Nach meiner „New York-Odyssee“ kann ich mich während vier Tagen zuhause erholen. Es sind dies die ersten gemeinsamen Momente mit der Familie nach den langen Sommerferien. Franziska und Nina haben die Pause ausgiebig genossen und sind erst nach meiner Abreise in die Staaten nach Abu Dhabi zurückgekehrt. Anfang Juni waren es Tim und ebenfalls Franziska, die als erste aufbrachen, um in London eine Hochzeitsfeier zu besuchen.
Neues Schuljahr, neuer Rhythmus...
Die tägliche Routine hat uns schnell wieder im Griff. Die Schulzeiten der Kinder diktieren den Tagesrhythmus. Für Tim hat sich einiges geändert, bei den Mädchen bleibt (fast) alles beim Alten. Sie besuchen nach wie vor die Deutsche Schule. Allerdings hat das neue Schuljahr Veränderungen im Lehrerstab und in den einzelnen Klassen gebracht. So tauscht Linda das Privileg, einziges Mädchen in einer Horde von Jungs zu sein gegen zwei neue Klassenkameradinnen ein. Einige Lehrer haben die Schule verlassen, neue sind gekommen. Für Nina beginnt erst jetzt – in der sechsten Klasse – der Französischunterricht.
Die DSAD insgesamt hegt grosse Pläne: die Emiratische Regierung hat ein neues, hervorragend ausgestattetes Schulgebäude in Aussicht gestellt. Die Verhandlungen und Abklärungen mit den einzelnen Stellen, in Abu Dhabi wie in Deutschland, laufen auf Hochtouren. Im Zusammenhang mit der geplanten Einführung des internationalen bilingualen Abiturs käme ein solcher Umzug einem qualitativen Quantensprung der Schule gleich. Doch noch ist nichts offiziell und so schicken wir hie und da ein kräftiges „Insch’ Allah“ zum Himmel. In der Hoffnung, Allah möge während des soeben angebrochenen „Ramadan“ besonders hellhörig sein und sich als besonders grosszügig erweisen. Auch gegenüber Nicht-Muslimen.
Für Tim hat der Wechsel an die „American Community School“ (ACS) spürbare Veränderungen gebracht. Er verlässt das Haus bereits um 0715 Uhr. Der Driver einer bei uns im Compound wohnhaften amerikanischen Familie mit drei Jungs an der selben Schule fährt die vier durch den Morgenverkehr zur ACS. Die Schule gehört mit rund 800 Schülern zu den grössten in Abu Dhabi und verfügt über ausgezeichnete Infrastrukturen. Speziell im Bereich Sport wird den Schülern und Schülerinnen eine vielfältige Auswahl geboten. Tim hat es ins „Varsity Soccer Team“ geschafft und wird in den kommenden Wochen an den diversen Liga- und Turnierwettkämpfen teilnehmen können. Die Auswahl erstreckte sich über mehrere Wochen, während derer in diversen Trainings die bestehende Gruppe von 32 Jungs auf 18 zusammengestrichen wurde. Für die Endrunde im November werden dann nochmals vier Spieler das Team verlassen müssen. Die Amerikaner verstehen es ausgezeichnet, kompetitive Elemente zu betonen und die Konkurrenz zusätzlich anzuheizen. Für Tim ist die Aufnahme ins Team gar so wichtig, dass er sich – nach Jahren des Widerstrebens – bereit erklärt hat, Kontaktlinsen zu tragen. Eine Auflage des Coaches, der ihn aus Sicherheitsgründen nicht mit Brille spielen lassen will. "Safety first". Beinahe wie in der Fliegerei.
Der Unterricht in Englisch fordert ebenfalls seinen Tribut. Die Lektionen sind anstrengend und der vermittelte Stoff wird regelmässig in Form eines bewerteten Quiz’ überprüft. Ausserdem werden wesentlich mehr Hausaufgaben verteilt als in der Deutschen Schule. Mit dem Resultat, dass Tim deutlich mehr arbeiten muss und abends in der Folge früher in die Federn kriecht als auch schon. Doch er fühlt sich wohl und geniesst das neue Umfeld. Auf diese Weise lässt sich so vieles leichter ertragen.
...neue Aktivitäten...
Auch die liebe Gattin hat sich bereits wieder tüchtig verfangen im dicht gewobenen Netz diverser Schulaktivitäten. In der Bibliothek der DSAD gilt es, die beiden neuen Teammitglieder einzuführen und das Festkomitee beginnt bereits mit der Planung feucht-fröhlicher Aktivitäten und fasst die Organisation eines „Oktoberfests“ ins Auge. Ausserdem lädt die ACS die Eltern sämtlicher Neuzugänge zu einem informativen „New Parents Dinner“ ein und sucht ebenfalls wacker neue „Volunteers“. Für einmal können wir uns (knapp) zurückhalten. Dafür besucht Franziska die erste Ausgabe des von den „Desperate Housewives“ unseres Compounds ins Leben gerufenen „Literature meetings“ und organisiert für Nina eine neue Klavierlehrerin polnischen Ursprungs.
