Ostern sind vorbei, es lebe der Frühling, der Sommer steht vor der Tür und wir beginnen bereits mit der Planung der Weihnachstferien.
Manchmal scheint mir, als würden Gegenwart und Zukunft einen ständigen, in vielerlei Hinsicht unfairen Kampf austragen. Die Uhrzeiger drehen in Abu Dhabi nicht schneller als irgendwo auf der Welt, auch wenn unsere Sinne anders empfinden. Besuche aus der Schweiz sowie unsere Ferien im Sommer zwingen uns, weit voraus zu planen und optimal zu koordinieren. Das erweist sich als nicht gar leicht, denn mein geschätzter Arbeitgeber lässt sich nur ungern in die (Planungs-)Karten blicken.
Osterbrunch
Am Donnerstag vor Karfreitag feiern dieses Jahr die Muslime den Geburtstag des Propheten Mohammed. Das führt dazu, dass für einmal Islamische und Christliche Feiertage nahtlos ineinander fliessen. Die Schulen schliessen bereits am Mittwoch, ein langes Wochenende ist angesagt. Das (Oster-)glück unserer Kinder hängt nicht mehr allein vom Erfolg beim Eiersuchen ab. Kommt hinzu, dass sich das allgemeine Umfeld in Abu Dhabi anders präsentiert als derzeit in Stadel. Wie auch im vergangenen Jahr regt Franziska an, einige Freunde zum Osterbrunch einzuladen. Am Vorabend verzieht sie sich in die Küche, zwirbelt Zopfteig und formt aus Teilen daraus verzehrbare Eierbecher; kleine Kreise, die sich schliessen und den gekochten gefärbten Eiern stützenden Halt bieten. Elke, Andrea und Britta tragen weitere kulinarische Köstlichkeiten bei, so dass am Ostersamstag ein vielseitiges Buffet zum Kosten lädt. Auch der in den Ferien weilende Grossvater (er hat sich in der Zwischenzeit vom SCB-Schock etwas erholt) setzt sich an den langen Tisch im kleinen Garten. Und schon bald dominieren das Klimpern der Messer und Gabeln, das dezente Klirren der Gläser und Tassen – lediglich unterbrochen von angeregten Diskussionsfetzen in dreifaltigem Hochdeutsch; mal puristisch rein, mal schweizerisch angehaucht und dann wieder untermalt von fränkischem Lokalkolorit.
Kreisförmige Eierbecher
Kurze Reden am langen Tisch
Schulischer Konkurrenzkampf
Zur Zeit geniessen Linda und Nina ihre Frühlingsferien. Die DSAD hat ihre Tore und Klassenzimmer bis am 1. April geschlossen, während Tim sich weiter jeden Morgen aus den Federn und zum Unterricht an die ACS kämpft. Glücklicherweise (Al Hamdullilah!) bringt ihn der Schulbus vom Compound zur Schule, so dass Franziska nach seiner Abfahrt für einige weitere Schlafeinheiten ins Bett huschen kann. Denn die Mädchen liegen um diese Zeit noch tief in den Federn, der Schreibende ebenfalls – sofern er nicht zur Arbeit gerufen wird.
