Saturday, May 17, 2008

New job, new boat – still same wife!

Zwischen Istanbul und Damaskus. Der Höhenmesser zeigt 38'000 Fuss. Weit unter uns haben sich vereinzelte Cumuluswolken in kleinen Gruppen zusammengeschart. Nicht soviele jedoch, als dass sie dem Flugreisenden den Blick auf die wilde und hügelige Landschaft vorenthalten könnten. Durchs linke Fenster kann ich den Bosporus und die helle Fläche Istanbuls erkennen, wenn ich den Kopf nach rechts drehe, erfasst mein Auge mehrere Hügelketten, und ich glaube gar im Hintergrund die südtürkische Mittelmeerküste zu erkennen.

Rückblick
Wir sind auf dem Rückflug von London nach Abu Dhabi, nach einem 28 stündigen Aufenthalt in Britannien. Die Nase unseres Airbus A340-600 mit der Immatrikulation A6-EHE und knappen 3200 Flugstunden auf dem Buckel zeigt wieder ostwärts. In dreieinhalb Stunden, um 20.30 Uhr Lokalzeit, werden wir auf Emiratischem Boden landen. Mittlerweile kommen mir sechs- oder siebenstündige Flüge wie Kurzstrecken-Hüpfer vor. Kürzlich habe ich in meinem elektronischen Flugbuch geblättert und dabei festgestellt, dass ich bereits 33 Ultra-Longrange Flüge (ULR) in Etihad-Diensten absolviert habe. Nach Toronto, Sydney oder New York. 33 Flüge oder 66 Sectors mit einer Flugzeit zwischen elf und 16 Stunden. Eingeschlossen in einer rund 70 Meter langen Aluminiumröhre mit einer Luftfeuchtigkeit von fünf Prozent.
Die Zählung zeigt, dass es sich bei der Mehrzahl meiner Einsätze um ULR-Missionen handelt. Aber man bedenke: Bereits zwei solcher Flüge blockieren zusammen mit den entsprechenden Freitagen mehr als die Hälfte eines Monatseinsatzes. Wen wundert’s also, dass sich mein Schlaf- und Verdauungsrhythmus bisweilen etwas aus dem Lot bringen lässt und mir die eine oder andere nächtliche Wach-Stunde beschert.
Am 21. Mai 2008 wird es auf den Tag genau zwei Jahre her sein, seit ich meinen ersten Arbeitstag bei Etihad absolviert habe. 24 Monate, in denen unheimlich viel passiert ist, 24 Monate, in denen nicht nur ich, sondern die gesamte Familie viel erlebt und gelernt hat.

Neue Freiheiten
Der Wandel geht unaufhörlich weiter. Es ist kein Ende abzusehen, Immer wieder bieten sich neue Chancen. Etihad wächst nach wie vor derart schnell, dass kein Stein auf dem andern bleibt und Organigramme zum Zeitpunkt der Veröffentlichung kaum noch den Wert des Papiers, auf dem sie gedruckt sind, haben.
Auch das „Flight Safety Department“ wächst. Im Besonderen bedarf es neuer Mitarbeiter im Bereich „Flight Data Analysis and Evaluation“, einer Abteilung, die bei Etihad von zwei Schweizern aufgebaut wurde. Bis zum heutigen Tag wird eng mit den verantwortlichen SWISS-Stellen zusammengearbeitet und es entwickelte sich über die Jahre eine effiziente und qualitativ hochstehende Organisation. Während der eine der beiden Begründer mittlerweile bei Gulf Air tätig ist, gehört André Zbinden nach wie vor zu den führenden Köpfen der „Flight Safety“ – und meine Wenigkeit seit neuestem zu seinem Mitarbeiterstab. Noch gibt es viel zu lernen, mein limitierter Geist wird geflutet mit unbekannten Programmen und Verfahren. Ab sofort werde ich eine Woche pro Monat im Büro verbringen und mich dabei mit unstabilisierten Anflügen und nicht eingehaltenen Limiten herumschlagen. Werde mit rauchendem Kopf über Tabellen, Recorderaufzeichnungen und „Print outs“ gebeugt über Verfehlungen meiner Cockpitkollegen wachen und in (erhoffter) Ermangelung ebensolcher hoffentlich immer noch genügend Zeit für Fahrten mit dem neu erstandenen Boot haben...
Genau - richtig gelesen. Wir haben nämlich – nach zweijähriger Wartezeit – zusammen mit den Lembachs und Hirschhäusers ein Wassergefährt erstanden: 24 Fuss lang, bereits acht Lenze auf dem Buckel, bestückt mit zwei Mal 115 Pferdestärken – und das Beste – mit einem Liegplatz an optimaler Lage in der Marina Al Bateen. Damit sprengen wir die urbanen Grenzen Abu Dhabis und sind ab sofort jederzeit in der Lage, aus dem Moloch der kochenden, überhitzten Stadt in „ruhigere Gewässer“ zu entfliehen.

















