe. Immer wieder hat es Ansätze gegeben und ich habe begonnen, Texte zu verfassen, die dann allerdings, irgendwo zwischen dem Zürcher Unterland und dem Sopraceneri verloren gingen.
Ich spüre, wie der Schreib-Stau zu drücken beginnt. Nicht in der Magengegend, vielmehr im Kopf: beim Einschlafen etwa oder im Auto, wenn die Ampel wieder einmal viel zu lange braucht, um auf Grün zu schalten. Die vergangenen Wochen sind trotz Ferien unruhig verlaufen und haben für viel Abwechslung gesorgt. Jetzt sitze ich vor dem Laptop und weiss gar nicht, wo ich beginnen soll. Es fällt schwer, die Erlebnisse zu ordnen: Spontan kommt mir zuerst der gestern gesehene Film „Mamma Mia“ mit der singenden Meryl Streep in den Sinn. Über den ich eigentlich gar nicht zu schreiben gedenke. Ich tue es trotzdem: Noch nie habe ich in Abu Dhabi erlebt, dass die Besucher nach einem Film Beifall klatschen. Zugegeben, der Saal war überwiegend mit Expats gefüllt, die Araber schauen sich andere (Action-)Streifen an. Doch ich muss ehrlich gestehen – und ich kann nicht einmal sagen wieso, dass mir dieser Film „eingefahren“ ist. Vielleicht wegen der Bilderbuchkulisse oder der urkomischen Gegensätze, dass ein vormaliger James Bond-Darsteller mit brüchiger Stimme Abba-Melodien zum Besten gibt. Brosnan und Streep trällern zwar nicht ganz so schön wie John Travolta und Olivia Newton-John vor 30 Jahren im Kultstreifen „Grease“ – dennoch amüsiere ich mich während zwei Stunden blendend.
Verzögerter Ferienstart
Aber zurück zu den Ferien: Kurz nach der Abreise von Toni und Andrea fliegen Tim und ich in die Schweiz und verbringen die erste Woche getrennt im Raum Zürich. Unmittelbar vorher begleitet er mich auf eine Paris-Rotation, die uns 36 Stunden Zeit zur Erkundung der Seine-Stadt bietet. Es ist die Zeit, wo König Fussball das grosse Sagen hat. „Le Foot“, „Il Calcio“ oder „Soccer“ in jeder Stube, in jeder Bar, aber auch entlang der überschäumenden Fanmeile in Zürich. Wir geniessen das ansteckende Charisma dieser Veranstaltung in Frankreich und anschliessend in der Schweiz. Auch wenn Köbis Buben nicht mitzuhalten vermögen.
Tim et "La Tour"
Fünf Tage später landet Franziska, die gezwungen ist, ihren Geburtstagsabend im Flugzeug zu „feiern“, mit den Mädchen in Zürich. Immerhin reisen die drei in der First-Class. Soll eine(r) kommen und behaupten, bei Epplers hätten es die Frauen nicht gut...
Ihr Abflug in Abu Dhabi ist zwei Stunden verspätet, der geplante Anschluss in Frankfurt Richtung Zürich entwischt. Tim und ich warten mit Rosen, deren Köpfe langsam zu "lampen" beginnen, in der Ankunftshalle. Wir wollen gleich anschliessend Richtung Tessin fahren. Toni und Andrea sind auch zugegen. Dummerweise, dem lieben Murphy sei dank, fehlt die Hälfte des Gepäcks und das Ausfüllen des Rapports am „Lost and found“-Schalter zieht sich unangenehm in die Länge.
Wir schaffen es schliesslich doch noch und treffen am späten Nachmittag im Hotel am Lago di Lugano ein. Das „Parco san Marco“ liegt auf italienischem Boden. Nach der Zoll-Passage in Gandria erreicht man Cima in knapp zehn Minuten. Die Strasse ist schmal und schlängelt sich in zahlreichen unübersichtlichen Kurven den steilen Hängen des Valsolda entlang. Immer wieder gerät der Verkehr ins Stocken, weil sich zwei Fahrzeuge gegenüberstehen, deren Fahrer zwischen einklappen der Rückspiegel oder einlegen des Rückwärtsgangs hin- und herschwanken. Ungeachtet all dessen jagen tollkühne (lebensmüde) Motorradfahrer ihre Maschinen in purpurrote Drehzahlbereiche und mir wird unmittelbar klar, wieso Italien so viele gute Motorradrennfahrer produziert...
Risotto am Monte Bré...
...Gelati al bordo del Lago di Lugano
Inspirierender Blick von der Terrasse in Cima
Vieles, Altes, Neues
Die Woche im Süden ist ein Genuss und die malerische Kulisse bestätigt mich einmal mehr in der Absicht, mein Leben nach der Pensionierung dereinst im Süden unseres Landes zu verbringen. Zwischen bewaldeten Hügeln, grün gefärbten Seen und pittoresken Städtchen.
