Monday, October 01, 2007

Kaffee-„Genüsse“

Vielleicht bin ich süchtig. Nach dem Duft roher Bohnen, und nach dem Geschmack frisch zubereiteten Kaffees. Deshalb beschäftigt mich das Thema immer öfter. Möglich auch, dass ich diesbezüglich ganz einfach verwöhnt bin. Unsere Nespresso-Maschine war seinerzeit die erste Anschaffung nach dem Einzug ins neue Haus in Abu Dhabi. Nicht einmal einen Becher, geschweige denn Tassen waren vorhanden. Weder in der Küche noch in den übrigen Zimmern. Doch schliesslich haben mann und frau liebe Nachbarn, so dass die Verlegenheit von kurzer Dauer ist. Ein Tässchen ausgeliehen und schon blubbert das Objekt der Begierde aus dem Hahn.

Monopol in Arabien
Vom Kaffee soll die Rede sein, und zwar im Besonderen vom Kaffeegenuss in Etihad-Flugzeugen. Serviert von Cabin Crews der Etihad und zwar im Besonderen an Cockpitbesatzungen derselben Airline. Das passt insofern, als dass die Arabische Welt bereits früh mit der Kaffeebohne in Kontakt kam. Durch Sklavenhändler wurde sie vermutlich im 14. Jahrhundert aus Äthiopien eingeführt. Der Kaffeeanbau brachte Arabien eine Monopolrolle ein. Handelszentrum war die Hafenstadt Mocha, auch Mokka genannt, das heutige Al Mukha im Jemen.
Mittlerweile hat sich das Getränk stetig weiterentwickelt. Der Kaffee geniesst Kultstatus. Die Geschmäcker sind verschieden. Kaffee – oder arabisch „Qahwa“ – ist eben nicht gleich Kaffee. Zwischen einem Caffé Latte“ und einem „Doppio Espresso“ klafft ein Riesengraben. Und zwar von der Zubereitung bis hin zu Form und Grösse des Trinkgefässes. Traditionelle Wiener Kaffeehäuser und „Starbucks“ haben wenig miteinander gemein. Fortwährend kreieren inspirierte Köpfe neue Variationen rund um die Kaffeebohne. Innovative Geister überschreiten dabei Grenzen wie Hannibal dereinst mit seinen Elefanten den Rubicon.
Nun bringt es mein Beruf mit sich, dass ich den Kaffee in der Regel nicht selber zubereite, sondern die Bestellung den Kolleginnen und Kollegen der Kabinenbesatzung weitergebe. Wobei sich grundsätzlich drei Varianten anbieten: Cappuccino, Espresso oder der gewöhnliche Filterkaffee. Erstgenannter kommt aus dem Beutel und ist meist schlecht gerührt, was eine unappetitliche Klumpenbildung zur Folge hat, zweiter wird mit der bordeigenen und den Besatzungen wenig vertrauten Nespressomaschine präpariert und und dritter tröpfelt abgestanden aus der Filtermaschine. Meine arme Seele ist jedoch auf die Hilfe des Koffeins angewiesen, um die quälenden Nacht(flug)-Stunden zu überstehen.

Andere Länder, andere (Kaffee-)Sitten
Etihad beschäftigt bekanntlicherweise Flight Attendants aus über 70 verschiedenen Herren Länder mit unterschiedlichen Kaffeekulturen. Daher geht mit der Bestellung eines Kaffees immer eine gewisse Spannung einher, ob denn nun das georderte Gebräu den persönlichen Vorstellungen entspreche.
Um es gleich vorwegzunehmen; in der Regel tut es das nicht!

