Am 23. September hat der Ramadan begonnen. Landesweit angekündigt in Radio und Printpresse. Was wiederum verständlich ist, denn der Fastenmonat gehört zu den Hauptfesten des Islam und ist gemäss der Zeitung „Gulf News“ „...a time of giving, patience and tolerance for Muslims“.
Und seit gestern geniessen wir in unserem Haus die Vorzüge eines Hispeed-Internetanschlusses! Lang herbei gesehnt und endlich wahr geworden.
Natürlich haben die beiden Ereignisse wenig bis gar nichts miteinander zu tun. Ausser vielleicht, dass beide unser Leben in Abu Dhabi spürbar beeinflussen. Während der Fastenmonat für Nicht-Muslime den Rhythmus der Stadt merklich verändert, öffnet uns die rasche Internetverbindung neue Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten, deren Vorzüge wir schon beinahe vergessen hatten.
Doch zuerst zum Ramadan. Es ist dies der neunte Monat des Islamischen Mondkalenders, der – nach der Skala des für uns geltenden Gregorianischen Kalenders – jedes Jahr elf Tage früher beginnt. Ramadan wird ausgerufen, wenn die Mondsichel nach Neumond, genannt „Hilal“, erstmals wieder mit blossem Auge sichtbar ist. Fasten ist obligatorisch für alle Muslime, die der Pubertät entwachsen, gesund, nicht schwanger und nicht auf langen Reisen sind. Wer nicht fastet, holt dies in einem anderen Monat nach oder kümmert sich um die Armen und Bedürftigen. Das Fasten, auch „sawm“ genannt, wurde im Jahre 624 nach Christus zur Pflicht für Muslime. Fasten heisst aber nicht nur, während des Tages auf Essen und Trinken zu verzichten. Auch dem Rauchen und jeglicher sexueller Aktivität muss entsagt werden.
Für Millionen Gläubige auf der ganzen Welt bedeuten die Riten des Ramadan Hingabe zu Gott und Selbstbesinnung bei der Ausübung der täglichen sechs Gebete.
Ein typischer Fastentag beginnt mit einem frühen Erwachen vor der Morgendämmerung. Es folgt die Einnahme einer letzten Nahrung, genannt „Suhoor“, die vor dem Aufgang der Sonne beendet sein muss. Auf unserem Flug nach Lahore vor wenigen Tagen – der Start in Abu Dhabi erfolgte um 0210 Uhr Lokalzeit – kam die Kabinenchefin, selbst eine Muslimin, immer wieder ins Cockpit um sich zu vergewissern, wann sie denn unseren Passagieren nun „Suhoor“ angekündigen könne. Bei konstant wechselnden Zeitzonen keine einfache Aufgabe, aber mit Hilfe einer phantasievollen Cockpitcrew durchaus machbar. Von unserer zwölfköpfigen Besatzung waren übrigens fünf Mitglieder am Fasten. Arbeit und Nachtflug hin oder her.
Auch der muslimische Installateur, der unsere Vorhänge montierte, unterbrach sein Tun in völliger Selbstverständlichkeit, um in einer stillen Ecke sein Gebet zu sprechen. Die Gebetszeiten werden täglich in der Tagespresse publiziert, beispielsweise „Fajr“ um 04.49 Uhr, „Dhuhur“ um 12.16 Uhr, „Asr“ um 15.41 Uhr, „Maghrib“ um18.11 Uhr und „Isha“ um 19.41Uhr. Diese fünf Gebetszeiten werden während des Fastenmonats um ein zusätzliches Abendgebet, genannt „Taraweeh“ ergänzt, das unmittelbar an "Isha" anschliesst. Die hier genannten Zeiten beziehen sich auf den 28. September und variieren je nach Ort. Das tägliche Fasten endet mit dem Ruf zum Abendgebet – dem "Maghrib" – und der anschliessenden Mahlzeit „Iftar“. Jeden Abend erfreuen sich auch zahlreiche Nicht-Muslime zusammen mit den Gläubigen an einem der in vielen Hotels und Restaurants angebotenen üppigen „Iftar-Buffet“. Auch wir haben uns schon durch die Vielfalt der arabischen Getränke und Speisen "gekämpft", allerdings mit dem Hauch eines schlechten Gewissens. Schliesslich hatten wir den Tag nicht fastend verbracht. Die Zeit unmittelbar vor „Iftar“ gehört statistisch gesehen übrigens zu den gefährlicheren auf der Strasse, kommt es doch immer wieder zu Unfällen, weil unterzuckerte und ausgehungerte Autofahrer im Eiltempo nach Hause rasen, wo sie zusammen mit ihren Familien das Fasten brechen ("break fast").
