Monday, January 22, 2007

Vom Alltag, Kyrill und Jubeltagen

Wir schreiben das Jahr 2007. Damit bekommt unser Aufenthalt in den Emiraten eine neue Dimension, können wir nun doch sagen, dass unser Umzug nach Abu Dhabi im „vergangenen“ Jahr erfolgte. Vor ziemlich genau acht Monaten habe ich bei Etihad Airways begonnen. Und auch die Familie lebt nun bereits fünf Monate in den Emiraten.
Die Weihnachtsferien sind vorbei. Alle befinden sich wieder im Land, eingenommen von der täglichen Routine, die es bekanntlich auch in Abu Dhabi gibt: Franziska streicht zu früher Stunde belegte Brote, die Kinder werden jeden Morgen um um 07.30 Uhr zur Schule gefahren und ich fliege wie bislang nach New York und zurück.

Der Alltag hat uns wieder
Franziska und ich waren im Vorfeld der Weihnachtsferien gespannt auf die Reaktion der Kinder. Wie würden sie nach dem ersten längeren Aufenthalt in der Schweiz, und nach diversen Treffen mit ehemaligen Klassenkameraden/Innen reagieren? Müssten wir allenfalls gar mit Widerstand bei der Rückkehr nach Abu Dhabi rechnen...?
Weit gefehlt. Unsere Zweifel waren völlig unbegründet. Ja es war sogar so, dass die Jungmannschaft bei Franziskas Vorschlag, statt am 4. erst am 6. Januar zu fliegen, heftig protestierte. Obwohl diese Variante den Vorteil gebracht hätte, zusammen mit mir, der ja wesentlich später in die Schweiz gereist war, – notabene Erzeuger, Vater und kollegialer Erzieher – zwei zusätzliche Tage im Diemtigtal zu verbringen.

Für Nina brachte das neue Jahr eine zusätzliche Herausforderung, hatte sie doch am 7. Januar ihre erste Klavierstunde. Noch vor Weihnachten wuchteten zwei Spediteure unter gütiger Mithilfe von Tim und mir das Klavinova in ihr Zimmer im ersten Stock. Nach langem Suchen war es Franziska endlich gelungen, einen Klavierlehrer anzuheuern. Und nun besucht uns Eddi aus den Philippinen jeden Sonntag, der hier ja eigentlich „Montag“ ist, mit dem hehren Ziel, Ninas Tastenkünste zu verbessern. Musikunterricht am Arabischen Golf in Englisch auf einem japanischen Instrument mit einem Lehrer aus den Philippinen. Wenn das nicht international ist.


















Harte Arbeit am Klavinova


Auch Besuch hat uns im neuen Jahr bereits beehrt. Moni und René Rindlisbacher verbrachten eine Ferienwoche in Dubai. Ihr Anruf überraschte uns, doch schliesslich fanden wir – zur grossen Freude unserer Kinder – ein Datum für einen gemeinsamen Abend in Abu Dhabi. So fuhr ich denn mit unserem Prado, dessen Räder mittlerweile bereits über 18000km abgespult haben, nach Dubai, wo ich die beiden auf dem Golfplatz traf. Nach einem kurzen Duschstopp in ihrem Hotel ging’s zurück nach Abu Dhabi, wo wir bei uns zuhause einen gemütlichen Grill- Kartoffel- und Salatabend (nur Blattsalat, kein Edelmais!) verbrachten! Zurück fuhren die Rindlisbachers dann erst am späten Abend, oder vielleicht auch eher am frühen Morgen. Wir bestellten das Taxi von Al Gazal auf 04.00 Uhr...

Dann fand das Grippevirus irgendwie einen Weg in unser Haus. Franziska und Linda klagten tagelang über kratzige Kehlen und einen hartnäckigen Husten. Ähnlich erging es Nina. Schliesslich landete Linda für zwei Tage mit Kopf- und Bauchschmerzen im Bett. Einzig die Männerbastion blieb vor viralen Infekten verschont. Ob dies an der ausgezeichneten körperlichen Verfassung liegt oder ganz einfach der uns Männern eigenen Widerstandskraft (Die Kultur des Mittleren Ostens beginnt langsam, mein Geschlechter spezifisches Denken zu beeinflussen) zu verdanken ist, bleibt indes offen.