Besichtigungs- und Kauftermin

Auf zu neuen Grenzen
Denn die Stadt wird zusehends hektischer. Ständig drängen neue Expats in die Emirate, angelockt von einer Vielzahl von Jobangeboten expandierender Firmen. Angesichts dieser Bevölkerungszunahme verkommt die Wohnsituation zum Albtraum. Zeitungen berichten von 20000 Wohneinheiten, die im kommenden Jahr fehlen werden. Dies, obwohl beinahe jeden Tag irgendwo ein neuer Kran aufgebaut wird. Das Bauvolumen ist schlicht unglaublich. Was Dubai an natürlichen Ressourcen langsam ausgeht, so schreibt die NZZ, nämlich Öl und natürliche Inseln, hat Abu Dhabi im Überfluss. Zurzeit fördert das grösste Emirat täglich rund zwei Millionen Barrel Öl, seine Reserven sind die viertgrössten weltweit. Und entsprechend gross sind die Möglichkeiten für Investitionen. Die Summen sind schwindelerregend. Gesamthaft sollen gemäss «Gulf News» in den fünf kommenden Jahren rund 100 Milliarden Dollar in den Ausbau der Wirtschaft und des Tourismus investiert werden, allein das führende Immobilienunternehmen Aldar will in den nächsten drei Jahren für rund 20 Milliarden Dollar auf natürlichen Inseln, die der Hauptstadt Abu Dhabi vorgelagert sind, Übernachtungs- und Wohnmöglichkeiten für 400 000 Menschen bauen. In Dubai der Hype und die Masse, in Abu Dhabi der Luxus und die Exklusivität, konzentriert auf die rund 200 natürlichen Inseln.
Dieser Tage beherrbergt die Hauptstadt eine Ausstellung mit dem vielversprechenden Namen „Cityscape“. Franziska und ich lassen es uns nicht nehmen und schlendern einen halben Tag durch die überfüllten Hallen. Was wir sehen, raubt uns den Atem: Projekte, die sich an Grösse und Ausgefallenheit gegenseitig überbieten. Bauten in einer Ausgefallenheit, dass der statische Laie immer wieder an deren Machbarkeit zweifelt.
Architektur und Dimension sind das eine, Kauf- und Verkaufsaktivitäten das andere. Die Besucher reissen sich um gewisse Einheiten, deren Wert quasi stündlich zunimmt. Auch Expats dürfen kaufen, allerdings sind die exklusivsten Objekte ausschliesslich den Emiratis vorenthalten.
Kein Zweifel – Abu Dhabi boomt. Und es ist kein Ende abzusehen.














