Auch Touristen und andere Menschen, die nicht fasten, spüren den veränderten Lebensrhythmus markant. Die Arbeitszeiten werden um zwei Stunden gekürzt, öffentliche Dienste und Ämter haben ihre Büros lediglich von 0900 bis 0200 Uhr geöffnet. Beim Einkauf im „Carrefour“ stösst frau in völlig neue Konsum-Dimensionen vor: obwohl es sich beim genannten Geschäft um eine äusserst grosszügig konzipierte Anlage handelt, herrscht jetzt ein fürchterliches Gedränge. Franziska erlebte ein wahres „Ramadan-Einkaufs-Tohuwabohu“ und benötigte anstelle der üblichen zwei Stunden gleich die doppelte Zeit. So paradox es klingt, während der Fastenzeit wird in arabischen Ländern deutlich mehr an Lebensmitteln gekauft und zubereitet als gegessen werden kann. Die Folge ist ein durchschnittlich doppelt so hohes Müllaufkommen. Ausserdem wird auf besonders energiehaltige Speisen und Zutaten wie beispielsweise Datteln und Nüsse Wert gelegt.
„Id al-Fitr“, das Fest des Fastenbrechens, mit dem die 30-tägige Fastenzeit ihren Abschluss findet, wird in den ersten drei Tagen des Folgemonats gefeiert und ist eines der beiden Hauptfeste des Islam.
Derweil also aufs Essen am Tag verzichtet wird, beginnt bei der Familie Eppler eine neue Zeitrechnung anderer Art: Die erfolgreiche Installation eines ADSL-Modems katapultiert uns ebenfalls in neue Dimensionen, allerdings nicht in Sachen Einkaufen sondern viel eher in Kommunikationbelangen. Ich bin beinahe erschrocken, als sich auf dem Bildschirm meines Laptops in rasend rascher Folge die einzelnen Text- und Bildelemente einer Zürcher Tageszeitung zu einem harmonisch blau-weissen Ganzen aufbauten.
Welch Wunder der Technik. Dass es so etwas gibt...!
Sogar Franziska – ansonsten in Sachen Computer eher von zurückhaltender Natur – kam nicht umhin, sogleich einen „Log-in Versuch“ zu starten. So macht das „world wide web“ wieder Spass. Internet at its best! Die letzte Hürde wird die kabellose Erschliessung sämtlicher Hausecken und –winkel sein. Doch dafür haben wir extra einen Experten ins Domizil bestellt. Er wird am Samstag erwartet. Was aber nichts heisst. Könnte gut sein, dass er nicht auftaucht. Auch am Sonntag nicht. Dafür vielleicht am Montag. Eine Woche später versteht sich. Aber das vermag uns nicht (mehr) zu erschüttern. Höchstens ein bisschen. Aber wir werden nicht laut und bleiben anständig. Schliesslich ist Ramadan. Und da gelten halt andere Gesetze....
„Ramadan Kareem!“
Saturday, September 30, 2006
Sunday, September 17, 2006
Zwischenhalt
posted by Dide
Ich sitze im Wartesaal des Bahnhofs Spiez. Der Himmel ist wolkenverhangen, die Stimmung trübe. Nach einem angenehmen Nachtflug mit einigen Stunden Schlaf in der „Pearl-Class“ eines Etihad A330 bin ich kurz nach sieben in Genf gelandet. Die Schweiz hat mich wieder! Zumindest für zwei Tage.
Kurze Rückblende. Bevor ich gestern ins Taxi zum Abu Dhabi Airport stieg, besuchte ich mit Franziska gleich zwei Elternabende an der Deutschen Schule. Es informierten die Klassenlehrerinnen der 5. und der 8. Klasse. Wir waren gespannt, obwohl wir doch mittlerweile geübte ElternabendbesucherInnen sind! Natürlich prägen noch immer Stadler Dimensionen unser Denken. Sicher verständlich, schliesslich hat Franziska die vergangenen acht Jahre als Schulpflegerin sämtliche Vorgänge in der und um die Primarschule aus nächster Nähe mitverfolgt. Alles war vertraut.
Hier fühlen wir uns noch etwas fremd. Schweizer gibt es nur wenige an der DSAD (Deutsche Schule Abu Dhabi), die übrigens – wen’s interessiert – unter http://www.dsad.org/ angeklickt und piktoral betrachtet werden kann. Beim Betreten der kleinen Schulzimmer versuche ich zu erahnen, wie sich unsere Kinder am ersten Schultag gefühlt haben.