Orkan Kyrill und fünf Dekaden
Just einen Tag vor meinem 50sten Geburtstag, sass ich in meinem Hotelzimmer in Frankfurt. Am Abend war mein Rückflug angesagt, doch Orkan „Kyrill“ wollte ein gewichtiges Wörtchen mitreden. Seit dem frühen Morgen berichtete das Fernsehen in Sondersendungen über die zu erwartenden Sturmwinde und Schäden. Die Bahn hatte den Betrieb eingestellt. Ob wir es schaffen würden, den Flug Richtung Abu Dhabi anzutreten? Die Frage beschäftigte mich den ganzen Tag, schliesslich freute ich mich auf meine Geburstagsfeier im intimen Familienrahmen. Ohne grossen Klimbim, so wie es meinem bescheidenen Wesen entsprechen sollte....
Wir hatten Glück, zumindest was den guten Kyrill betraf. Mit lediglich 45 Minuten Verspätung wurde unser A340-500 vom Standplatz E6 zurückgestossen. Während wir im Pulk der startbereiten Maschinen auf unsere Freigabe warteten, wurde das Flugzeug von den heftigen Böen hin- und hergerüttelt. Der „Tower“ meldete Windspitzen bis 45 Knoten, was rund 80 km/h entspricht.
Der Start gehörte zu den eindrücklicheren in meiner Karriere. Kaum waren wir in der Luft, wurde der Rumpf wie von Geisterhand gepackt, kräftig durchgerüttelt. Es war, als wenn jemand das Flugzeug gegen eine Wand hämmern würde. Die Schläge waren hart und heftig und die Instrumente tanzten einen wilden Tanz. Doch der Spuk dauerte nur kurz in dieser Intensität, denn kaum hatten wir 7000 Fuss passiert, wurde es wesentlich ruhiger. Dies obwohl die Windgeschwindigkeiten immer noch bei knapp 100 Knoten lagen. Stärkere Turbulenzen hatte ich erst einmal erlebt: Vor etwa 17 Jahren, als Copi auf dem „Jumbo“ bei einem Flug zwischen Bombay und Bangkok. Immer wieder meldete sich damals der Autopilot ab. Die Schläge waren mehr als eindrücklich und es fiel schwer, die Hand jeweils zum gewünschten Knopf oder Hebel zu führen. Schliesslich sahen wir uns im Reiseflug (!) während rund zehn Minuten gezwungen, das Flugzeug von Hand zu pilotieren.
Nicht so auf dem Flug von Frankfurt nach Abu Dhabi. Der Rest war Routine. Bis auf die Gratulationen zu meinem Geburtstag! Während des Reisefluges erschien Talida, die „Cabin Managerin“ aus Rumänien plötzlich mit einem Tablett, auf dem drei Champagnergläser und ein kleiner Kuchen mit einer Kerze standen. Die Gläser füllte sie mit „Sprite“, was foto- und gesetzestechnisch sämtliche Vorgaben erfüllte und so stiessen wir auf 39’000 Fuss im Cockpit auf meinen 50sten an!
















Mit Talida im Cockpit

Überraschung, Überraschung
Damit war der Jubeltag eingeläutet. Doch zuerst ging es ganz unspektakulär weiter. Gleich nach der Landung liess ich mich von einem Taxi zum Ice Rink chauffieren. Tim hatte im Rahmen der „Abu Dhabi Falcons House League“ ein Eishockeyspiel und ich war dazu auserkoren, die Matchuhr zu bedienen. Für alle Insider wäre an dieser Stelle anzufügen, dass das hiesige Modell wesentlich einfacher zu bedienen ist als sämtliche von mir früher erprobten Typen im Zürcher Unterland, so dass ich auch nach dieser Freinacht in der Lage war, die Mechanik fehlerfrei zu bedienen.
















