Tuesday, October 09, 2007

Sportliches

Eigentlich hatte ich sie ja bereits beendet und abgeschrieben; meine Squash-Karriere. Doch hier in Abu Dhabi, zwischen brennendem Sand und stechender Sonne, treibt es mich wieder in die engen Courts, deren Betonwände jeder Anlage zellenhaft-klaustrophobische Züge verleihen. Die Temperaturen sind angenehm kühl, was mitnichten heissen soll, dass mann oder frau bei der Jagd nach dem kleinen Gummiball nicht ins Schwitzen gerät.

Turnier-Fieber
In jungen Jahren, da hielt ich mich tagelang in Squashzentren auf. Ich durchlief eine Trainerausbildung, coachte in der Folge Junioren, spielte Turniere, die zu unsäglich früher Morgenstunde irgendwo in der Ostschweiz angesetzt wurden (und bei denen ich nicht selten nach einer Erstrundenniederlage frustriert von dannen zog...) und war Mitglied einer Interclubmannschaft. Zum Schweizermeister hat es zwar nicht ganz gereicht (kleiner Scherz), immerhin schaffte ich aber eine Klassierung unter den ersten 350 der Schweiz!
Heute flackert die alte Leidenschaft wieder auf! Faiz Khan, der pakistanische Coach, bei dem ich regelmässig Stunden nehme, hat ein Turnier organisiert: Das „Le Meridien Ramadan Squash Open“ lockt rund 60 Spieler in die neu renovierte Sportanlage des gleichnamigen Hotels. Das Turniertableau ist bunt gemischt. Im wahrsten Sinne des Wortes: dunkle Haut, helle Haut, grüne Shirts, rote Hosen. Anders als bei Wettkämpfen in der Schweiz gibt es keine Klassierungen, die ausgewogene Stärkeklassen garantieren. Das Teilnehmerfeld weist ein offenkundiges Gefälle auf. Gespielt wird über eine Zeitspanne von rund drei Wochen, die „Games“ finden in der Regel am späten Nachmittag oder am Abend statt. Mitunter informiert auch die Presse in bescheidenem Rahmen über die Resultate.

In völliger Ahnungslosigkeit gehe ich, die fiebernde Familie im Schlepptau, an mein erstes Spiel. Der arabisch klingende Name meines Gegner sagt mir nichts. Ich bin guten Mutes, schliesslich spiele ich seit längerer Zeit wieder regelmässig und fühle mich entsprechend fit. Erst die wenigen bedeutungsvollen Mienen einiger „Insider“ beim Aufwärmen stimmen mich skeptisch. Als der Gegner dann leichtfüssig die Arena betritt, sportlich durchtrainiert, rund zwei Dekaden jünger und überlegen lächelnd, ahne ich Böses. Und in der Tat – das Spiel verläuft ziemlich einseitig! Mein Gegner spielt und ich renne, laufe, keuche. Meine Fangemeinde ausserhalb des Courts wahrt die Fassung und beklatscht jeden Punkt, den mir mein Gnade walten lassender Gegner edelmütig zugesteht, frenetisch. So, dass schliesslich das Endresultat meiner Ehre wenig Abbruch tut. Später, die letzten Schweissperlen auf meiner Stirne sind kaum getrocknet, vertrauen mir Insider an, dass mein ägyptischer Bezwinger zu den besten Spielern der UAE gehöre und als Nummer vier des Turniers gesetzt sei. So gesehen, handelt es sich beinahe um eine Ehre, mit diesem Squash-Titanen, der das Turnier schliesslich auf dem dritten Rang beendet, einige Rallyes gespielt zu haben!

Meine Wenigkeit kämpft weiter in der „Plate Round“, dem Trostturnier. Es läuft gut und ich gewinne drei Spiele in Folge mit 3:0. Hoffnung keimt auf, das Ganze zu einem guten Ende zu führen. Mein Selbstvertrauen steigt mit jedem gewonnenen Punkt. Doch im Halbfinal ist Schluss. Mein 15jähriger Gegner, schon wieder ein Ägypter, erweist sich nach einem gewonnenen ersten Satz letztlich als zu stark und gewinnt 1:3.
Glücklicherweise stellen die Organisatoren weitere Turniere in Aussicht.