Die triste Realität zeigt, dass beim Bestellen eines Kaffees mit allem gerechnet werden muss, was getränketechnisch zwischen lauwarmer Ovomaltine und gequirltem Zuckerwasser angeordnet werden kann. Mal dunkel wie die Nacht, dann wieder hell wie Wüstensand. Gefüllt in Plastikbecher, Servietten umwickelte Gläser bis hin zur eigentlichen Kaffeetasse. Was mir noch fehlt ist der Espresso in der Suppentasse oder der Cappuccino in der Dessertschale. Willkürliche Zuordnungen bar jeglicher Kaffee-Ethik. Schliesslich gehe ich für eine Darmspiegelung auch nicht zum Dermatologen und suche das Gemüse ebensowenig in der Auslage der Metzgerei.
In der Regel geht die Bestellung über zu viele Stellen, Sprachen und Dialekte, so dass Missverständnisse an der Tagesordnung sind. The „clash of cultures“ manifestiert sich auf eindrückliche Weise bei der Zubereitung des Kaffees. Arabischer Kaffee, Türkischer Kaffee, Kaffee aus Kenia oder Sibirien – sie sind so verschieden wie Tim und Struppi, Max und Moritz oder Fix und Foxi.
Der Espresso im Mineralwasserglas, auch „Tumbler“ genannt, ohne den verlockend züngelnden Schaum auf der Oberfläche, reizt mich genauso wenig wie eine gut gefüllte Tasse, deren Unterteller bereits bei der Entgegennahme deutlich feuchte Spuren des überschwappenden Inhalts zeigt. Viele unserer Flight Attendants trinken selber keinen Kaffee und sind sich der Qualitätsunterschiede leider nicht bewusst. Sie geben sich zwar Mühe, dessen bin ich mir sicher, doch leider mit mässigem Erfolg.
















Selten so gesehen bei Etihad

So werde ich – in Anbetracht einer adäquaten Alternative – zweifellos auch in Zukunft meine Müdigkeit mit wässrig-lauwarmem Kaffee oder klumpigem Cappuccino bekämpfen. Dabei träume ich immer wieder den gleichen Traum: eine mitleidsvoll lächelnde Hostess der SWISS erscheint und reicht mir auf silbernem Tablett den perfekt geschäumten Espresso in der Nespresso-Tasse. Begleitet von einer dezent drappierten Auswahl feinster Lindt & Sprüngli Pralinés. Himmlische Genüsse im wahrsten Sinne des Wortes. Leider ohne jeglichen Bezug zur emiratischen Realität!

5 comments:

nff said...

Als Koffeinsüchtiger kann Dir nachfühlen! Der Leidensdruck in unseren Airbussen ohne Nespressogerät ist zuweilen so gross, dass ich schon ernsthaft in Erwägung gezogen habe, meine eigene Kaffeebrauerei im Crewbag mitzunehmen.

Jetzt soll aber anscheinend alles besser werden. Mutti hat uns neue A330 gekauft und ich hoffe doch schwer, dass im Pflichtenheft die besagte Maschine nicht fehlt....

Dide said...

Würd ich dir wünschen lieber Peter. Allein schon, damit dein kreatives Hirn weitherhin mit Stoff für witzige Geschichten versorgt wird...

Gruss

Anonymous said...

Tja, ein Cappuchino in Ehren, kann kein Pilot verwehren :-) Ich hatte gerade das Vergnügen, mit einem FA unterwegs zu sein, der seinen eigenen Milchschäumer im Crewbag mitführte und uns auch auf 45min Legs mit Cappuchino verwöhnte :-) Hm, wenn es doch nur immer so wäre...

Alles lacht, hier kommt die Fracht.... said...

Und wer denkt mal an all die unerkannten Kakao-Trinker? Hier wird in der fliegerischen Gesellschaft aufs höchste diskriminiert! Ich muss mich ständig mit irgendwelchem Wassergebräu oder kaltem Instant-Kakao zufrieden geben!!!

Ich fordere alle Flugzeugdesigner, Hersteller, Zulassungsbehörden, Ingenieursabteilungen etc. der Welt hiermit unverzüglich und ultimativ auf, einen Kakao-Automaten als unverzichtbaren Bestandteil in den Zulassungskriterien für Verkehrsflugzeuge zu verankern!


Gruß von der verkannten Minderheit!


Golfox, der dieses Blog sehr zu schätzen gelernt hat und sich freut, hier weiterhin als "irgendwer" mitlesen zu dürfen!

Dide said...

Golfox - herzlich willkommen bei den Wüstenfüchsen"...