Lindas achte Klasse zählt, wie bereits berichtet, bloss neun Schüler. Acht davon sind männlichen Geschlechts. Frau Maluck, die Klassenlehrerin, wirkt äusserst sympathisch, wenn auch ziemlich „tough“. Sie unterrichtet Deutsch und Geschichte. Die Frau weiss was sie will. Und sie fordert was sie kann. Die Klasse wird als Gymnasialklasse geführt. Einzig ein Schüler erfüllt die Vorgaben nicht. Im Fach Deutsch hat bereits eine erste Kurzarbeit stattgefunden. Und wir nehmen beinahe etwas belustigt zur Kenntnis, dass Linda – als Schweizerin wohl gemerkt – mit Note 2 (Deutsches Benotungssystem!) die Klassenbeste war. Es mag darüber spekuliert werden, ob dies am Alemannischen Gymnasialniveau oder an der Kompetenz der Stadler Oberstufe E liegt. A propos Franziska und Schulpflege. Meine Frau hat es doch geschafft, bereits im Verlauf des ersten Elternabends einen Job zu fassen. Sie wurde ehrenvoll als Elternsprecherin der 8. Klasse gewählt. Die Schweizerinnen setzen Akzente in dieser Klasse – zumindest vorderhand...
Im Klassenzimmer von Nina sind die Bänke wesentlich besser besetzt. Kein Wunder, die Gruppe ist mit 17 Kindern beinahe doppelt so gross und homogen durchmischt. Frau Friedrich, die Klassenlehrerin, ist ebenfalls neu an der Schule und kämpft mit ähnlichen Problemen wie viele der neu zugezogenen Familien: Man tafelt am Campingtisch, teilt sich infolge ungenügender Ausstattung Geschirr und Besteck und verbringt die Freizeit zu grossen Teilen in den einschlägigen Möbelhäusern. Diese wiederum kämpfen bei ungestümer Nachfrage neu eingeschleuster „Expats“ – wohl aufgrund knapper Baumressourcen – mit gewaltigen Lieferproblemen. Aber das ist ein anderes Thema.
Auch in Ninas Klasse werden ElternvertreterInnen gesucht und es gelingt mir nur dank raffiniertem taktischen Geschick, ungefragt das Zimmer zu verlassen. Dafür habe ich mich – dies sei hier verraten – beim lokalen Eishockeyclub, den Abu Dhabi Falcons, als „Score Keeper“ gemeldet. Ich bin mir zwar noch nicht ganz sicher, welches Tätigkeitsgebiet diese Charge umfasst, bin jedoch beseelt von der Hoffnung, der Herausforderung gewachsen zu sein. Denn Tim hat sich mittlerweile als neuer Spieler registrieren lassen und bereits sein erstes Eistraining auf „Wüsteneis“ absolviert. Am gleichen Tag übrigens, an dem Linda im Rahmen einer Geburtstagsfeier zum Skifahren nach Dubai eingeladen war. Verkehrte Welt: Wir Schweizer sitzen bei 40 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von annähernd 90 Prozent am Arabischen Golf in der Wüste, zwei unserer Kinder treiben Wintersport, während in Zürich bereits die ersten Herbstboten Einzug halten.
Unseren Kindern gefällt es soweit ausgezeichnet. Das wiederum beruhigt die geplagte Elternseele. Denn die erste Krise ist nur eine Frage der Zeit. Ich kann mich an eine Tierfutterwerbung mit dem Spruch „Geht es der Katze gut, freut sich der Mensch“ (oder so ähnlich) erinnern. Mit dem Nachwuchs verhält es sich analog. Überhaupt ist aus der Forschung bekannt, dass sich die Mechanismen zwischen den Haltern von Haustieren und den Erziehern von Kindern verblüffend ähnlich sind. Auch das ein anderes Kapitel.
Unser Compound füllt sich derweil mit Leben. Das bringt den Sprösslingen entsprechende Vorteile. An den Abenden trifft sich regelmässig eine internationale Mischung aus Amerikanern, Kanadiern, Brasilianern und Einheimischen (sogenannte „Locals“) vor den Häusern auf der Strasse zum Fussballspiel oder am Pool zum Baden. Daneben bevölkern Schweden, Pakistani, Iraner, Ägypter, Jemeniten und Holländer den Compound. Einige Hunde unbestimmer Nationalität hat es übrigens auch. Aber die spielen nicht Fussball. Die hecheln primär und schaffen es bei dieser Hitze gerade einmal, den Häuserblock ohne Chappi-Infusion zu umrunden.