Captain-Fieber
Falsch! Die Rede ist nicht von der Fliegerei. Auch wenn ich obigen Absatz mit einer Anspielung daran ausklingen lasse.
Die „Falcons“ sind auf der Suche nach einem Teamcaptain für die Mannschaft der „Above 14“, also der „über 14jährigen“. Die in dieser Gruppe eingeteilten Jungs und Mädchen (in den UAE spielen beide Geschlechter nach Möglichkeit zusammen) stellen die älteste Altersklasse der Junioren dar. Wer älter als 18 ist, spielt bei den Erwachsenen.
Die Mannschaftsliste ist lang und ich liste sie hier auf, weil die Namen in ihrer Vielfalt beredtes Zeugnis des Nationengemischs liefern: Jasim Abdulbaki, Zayed Abdulbaki (UAE), Mark Armour (USA), Tyler Beresford (USA), Calum Crome-Hawke (UK), Ayoub Dib(Egypt/USA), Tim Eppler, Richard Eshaya (CAN), Ferras Hebaichi (Palestine/USA), Jafer Jaradat (CAN), Amir Kahoul, Brendon Knox (South Africa), Herman Lone (sprich „Lu-ne“, Norway), Michela Raciti, Riccardo Raciti (Italy), Alastair Salsman (CAN), Justin Shima (USA), Gabriel Shotton (USA), Lucas Taillefer (FR), Xiao Yao (China), Alexandra Yip-Choy (CAN), Zachary Zajac (CAN).
Die Truppe ist nicht nur bezüglich Herkunft äusserst vielfältig, auch die Fähigkeiten auf dem Eis sind alles andere als homogen. Da gibt es beispielsweise eine junge Kanadierin, die den meisten Jungs um die Ohren fährt und eishockeytechnisch ganz vorne mitmischt. Was nicht weiter erstaunt, hat sie doch früher in ihrem Heimatland in einer Auswahlmannschaft mitgespielt. Und da in den UAE keine Bodychecks bei Juniorenteams erlaubt sind, gehört sie bei den Turnierspielen ebenfalls zu den besten.

Nun sucht diese Mannschaft also einen Captain. Damit sich die SpielerInnen der Bedeutung der Captainswahl bewusst sind, verschickt der Coach vorgängig folgendes Mail:
„It is time to elect a Captain (C) and 2 Alternate or Assistant Captains (A) for the team. These roles are an important part of our team's development and it is important you give some thought to the selections you will be making. The following is from an article describing Mark Messier who some think was the best hockey team Captain ever:There are captains in the other major team sports, but in no other is the Captaincy as important as it is in hockey. An NHL captain is a team leader and a team spokesman, on and off the ice. He has to have heart--and the ability to be heartless. The job description can range from having to light a fire under a player whose work habits may not be up to snuff to helping a new teammate get settled. He's a social director, a bridge between players and management, and, almost certainly, its most dedicated, if not best, player. A captain is a team's communicator, a critic, a counselor, and a conscience all rolled into one. The "C" is a symbol of their teammates' respect and their coaches' trust...
No, we are not playing in the NHL but these attributes are something to strive for and something for you to think about when making your selection for Captain and Alternates. The election will be at the rink on Friday morning before we go on the ice. If you are not going to be at the rink on Friday then get back to me with your choices before Friday evening and I will compile. The election is meant to be free and private so any picks you send to me will be kept confidential....the choices should clearly state the name for Captain and the 2 names for Alternates.”

Eine verantwortungsvolle Aufgabe also, die es zu vergeben gilt. Die SpielerInnen notieren ihre Vorschläge auf kleine Zettel, die der Coach später einsammelt und im stillen Kämmerlein auszählt.

Gewählt wird Tim. Xiao und Ferras werden die beiden „Assistant Captains“. Die drei sollen ihre Mannschaft in eine erfolgreiche Saison führen. Mit vielen Toren und wenig Niederlagen. Mit neuem Logo und neu gestalteten Jerseys. Der Anfang gelingt. Sie gewinnen ein erstes Freundschaftsspiel gegen ein Erwachsenenteam der „Abu Dhabi Scorpions“ mit 8:4.














