Thursday, May 24, 2007

Querida Argentina!

Wahrscheinlich habe ich mich vertan und die falsche Airline ausgesucht! Nach Argentinien hätte ich mit meiner Familie ziehen sollen. Ins Land der Gauchos, der Rinder – und der innovativen Wissenschaftler.
Beinahe wäre mir entgangen, was ich verpasst habe. Wäre da nicht Peter, der mich mit unten stehender Mail gewohnt diskret und unverfänglich ins Bild setzte.

„Meinen lieben Pilotenfreunden zur Information!
Bitte orientiert Euch an dem Artikel der Khaleej Times von heute, den ich dieser Mail beigefügt habe, wie man der Insomnia bei Flightcrews entgegenwirken kann. Angeblich suchen die Studienleiter noch Probanden für die nun geplante Humanstudie, da die Übertragbarkeit der Ergebnisse vom Hamster auf Etihad-Piloten noch nicht 100%-ig gesichert ist. Dabei werden jedoch explizit die entsprechenden Gattinnen um ihr Einverständnis zur Teilnahme der Piloten an der Studie gebeten!
Gruß Peter”










"A shot of Viagra may one day help shift workers and flight crews recover their normal sleep cycles, according to a study on hamsters released on Monday.
Viagra otherwise known as “sildenafil” could be “useful in other circadian disorders that involve poor synchronization with the environment, including delayed sleep-phase syndrome and adaption to changing light schedules,” said the study published in the Proceedings of the National Academy of Sciences.
Researchers at Argentina’s National University at Quilmes in Buenos Aires injected male hamsters with small amounts of the drug and switched off the lights six hours earlier, which researchers compared with taking an eastbound flight, as would occur from the Americas to Europe.
Hamsters receiving a dose of the drug adapted 20-50 percent more quickly to the new schedules than hamsters receiving a placebo, the study said, as judged by how quickly they resumed running on their exercise wheels.
However the trick worked only when moving to the schedule ahead, as on the so-called eastbound change, without helping hamsters shifted six hours in the other direction.
The drug interferes with an enzyme that reduces the levels of cyclic guanine monophosphate in the brain, which helps regulate the circadian rhythm, the body’s inner clock."
















Na ja – es mag ja was dran sein an der Sache. Letztlich könnte das Untersuchungsergebnis aber verfälscht worden sein, denn ich gehe davon aus, dass nicht jeder Hamster mit der gleichen Begeisterung aufs „Exercise wheel“ steigt.
Ausserdem hege ich die leise Befürchtung, dass nach Einnahme von Viagra, die Höhe des "Flight Crew Rest" etwas knapp werden könnte.

PS: ...übrigens, im Falle einer Einwilligung der Gattinnen zur Teilnahme am "Pilotversuch(!)" hat die Forschungsstelle den Probanden zugesagt - zusammen mit der Viagra Packung - bei Bedarf eine Tube Wundsalbe abzugeben.

Sunday, May 20, 2007

„Quand j’étais pilote“

Heute schreiben wir den 20. Mai. Exakt ein Jahr ist es her, seit ich an Tonis Seite den Flieger Richtung Abu Dhabi bestiegen habe. Pilot bin ich übrigens immer noch, anders als dies der Titel vermuten liesse. Die Bewandtnis ist eine andere.

Auf den ultralangen A340-500 Flügen mit doppelter Cockpitbesatzung nach New York und Sydney – und bald auch nach Toronto – setze ich mich während meiner Ruhezeiten wann immer möglich in einen leeren Sessel der „Diamond Class“. Bei der SWISS würde man ganz einfach von der „First Class“ sprechen, bei Etihad hingegen haben innovative Köpfe Altbewährtes neu benannt.
Ich entspanne mich am besten, indem ich einen Film anschaue. In der Regel pflege ich spätestens in der Mitte des Streifens einzuschlafen, in seltenen Fällen dauert es etwas länger. So kommt es, dass mir wohl der Anfang zahlreicher Filme bekannt ist, über das Ende weiss ich jedoch ziemlich wenig zu berichten. Ich tappe im Ungewissen und frage mich verzweifelt, wer denn nun der Mörder ist. Manchmal schaue ich mir klammheimlich – getrieben von quälender Ungewissheit – während meiner zweiten Pause die verpasste Schlusssequenz an. Das Privileg, auf Knopfdruck jede Passage eines Films mehrfach zu geniessen, öffnet Türen zu neuen Formen des cinematografischen Hochgenusses.

