posted by Dide.
Nachtflug nach Casablanca. Check in um 0050 Uhr - Abflug um 0220 Uhr. Mitten in der Nacht. Um diese Zeit herrscht beim „OCC“, dem „OPS“ der Etihad Hochbetrieb. Dabei muss sich der geneigte Leser diese Räumlichkeiten etwas weniger grosszügig als bei der SWISS vorstellen. Genau genommen handelt es sich lediglich um einen langen, schmalen und ständig verstopften Gang, in dem sich wartende Cabin Crew Members die Zigarettenpackungen weiter reichen, sowie um einen „Internet-Corner“, bei dem sich ungeduldige Besatzungsmitglieder in Ermangelung genügender Computerstationen die Füsse wund treten. Die Flugplanung findet im Stehen an einer langen Theke statt, hinter welcher Vertreter von Crew Control und Dispatch sitzen und versuchen, den Bedürfnissen aller Crew Members gerecht zu werden. Viel Papier staut sich auf knapper Ablagefläche, es gibt kaum eine Möglichkeit, in Ruhe die Dokumente durchzugehen. Schliesslich kommt mein Copi angetrottet. Ein sympathisch grinsender Jamaicaner, der alle zu kennen scheint, der links und rechts grüsst und mit jeder und jedem zu plaudern beginnt. Wohl arbeitet er erst seit Oktober 2005 für die Firma, doch bei solch rasantem Wachstum gehört man bereits nach kurzer Zeit zu „den Alten und Erfahrenen“. Sein Englisch erinnert mich ein wenig klischeehaft an Bob Marley oder an den Film „Cool running“, in dem sich vier muntere Bobfahrer mit Rastalocken aufmachen, die Eiskanäle dieser Welt zu erobern. Wer diesen Streifen dereinst gesehen hat, mag sich mit Sicherheit an die amüsanten Abenteuer der mitunter tolpatschig wirkenden Sportler erinnern. „Ya man“ meint mein Copi als ich ihm meinen Fuelvorschlag unterbreite. In Casablanca ist Nebel angesagt und da lohnt es sich wohl, einige Liter mehr zu tanken.
Während des Fluges wird viel diskutiert. Die Themen sind immer wieder die gleichen: Diskussionen über die angespannte Wohnsituation in Abu Dhabi, über das familiäre Umfeld aber auch über die individuelle Vorgeschichte der einzelnen Kollegen. Schliesslich führten alle auch ein Leben vor dem Eintritt in die Etihad und da offenbaren sich bei näherer Betrachtung manchmal gar eigentümliche Irrwege. Irgendwann mündet unser Gespräch ins Thema Sport. Ich staune nicht schlecht, als mein Mitarbeiter beginnt, von seinen diversen Aktivitäten und Präferenzen zu berichten. Eis und Schnee hätten es ihm angetan, meint er, und schliesslich berichtet er von seiner aktiven Karriere – wer mag es für möglich halten - als Bobfahrer! James erzählt von Sommer- und Wintertrainings, von deutschen Profitrainern, von Sponsoren und von diversen Wettkämpfen. Nur mit knapper Mühe bewahre ich meinen Unterkiefer vor etwaigem Ausrenken als er schliesslich grinsend erwähnt, dass er übrigens im Jahre 1998 sein Land an den Olympischen Winterspielen von Nagano im Zweierbob vertreten hätte. Nicht auf einem Podestplatz zwar – aber immerhin hätten sie auch nicht zu den schlechtesten Teams gehört. Ich staune und bin mir nach fünf Stunden Nachtflug nicht ganz sicher, ob ich träume. „No“ entgegnet mein Gegenüber und schüttelt den Kopf, „You’re not dreaming. It’s reality man.“
Wer sagt denn da, Filme seien Fiktion: „Ya man – hot temperatures but cool running...“
Monday, July 31, 2006
Friday, July 21, 2006
"Taxi please!"
posted by Dide
Eigentlich müssten Giropraktiker in Abu Dhabi blühende Geschäfte betreiben. Mit vollen Wartezimmern und ebensolchen Bankkonten. Und wisst ihr wieso...? Allein wegen der Taxifahrer!