Ein Buch voller Überraschungen...

Nach einigen wenigen Stunden Schlaf und einer erfrischenden Dusche war ich schliesslich soweit bei Sinnen, dass ich mich für alles Kommende gerüstet fühlte. Geschenke wurden ausgepackt, ein Buch mit fantasievollen und witzigen Glückwünschen von Freunden und Verwandten bestaunt und Franziska schenkte mir meine lang gewünschte Traumuhr aus der Schaffhauser Manufaktur. Über den Verlauf des Abends machte ich mir keine grossen Gedanken, hatte ich doch gewünscht, im familiären Rahmen in einem Restaurant zu essen. Und da mir meine Familie eine entsprechende Tischreservation bestätigt hatte, war ich zufrieden. Doch mir schien, die Kinder wären gar etwas aufgeregt und unruhig, was mich schliesslich in misstrauisches Grübeln versetzte.
Schliesslich fuhren wir kurz nach 1900 Uhr los – Ziel unbekannt. Zumindest für mich. Nach einigen Haken und absichtlich ausgelassenen Abzweigungen standen wir unvermittelt vor dem dem Lembach’schen Anwesen. Ich solle doch mal klingeln, meinte Franziska arglos, derweil die Kinder bereits hüstelnd an den Fotoapparaten und Filmkameras herumnestelten.
Gesagt, getan – die Tür ging auf – und im Halbkreis hatten sie sich malerisch postiert: Die Lembachs und Lachmairs, die Füchse und all deren Kinder und Hunde bis hin zu den ungezähmten Halbwüchsigen. Das Klavier begann zu spielen und dann sangen sie, ein Champagnerglas in der Hand haltend, aus vollen Kehlen (nicht wörtlich zu nehmen...): „Sein Airbus fliegt 3010, schwupps um die Schallmauer ist’s geschehn....“ – “...Das macht Spass, hoch das Glas“. Und sie rekapitulierten in wenigen Strophen die wichtigsten Stationen meiner letzten 50 Jahre: New York-Flüge, Porsche-Verkauf, Vorliebe für Hamburger, Schlange stehende Hostessen (hier allerdings wich der Liedtext leicht von der Realiät ab. Die Hostessen pflegten nicht Schlange zu stehen, vielmehr rannten sie meine Türen ein!) und Vorbereitung Wimbledon für Tennis-Oldies. Dabei hatten sie mich seit Monaten glauben gemacht, sie wären just zu dieser Zeit im Oman auf einer Erlebnisreise. Gefehlt hätte eigentlich nur noch, dass plötzlich auch Toni und Andrea, die ja ferienhalber in der Schweiz weilten, wobei ich mir da plötzlich nicht mehr so sicher war, aus irgend einer Ecke angetanzt gekommen wären. (Tonis Taktik besteht grundsätzlich darin, möglichst früh einen möglichst grossen Anteil seines dreijährigen Ferienkontingents zu beziehen. Man weiss ja nie...)

Und so feierten wir denn in dieser friedlichen Runde, mit schalkhaften Einlagen der Kinder, bis dass uns beinahe der Grappa ausging und der Nachwuchs über seinen Computerspielen einschlief.
Die Überraschung war gelungen! In meiner jugendlichen Naivität – das würde mir heute im reifen Alter von 50 selbstverständlich nicht mehr passieren – war ich der schlitzohrigen Schar auf den Leim gekrochen. Um so mehr freute ich mich über den raffiniert eingefädelten Abend mit italienischen Köstlichkeiten über Vitello Tonato und Tiramisu bis hin zu einem aufwändig zubereiteten Schokoladekuchen! Bedenklich hat mich einzig die Tatsache gestimmt, dass darauf nicht mehr alle Kerzen Platz fanden.

Ob ich wohl alt werde...?

1 comment:

nff said...

Ja dann alles Gute zum Geburtstag auch aus Japan!

Gruss Peter T.