Tim scheint zur Zeit schulisch topmotiviert, was Franziska und mich beinahe etwas befremdet. Sein Semesterzeugnis, das er gestern nach Hause gebracht hat, ist ausgezeichnet, die Kommentare seiner Lehrer quasi überbordend. Offenbar scheint unser Filius auf das äusserst kompetitiv ausgelegte amerikanische Schulsystem positiv anzusprechen. Mir wird immer klarer, wieso es die USA schaffen, hervorragende Sportler in überdurchschnittlich grosser Zahl hervorzubringen, oder junge Menschen für Kriegseinsätze in meilenweit entfernten Kontinenten zu motivieren. Die „American Community School“ beispielsweise, veröffentlicht regelmässig gute Leistungen im via Email an alle Familien verteilten „ACS-link“, einer rund 20seitigen Schulzeitung. So findet sich dort eine Rubrik „Caught doing good“, in der Kinder namentlich aufgeführt werden, die sich durch sozial löbliches Verhalten hervorgetan haben. Im Weiteren werden nach jeder Zeugnisvergabe die besten SchülerInnen in den Rubriken „High Honour Roll“ und „Honour Roll“ aufgelistet. Auch sportliche Parforceleistungen werden publiziert; Ranglisten in Einzeldisziplinen etwa, oder die Nomination für ein JV- oder Varsity-Team, was im Übrigen als grosse Ehre gilt. Vor dem Sekretariatseingang sind die Wände vollgepflastert mit diversen "Best of..." Tafeln in Edelholz. Das System ist zweifellos raffiniert: Es werden dermassen viele Auszeichnungen kreiert, dass jeder oder jede in einer Disziplin zu den Besten gehört. Die "Schwachen" werden faktisch eliminiert. Das Glas ist eben nicht halbleer, sondern in jedem Fall halbvoll! Es verwundert nicht, dass bestimmte SchülerInnen – in diesem Fall jene mit ausserordentlichen Leistungen – schnell an der ganzen Schule bekannt sind.
Und nun will also auch Nina an eben diese Schule. Den ersten Teil ihres „Screenings“ hat sie vor rund einer Woche absolviert. Einen kurzen Aufsatz musste sie schreiben: „Three things I would take with me a 100 years into the future“. Sie entschied sich für “Food and drinks”, “my mobile phone” (!) und „clothes“. Ich meinerseits hätte vor 39 Lenzen wohl andere Prioritäten gesetzt und einen Fussball, ein Buch sowie zwei „Nielen“ auf den Zettel notiert. Die Zeiten ändern sich halt, nicht nur das Klima wandelt, und vor diesem Hintergrund versuchen Mutter und Vater die Wahl der Tochter zu verstehen. Die zweite Hälfte der Prüfung fiel dann leider einer Computerpanne zum Opfer, was übrigens vor 39 Jahren mit Sicherheit auch nicht passiert wäre, und so muss Nina am kommenden Montag noch einmal für eine Stunde antraben; um sich in Mathe und Textverständnis testen zu lassen.
Festivitäten
Linda hat im Moment andere Prioritäten als die Schule. Sie wird in zwei Wochen konfirmiert. Hier in Abu Dhabi, von einem deutschen Pfarrer, der im Verlauf des vergangenen Jahres mit der kleinen Konfgruppe (zwei Mädchen, zwei Jungs) an der Deutschen Schule den Unterricht gestaltet hat. Die Feier wird in einer Nebenkapelle der St. Andrews Church gehalten. Aufgrund der geografischen Distanz werden in Lindas Fall der „Götti“ und die „Gotte“ (für deutsche Leser: „Pate“ und „Patin“) wie auch die Grosseltern (analoge Begriffsbezeichnung in Deutschland...) nicht dabei sein. Dadurch wird sich die Festgesellschaft auf ein kleines Grüppchen reduzieren – ein angemessenes Festessen mit allen, die für’s Geschenk einzahlen, werden wir jedoch mit Sicherheit im Sommer in der Schweiz nachholen!
A propos Fest: In den ersten Apriltagen erwarten die Ackermänner und wir eine „Delegation“ unserer ehemaligen Pilotenklasse in Abu Dhabi. Unsere Grundausbildung durchliefen wir dereinst Anno 1979 als SLS-Klasse 3/79. 16 hoch motivierte Kandidaten bildeten eine verschworene Gruppe, die sich auch heute noch, 28 Jahre nach Abschluss der Ausbildung jedes Jahr zwei Mal zu frugalem Mahl und üppigem Alkoholkonsum trifft. Noch immer wirken 13 aktiv an Steuerknüppeln diverser Airlines.
