Kleine Konfgruppe
Heute, ziemlich genau zwei Jahre später, feiern wir die Konfirmation von Linda. Doch Schauplatz ist nicht das malerische Zürcher Unterländer Dorf. Auch klingt nicht die vertraute Stimme von Pfarrer Hans Caspers von der Kanzel. Wir versammeln uns in der Koptischen Kapelle der St. Andrews Church im Christlichen Zentrum von Abu Dhabi. Unmittelbar daneben steht eine Moschee. Es scheint, als ergänzten sich die beiden Gotteshäuser unterschiedlicher Religionen in absoluter Harmonie.
Die Koptische Kapelle ist klein und verglichen mit einer reformierten Kirche in der Schweiz sind die Wände reich bemalt. Vor dem Betreten müssen die Schuhe ausgezogen werden. Der Raum wird durch zahlreiche dicke runde Säulen in kleinere Segmente unterteilt. Die Koptische Kirche geht auf das alexandrinisch-ägyptische Christentum der Spätantike zurück. Der Heilige Markus, der Verfasser des Markusevangeliums, soll nach koptischer Überlieferung das Christentum im 1. Jahrhundert an den Nil gebracht haben und gilt somit als Gründer und erster Papst der Koptisch-Orthodoxen Kirche. Diese gehört zu den ältesten Kirchen der Welt. Sie gilt als eine Kirche der Märtyrer und Wiege des Mönchtums und ist eine der altorientalischen Kirchen.
Die Konfgruppe besteht aus lediglich vier Jugendlichen und in der Kapelle ist genügend Platz für Verwandte und Freunde. Anders als in der Heimat fehlen Grosseltern oder Paten. Zu aufwendig ist die Anreise, zu knapp die Zeit. Die beiden Mädchen und die zwei Jungs, alles Schüler der Deutschen Schule Abu Dhabi, haben gemeinsam ein Konfjahr verbracht, ähnlich wie dies auch Konfirmanden in der Schweiz tun. Mit dem Unterschied vielleicht, dass der Unterricht nicht mit derselben Regelmässigkeit stattfand. Vieles wirkte oft ein wenig improvisiert und „spontan“, was aber der Intensität der behandelten Inhalte offenbar keinen Abbruch tat. Anders als in der Schweiz fuhren die Konfirmanden nicht in ein gemeinsames Lager, sondern leisteten einen Tag Sozialdienst in einem Behindertenheim, wo sie mit dessen Bewohnern Kerzen herstellten und verzierten.
Eindrücke von der Feier
Konfirmanden, Eltern und Pastoren
Hunger, Durst....
Auch bei der heutigen Feier werden die Konfirmanden mehrfach in den Ablauf einbezogen, lesen Verse oder erklären die Bedeutung eines Psalms. Die einfühlsame Predigt des Pastors handelt von Wegkreuzen und von der Loslösung der Kinder vom Elternhaus. „Ein Menschenleben speist sich aus der Kindheit“, höre ich den Prediger sagen und meine Gedanken schweifen zurück in frühere Jahre. Ich bin wohl nicht der einzige, der hie und da ins Grübeln gerät und ich glaube einmal mehr zu erkennen, wie rasend schnell die Lebensuhr tickt. Bei der Konfirmation selber wird Pastor Pape von keinem geringeren als Oberkirchenrat Jens Pieper unterstützt, welcher im Auftrag der Evangelischen Kirche Deutschland den Mittleren und Nahen Osten betreut. Kniend nehmen die vier Konfirmanden ihre Konfirmationssprüche entgegen. Anschliessend servieren sie ihren Familien persönlich das Abendmahl; Oblate statt Brot und Traubensaft statt Wein. Die fehlende Orgel wird ersetzt durch ein Elektroklavier, an deren Tastatur die Musiklehrerin der Deutschen Schule sitzt. Auf diese Weise verlieren sich die wenigen Gesangsstimmen – auch beim mutig inszenierten Kanon – nicht vollends im musikalischen Vakuum.
Üppiges Buffet
Nach einer Stunde verlassen die Konfirmierten die Kapelle, gefolgt von Eltern, Verwandten und Freunden. Den Apéro gibt’s in einer engen Gasse vor dem Ausgang; Sekt und Orangensaft aus Plastikbechern, dazu Salzgebäck. Es wird munter geplaudert und diskutiert. Doch die Zeit ist knapp, denn bereits um 13.30 Uhr ist unser Tisch fürs Mittagessen reserviert. Linda hat ihre Freundin Annso eingeladen und natürlich fehlt auch Freund Nathan nicht. Aus der Schweiz ist ihr Cousin Sven angereist. Die Fraktion der Erwachsenen wird durch unsere treue Nachbarin Andrea angenehm komplementiert. So geniessen wir zu neunt das vielfältige Mittagsbuffet im Hotel Shangri-La zwischen den beiden grossen Brücken – Mussaffah und Maqta – welche die Insel Abu Dhabi mit dem Festland verbinden. Draussen ist es um diese Jahreszeit bereits zu heiss zum Essen, da ziehen wir den angenehmen Kühleffekt der Klimaanlage vor.