Zurück ins Bahnhofbuffet. Bald kommt mein Zug und bringt mich weiter ins Diemtigtal, wo ich einige Dinge erledigen will. Morgen geht’s in Kloten zum „JAR Medical Check“, in zwei Wochen muss auch das Emiratische „Medical“ erneuert werden. Neu verlangt das U.A.E. Luftamt übrigens eine Kontrolle des „Body Mass Index“. Mit Verlaub, dies ist kein Scherz. Zwei Limiten müssen eingehalten werden. Wird die erste überschritten, bleiben sechs Monate Zeit zum Abspecken. Liegt der Wert über der zweiten, höheren, Limite, gibts ein „Grounding“. Da bleiben mir die so heiss geliebten Datteln förmlich im Halse stecken. Ganz abgesehen davon, dass ich als semiprofessioneller Weisskittel-Hypertoniker solche Übungen sowieso nicht besonders liebe. Ich lebe in ständiger Angst, dass sich irgendwann einmal ein Arzt an einem überstrapazierten und in der Folge geschädigten Quecksilber-Messgerät verletzen könnte. Noch ist allerdings nichts dergleichen passiert. Knock on wood.
Ich sitze im Wartesaal des Bahnhofs Spiez. Der Himmel ist wolkenverhangen, die Stimmung trübe. Nach einem angenehmen Nachtflug mit einigen Stunden Schlaf in der „Pearl-Class“ eines Etihad A330 bin ich kurz nach sieben in Genf gelandet. Die Schweiz hat mich wieder! Zumindest für zwei Tage.
Kurze Rückblende. Bevor ich gestern ins Taxi zum Abu Dhabi Airport stieg, besuchte ich mit Franziska gleich zwei Elternabende an der Deutschen Schule. Es informierten die Klassenlehrerinnen der 5. und der 8. Klasse. Wir waren gespannt, obwohl wir doch mittlerweile geübte ElternabendbesucherInnen sind! Natürlich prägen noch immer Stadler Dimensionen unser Denken. Sicher verständlich, schliesslich hat Franziska die vergangenen acht Jahre als Schulpflegerin sämtliche Vorgänge in der und um die Primarschule aus nächster Nähe mitverfolgt. Alles war vertraut.
Hier fühlen wir uns noch etwas fremd. Schweizer gibt es nur wenige an der DSAD (Deutsche Schule Abu Dhabi), die übrigens – wen’s interessiert – unter http://www.dsad.org/ angeklickt und piktoral betrachtet werden kann. Beim Betreten der kleinen Schulzimmer versuche ich zu erahnen, wie sich unsere Kinder am ersten Schultag gefühlt haben.
Lindas achte Klasse zählt, wie bereits berichtet, bloss neun Schüler. Acht davon sind männlichen Geschlechts. Frau Maluck, die Klassenlehrerin, wirkt äusserst sympathisch, wenn auch ziemlich „tough“. Sie unterrichtet Deutsch und Geschichte. Die Frau weiss was sie will. Und sie fordert was sie kann. Die Klasse wird als Gymnasialklasse geführt. Einzig ein Schüler erfüllt die Vorgaben nicht. Im Fach Deutsch hat bereits eine erste Kurzarbeit stattgefunden. Und wir nehmen beinahe etwas belustigt zur Kenntnis, dass Linda – als Schweizerin wohl gemerkt – mit Note 2 (Deutsches Benotungssystem!) die Klassenbeste war. Es mag darüber spekuliert werden, ob dies am Alemannischen Gymnasialniveau oder an der Kompetenz der Stadler Oberstufe E liegt. A propos Franziska und Schulpflege. Meine Frau hat es doch geschafft, bereits im Verlauf des ersten Elternabends einen Job zu fassen. Sie wurde ehrenvoll als Elternsprecherin der 8. Klasse gewählt. Die Schweizerinnen setzen Akzente in dieser Klasse – zumindest vorderhand...
Im Klassenzimmer von Nina sind die Bänke wesentlich besser besetzt. Kein Wunder, die Gruppe ist mit 17 Kindern beinahe doppelt so gross und homogen durchmischt. Frau Friedrich, die Klassenlehrerin, ist ebenfalls neu an der Schule und kämpft mit ähnlichen Problemen wie viele der neu zugezogenen Familien: Man tafelt am Campingtisch, teilt sich infolge ungenügender Ausstattung Geschirr und Besteck und verbringt die Freizeit zu grossen Teilen in den einschlägigen Möbelhäusern. Diese wiederum kämpfen bei ungestümer Nachfrage neu eingeschleuster „Expats“ – wohl aufgrund knapper Baumressourcen – mit gewaltigen Lieferproblemen. Aber das ist ein anderes Thema.