Wer nach Abu Dhabi kommt und sich in dieser Stadt fortbewegen will, wird früher oder später in eines der zahlreichen Taxis steigen. Wobei an dieser Stelle anzufügen wäre, dass – trotz üppiger Anzahl dieser weiss-goldenen Wägelchen – eine Mitnahme nicht immer garantiert ist. Vor allem zu Zeiten des Sonnenuntergangs kann es schon einmal vorkommen, dass kaum ein leeres Taxi zu finden ist. Aber darum geht es in diesem Beitrag eigentlich nicht. Vielmehr stehen die Männer hinter dem Steuer im Fokus meiner Schrift. Es handelt sich dabei zu mindestens 98 Prozent um Pakistani, gekleidet in weisse Gewänder. Setzt man sich in ein Taxi, fällt sofort der schwere, meist etwas beissende Geruch im Wageninnern auf. Dabei habe ich bis anhin ganz unterschiedliche Duftvarianten und –kombinationen angetroffen, die, abhängig vom Wirkungsgrad der Klimaanlage, in ihrer Entfaltung als unterschiedlich angenehm empfunden werden. Doch in der Regel bekommt der Geschmack mit zunehmender Fahrdauer schnell einmal untergeordnete Bedeutung. Das mag daran liegen, dass auch der geübte Taxigast schon nach wenigen Metern mit aufkommendem Übelkeitsgefühl kämpft und demzufolge andere Sinnesorgane in ihrer Aufnahmefähigkeit rapide abbauen. Denn das kinematische Verhalten der pakistanischen Taxifahrer von Abu Dhabi – und nicht nur derer – kennt eigentlich nur zwei Zustände: Beschleunigung und Verzögerung. Eine längere Strecke - dabei denke ich an eine bescheidene Distanz von 50 Meter - mit konstanter Geschwindigkeit habe ich noch nie erlebt. Und glaubt mir, liebe Leser, ich muss es wissen, denn ich fahre täglich mehrmals Taxi. Auch nach zwei Monaten in der Golfstadt besitze ich noch kein eigenes Auto. Mein kürzlich bestellter silberner Toyota Landcruiser Prado schippert noch immer mit unbekanntem Ankunftsdatum auf den sieben Weltmeeren Richtung Abu Dhabi.
Aber zurück zu den Taxifahrern. Nicht nur, dass sie ständig beschleunigen oder bremsen, beinahe schlimmer noch ist ihre Eigenschaft, unvermittelt und in kurzen Abständen mit brüskem Steuerverhalten die Fahrspur zu wechseln. Ich rate euch, solltet ihr dereinst in Abu Dhabi ein Taxi benutzen, dann sitzt auf keinen Fall zu nahe ans Fenster, ansonsten akute Gefahr besteht, den Kopf mehrmals an der Scheibe anzuschlagen. Und da ich davon ausgehe, dass der Durchschnittseuropäer seinen Sitzpplatz im Taxi während der Fahrt beibehält, dürfte es sich dabei immer um die gleiche Seite des Kopfes handeln, was den Schmerzeffekt zusätzlich erhöht.
Ein besonderes Fahrgefühl erfährt der Gast in jenen Momenten, in denen der Fahrer die Spur wechselt und gleichzeitig die Stellung des Gaspedals verändert. Nicht selten kombiniert mit lauten Verwünschungen der Fahrer nachfolgender oder vorfahrender Karrossen. Ein akustischer Genuss besonderer Art.
Spezielles Augenmerk soll der Fahrgast stets auf den Zähler richten. Immer wieder versuchen gewiefte Driver nämlich, die Mitfahrer zu düpieren, indem sie den Automaten nicht aktivieren, um dann am Ziel angelangt, eine überrissene Preisforderung zu stellen. Wer nicht vorgängig interveniert, zahlt in solchen Fällen eine zu hohe Summe, dies allerdings bei allgemein günstigen Tarifen. Es gibt aber auch den Fall, dass der Taxifahrer gar nicht weiss, wie er den Zähler zu bedienen hat. Für Fahrten an den Flughafen verrechnet eine bestimmte Taxigesellschaft den Piloten der Nationalen Airline einen Spezialtarif von 40 Dirham. Diese Zahl muss vorgängig auf dem Zähler eingestellt werden. Als dies meinem Fahrer kürzlich nicht gelang, stoppte er seinen Wagen nach wenigen Metern an ziemlich ungünstiger Lage und begann wild auf dem kleinen schwarzen Kasten herumzudrücken. Anfänglich beobachtete ich ihn amüsiert dabei, bekam dann allerdings nach knapp 15 Minuten in Anbetracht meiner näher rückenden Check-in Zeit ein eher ungutes Gefühl. Allein, des Fahrers Missmut hatte sich mittlerweile verstärkt, so dass er förmlich auf das arme Zählgerät einhämmerte. Mir war schon lange klar, dass sich der Kasten infolge mangelnder Antischock-Vorrichtung seit geraumer Zeit im Tilt-Zustand befinden musste. Aber erst nachdem ihm die Taxizentrale via Funk die Erlaubnis zur Weiterfahrt gegeben hatte, setzte mein Fahrer unter mürrischen Brummellauten den Wagen endlich wieder in Bewegung.
