Wednesday, March 02, 2011

Im Verzug














Ich bin im Verzug. Eigentlich immer. Und jetzt besonders.

Die geplante Rückkehr in die Schweiz fordert ihren Tribut, speziell was Administration und Planung anbelangt. Und auch Franziskas Vorbereitungen für die anstehenden Abschlussprüfungen ihrer Buchhändlerinnenausbildung in Frankfurt tragen kaum zur allgemeinen Entspannung bei.

Dummerweise hat just in diesen Tagen (die Temperaturen steigen langsam wieder gegen 30 Grad) die Klimaanlage unseres sonst so zuverlässigen Prado ihren Geist aufgegeben. Und zwar gründlich!
Wenn ich beim ersten Besuch in der Werkstatt noch gehofft hatte, der Schaden wäre rasch behoben, dann kehrt bereits nach den ersten Sätzen des Mechanikers Ernüchterung ein. Der freundliche Inder macht sonnenklar, dass der Wagen mindestens vier bis fünf Tage, wahrscheinlich eher länger, nicht zur Verfügung stehen würde. Bei seinem Anruf am nächsten Morgen, zwecks Darlegung der Schadensanalyse und Offenbarung der zu erwartenden Rechnung, verflüchtigen sich meine letzten naiven Hoffnungen innert weniger Sekunden. Von Dichtungen und Lecks ist da die Rede, von hoch komprimierten Gasen und defekten Kompressoren. Ich verstehe auf jeden Fall nur die Hälfte, das mag am Dialekt meines Gesprächspartners liegen, an der Qualität der Leitung oder aber an meinen Englischkenntnissen schlechthin. Eines aber kapiere ich trotzdem. Nämlich den Preis: 9900 Dirham! „That’s after the discount“, fügt der Kollege beflissen nach. Aber hier, so muss man wissen, handelt es sich um einen Standardsatz, der lediglich den Schock der überrumpelten Klientele etwas dämpfen soll.

Der Mietwagen bei Budget ist selbstverständlich auch nicht gratis, trotzt Etihad-Rabatt. Aber das Schicksal lässt uns ja keine Wahl. Jeden dritten Morgen fährt Franziska unsere Mädchen und jene unser Fahrgemeinschafts-Partnerfamilien in die Schule. Da vermag mein zweitüriger Volvo keinesfalls einzuspringen. Deshalb fährt Franziska in diesen Tagen Toyota Camry; der Wagen hat immerhin vier Türen, einen anständigen Kofferraum und erst 27 Kilometer auf dem Buckel. Und obendrein riecht es in seinem Innern wie in einer Teppichfabrik.

Und weil wir alle eben ein bisschen im Verzug sind, wurde auch das Postfach schon lange nicht mehr geleert. Das letzte Mal wahrscheinlich im November. Die Box ist denn auch rammelvoll. Etwa so, wie die Berner Eishalle bei der momentan laufenden Playoffserie zwischen dem SCB und den Tigern von Langau. Ich klemme den Umschlags-Stapel unter den Arm und pflastere damit den Esstisch in unserem Wohnzimmer. Bei der Durchsicht der Post beschleicht mich bald einmal das schlechte Gewissen. Zwischen Bank- und Gemeindeunterlagen finden sich Weihnachts- und Geburtstagskarten. Selbstverständlich bis zur heutigen Stunde gänzlich unbeantwortet. Ach wie peinlich!

Deshalb, liebe Freunde und Kollegen, will ich mich für einmal in jovialer Kollektivität auf diesem Weg bedanken: Bei der ZKB, der Post, der Stadler Gemeindebehörde, der BKB, der HSBC (richtig, die Banken sind wieder einmal in der Überzahl), beim lokalen Kommunikationsmonopolist etisalat, bei Tante Marianne wie auch bei der Familie Ledermann in Glattfelden! Gleichzeitig entschuldige ich mich für verpasste Zahlungen und Termine bei der ZKB, der Post, dem mediacampus Frankfurt und der Rechnungsstelle des Luftfahrtmagazins skynews.

Auch wenn sich wohl die meisten der oben genannten Adressaten kaum je auf diese Website verirren werden, so besteht immerhin bescheidene Hoffnung, dass die Wüstenspuren mein schlechtes Gewissen, zumindest schemenhaft, in den emiratischen Sand zeichnen mögen.

Ich bin halt einfach ein bisschen im Verzug...

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