Das Buffet präsentiert sich arabisch üppig und entsprechend vielfältig: Wir kämpfen uns durch Sushi, Muscheln, Crevetten und Houmus. Dann wechseln wir zum warmen Buffet und laden gegrillten Snapper, Hühnchen, Lammkotteletten und Roastbeef mit Gemüse- und Kartoffelvariationen auf die vorgeheizten Teller. Und zum Schluss locken Dessertkreationen wie Schokoladen- und Kokostorte, gefüllte Datteln, diverse Eiscrème-Aromen und natürlich die jung und alt faszinierenden Schokoladenfälle: weisse, helle und dunkelbraune Kakao-Masse sprudelt endlos aus der Spitze einer turmähnlichen Konstruktion. Wer Lust hat, dreht Spiesse mit Erdbeeren oder anderen Fruchtstücken unter der süssen Flüssigkeit. Wer bereits zu viel gegessen hat, betrachtet die Leckereien mit tränendem Auge.
Vor und nach den Gängen packt Linda eifrig Geschenke und Gratulationskarten aus, strahlt, umarmt und küsst, wenn auch nicht alle gleichlang und -heftig.
Schokolade im Fluss
Beim Mittagessen
Abkühlung im Pool
Nachdem wir uns alle die Bäuche vollgeschlagen haben, geht’s zurück in den „Al Qurm“ Compound. Es ist kurz vor 16 Uhr und das Thermometer steht noch immer bei 30 Grad. Gemeinsam machen wir uns auf zum Pool, dessen klares Wasser Erfrischung und Abkühlung verspricht. Und wer keine Lust auf eine Wasserschlacht verspürt, räkelt sich auf einer Liegematte; liest, döst oder verliert sich in Tagträumen. Später lassen wir den Tag individuell ausklingen, bevor Linda und ich ihre Freunde gemeinsam wieder nach Hause fahren. Zu später Stunde öffnen wir noch eine Flasche Wein und prosten uns im Familienkreis zu. Denn mit dem Alkohol ist das hier so eine Sache: Auf der Strasse gilt Nulltoleranz und so sind wir bis zu diesem Zeitpunkt nicht dazugekommen, auf die „Jung-Konfirmandin“ anzustossen. Abgesehen davon, gibt es noch einen weiteren Grund, die Gläser zu erheben: Nina hat ihre Aufnahmeprüfung in die amerikanische Schule ACS bestanden. Und wie sagt der Volksmund doch so treffend: „Feste soll man feiern, wie sie fallen!“
4 comments:
Was ein interessanter Bericht!
Tausend- und einem Kommentar würdig.
Doch wir haben es mit der Realität zu tun, denke ich mal...So werden sich die Kommentare, wie immer, in Grenzen halten.
Im letzten Photo meine ich eine gewisse Ähnlichkeit zwischen Ihnen und Roger Schawinski zu erkennen.
Beim Bild No.4 kam mir spontan Madonna in den Sinn. Der Begriff ist ja durch den gleichnamigen Popstar auf eigenartige Weise besetzt worden.
Jedenfalls sind auf dem Bild zwei Madonnen zu erkennen, irgendwie harmonisch, dieses Bild. Der vorlesende Priester stört ein bisschen.
Die angebliche Ähnlichkeit mit Roger Schawinski wurde so noch nie festgestellt. Sollte ich ein nur annähernd so erfolgreiche Medienkarriere vor mir haben, nähme ich könnte ich sogar damit leben....
Und was den Madonnenvergleich betrifft, so hoffe ich doch, dass der Priester den Kommentar nicht liest...
Im Ernst - vielen Dank für das Feedback. Es ist in der Tat interessant zu sehen, wie so ein Bericht von diversen Personen unterschiedlich wahrgenommen wird. Auch wenn jeweils nur wenige Kommentare geschrieben werden, so erhalte ich doch immer einige mündliche Rückmeldungen.
Halli Ihr Lieben,
vorallem Dir liebe Linda alles Gute zu Deiner Konfirmation! Könnt Ihr Euch noch an Jennys Konf erinnern? Das war im Juni 1999!!! Es war doch damals auch so heiss, dass Wasserspiele mit dem Gartenschlauch angesagt waren...Wo wohl mal Ninas Konf sein wird? Auch wir haben bei jedem unserer 3 Kinder (zwar immer in Thalheim) an einem andern Ort gewohnt!
Herzliche Grüsse an euch alle
Hallo liebe Thalheimer,
selbstverständlich erinnern wir uns noch bestens an Jennys "Wasserschlacht-Konfirmation" vor 9 Jahren. Gerade kürzlich haben wir davon gesprochen. Die Chancen, dass Nina ebenfalls in Abu Dhabi konfirmiert werden, stehen im Moment nicht schlecht - insch Allah. Aber eben, wer weiss denn schon, was morgen ist...
Liebe Grüsse an alle!
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