Radio-Fieber
Zugegeben – der Begriff „Radio-Fieber“ assoziiert nicht zwingend sportliche Höchstleistungen. Vielleicht aber innovativ-akademische!
Ich sitze im Zug von Genf nach Zürich und lese nach langem Unterbruch wieder einmal den „Tages-Anzeiger“. Dabei sticht mir ein Artikel über den Rosch.. äh Pardon, den „Herrn Schawinski“ ins Auge. Er sei es leid, ständig von jungen Schnöseln geduzt zu werden. Und das ewige „Britney Spears-Gedusel“ auf den gängigen Lokalsendern mag er auch nicht mehr hören. Er wird zum Opfer seiner eigenen Kreativität. Doch eines muss man dem guten lassen: im Gegensatz zu vielen anderen Zeitgenossen klagt (Herr) Schawinski nicht – er handelt! Ersteht kurzerhand das vollständige Aktienpaket des bislang unscheinbaren „Radio Tropic“ und beschliesst, nach Einschiessung von acht bis zehn Millionen das Radio von Grund auf umzubauen. Für ein Zielpublikum zwischen 30 und 60! Da bin ich also noch voll dabei! Und überhaupt war es schon immer mein Traum, in einem Lokalradio mitzutun. Frühere Pläne für ein „Radio Zürcher Unterland“ sind leider mangelndem Sponsoreninteresse zum Opfer gefallen. (Fehlende) Sponsoren scheinen im Übrigen immer mehr mein Leben zu dominieren. Ob bei Radioplänen oder heute beim Eishockey. Doch (Herr) Schawinski lässt mich wieder hoffen: Ab Beginn 2008 soll sein Radio loslegen. Mit einem neuen Team, das noch zu bilden ist. Ob ich mich wohl melden soll? Nach dem Abstecher in die Aviatik-Wüste wäre ein Wechsel in die Radio-Wüste nicht gar so ungewöhnlich. Und Erfahrung habe ich schliesslich. Ob ich den Passagieren einen Bären aufbinde oder den Zuhörern, spielt letztlich keine grosse Rolle.

Doch das muss ich alles zuerst mit Franziska besprechen...

Monday, October 01, 2007

Kaffee-„Genüsse“

Vielleicht bin ich süchtig. Nach dem Duft roher Bohnen, und nach dem Geschmack frisch zubereiteten Kaffees. Deshalb beschäftigt mich das Thema immer öfter. Möglich auch, dass ich diesbezüglich ganz einfach verwöhnt bin. Unsere Nespresso-Maschine war seinerzeit die erste Anschaffung nach dem Einzug ins neue Haus in Abu Dhabi. Nicht einmal einen Becher, geschweige denn Tassen waren vorhanden. Weder in der Küche noch in den übrigen Zimmern. Doch schliesslich haben mann und frau liebe Nachbarn, so dass die Verlegenheit von kurzer Dauer ist. Ein Tässchen ausgeliehen und schon blubbert das Objekt der Begierde aus dem Hahn.

