posted by Dide
In der Fliegerei ist ein „stabilisierter“ Anflug eine Selbstverständlichkeit. Man spricht dann von einem „stabilisierten“ Anflug, wenn sämtliche relevanten Parameter im Sollbereich liegen. Dazu gehören Anflugachse und -winkel, die Geschwindigkeit, die Stellung der Landeklappen und letztlich auch die entsprechende Triebwerkleistung. Ein „stabilisierter“ Anflug ist zwingende Voraussetzung für eine sichere Landung - und bewegt sich eines der oben genannten Elemente in einem bestimmten Höhenfenster ausserhalb der Toleranz, muss ein Durchstart eingeleitet und ein neuer Anflug begonnen werden.
Die Vokabel „stabilisiert“ hat nicht die gleiche Bedeutung wie „stabil“. Wohl ist beiden Begriffen der gleiche Wortstamm gemein, in ihrer Answendung hingegen sind sie verschieden. Auch wenn meine Anflüge in der Regel „stabilisiert“ sind, kontrastiert das in diesem Fall verwendete Adjektiv markant mit meinen instabilen Verhältnissen in Sachen Wohnen. Das Haus, für das wir uns entschieden haben, will einfach nicht fertig werden. Dabei fehlt so wenig: Probleme bei der Installation der elektrischen Anlage verzögern jedoch den Bezug auf unbestimme Zeit. Der Umzugstermin der Familie ist auf Mitte August geplant. Ob das Domizil dann bezugsbereit ist? Vielleicht wäre es ratsam, im Carrefour ein Zelt zu erstehen. Schliesslich lebe ich im Land der Beduinen, da hat diese Form des Wohnens lange Tradition. Doch Toni, der in der gleichen Lage ist, und ich versuchen derweil, das weitere Vorgehen mit unserem Arbeitgeber zu regeln. Denn dieser ist der Ansicht, dass es nun endlich an der Zeit wäre, unser Hotelzimmer zu räumen. Die erste Frist vom 15. Juli wurde um eine Woche verlängert – doch die nächste „Deadline“ rückt bedrohlich nahe. Die Telefone beginnen heiss zu laufen...
Weiter beschäftigt uns natürlich der eskalierende Konflikt im Libanon. Wir befinden uns in einem völlig anderen Umfeld als bis anhin in der Schweiz, wo wir – im Zentrum Europas – sowohl ideologisch als auch geografisch mehr Distanz zur Nahostsituation hatten. Etihad Airways beschäftigt viele Angestellte mit arabischen Wurzeln. In jeder Besatzung finden sich Marokkaner, Tunesier, Algerier oder Libanesen. Der Grundtenor lautet zweifellos anders als beispielsweise bei Diskussionen in der Schweiz, die Sympathien werden schnell offensichtlich. Gleiches fällt auf bei der Betrachtung von lokalen Zeitungen. Und beim abendlichen Zappen drücke ich mich durch eine Serie von arabischen Sendern, die ununterbrochen von den Ereignissen im Nahen Osten berichten. Wohl verstehe ich die Meldungen nicht, doch auch dem blossen Bildbetrachter bleiben keine Zweifel über die Haltung der Berichterstatter einerseits und die gezeigten Emotionen andererseits. Mir wird mit erdrückender Deutlichkeit klar, wie sehr mich der Ort und das unmittelbare Umfeld bei der Meinungsbildung beeinflussen. Wie steht es da um meine Objektivität? Wie viel Wert hat meine Sachlichkeit? Verdient sie gar diesen Namen?
Geschaudert hat mich der Anblick der Lichter von Beirut beim Flug von Abu Dhabi nach München. Die Luftstrassen über Jordanien und Syrien sind weiterhin offen und ein ganzer Pulk von Flugzeugen – auch solche der SWISS – überflog in dieser Nacht das Krisengebiet. Stumme Blicke aus dem gut besetzten Cockpit und Fragen nach Sinn, Unsinn und Gerechtigkeit. Sie bleiben fürs Erste ohne Antwort.
Tuesday, July 18, 2006
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