Es sind (die einzigen) acht Tage in diesen Ferien, die wir ausschliesslich im Kreise der Familie verbringen. Die Kinder reifen wie Tomaten unter der Walliser Sonne und mehr als einmal frage ich mich, wie oft wir noch in dieser Zusammensetzung verreisen werden. Die anschliessende Woche im Zürcher Unterland diktiert einen völlig anderen Rhythmus. Da wir unser Haus vermietet haben, nisten wir uns im Anwesen von Toni und Andrea ein. Tim, Linda und Nina erhalten auf diese Weise Gelegenheit, ihre Freunde zu treffen, während Franziska und ich unseren Besuchs-Marathon abspulen. Wir freuen uns auf jeden einzelnen Besuch, leiden aber unter der Tatsache, dass letztlich immer zu wenig Zeit bleibt. Es gibt so Vieles auszutauschen, Altes zu diskutieren und Neues zu berichten.
Kommt hinzu, dass nach 34-jährigem Wirken der Stadler Gemeindepfarrer würdig verabschiedet wird. Ein Fest, zu dem wir ebenfalls eingeladen sind. Mit Michèle und Mario fahren wir zwei Tage nach Olten, wo „Karls Kühne Gassenschau“ ihr „Silo 8“ zum Besten gibt. Das Wetter könnte besser nicht sein und wir geniessen die bombastisch inszenierte Freichlichtauffführung in vollen Zügen.
Bereits am nächsten Tag packe ich erneut meine Koffer. Franziska bringt mich an den Flughafen, und über Frankfurt geht’s wieder zurück „nach Hause“. Finito le vacanze!
Mittlerweile hat mich das sandige Wüstenleben wieder eingeholt. Die erste Bürowoche habe ich ebenso überstanden wie den eingangs erwähnten „Line-Check“. Dies bei Temperaturen von über 40 Grad. Was ja grundsätzlich den Rahmen des Erträglichen sprengt. Doch etwas ist mir in diesen Ferien aufgefallen: Wenn sich die Hitze über die Schweiz legt, wird gelitten und geschwitzt. Im Freien wie im Haus – während in Abu Dhabi glücklicherweise sämtliche Räume klimatisiert sind. Wenn auch manchmal etwas mehr als nötig.
„Mamma Mia“
Ein Freund hat ihm davon berichtet. Was eigentlich unwesentlich ist, doch die kurze Anspielung auf den Blog erinnert mich einmal mehr schmerzlich daran, wie wenig Zeit zum Schreiben ich in den vergangenen Wochen gefunden habe. Immer wieder hat es Ansätze gegeben und ich habe begonnen, Texte zu verfassen, die dann allerdings, irgendwo zwischen dem Zürcher Unterland und dem Sopraceneri verloren gingen.
Ich spüre, wie der Schreib-Stau zu drücken beginnt. Nicht in der Magengegend, vielmehr im Kopf: beim Einschlafen etwa oder im Auto, wenn die Ampel wieder einmal viel zu lange braucht, um auf Grün zu schalten. Die vergangenen Wochen sind trotz Ferien unruhig verlaufen und haben für viel Abwechslung gesorgt. Jetzt sitze ich vor dem Laptop und weiss gar nicht, wo ich beginnen soll. Es fällt schwer, die Erlebnisse zu ordnen: Spontan kommt mir zuerst der gestern gesehene Film „Mamma Mia“ mit der singenden Meryl Streep in den Sinn. Über den ich eigentlich gar nicht zu schreiben gedenke. Ich tue es trotzdem: Noch nie habe ich in Abu Dhabi erlebt, dass die Besucher nach einem Film Beifall klatschen. Zugegeben, der Saal war überwiegend mit Expats gefüllt, die Araber schauen sich andere (Action-)Streifen an. Doch ich muss ehrlich gestehen – und ich kann nicht einmal sagen wieso, dass mir dieser Film „eingefahren“ ist. Vielleicht wegen der Bilderbuchkulisse oder der urkomischen Gegensätze, dass ein vormaliger James Bond-Darsteller mit brüchiger Stimme Abba-Melodien zum Besten gibt. Brosnan und Streep trällern zwar nicht ganz so schön wie John Travolta und Olivia Newton-John vor 30 Jahren im Kultstreifen „Grease“ – dennoch amüsiere ich mich während zwei Stunden blendend.
Verzögerter Ferienstart
Aber zurück zu den Ferien: Kurz nach der Abreise von Toni und Andrea fliegen Tim und ich in die Schweiz und verbringen die erste Woche getrennt im Raum Zürich. Unmittelbar vorher begleitet er mich auf eine Paris-Rotation, die uns 36 Stunden Zeit zur Erkundung der Seine-Stadt bietet. Es ist die Zeit, wo König Fussball das grosse Sagen hat. „Le Foot“, „Il Calcio“ oder „Soccer“ in jeder Stube, in jeder Bar, aber auch entlang der überschäumenden Fanmeile in Zürich. Wir geniessen das ansteckende Charisma dieser Veranstaltung in Frankreich und anschliessend in der Schweiz. Auch wenn Köbis Buben nicht mitzuhalten vermögen.