Fairerweise sei an dieser Stelle angefügt, dass auch der Schreibende sich mitunter etwas dümmlich verhält. So kürzlich, als wir ins Taxi stiegen und ich munter bemerkte: „You've got nice music in the car!“ Worauf der Taxifahrer in typischem Pakistani-Englisch unbeirrt entgegnete: „It’s no music – it’s muslim prayer!“ Es brauchte viel Anstrengung meinerseits, den Blick nicht nach rechts zu richten, wo mein lieber Freund Toni vor lauter schäbigem Grinsen an seinem Sandwich zu ersticken drohte.
Taxifahrer leiden übrigens an einem chronischen Schlafmanko. Bereits während einer unserer früheren Fahrten nach Dubai zum Simulatortraining – wir wurden jeweils um 0300 Uhr in der Nacht beim Hotel abgeholt – mussten Toni und ich miterleben, wie der Fahrer in einnickendem Zustand zweieinhalb Spuren kreuzte, bevor ich mich aus dem hinteren Sitz vornüberbeugte und laut rufend ins Lenkrad griff! Was ich aber letzte Woche erlebte, hat mich fast noch mehr beeindruckt. Auf der mitternächtlichen Fahrt zum Flughafen erklärte mir der Driver nämlich voller Stolz, dass er bereits seit 48 Stunden nicht mehr geschlafen habe. Was aber überhaupt kein Problem sei, da er über einen ausreichenden Vorrat an Red Bull verfüge... Zum Beweis zeigte er mir voller Stolz seine Büchsensammlung, die Hälfte davon bereits leer getrunken. Schliesslich meinte er, dass es die Taxifahrer halt nicht so gut hätten wie die Piloten, die zum Glück während des Fluges hie und da etwas schlafen könnten. Und da soll noch jemand behaupten, wir hätten keinen TRAUMberuf!
Eigentlich müssten Giropraktiker in Abu Dhabi blühende Geschäfte betreiben. Mit vollen Wartezimmern und ebensolchen Bankkonten. Und wisst ihr wieso...? Allein wegen der Taxifahrer!
Wer nach Abu Dhabi kommt und sich in dieser Stadt fortbewegen will, wird früher oder später in eines der zahlreichen Taxis steigen. Wobei an dieser Stelle anzufügen wäre, dass – trotz üppiger Anzahl dieser weiss-goldenen Wägelchen – eine Mitnahme nicht immer garantiert ist. Vor allem zu Zeiten des Sonnenuntergangs kann es schon einmal vorkommen, dass kaum ein leeres Taxi zu finden ist. Aber darum geht es in diesem Beitrag eigentlich nicht. Vielmehr stehen die Männer hinter dem Steuer im Fokus meiner Schrift. Es handelt sich dabei zu mindestens 98 Prozent um Pakistani, gekleidet in weisse Gewänder. Setzt man sich in ein Taxi, fällt sofort der schwere, meist etwas beissende Geruch im Wageninnern auf. Dabei habe ich bis anhin ganz unterschiedliche Duftvarianten und –kombinationen angetroffen, die, abhängig vom Wirkungsgrad der Klimaanlage, in ihrer Entfaltung als unterschiedlich angenehm empfunden werden. Doch in der Regel bekommt der Geschmack mit zunehmender Fahrdauer schnell einmal untergeordnete Bedeutung. Das mag daran liegen, dass auch der geübte Taxigast schon nach wenigen Metern mit aufkommendem Übelkeitsgefühl kämpft und demzufolge andere Sinnesorgane in ihrer Aufnahmefähigkeit rapide abbauen. Denn das kinematische Verhalten der pakistanischen Taxifahrer von Abu Dhabi – und nicht nur derer – kennt eigentlich nur zwei Zustände: Beschleunigung und Verzögerung. Eine längere Strecke - dabei denke ich an eine bescheidene Distanz von 50 Meter - mit konstanter Geschwindigkeit habe ich noch nie erlebt. Und glaubt mir, liebe Leser, ich muss es wissen, denn ich fahre täglich mehrmals Taxi. Auch nach zwei Monaten in der Golfstadt besitze ich noch kein eigenes Auto. Mein kürzlich bestellter silberner Toyota Landcruiser Prado schippert noch immer mit unbekanntem Ankunftsdatum auf den sieben Weltmeeren Richtung Abu Dhabi.