An den Wochenenden (zur Erinnerung: Freitag / Samstag) strömen Kinder und Jugendliche unter unser Dach und bereits nach einer Woche hat jedes der Kinder jemanden zur Übernachtung eingeladen. Das pikante Detail, dass es sich dabei lediglich bei Tim und Nina um Freunde gleichen Geschlechts handelt, sei hier – aus Gründen der Diskretion – lediglich am Rande erwähnt. Die Zeiten ändern sich eben und der Geist der modernen Aufklärung treibt ratsuchende Eltern manchmal dermassen in die Enge, dass einzig mit innovativen (schönfärberisches Adjektiv zur Tarnung hilfloser Erziehungmassnahmen) Lösungsansätzen ein Abbruch der Verhandlungen zu verhindern ist ...
...und neue Flügelschläge
Mit dem September beginnt auch die neue Eishockey-Saison der „Falken“. Die „Abu Dhabi Falcons“ versuchen unter neuer Führung, ihre angeschlagenen Strukturen zu festigen. Die Planung dieser Saison hat mich den ganzen Sommer hindurch beschäftigt, allerdings eher auf kleiner Flamme. Doch mit dem „Registration Day“ am 8. September, dem Tag, an dem die Eltern in Scharen zum „Ice Rink“ pilgern um das Jahresgeld abzuladen und das Beitrittsformular zu unterschreiben, hat sich der junge Falke mutig aus dem Horst gestürzt. Mit ersten Flügelschlägen erkundet er, neugierig und mutig zugleich, sein Umfeld. Und er darf sich freuen: Das Echo ist erfreulich gross: knapp über 80 Spieler und Spielerinnen tragen sich im Clubregister ein. Mit Sicherheit werden es noch einige mehr werden.
Bereits dieses Wochendende steht das erste Trainingscamp an. Zwei Coaches aus Kanada (http://www.velsk8.com/) weilen für eine Woche in den Emiraten. Dabei arbeiten sie während der ersten Tage ausschliesslich im Raum Dubai, um am Donnerstagabend nach Abu Dhabi zu wechseln. Auf dem Eis verspricht ihr „Powerskating“-Training Abwechslung und viel Dynamik. Neben dem Eis ist vor allem Sightseeing und Betreuung angesagt; durch unsere Coaches und durch mich, den Präsidenten des Clubs. So sind denn zwei meiner vier Freitage bereits verplant. Es gilt, den Falken in der Luft zu halten und für stabile aerodynamische Verhältnisse zu sorgen. Ob mir dies gelingt, wird sich in Bälde zeigen. Ich will es hoffen – auch ohne Navigationscomputer und Autopilot!
Thursday, September 13, 2007
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5 comments:
Toller Blog. Vielleicht auch empfehlenswert und neu: teenagergeschichten.blogspot.com
Klingt nach der familienlosen Zeit nach einem wieder eingekehrten Alltag in "ruhigen" Bahnen...
Welch' unglaubliche Bereicherung an Lebenserfahrung, wenn man als Jugendlicher dieses Privileg geniessen darf, Teile der "Lebensausbildung" in einem anderen Land, ja sogar in einem anderen Kulturraum, zu verbringen.
Ich würde mich nie über meine Kindheit beklagen wollen, aber wenn ich im Nachhinein einen Wunsch äussern könnte, dann wäre es genau sowas.
Respekt. Und gleichzeitig meinen Glückwunsch an Ihre Familie, einen so weitsichtigen und mutigen Schritt getan zu haben.
Saluti Dide
In der Schweiz hat die Hockey Saison auch wieder begonnen und oh schreck, die Flyers haben bereits aufs Dach gekriegt. Natürlich der HCD hat sein erstes Spiel bereits gewonnen! Als amtierender Schweizermeister ist das ja klar. Ja genau, Beat schreibt diese Zeilen. Aeropers und Layout, du hast die alte Akeret Crew sicher nicht vergessen. Leider habe ich deine Natelnr. nirgends mehr gespeichert, sonst hätte ich dir des öfteren Hockeyresultate gesimst. Ist die Wüste immer noch eine Reise wert? Bei uns stehen auch diverse Neuerungen ins Haus. Andri wird heute 2 und seine Schwester kommt demnächst auf die Welt (sollte eigentlich schon da sein, aber eben..). Mail mir doch bei Gelegenheit deine Natelnr. Es würde mich freuen, wieder einmal über die "alten" Zeite zu plaudern mit dir. Hier noch meine E-Mailadresse: bescho@yahoo.de
Auch einen lieben Gruss von meiner Frau und an deine Familie. Herzliche Grüsse aus der Schweiz Beat
@einevobärn
Da stimmen wir mit Ihnen absolut überein: Es ist dies eine grosse Chance für die Kinder, einige Jahre in einer fremden Kultur aufzuwachsen. Es ist aber eine mindestens ebenso grosse Chance auch für die Erwachsenen. Letztlich bleibt die Erkenntnis: Irgendwie geht es immer und überall, auch wenn die Vorzeichen nicht immer die gleichen sind.
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