Stadtmodelle einer anderen Dimension

Verpasster Sieg
Ganz anders meine jüngste Teilnahme an einem Squashturnier. Dort kommt das Ende schneller als mir lieb ist. Das „Sheraton Abu Dhabi Open“ dauert drei Wochen und wird in diversen Kategorien ausgetragen. Die zweithöchste Spielklasse, die „Division 2“, ist gut bemannt. Mittlerweile sind mir bereits zahlreiche der gemeldeten Namen bestens bekannt. Das Turnier beginnt erfolgreich für mich und ich kriege den jungen Gegner rasch in den Griff. Das Spiel zieht sich schliesslich mehr in die Länge als erwartet. Am Schluss behalte ich die Oberhand. Unglücklicherweise treffe ich in der zweiten Runde auf die Nummer zwei des Tableaus. Der erste Satz geht klar an den Gegner, dann fange ich mich auf und gerate immer besser ins Spiel. Doch nach einer knappen Stunde stehe ich mit dem Rücken zur Wand. Trotz langer Führung im vierten Satz kann ich den Druck nicht aufrechterhalten. Der Gegner wendet das Blatt und gewinnt schliesslich das Spiel mit 1 zu 3. Schade, ich war nahe dran und mit ein bisschen mehr Effizienz wäre gar ein Sieg dringelegen.
Letztlich bleibt mir nichts anderes übrig, als mich zuhause von der Gattin neu motivieren zu lassen. Die Salbe für die arg schmerzende Achillessehne muss ich allerdings selber auftragen, denn so weit geht das eheliche Mitgefühl leider nicht.












Gulf News berichtet

7 comments:

nff said...

Gratuliere zur neuen Aufgabe und zum sportlichen Erfolg im Glaskasten!
Werden im Emirat die Mails mit den aufgelisteten Sünden in Zukunft auch mit "Grüezi mitenand" beginnen?

Dide said...

Danke für die Gratulationen. Was die Einleitung der "Sündenmails" bei Etihad betrifft, so werde ich mich diesbezüglich weiter an die Vorgaben des Gründerteams halten: "Trust both of you are well"!
Schlecht geht es ihnen erst, wenn sie das Mail gelesen haben...

Gruss
Dide

Anonymous said...

Ihnen bleibt auch gar nichts erspart!

"33 ULR (Ultra Longrange) Flights oder 66 Sectors mit einer Flugzeit zwischen elf und 16 Stunden", (oder sollen wir sagen "Full Distance?") wie sie in Ihrem (wie immer) informativen Bericht schreiben.

Dann zum Schluss Ihres Eintrages der Zeitungsausschnitt: Dabei Ihr Fight unter-betitelt mit

"Full Distance"

"Dieter Eppler and Shobaith Gupta had to go the full distance in division two...Eppler got the better of Anton Ganem".

Und trotzdem hat es nicht gereicht...

"Veteran Kiwi" scheint mehr Glück gehabt zu haben, sowie auch Andreas Baptist.

Sowas muss erst einmal verdaut werden; aber ich denke Sie werden das sportlich und professionell verarbeiten, da habe ich keine Bedenken.

Mit freundlichem Gruss

Dide said...

@crowi: Auch die Verdauung sportlicher Niederlagen ist mitunter gestört durch meinen unregelmässigen Tag-Nacht-Rhythmus. In diesem Fall aber habe ich die Sache gelassen genommen und grösseren Materialschaden vermieden. Zu meinem Bedauern muss ich an dieser Stelle gestehen, dass dies auch schon anders war...

Kürzlich hat mein ägyptischer Squash-Partner, mit dem ich regelmässig spiele, lakonisch bemerkt, dass wohl noch der eine oder andere Tropfen Arabisches Blut in meinen Adern fliessen würde.

Anonymous said...

Ich denke new job, new boat, same wife werden alle Ihrem Biorhythmus zuträglich sein... ich sehe Sie schon auf hoher See, mit Musse und Laptop Ihren schriftstellerischen Neigungen frönend.

Doch falls Sie auch dort grössere Distanzen zurückzulegen geneigt sein sollten: Bitte nicht in Iranische Hoheitsgewässer geraten!

Sonst könnte es dipl. Verwicklungen geben und Frau Calmy-Rey wäre womöglich genötigt, Sie da "rauszuhauen".

Anonymous said...

ist es eigentlich möglich dem autor eine mail zu schreiben?
hätte ein paar fragen zu etihad, die den umfang hier wohl sprengen würden. ich fänds super, genau so wie den blog!

Dide said...

dieter.eppler@gmx.net

Gruss