Aber zurück zu den Taxifahrern. Nicht nur, dass sie ständig beschleunigen oder bremsen, beinahe schlimmer noch ist ihre Eigenschaft, unvermittelt und in kurzen Abständen mit brüskem Steuerverhalten die Fahrspur zu wechseln. Ich rate euch, solltet ihr dereinst in Abu Dhabi ein Taxi benutzen, dann sitzt auf keinen Fall zu nahe ans Fenster, ansonsten akute Gefahr besteht, den Kopf mehrmals an der Scheibe anzuschlagen. Und da ich davon ausgehe, dass der Durchschnittseuropäer seinen Sitzpplatz im Taxi während der Fahrt beibehält, dürfte es sich dabei immer um die gleiche Seite des Kopfes handeln, was den Schmerzeffekt zusätzlich erhöht.
Ein besonderes Fahrgefühl erfährt der Gast in jenen Momenten, in denen der Fahrer die Spur wechselt und gleichzeitig die Stellung des Gaspedals verändert. Nicht selten kombiniert mit lauten Verwünschungen der Fahrer nachfolgender oder vorfahrender Karrossen. Ein akustischer Genuss besonderer Art.
Spezielles Augenmerk soll der Fahrgast stets auf den Zähler richten. Immer wieder versuchen gewiefte Driver nämlich, die Mitfahrer zu düpieren, indem sie den Automaten nicht aktivieren, um dann am Ziel angelangt, eine überrissene Preisforderung zu stellen. Wer nicht vorgängig interveniert, zahlt in solchen Fällen eine zu hohe Summe, dies allerdings bei allgemein günstigen Tarifen. Es gibt aber auch den Fall, dass der Taxifahrer gar nicht weiss, wie er den Zähler zu bedienen hat. Für Fahrten an den Flughafen verrechnet eine bestimmte Taxigesellschaft den Piloten der Nationalen Airline einen Spezialtarif von 40 Dirham. Diese Zahl muss vorgängig auf dem Zähler eingestellt werden. Als dies meinem Fahrer kürzlich nicht gelang, stoppte er seinen Wagen nach wenigen Metern an ziemlich ungünstiger Lage und begann wild auf dem kleinen schwarzen Kasten herumzudrücken. Anfänglich beobachtete ich ihn amüsiert dabei, bekam dann allerdings nach knapp 15 Minuten in Anbetracht meiner näher rückenden Check-in Zeit ein eher ungutes Gefühl. Allein, des Fahrers Missmut hatte sich mittlerweile verstärkt, so dass er förmlich auf das arme Zählgerät einhämmerte. Mir war schon lange klar, dass sich der Kasten infolge mangelnder Antischock-Vorrichtung seit geraumer Zeit im Tilt-Zustand befinden musste. Aber erst nachdem ihm die Taxizentrale via Funk die Erlaubnis zur Weiterfahrt gegeben hatte, setzte mein Fahrer unter mürrischen Brummellauten den Wagen endlich wieder in Bewegung.
Fairerweise sei an dieser Stelle angefügt, dass auch der Schreibende sich mitunter etwas dümmlich verhält. So kürzlich, als wir ins Taxi stiegen und ich munter bemerkte: „You've got nice music in the car!“ Worauf der Taxifahrer in typischem Pakistani-Englisch unbeirrt entgegnete: „It’s no music – it’s muslim prayer!“ Es brauchte viel Anstrengung meinerseits, den Blick nicht nach rechts zu richten, wo mein lieber Freund Toni vor lauter schäbigem Grinsen an seinem Sandwich zu ersticken drohte.
Taxifahrer leiden übrigens an einem chronischen Schlafmanko. Bereits während einer unserer früheren Fahrten nach Dubai zum Simulatortraining – wir wurden jeweils um 0300 Uhr in der Nacht beim Hotel abgeholt – mussten Toni und ich miterleben, wie der Fahrer in einnickendem Zustand zweieinhalb Spuren kreuzte, bevor ich mich aus dem hinteren Sitz vornüberbeugte und laut rufend ins Lenkrad griff! Was ich aber letzte Woche erlebte, hat mich fast noch mehr beeindruckt. Auf der mitternächtlichen Fahrt zum Flughafen erklärte mir der Driver nämlich voller Stolz, dass er bereits seit 48 Stunden nicht mehr geschlafen habe. Was aber überhaupt kein Problem sei, da er über einen ausreichenden Vorrat an Red Bull verfüge... Zum Beweis zeigte er mir voller Stolz seine Büchsensammlung, die Hälfte davon bereits leer getrunken. Schliesslich meinte er, dass es die Taxifahrer halt nicht so gut hätten wie die Piloten, die zum Glück während des Fluges hie und da etwas schlafen könnten. Und da soll noch jemand behaupten, wir hätten keinen TRAUMberuf!