Auch in Ninas Klasse werden ElternvertreterInnen gesucht und es gelingt mir nur dank raffiniertem taktischen Geschick, ungefragt das Zimmer zu verlassen. Dafür habe ich mich – dies sei hier verraten – beim lokalen Eishockeyclub, den Abu Dhabi Falcons, als „Score Keeper“ gemeldet. Ich bin mir zwar noch nicht ganz sicher, welches Tätigkeitsgebiet diese Charge umfasst, bin jedoch beseelt von der Hoffnung, der Herausforderung gewachsen zu sein. Denn Tim hat sich mittlerweile als neuer Spieler registrieren lassen und bereits sein erstes Eistraining auf „Wüsteneis“ absolviert. Am gleichen Tag übrigens, an dem Linda im Rahmen einer Geburtstagsfeier zum Skifahren nach Dubai eingeladen war. Verkehrte Welt: Wir Schweizer sitzen bei 40 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von annähernd 90 Prozent am Arabischen Golf in der Wüste, zwei unserer Kinder treiben Wintersport, während in Zürich bereits die ersten Herbstboten Einzug halten.
Unseren Kindern gefällt es soweit ausgezeichnet. Das wiederum beruhigt die geplagte Elternseele. Denn die erste Krise ist nur eine Frage der Zeit. Ich kann mich an eine Tierfutterwerbung mit dem Spruch „Geht es der Katze gut, freut sich der Mensch“ (oder so ähnlich) erinnern. Mit dem Nachwuchs verhält es sich analog. Überhaupt ist aus der Forschung bekannt, dass sich die Mechanismen zwischen den Haltern von Haustieren und den Erziehern von Kindern verblüffend ähnlich sind. Auch das ein anderes Kapitel.
Unser Compound füllt sich derweil mit Leben. Das bringt den Sprösslingen entsprechende Vorteile. An den Abenden trifft sich regelmässig eine internationale Mischung aus Amerikanern, Kanadiern, Brasilianern und Einheimischen (sogenannte „Locals“) vor den Häusern auf der Strasse zum Fussballspiel oder am Pool zum Baden. Daneben bevölkern Schweden, Pakistani, Iraner, Ägypter, Jemeniten und Holländer den Compound. Einige Hunde unbestimmer Nationalität hat es übrigens auch. Aber die spielen nicht Fussball. Die hecheln primär und schaffen es bei dieser Hitze gerade einmal, den Häuserblock ohne Chappi-Infusion zu umrunden.
Zurück ins Bahnhofbuffet. Bald kommt mein Zug und bringt mich weiter ins Diemtigtal, wo ich einige Dinge erledigen will. Morgen geht’s in Kloten zum „JAR Medical Check“, in zwei Wochen muss auch das Emiratische „Medical“ erneuert werden. Neu verlangt das U.A.E. Luftamt übrigens eine Kontrolle des „Body Mass Index“. Mit Verlaub, dies ist kein Scherz. Zwei Limiten müssen eingehalten werden. Wird die erste überschritten, bleiben sechs Monate Zeit zum Abspecken. Liegt der Wert über der zweiten, höheren, Limite, gibts ein „Grounding“. Da bleiben mir die so heiss geliebten Datteln förmlich im Halse stecken. Ganz abgesehen davon, dass ich als semiprofessioneller Weisskittel-Hypertoniker solche Übungen sowieso nicht besonders liebe. Ich lebe in ständiger Angst, dass sich irgendwann einmal ein Arzt an einem überstrapazierten und in der Folge geschädigten Quecksilber-Messgerät verletzen könnte. Noch ist allerdings nichts dergleichen passiert. Knock on wood.
Wednesday, September 06, 2006
School has started
posted by Dide and Tim
Seit die Familie hier in Abu Dhabi lebt komme ich kaum noch zum Schreiben. Die Tage verfliegen förmlich, Sonnenauf- und Sonnenuntergang scheinen verbrüdert, kurze Tage und noch kürzere Nächte halten uns in ihrem Bann. Bei mir persönlich wächst der Wunsch nach einem „normalen“ familiären Alltagsrhythmus. Doch daran ist im Moment nicht zu denken. Für Franziska hat nach der strengen Zeit der „Haushaltsauflösung“ die ebenso anspruchsvolle Phase des „Neuaufbaus“ begonnen. Sie kämpft mit den Macken indischer Haushaltmaschinen ebenso wie mit den ekelhaften Windattacken unserer Klimaanlage. Im Schlafzimmer ist es uns zwar gelungen, dank raffinierter Stellung der einzelnen Blenden zu verhindern, dass wir beinahe aus dem Nachtlager geblasen werden. Allerdings hat diese Massnahme zur Folge, dass – Bernoulli lässt grüssen – die Anlage entsprechend an Dezibeln zugelegt hat und sich in einem Wettbewerb zur Imitation heranbrausender Schnellzüge mit Leichtigkeit in die Medaillenränge hieven würde.