Monopol in Arabien
Vom Kaffee soll die Rede sein, und zwar im Besonderen vom Kaffeegenuss in Etihad-Flugzeugen. Serviert von Cabin Crews der Etihad und zwar im Besonderen an Cockpitbesatzungen derselben Airline. Das passt insofern, als dass die Arabische Welt bereits früh mit der Kaffeebohne in Kontakt kam. Durch Sklavenhändler wurde sie vermutlich im 14. Jahrhundert aus Äthiopien eingeführt. Der Kaffeeanbau brachte Arabien eine Monopolrolle ein. Handelszentrum war die Hafenstadt Mocha, auch Mokka genannt, das heutige Al Mukha im Jemen.
Mittlerweile hat sich das Getränk stetig weiterentwickelt. Der Kaffee geniesst Kultstatus. Die Geschmäcker sind verschieden. Kaffee – oder arabisch „Qahwa“ – ist eben nicht gleich Kaffee. Zwischen einem Caffé Latte“ und einem „Doppio Espresso“ klafft ein Riesengraben. Und zwar von der Zubereitung bis hin zu Form und Grösse des Trinkgefässes. Traditionelle Wiener Kaffeehäuser und „Starbucks“ haben wenig miteinander gemein. Fortwährend kreieren inspirierte Köpfe neue Variationen rund um die Kaffeebohne. Innovative Geister überschreiten dabei Grenzen wie Hannibal dereinst mit seinen Elefanten den Rubicon.
Nun bringt es mein Beruf mit sich, dass ich den Kaffee in der Regel nicht selber zubereite, sondern die Bestellung den Kolleginnen und Kollegen der Kabinenbesatzung weitergebe. Wobei sich grundsätzlich drei Varianten anbieten: Cappuccino, Espresso oder der gewöhnliche Filterkaffee. Erstgenannter kommt aus dem Beutel und ist meist schlecht gerührt, was eine unappetitliche Klumpenbildung zur Folge hat, zweiter wird mit der bordeigenen und den Besatzungen wenig vertrauten Nespressomaschine präpariert und und dritter tröpfelt abgestanden aus der Filtermaschine. Meine arme Seele ist jedoch auf die Hilfe des Koffeins angewiesen, um die quälenden Nacht(flug)-Stunden zu überstehen.

Andere Länder, andere (Kaffee-)Sitten
Etihad beschäftigt bekanntlicherweise Flight Attendants aus über 70 verschiedenen Herren Länder mit unterschiedlichen Kaffeekulturen. Daher geht mit der Bestellung eines Kaffees immer eine gewisse Spannung einher, ob denn nun das georderte Gebräu den persönlichen Vorstellungen entspreche.
Um es gleich vorwegzunehmen; in der Regel tut es das nicht!

Die triste Realität zeigt, dass beim Bestellen eines Kaffees mit allem gerechnet werden muss, was getränketechnisch zwischen lauwarmer Ovomaltine und gequirltem Zuckerwasser angeordnet werden kann. Mal dunkel wie die Nacht, dann wieder hell wie Wüstensand. Gefüllt in Plastikbecher, Servietten umwickelte Gläser bis hin zur eigentlichen Kaffeetasse. Was mir noch fehlt ist der Espresso in der Suppentasse oder der Cappuccino in der Dessertschale. Willkürliche Zuordnungen bar jeglicher Kaffee-Ethik. Schliesslich gehe ich für eine Darmspiegelung auch nicht zum Dermatologen und suche das Gemüse ebensowenig in der Auslage der Metzgerei.
In der Regel geht die Bestellung über zu viele Stellen, Sprachen und Dialekte, so dass Missverständnisse an der Tagesordnung sind. The „clash of cultures“ manifestiert sich auf eindrückliche Weise bei der Zubereitung des Kaffees. Arabischer Kaffee, Türkischer Kaffee, Kaffee aus Kenia oder Sibirien – sie sind so verschieden wie Tim und Struppi, Max und Moritz oder Fix und Foxi.
Der Espresso im Mineralwasserglas, auch „Tumbler“ genannt, ohne den verlockend züngelnden Schaum auf der Oberfläche, reizt mich genauso wenig wie eine gut gefüllte Tasse, deren Unterteller bereits bei der Entgegennahme deutlich feuchte Spuren des überschwappenden Inhalts zeigt. Viele unserer Flight Attendants trinken selber keinen Kaffee und sind sich der Qualitätsunterschiede leider nicht bewusst. Sie geben sich zwar Mühe, dessen bin ich mir sicher, doch leider mit mässigem Erfolg.
















Selten so gesehen bei Etihad

So werde ich – in Anbetracht einer adäquaten Alternative – zweifellos auch in Zukunft meine Müdigkeit mit wässrig-lauwarmem Kaffee oder klumpigem Cappuccino bekämpfen. Dabei träume ich immer wieder den gleichen Traum: eine mitleidsvoll lächelnde Hostess der SWISS erscheint und reicht mir auf silbernem Tablett den perfekt geschäumten Espresso in der Nespresso-Tasse. Begleitet von einer dezent drappierten Auswahl feinster Lindt & Sprüngli Pralinés. Himmlische Genüsse im wahrsten Sinne des Wortes. Leider ohne jeglichen Bezug zur emiratischen Realität!