Tuesday, July 18, 2006
"Stabilisiert" und "instabil"
posted by Dide
In der Fliegerei ist ein „stabilisierter“ Anflug eine Selbstverständlichkeit. Man spricht dann von einem „stabilisierten“ Anflug, wenn sämtliche relevanten Parameter im Sollbereich liegen. Dazu gehören Anflugachse und -winkel, die Geschwindigkeit, die Stellung der Landeklappen und letztlich auch die entsprechende Triebwerkleistung. Ein „stabilisierter“ Anflug ist zwingende Voraussetzung für eine sichere Landung - und bewegt sich eines der oben genannten Elemente in einem bestimmten Höhenfenster ausserhalb der Toleranz, muss ein Durchstart eingeleitet und ein neuer Anflug begonnen werden.
Die Vokabel „stabilisiert“ hat nicht die gleiche Bedeutung wie „stabil“. Wohl ist beiden Begriffen der gleiche Wortstamm gemein, in ihrer Answendung hingegen sind sie verschieden. Auch wenn meine Anflüge in der Regel „stabilisiert“ sind, kontrastiert das in diesem Fall verwendete Adjektiv markant mit meinen instabilen Verhältnissen in Sachen Wohnen. Das Haus, für das wir uns entschieden haben, will einfach nicht fertig werden. Dabei fehlt so wenig: Probleme bei der Installation der elektrischen Anlage verzögern jedoch den Bezug auf unbestimme Zeit. Der Umzugstermin der Familie ist auf Mitte August geplant. Ob das Domizil dann bezugsbereit ist? Vielleicht wäre es ratsam, im Carrefour ein Zelt zu erstehen. Schliesslich lebe ich im Land der Beduinen, da hat diese Form des Wohnens lange Tradition. Doch Toni, der in der gleichen Lage ist, und ich versuchen derweil, das weitere Vorgehen mit unserem Arbeitgeber zu regeln. Denn dieser ist der Ansicht, dass es nun endlich an der Zeit wäre, unser Hotelzimmer zu räumen. Die erste Frist vom 15. Juli wurde um eine Woche verlängert – doch die nächste „Deadline“ rückt bedrohlich nahe. Die Telefone beginnen heiss zu laufen...
Weiter beschäftigt uns natürlich der eskalierende Konflikt im Libanon. Wir befinden uns in einem völlig anderen Umfeld als bis anhin in der Schweiz, wo wir – im Zentrum Europas – sowohl ideologisch als auch geografisch mehr Distanz zur Nahostsituation hatten. Etihad Airways beschäftigt viele Angestellte mit arabischen Wurzeln. In jeder Besatzung finden sich Marokkaner, Tunesier, Algerier oder Libanesen. Der Grundtenor lautet zweifellos anders als beispielsweise bei Diskussionen in der Schweiz, die Sympathien werden schnell offensichtlich. Gleiches fällt auf bei der Betrachtung von lokalen Zeitungen. Und beim abendlichen Zappen drücke ich mich durch eine Serie von arabischen Sendern, die ununterbrochen von den Ereignissen im Nahen Osten berichten. Wohl verstehe ich die Meldungen nicht, doch auch dem blossen Bildbetrachter bleiben keine Zweifel über die Haltung der Berichterstatter einerseits und die gezeigten Emotionen andererseits. Mir wird mit erdrückender Deutlichkeit klar, wie sehr mich der Ort und das unmittelbare Umfeld bei der Meinungsbildung beeinflussen. Wie steht es da um meine Objektivität? Wie viel Wert hat meine Sachlichkeit? Verdient sie gar diesen Namen?
Geschaudert hat mich der Anblick der Lichter von Beirut beim Flug von Abu Dhabi nach München. Die Luftstrassen über Jordanien und Syrien sind weiterhin offen und ein ganzer Pulk von Flugzeugen – auch solche der SWISS – überflog in dieser Nacht das Krisengebiet. Stumme Blicke aus dem gut besetzten Cockpit und Fragen nach Sinn, Unsinn und Gerechtigkeit. Sie bleiben fürs Erste ohne Antwort.
In der Fliegerei ist ein „stabilisierter“ Anflug eine Selbstverständlichkeit. Man spricht dann von einem „stabilisierten“ Anflug, wenn sämtliche relevanten Parameter im Sollbereich liegen. Dazu gehören Anflugachse und -winkel, die Geschwindigkeit, die Stellung der Landeklappen und letztlich auch die entsprechende Triebwerkleistung. Ein „stabilisierter“ Anflug ist zwingende Voraussetzung für eine sichere Landung - und bewegt sich eines der oben genannten Elemente in einem bestimmten Höhenfenster ausserhalb der Toleranz, muss ein Durchstart eingeleitet und ein neuer Anflug begonnen werden.