Doch davon will ich heute nicht berichten. Solche Episoden lassen sich weit besser von Angesicht zu Angesicht schildern. In den vergangenen Tagen waren es unsere Kinder, die im Mittelpunkt des Geschehens standen. Das tun sie im Grunde genommen zwar immer, in vielfältiger Weise und aus vielfältigem Anlass. Der erste Schultag in Abu Dhabi jedoch darf mit Sicherheit als ein besonderes Ereignis bezeichnet werden.
Es geht los
Am 4. September war es soweit. Eines darf gesagt sein: unsere drei Sprösslinge sind die ganze Angelegenheit erstaunlich locker und mit positiver Einstellung angegangen. Zumindest gegen aussen. Ohne Hektik und Aufregung. Nach gemeinsamem Frühstück kämpfte sich die ganze Familie im eigenen Wagen durch den Morgenverkehr von Abu Dhabi. Da unser Compound am Rande der Stadt liegt, dauert die Fahrt zur Schule um diese Tageszeit rund 20 Minuten. Vor dem Eingang der Deutschen Schule herrschte reger „Abladeverkehr“. Weil um 0800 Uhr eine Begrüssungsrede des neuen Schulleiters angesagt war, wollten die meisten Eltern ihren Wagen parkieren, was sich in Abetracht der begrenzten Abstellmöglichkeiten als ein anspruchsvolles Unterfangen erwies.
Tim, Linda und Nina waren natürlich gespannt auf ihre Lehrer, ihre Mitschüler und auf die Zusammensetzung ihrer Klassen. Ähnlich dürfte es wohl auch den zahlreichen anderen Kindern und Jugendlichen ergangen sein, von denen viele ebenfalls neu an dieser Schule begannen. Das Geheimnis wurde am Schluss der Ansprache gelüftet, als die SchülerInnen klassenweise nach vorne gerufen wurden, um danach gemeinsam die Turnhalle Richtung Schulzimmer zu verlassen.
Tim ist in einer Klasse von lediglich vier Schülern: Zwei Mädchen und zwei Jungs. Alles deutsche Gymnasiasten, die ebenfalls erst vor wenigen Wochen nach Abu Dhabi gezogen sind. Er bescheibt die Eindrücke dieses ersten Tages wie folgt: Die langen Ferien endeten mit dem ersten Schultag an der Deutschen Schule Abu Dhabi (DSAD). Nach einer Ansprache des neuen Schulleiters in der Sporthalle, begab sich meine kleine Klasse, die mit mir aus vier Schülern besteht, in ihr kleines Klassenzimmer. Es ist sicher eine Qual, immer im Blickfeld des Lehrers zu sein, aber laut der Schule hat so eine kleine Klasse auch Vorteile, z.B., dass man schneller lernt, da man sich mehr am Unterricht beteiligen muss. Meine Klasse ist wie folgt zusammengesetzt: zwei Mädchen und zwei Jungs – dazu muss noch gesagt werden, dass die Mädchen nicht schlecht aussehen. Der Haken dieser Klasse ist aber, dass ich der einzige Schweizer bin und umzingelt von lauter Deutschen ist das auch nicht immer der Hit. Noch kann ich das nicht als Nachteil werten, denn bis jetzt gefällt es mir sehr gut.
Nach drei Einführungsstunden mit unserem Klassenlehrer begann dann endlich der richtige Unterricht. Dachten wir. Musik stand auf dem Stundenplan und die Lehrerin war die Frau unseres Klassenlehrers, die ziemlich aufbrausend aber zugleich lustig war. „Schule“ konnte man aber dieser Stunde auch nicht sagen, denn wir mussten die Instrumentenfamilien wiederholen. Danach war Biologie angesagt, auch nicht so mein Lieblingsfach. Doch auch hier wurde nicht richtig gearbeitet. Das einzige, was mir schwer fiel, war ein Gesichtsprofil von mir auf ein Blatt zu zeichnen. Dies ohne jegliche Hilfsmittel ausser einem schwarzen, dicken Stift. Zum Glück konnten wir dieses Problem mittels Hellraumprojektor lösen. Als letzte Stunde an diesem ersten Schultag folgte dann noch Geschichte. Darauf freute ich mich diesen Morgen am meisten – und auf die Mädchen natürlich. Hier überraschte mich, dass die Unterlagen des Faches in der Regel auf Englisch ausgeteilt werden. Auch diese Stunde hatte ein Ende und am Schluss blieben nur eine Menge Hausaufgaben, die ich jetzt noch zu erledigen habe.