Tim et "La Tour"
Fünf Tage später landet Franziska, die gezwungen ist, ihren Geburtstagsabend im Flugzeug zu „feiern“, mit den Mädchen in Zürich. Immerhin reisen die drei in der First-Class. Soll eine(r) kommen und behaupten, bei Epplers hätten es die Frauen nicht gut...
Ihr Abflug in Abu Dhabi ist zwei Stunden verspätet, der geplante Anschluss in Frankfurt Richtung Zürich entwischt. Tim und ich warten mit Rosen, deren Köpfe langsam zu "lampen" beginnen, in der Ankunftshalle. Wir wollen gleich anschliessend Richtung Tessin fahren. Toni und Andrea sind auch zugegen. Dummerweise, dem lieben Murphy sei dank, fehlt die Hälfte des Gepäcks und das Ausfüllen des Rapports am „Lost and found“-Schalter zieht sich unangenehm in die Länge.
Wir schaffen es schliesslich doch noch und treffen am späten Nachmittag im Hotel am Lago di Lugano ein. Das „Parco san Marco“ liegt auf italienischem Boden. Nach der Zoll-Passage in Gandria erreicht man Cima in knapp zehn Minuten. Die Strasse ist schmal und schlängelt sich in zahlreichen unübersichtlichen Kurven den steilen Hängen des Valsolda entlang. Immer wieder gerät der Verkehr ins Stocken, weil sich zwei Fahrzeuge gegenüberstehen, deren Fahrer zwischen einklappen der Rückspiegel oder einlegen des Rückwärtsgangs hin- und herschwanken. Ungeachtet all dessen jagen tollkühne (lebensmüde) Motorradfahrer ihre Maschinen in purpurrote Drehzahlbereiche und mir wird unmittelbar klar, wieso Italien so viele gute Motorradrennfahrer produziert...
Risotto am Monte Bré...
...Gelati al bordo del Lago di Lugano
Inspirierender Blick von der Terrasse in Cima
Vieles, Altes, Neues
Die Woche im Süden ist ein Genuss und die malerische Kulisse bestätigt mich einmal mehr in der Absicht, mein Leben nach der Pensionierung dereinst im Süden unseres Landes zu verbringen. Zwischen bewaldeten Hügeln, grün gefärbten Seen und pittoresken Städtchen.
Es sind (die einzigen) acht Tage in diesen Ferien, die wir ausschliesslich im Kreise der Familie verbringen. Die Kinder reifen wie Tomaten unter der Walliser Sonne und mehr als einmal frage ich mich, wie oft wir noch in dieser Zusammensetzung verreisen werden. Die anschliessende Woche im Zürcher Unterland diktiert einen völlig anderen Rhythmus. Da wir unser Haus vermietet haben, nisten wir uns im Anwesen von Toni und Andrea ein. Tim, Linda und Nina erhalten auf diese Weise Gelegenheit, ihre Freunde zu treffen, während Franziska und ich unseren Besuchs-Marathon abspulen. Wir freuen uns auf jeden einzelnen Besuch, leiden aber unter der Tatsache, dass letztlich immer zu wenig Zeit bleibt. Es gibt so Vieles auszutauschen, Altes zu diskutieren und Neues zu berichten.
Kommt hinzu, dass nach 34-jährigem Wirken der Stadler Gemeindepfarrer würdig verabschiedet wird. Ein Fest, zu dem wir ebenfalls eingeladen sind. Mit Michèle und Mario fahren wir zwei Tage nach Olten, wo „Karls Kühne Gassenschau“ ihr „Silo 8“ zum Besten gibt. Das Wetter könnte besser nicht sein und wir geniessen die bombastisch inszenierte Freichlichtauffführung in vollen Zügen.
Bereits am nächsten Tag packe ich erneut meine Koffer. Franziska bringt mich an den Flughafen, und über Frankfurt geht’s wieder zurück „nach Hause“. Finito le vacanze!
Mittlerweile hat mich das sandige Wüstenleben wieder eingeholt. Die erste Bürowoche habe ich ebenso überstanden wie den eingangs erwähnten „Line-Check“. Dies bei Temperaturen von über 40 Grad. Was ja grundsätzlich den Rahmen des Erträglichen sprengt. Doch etwas ist mir in diesen Ferien aufgefallen: Wenn sich die Hitze über die Schweiz legt, wird gelitten und geschwitzt. Im Freien wie im Haus – während in Abu Dhabi glücklicherweise sämtliche Räume klimatisiert sind. Wenn auch manchmal etwas mehr als nötig.
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