Die Vokabel „stabilisiert“ hat nicht die gleiche Bedeutung wie „stabil“. Wohl ist beiden Begriffen der gleiche Wortstamm gemein, in ihrer Answendung hingegen sind sie verschieden. Auch wenn meine Anflüge in der Regel „stabilisiert“ sind, kontrastiert das in diesem Fall verwendete Adjektiv markant mit meinen instabilen Verhältnissen in Sachen Wohnen. Das Haus, für das wir uns entschieden haben, will einfach nicht fertig werden. Dabei fehlt so wenig: Probleme bei der Installation der elektrischen Anlage verzögern jedoch den Bezug auf unbestimme Zeit. Der Umzugstermin der Familie ist auf Mitte August geplant. Ob das Domizil dann bezugsbereit ist? Vielleicht wäre es ratsam, im Carrefour ein Zelt zu erstehen. Schliesslich lebe ich im Land der Beduinen, da hat diese Form des Wohnens lange Tradition. Doch Toni, der in der gleichen Lage ist, und ich versuchen derweil, das weitere Vorgehen mit unserem Arbeitgeber zu regeln. Denn dieser ist der Ansicht, dass es nun endlich an der Zeit wäre, unser Hotelzimmer zu räumen. Die erste Frist vom 15. Juli wurde um eine Woche verlängert – doch die nächste „Deadline“ rückt bedrohlich nahe. Die Telefone beginnen heiss zu laufen...
Weiter beschäftigt uns natürlich der eskalierende Konflikt im Libanon. Wir befinden uns in einem völlig anderen Umfeld als bis anhin in der Schweiz, wo wir – im Zentrum Europas – sowohl ideologisch als auch geografisch mehr Distanz zur Nahostsituation hatten. Etihad Airways beschäftigt viele Angestellte mit arabischen Wurzeln. In jeder Besatzung finden sich Marokkaner, Tunesier, Algerier oder Libanesen. Der Grundtenor lautet zweifellos anders als beispielsweise bei Diskussionen in der Schweiz, die Sympathien werden schnell offensichtlich. Gleiches fällt auf bei der Betrachtung von lokalen Zeitungen. Und beim abendlichen Zappen drücke ich mich durch eine Serie von arabischen Sendern, die ununterbrochen von den Ereignissen im Nahen Osten berichten. Wohl verstehe ich die Meldungen nicht, doch auch dem blossen Bildbetrachter bleiben keine Zweifel über die Haltung der Berichterstatter einerseits und die gezeigten Emotionen andererseits. Mir wird mit erdrückender Deutlichkeit klar, wie sehr mich der Ort und das unmittelbare Umfeld bei der Meinungsbildung beeinflussen. Wie steht es da um meine Objektivität? Wie viel Wert hat meine Sachlichkeit? Verdient sie gar diesen Namen?
Geschaudert hat mich der Anblick der Lichter von Beirut beim Flug von Abu Dhabi nach München. Die Luftstrassen über Jordanien und Syrien sind weiterhin offen und ein ganzer Pulk von Flugzeugen – auch solche der SWISS – überflog in dieser Nacht das Krisengebiet. Stumme Blicke aus dem gut besetzten Cockpit und Fragen nach Sinn, Unsinn und Gerechtigkeit. Sie bleiben fürs Erste ohne Antwort.
Tuesday, July 11, 2006
Familienpause
posted by Dide
Einige Tage in der Schweiz zu verbringen ist von unschätzbarem Wert. Baden mit der jüngsten Tochter (das Wasser ist grässlich kalt), Computerdateien übertragen mit dem Erstgeborenen und mitfiebern beim sonntäglichen Geigenspiel der mittleren Tochter in der Kirche halten mich auf Trab. Daneben sortiere ich meine eingegangene Post, erledige Telefonate und begleite meine Frau zum Behördenabschied. Freunde laden zum Grillfest und beschenken uns mit einem originellen Schweizerkorb. Am Sonntag dann ein Sportmarathon mit Federer im britannischen Tennistempel und dem Showdown zwischen den Blauen aus dem Süden und den Blauen aus dem Westen: Zinédines Kopfstoss erinnert an Managementattacken früherer Arbeitgeber und die Elfmeterquote der Italiener ans Pistolenschiessen am Chilbistand. "Jeder Schuss ein Treffer" - beinahe wie im wirklichen Leben.
Und nun sitze ich bereits wieder im Flugzeug. 10000 Meter über der Stadt Istanbul. Mit dem Jet nach Dubai und danach auf dem Landweg nach Abu Dhabi. Denn morgen Nacht gehts nach Manchester. Die Arbeit hat mich wieder.