Mit einer Überraschung begann der Schultag für Linda, ist sie doch das einzige (!) Mädchen in einer Gruppe von acht Knaben. Eine zweifellos einseitige hormonelle Verteilung. Sie schickte sich nach einem vielsagenden und vielfragenden Blick Richtung Eltern an, umringt von adoleszenten Jünglingen die Sporthalle Richtung Schulzimmer zu verlassen. Wir zweifeln nicht daran, dass Linda ein spannendes und lehrreiches Jahr in dieser Konstellation bevorsteht. Die Frage bleibt, in welchen "Fächern" sie am meisten profitiert. Man darf auf die Fortsetzung dieser Klassensaga gespannt sein.
Bei Nina scheint der Mix zu stimmen. Ihre Klasse zählt 16 Kinder und die Geschlechter scheinen gerechter verteilt. Neu für sie als Primarschülerin ist der Unterricht mit Fachlehrern. Auf ihrem Stundenplan finden sich Fächer wie Ethik, Informatik und – wie auch bei Tim und Linda – Arabisch. A propos Stundenplan: Auch hier hat Linda einen schweren Stand, denn mit 38 Wochenlektionen bleiben auf ihrem Blatt nur wenige Felder leer. Tim bringt es auf 35 Stunden und Nina liegt mit 33 Einheiten ebenfalls klar über der vergleichbaren Zürcher Limite von 29 Wochenlektionen. Die Schule beginnt jeden Vormittag für alle drei um 0800 Uhr und endet entweder um 1315 Uhr oder 1520 Uhr. Selbstverständlich beenden die drei ihren Unterricht nicht jeden Tag zur gleichen Zeit, was für Franziska und mich zusätzlichen Fahraufwand zur Folge haben wird.
Wie dem auch sei - das Eis ist gebrochen. Mit dem Eintritt in die Schule hat auch für unsere Kinder das Alltagsleben in den Emiraten begonnen. Eine weitere Hürde ist gemeistert.
Seit die Familie hier in Abu Dhabi lebt komme ich kaum noch zum Schreiben. Die Tage verfliegen förmlich, Sonnenauf- und Sonnenuntergang scheinen verbrüdert, kurze Tage und noch kürzere Nächte halten uns in ihrem Bann. Bei mir persönlich wächst der Wunsch nach einem „normalen“ familiären Alltagsrhythmus. Doch daran ist im Moment nicht zu denken. Für Franziska hat nach der strengen Zeit der „Haushaltsauflösung“ die ebenso anspruchsvolle Phase des „Neuaufbaus“ begonnen. Sie kämpft mit den Macken indischer Haushaltmaschinen ebenso wie mit den ekelhaften Windattacken unserer Klimaanlage. Im Schlafzimmer ist es uns zwar gelungen, dank raffinierter Stellung der einzelnen Blenden zu verhindern, dass wir beinahe aus dem Nachtlager geblasen werden. Allerdings hat diese Massnahme zur Folge, dass – Bernoulli lässt grüssen – die Anlage entsprechend an Dezibeln zugelegt hat und sich in einem Wettbewerb zur Imitation heranbrausender Schnellzüge mit Leichtigkeit in die Medaillenränge hieven würde.
Doch davon will ich heute nicht berichten. Solche Episoden lassen sich weit besser von Angesicht zu Angesicht schildern. In den vergangenen Tagen waren es unsere Kinder, die im Mittelpunkt des Geschehens standen. Das tun sie im Grunde genommen zwar immer, in vielfältiger Weise und aus vielfältigem Anlass. Der erste Schultag in Abu Dhabi jedoch darf mit Sicherheit als ein besonderes Ereignis bezeichnet werden.
Es geht los
Am 4. September war es soweit. Eines darf gesagt sein: unsere drei Sprösslinge sind die ganze Angelegenheit erstaunlich locker und mit positiver Einstellung angegangen. Zumindest gegen aussen. Ohne Hektik und Aufregung. Nach gemeinsamem Frühstück kämpfte sich die ganze Familie im eigenen Wagen durch den Morgenverkehr von Abu Dhabi. Da unser Compound am Rande der Stadt liegt, dauert die Fahrt zur Schule um diese Tageszeit rund 20 Minuten. Vor dem Eingang der Deutschen Schule herrschte reger „Abladeverkehr“. Weil um 0800 Uhr eine Begrüssungsrede des neuen Schulleiters angesagt war, wollten die meisten Eltern ihren Wagen parkieren, was sich in Abetracht der begrenzten Abstellmöglichkeiten als ein anspruchsvolles Unterfangen erwies.
Tim, Linda und Nina waren natürlich gespannt auf ihre Lehrer, ihre Mitschüler und auf die Zusammensetzung ihrer Klassen. Ähnlich dürfte es wohl auch den zahlreichen anderen Kindern und Jugendlichen ergangen sein, von denen viele ebenfalls neu an dieser Schule begannen. Das Geheimnis wurde am Schluss der Ansprache gelüftet, als die SchülerInnen klassenweise nach vorne gerufen wurden, um danach gemeinsam die Turnhalle Richtung Schulzimmer zu verlassen.