Das traditionelle Sommerfest wird jedes Jahr von einer anderen Familie organisiert. Und für einmal wird sich die Schar – oder Teile davon – im heissen Wüstensand finden. Ackermanns und Epplers haben geladen – und erfreulicherweise folgen dem Ruf einige wild Entschlossene. Aus Schweizer Landen fliegen sie ein; neugierig und hoffentlich beladen mit Geschenken für die Gastgeber; Ragusa, Servelats oder Bratensauce (...für all jene, die noch nicht wissen, was sie mitbringen sollen)! Etwas einfacher wird die Anreise für Toni Wirz, der bereits seit mehreren Jahren für Emirates fliegt und in Dubai wohnt. So schliessen sich denn die Kreise im Emiratischen Wüstensand – immer wieder und immerfort.
Und noch ein Kreis wird sich in Bälde schliessen: Toni und Andrea haben sich nämlich durchgerungen, ihren Auftenthalt in den UAE zu beenden und definitiv in die Schweiz zurückzukehren. Das mutet seltsam an, haben Toni und ich doch am 20, Mai 2006 gemeinsam, mit flauem Gefühl im Magen, in Genf den Flieger Richtung Abu Dhabi bestiegen. Ein Aufbruch in eine neue, unbekannte und spannende Welt. Mir schien, als wäre es erst gestern gewesen. Und nun – zwei Jahre und einen Monat später brechen Toni und Andrea auf zu neuen Ufern. Vielleicht müsste ich eher schreiben zu „anderen“ Ufern, denn die Schweiz ist ihnen ja so „neu“ nicht mehr. Für Toni hat sich noch einmal ein vielversprechendes Türchen geöffnet: Nach seiner Kündigung per Ende Juni (Englisch: „he tendered his resignation...“) wird er eine Stelle als „Freelance-Instruktor bei der SAT (Swiss Aviation Training) antreten, für die er sich – dank seiner humorvollen und kontaktfreudigen Art – bestens empfohlen hat. Viele Piloten an diversen Orten dieser Welt werden von seinem reich gefüllten Erfahrungsrucksack profitieren können.
Wir hingegen profitieren bestenfalls von einigen günstig zu erstehenden Möbelstücken aus Ackermannschem Fundus. Neue Nachbarn wird’s wohl auch geben. Hoffentlich mit einer besseren Kaffeemaschine – dass wäre dann ein zusätzlicher Profit....
Wie auch immer: Der (Ackermannsche) Kreis schliesst sich mit oder ohne Kaffee – wir sind auf die Fortsetzung gespannt.
"Scheich Toni" tritt ab...
Flugzeug zu verkaufen
4 years ago
5 comments:
Dann wünschen wir dem Toni viel Glück und freuen uns auf das Wiedersehen in Kloten! Vermissen wird er im ersten Moment nichts, denn der Kaffee ist im SAT Stübli auch nicht unbedingt .... lassen wir das!
> Grosseltern (analoge Begriffsbezeichnung in Deutschland...)
Nicht ganz: Großeltern ;-)
"caught doing good" ist gut!
Wie immer hat das Wüstenspurenbloglesen Spass gemacht - und lernen kann man alleweil etwas dabei.
So wusste ich z.B. nicht, mit welcher Vielzahl von Anreizen das Amerikanische Schulsystem funktioniert.
P.S:
Habe gehört die Fa. Etihad sponsert nun die PS-Boliden des Ferrari Rennstalls.
Eigentlich hätte die Fam. Eppler einen Logenplatz an der Piste verdient, IMHO.
Übrigens: Die "Turnarounds" an den Boxen sind immer wieder beeindruckend. Dort geht es fast so flott zu und her wie bei Ihnen auf dem Flughafenvorfeld heutzutags.
an crowi: Es ist richtig, dass Etihad Ferrari sponsort. Mehr noch - auch das F1-Rennen in Abu Dhabi selber, dass erstmals im Oktober 2009 zur Austragung kommt, steht unter dem Patronat meines Arbeitgebers. Ob's mit den Logenplätzen klappt, wage ich im Moment zu bezweifeln, kleine Türchen öffnen sich allerdings immer wieder. Ich arbeite bereits jetzt daran...
Gruss
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