posted by Dide
Die Tage vergehen zügig. Es ist erstaunlich, wie schnell man sich an den Rhythmus einer neuen Umgebung gewöhnt. Unser Hotel – in dem wir uns ausserordentlich wohl fühlen – liegt sehr zentral in unmittelbarer Nähe der „Corniche“. Die grün gesäumte Strasse trennt die ersten Hochhauszeilen vom Ufer des Arabischen Golfes. Abu Dhabi trägt seinen Reichtum völlig selbstverständlich zur Schau. Insbesondere vor den internationalen Hotels zeugen exklusive Luxusautos von üppigem Wohlstand. Hier verläuft das Leben nach dem Motto: Einmaligkeit ist die Regel, Bescheidenheit ein Fremdwort. Da ausschliesslich in diesen Hotels Alkohol ausgeschenkt wird, sind auch wir hie und da im Sheraton, Hilton oder Le Meridien auf ein Bier oder zwei anzutreffen. Noch können wir am Abend unter freiem Himmel sitzen. Bald schon wird es zu heiss sein.
Mit dem letzten Theorietag haben wir heute Donnerstag die erste Etappe abgeschlossen. Diese Woche war geprägt von Prüfungen und zwei Tagen CRM (Crew Resource Management). Den Test in Luftfahrtgesetzgebung absolvierten wir nicht im Schulhaus, sondern im GCAA-Gebäude (General Civil Aviation Authority) in Abu Dhabi. Zu fünft sassen wir, jeder an einem eigenen Tisch, in einem kleinen unaufgeräumten Raum mit – der Klimaanlage sei dank – beinahe frostigen Temperaturen. Pullover wurden montiert, vereinzelt war ein Räuspern hörbar. Mehr allerdings nicht. Nach der knappen Einführung eines Inspektors setzte sich eine verschleierte Frau vor unsere Gruppe und musterte uns während einer Stunde unbeweglich mit strengem Blick. Ihre schwarze „Shayla“, die oft gesehene Kopfbedeckung der Araberinnen, gab nicht mehr als zwei dunkle, stechende Augen Preis. Und wir bekamen den Eindruck, als entginge ihnen nichts.
Während einer unserer Kollegen nun mangels verfügbarer Instruktoren einer entspannten und lockeren zweiten Monatshälfte entgegensieht und in dieser Nacht nach Zürich zu seiner Familie fliegt, beginnt für Toni und mich am Samstag bereits die zweite Etappe. Am Vormittag werden wir als „Observer“ im ETIHAD-Cockpit von Abu Dhabi nach Bahrain und zurück fliegen und dabei versuchen, möglichst viele Abläufe und Verfahren aufzusaugen. Denn am Sonntagmorgen um 0630 Uhr steht die erste Simulator-Session an. Damit wir rechtzeitig zum Briefing in Dubai sind – ETIHAD trainiert auf den Simulatoren von „Emirates“ – holt uns das Taxi um 0300 Uhr beim Hotel ab. Und dies nicht nur am Sonntag, sondern auch an den folgenden beiden Tagen. Wenn alles klappt, schliessen wir diese Trainingseinheit am Dienstag mit dem Skill-Test ab und sollten dann für die ersten Flüge vom 20. Juni gerüstet sein. Auf dem Programm stehen Einsätze nach Bahrain, Amman und Mumbai. Unsere Jordanischen Kollegen versuchen bereits seit Tagen, uns in die Geheimnisse der Arabischen Cockpitansagen einzuweihen. Während wir mit der gutturalen Vielfalt dieser Sprache kämpfen, können sie ihr schadenfreudiges Lachen kaum verkneifen. „Sai ydati sadeti – qa’ed al-taerh“ heisst etwa „Meine Damen und Herren, hier spricht der Captain“. Diese Kombination lässt sich irgendwie noch meistern. Wesentlich schwieriger wird es dann aber bei der Passage „Ahlan wsahlan wshokran lefteiranicum…“ Netterweise hat der Ghostwriter den Text in phonetischer Schrift abgefasst. Unser Trost: Allein der Buchstabe „ü“ erweist sich für arabische Zungen als hohe Hürde. Und arabische Ohren haben beim Klang des Schweizerdeutschen Dialekts das Gefühl, als würde jemand „Zeitungen zerreissen“.
Nach etwas mehr als drei Wochen lockt der erste „Heimurlaub“: Am Dienstagabend werden wir bei Freunden in Dubai das WM-Spiel Schweiz-Frankreich verfolgen. In der Nacht auf Mittwoch fliege ich in die Schweiz und werde einige Tage bei der Familie verbringen. Das erinnert an das erste freie Wochenende in der Rekrutenschule vor rund 30 Jahren. Allerdings war in Payerne seinerzeit kein Muezzin zu hören. Sein melodiöser Ruf dringt durch mein Fenster und reisst mich jetzt aus meiner Schreibarbeit. Mein Magen knurrt und Toni wartet….
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4 years ago
2 comments:
Hallöchen Dide! Einisch meh isch es super din neue Bricht! Gli gli gseh mir üs ja alli wider! I freue mi druf uf nächschte Mittwuch. Ihr chöit ize gäbig hei cho, will bü üs het jetze ou dr Summer agfange us Wätter zeigt sich vo dr schönste Siete! Es söll so bliiebe. Also bis denn Grüessli vom Shishagflüster
Hoi Dide
Super, dein neuer Eintrag.
wie immer sehr schön formuliert. Es geht ja richtig los da unten. Wie sieht es mit dem Racket aus? Staubig oder frisch bespannt? Tesa oder Film?
Radio oder Fernsehen? Schweiz oder Frankreich? In diesem Sinne, ich freu mich auf nächste Woche.
Herzliche Grüsse
Urs
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