Manchmal kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, ich befände mich mitten in einer Generalstabsübung. In der Wüstenstadt muss aus dem Nichts eine Existenz aufgebaut, in der Schweiz eine ebensolche heruntergefahren werden. Dabei wollen die administrativen Irrungen kein Ende nehmen. Ämterbesuche noch und noch, und auch der Übersetzer verdient sich den einen oder anderen Batzen an mir und meiner Familie. Und wenn man in helvetischer Naivität schliesslich glaubt, einen Schritt weiter zu sein, schlägt unvermittelt eine Welle lokaler Gepflogenheiten über unseren Köpfen zusammen und lässt uns nach deren Verebben zweifelnd im knöcheltiefen Wasser stehen. Ein Haus scheint gefunden, ein Reservationsvertrag unterzeichnet, doch unvermittelt ändern die vertraglichen Bedingungen des Arbeitgebers. Stundenlange Gespräche beim Personaldienst. Eine Türe geht zu, eine neue öffnet sich. Wann ist das Domizil bezugsbereit? Gemäss Prospekt im April dieses Jahres. Vielleicht Mitte Juli, sagt man uns auf der vermittelnden Bank, möglich wäre aber auch Anfang August...
Wer nicht lernt, den Rhythmus der Einheimischen anzunehmen, tut sich schwer. Alles dauert seine Zeit und statt einer konkreten Antwort erhält der Frager viel eher einen Verweis an die nächste Auskunftsstelle. So wechseln sich Hochs und Tiefs in unterschiedlichen Intervallen. Toni und ich fliegen jetzt normale Streckeneinsätze und sind zu unterschiedlichen Zeiten im Hotel. Die Zeit fürs gemeinsame Bier wird in der Folge rar.
Als nächstes gilt es, Möbel für das gemietete Haus anzuschaffen. Da kommt uns doch das „Shopping Festival“ mit üppig reduzierten Preisen gerade recht. Grund genug, die Familie für einige Tage nach Abu Dhabi zu holen. Denn meine Frau wäre wohl kaum zufrieden mit meiner Kühlschrank- oder Herdwahl. Das Getränkefach zu gross – die Gemüseschublade zu klein. Lokale Küchen werden hier eben „nackt“ vermietet, ohne die notwendigen Geräte.
Für die Kinder hat die letzte Schulwoche in der Schweiz begonnen. Nun bekommen sie konkret die Folgen unseres Abwanderungsentscheids zu spüren. Abschiedsfeste sind angesagt. Geschenke, Briefe, herzförmige Kissen, überdimensionierte Lollipops. Die letzte Franzstunde, die letzte Turnstunde – jede Lektion erhält ultimativen Charakter. Ob so viel Abschied geraten die Noten verständlicherweise etwas in den Hintergrund und für einmal ist das Zeugnis gar nicht mehr so wichtig. Umso mehr in der Deutschen Schule die „Sechs“ eh eine „Eins“ ist.
Weiter ist Packen angesagt. In zwei Wochen steht der Container vor der Haustür. Nicht zur Entsorgung wohlgemerkt. Viel eher zum Transport diverser Tische und Sofas. Bereits jetzt ist das Wohnen in unserem Haus unkonventionell, denn zahlreiche Räume werden dominiert von herumstehenden Kartonschachteln unterschiedlicher Grösse. Ein Mieter wurde gefunden und hat sicherheitshalber bereits einige Möbelstücke unübersehbar im Wohnzimmer platziert. Vieles wird auf diese Weise einfacher, beispielsweise das Aufräumen, das in seiner ursprünglichen Art gar nicht mehr stattfindet. Die Kinder freuts, die Mutter weniger. Und der Vater hat sich sowieso in die Wüste abgesetzt!
Einige Tage in der Schweiz zu verbringen ist von unschätzbarem Wert. Baden mit der jüngsten Tochter (das Wasser ist grässlich kalt), Computerdateien übertragen mit dem Erstgeborenen und mitfiebern beim sonntäglichen Geigenspiel der mittleren Tochter in der Kirche halten mich auf Trab. Daneben sortiere ich meine eingegangene Post, erledige Telefonate und begleite meine Frau zum Behördenabschied. Freunde laden zum Grillfest und beschenken uns mit einem originellen Schweizerkorb. Am Sonntag dann ein Sportmarathon mit Federer im britannischen Tennistempel und dem Showdown zwischen den Blauen aus dem Süden und den Blauen aus dem Westen: Zinédines Kopfstoss erinnert an Managementattacken früherer Arbeitgeber und die Elfmeterquote der Italiener ans Pistolenschiessen am Chilbistand. "Jeder Schuss ein Treffer" - beinahe wie im wirklichen Leben.