Tim ist in einer Klasse von lediglich vier Schülern: Zwei Mädchen und zwei Jungs. Alles deutsche Gymnasiasten, die ebenfalls erst vor wenigen Wochen nach Abu Dhabi gezogen sind. Er bescheibt die Eindrücke dieses ersten Tages wie folgt: Die langen Ferien endeten mit dem ersten Schultag an der Deutschen Schule Abu Dhabi (DSAD). Nach einer Ansprache des neuen Schulleiters in der Sporthalle, begab sich meine kleine Klasse, die mit mir aus vier Schülern besteht, in ihr kleines Klassenzimmer. Es ist sicher eine Qual, immer im Blickfeld des Lehrers zu sein, aber laut der Schule hat so eine kleine Klasse auch Vorteile, z.B., dass man schneller lernt, da man sich mehr am Unterricht beteiligen muss. Meine Klasse ist wie folgt zusammengesetzt: zwei Mädchen und zwei Jungs – dazu muss noch gesagt werden, dass die Mädchen nicht schlecht aussehen. Der Haken dieser Klasse ist aber, dass ich der einzige Schweizer bin und umzingelt von lauter Deutschen ist das auch nicht immer der Hit. Noch kann ich das nicht als Nachteil werten, denn bis jetzt gefällt es mir sehr gut.
Nach drei Einführungsstunden mit unserem Klassenlehrer begann dann endlich der richtige Unterricht. Dachten wir. Musik stand auf dem Stundenplan und die Lehrerin war die Frau unseres Klassenlehrers, die ziemlich aufbrausend aber zugleich lustig war. „Schule“ konnte man aber dieser Stunde auch nicht sagen, denn wir mussten die Instrumentenfamilien wiederholen. Danach war Biologie angesagt, auch nicht so mein Lieblingsfach. Doch auch hier wurde nicht richtig gearbeitet. Das einzige, was mir schwer fiel, war ein Gesichtsprofil von mir auf ein Blatt zu zeichnen. Dies ohne jegliche Hilfsmittel ausser einem schwarzen, dicken Stift. Zum Glück konnten wir dieses Problem mittels Hellraumprojektor lösen. Als letzte Stunde an diesem ersten Schultag folgte dann noch Geschichte. Darauf freute ich mich diesen Morgen am meisten – und auf die Mädchen natürlich. Hier überraschte mich, dass die Unterlagen des Faches in der Regel auf Englisch ausgeteilt werden. Auch diese Stunde hatte ein Ende und am Schluss blieben nur eine Menge Hausaufgaben, die ich jetzt noch zu erledigen habe.
Mit einer Überraschung begann der Schultag für Linda, ist sie doch das einzige (!) Mädchen in einer Gruppe von acht Knaben. Eine zweifellos einseitige hormonelle Verteilung. Sie schickte sich nach einem vielsagenden und vielfragenden Blick Richtung Eltern an, umringt von adoleszenten Jünglingen die Sporthalle Richtung Schulzimmer zu verlassen. Wir zweifeln nicht daran, dass Linda ein spannendes und lehrreiches Jahr in dieser Konstellation bevorsteht. Die Frage bleibt, in welchen "Fächern" sie am meisten profitiert. Man darf auf die Fortsetzung dieser Klassensaga gespannt sein.
Bei Nina scheint der Mix zu stimmen. Ihre Klasse zählt 16 Kinder und die Geschlechter scheinen gerechter verteilt. Neu für sie als Primarschülerin ist der Unterricht mit Fachlehrern. Auf ihrem Stundenplan finden sich Fächer wie Ethik, Informatik und – wie auch bei Tim und Linda – Arabisch. A propos Stundenplan: Auch hier hat Linda einen schweren Stand, denn mit 38 Wochenlektionen bleiben auf ihrem Blatt nur wenige Felder leer. Tim bringt es auf 35 Stunden und Nina liegt mit 33 Einheiten ebenfalls klar über der vergleichbaren Zürcher Limite von 29 Wochenlektionen. Die Schule beginnt jeden Vormittag für alle drei um 0800 Uhr und endet entweder um 1315 Uhr oder 1520 Uhr. Selbstverständlich beenden die drei ihren Unterricht nicht jeden Tag zur gleichen Zeit, was für Franziska und mich zusätzlichen Fahraufwand zur Folge haben wird.
Wie dem auch sei - das Eis ist gebrochen. Mit dem Eintritt in die Schule hat auch für unsere Kinder das Alltagsleben in den Emiraten begonnen. Eine weitere Hürde ist gemeistert.
Subscribe to:
Posts (Atom)