Und nun sitze ich bereits wieder im Flugzeug. 10000 Meter über der Stadt Istanbul. Mit dem Jet nach Dubai und danach auf dem Landweg nach Abu Dhabi. Denn morgen Nacht gehts nach Manchester. Die Arbeit hat mich wieder.
Manchmal kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, ich befände mich mitten in einer Generalstabsübung. In der Wüstenstadt muss aus dem Nichts eine Existenz aufgebaut, in der Schweiz eine ebensolche heruntergefahren werden. Dabei wollen die administrativen Irrungen kein Ende nehmen. Ämterbesuche noch und noch, und auch der Übersetzer verdient sich den einen oder anderen Batzen an mir und meiner Familie. Und wenn man in helvetischer Naivität schliesslich glaubt, einen Schritt weiter zu sein, schlägt unvermittelt eine Welle lokaler Gepflogenheiten über unseren Köpfen zusammen und lässt uns nach deren Verebben zweifelnd im knöcheltiefen Wasser stehen. Ein Haus scheint gefunden, ein Reservationsvertrag unterzeichnet, doch unvermittelt ändern die vertraglichen Bedingungen des Arbeitgebers. Stundenlange Gespräche beim Personaldienst. Eine Türe geht zu, eine neue öffnet sich. Wann ist das Domizil bezugsbereit? Gemäss Prospekt im April dieses Jahres. Vielleicht Mitte Juli, sagt man uns auf der vermittelnden Bank, möglich wäre aber auch Anfang August...
Wer nicht lernt, den Rhythmus der Einheimischen anzunehmen, tut sich schwer. Alles dauert seine Zeit und statt einer konkreten Antwort erhält der Frager viel eher einen Verweis an die nächste Auskunftsstelle. So wechseln sich Hochs und Tiefs in unterschiedlichen Intervallen. Toni und ich fliegen jetzt normale Streckeneinsätze und sind zu unterschiedlichen Zeiten im Hotel. Die Zeit fürs gemeinsame Bier wird in der Folge rar.
Als nächstes gilt es, Möbel für das gemietete Haus anzuschaffen. Da kommt uns doch das „Shopping Festival“ mit üppig reduzierten Preisen gerade recht. Grund genug, die Familie für einige Tage nach Abu Dhabi zu holen. Denn meine Frau wäre wohl kaum zufrieden mit meiner Kühlschrank- oder Herdwahl. Das Getränkefach zu gross – die Gemüseschublade zu klein. Lokale Küchen werden hier eben „nackt“ vermietet, ohne die notwendigen Geräte.
Für die Kinder hat die letzte Schulwoche in der Schweiz begonnen. Nun bekommen sie konkret die Folgen unseres Abwanderungsentscheids zu spüren. Abschiedsfeste sind angesagt. Geschenke, Briefe, herzförmige Kissen, überdimensionierte Lollipops. Die letzte Franzstunde, die letzte Turnstunde – jede Lektion erhält ultimativen Charakter. Ob so viel Abschied geraten die Noten verständlicherweise etwas in den Hintergrund und für einmal ist das Zeugnis gar nicht mehr so wichtig. Umso mehr in der Deutschen Schule die „Sechs“ eh eine „Eins“ ist.
Weiter ist Packen angesagt. In zwei Wochen steht der Container vor der Haustür. Nicht zur Entsorgung wohlgemerkt. Viel eher zum Transport diverser Tische und Sofas. Bereits jetzt ist das Wohnen in unserem Haus unkonventionell, denn zahlreiche Räume werden dominiert von herumstehenden Kartonschachteln unterschiedlicher Grösse. Ein Mieter wurde gefunden und hat sicherheitshalber bereits einige Möbelstücke unübersehbar im Wohnzimmer platziert. Vieles wird auf diese Weise einfacher, beispielsweise das Aufräumen, das in seiner ursprünglichen Art gar nicht mehr stattfindet. Die Kinder freuts, die Mutter weniger. Und der Vater hat sich sowieso in die Wüste abgesetzt!
Sunday, July 02, 2006
Post Scriptum
Samstagnacht - genauer, Sonntagmorgen 0115 Uhr Lokalzeit Abu Dhabi (Ch + 2 Stunden). Ich fliege heute Nacht nach Colombo. Mit Übernachtung. Es ist dies mein erster Flug als ausgecheckter Captain der nationalen Airline der Vereinigten Arabischen Emirate. Um auf meinen Schlussabschnitt des letzten Blog-Eintrages zurückzukommen: Ich werde es wohl besser unterlassen, mit Engländern oder Brasilianern über die Fussball-WM zu diskutieren. Gleiches gilt natürlich auch für Diskussionen mit besagten Landsleuten weiblichen Geschlechts...
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