„J’avais une vie dingue...“
Kürzlich hat es mir ein französischer Film besonders angetan: „Quand j’étais chanteur“ mit Gérard Depardieu in der Rolle eines alternden Nachtklubsängers zog oder zieht mich nicht nur wegen Depardieus unnachahmlichem Charisma in seinen Bann, sondern mit Sicherheit auch weil der gute Mann sich – ähnlich wie der Schreibende – in einer Phase des Umbruchs befindet. Zum einen hält der „Chansonnier“ augenzwinkernd Rückschau auf Vergangenes, indem er den Moment – angeheizt durch die Affäre mit einer jungen Frau – zur kritischen Betrachtung seiner Lebenssituation nutzt. Im gleichnamigen Titelsong des Sondtracks bemerkt Depardieu, der sämtliche Chansons übrigens selber singt (!), „J’avais une vie dingue...quand j’étais chanteur“.
Um sämtlichen Vermutungen, Gerüchten und neidvollen Betrachtungen vorzubeugen, halte ich an dieser Stelle klar und deutlich fest, dass ich, im Gegensatz zur Filmfigur, nicht in amouröse Bandeleien involviert bin. Aussereheliche, meine ich! Wäre ich aber hier und jetzt gezwungen, Rückschau auf mein Leben zu halten, so käme ich, ähnlich wie Depardieu, ebenfalls zur Erkenntnis, dass mein Leben „dingue“ verläuft oder verlaufen ist. Wie oft schon habe ich mir im Verlauf der vergangenen zwölf Monate doch heimlich auf die Schulter geklopft und zum Entschluss, nach Abu Dhabi zu ziehen, gratuliert.
Das Glück ist uns hold. Kann sein, dass der morgenländische Lebensrhythmus und die kaum existenten Verbindlichkeiten unterbewusst eine „Laisser faire“-Haltung vermitteln. Alles wirkt lockerer und geht bestimmt auch mit einer gewissen Oberflächlichkeit einher. Dadurch entsteht eine Entspanntheit, die den Alltag prägt und – zumindest mir – durchwegs ein angenehmes Lebensgefühl vermittelt.
Tatsache ist auch, dass es der ganzen Familie gut gefällt und dass ich meine Arbeit in arabischen Cockpits ausserordentlich geniesse.
















Freudiges Arbeiten im Etihad-Cockpit

Selbstverständlich täuscht dies nicht über so manchen Mief hinweg. Speziell im Zusammenhang mit der Einsatz- und Ferienplanung ärgere ich mich regelmässig. Diese Bereiche weisen meiner Meinung nach die grössten Schwachstellen auf. Das Fliegen selber ist äusserst abwechslungsreich, gespickt mit zahlreichen neuen Herausforderungen. Wer als Linienpilot bei einer etablierten Fluggesellschaft Anstellung gefunden hat, wechselt in der Regel seinen Arbeitgeber nur aufgrund besonderer Umstände. Solchen „besonderen Umständen“ verdanke ich letztlich meine aktuelle Lebenssituation. Und ich bin froh darüber.

„Je fais de la chaise longue...“
...singt Depardieu weiter. Nun ja – davon träumen wir alle: Ein bisschen fliegen und daneben die Sonne und den Müssiggang geniessen. Die Seele baumeln und die Haut bräunen lassen.













...de la chaise longue...

Doch die Praxis sieht nach 365 Tagen anders aus. Franziska wütet in der Schule und ich im Eishockeyclub. Und hier gerate ich unweigerlich ins Grübeln. Denn die Parallelen zu vergangenen „Stadler Zeiten“ sind beinahe erschreckend. Franziska verbringt nicht selten Vormittage am Telefon und Abende an Sitzungen. Die Namen der Beteiligten haben geändert, der Rest bleibt sich gleich. Neben dem Elternbeirat und dem Festkomitee arbeitet sie seit kurzem auch in einer „Abitur-Steuergruppe“ mit, die sich mit Fragen und Anforderungen des an der DSAD einzuführenden internationalen Abiturs befasst. Ausserdem betreut sie zusammen mit zwei weiteren Müttern die Schülerbibliothek.
Ich meinerseits habe das äusserst angenehme und engagierte „Rundschau-Team“ durch einen etwas weniger homogenen Eishockeyclub-Vorstand getauscht. Angereichert mit einer international durchmischten Gruppe ehrgeiziger Eltern, die sich nichts mehr als „Gerechtigkeit und Loyalität“ bei der Zusammenstellung der einzelnen Mannschaften wünschen. Die Coaches sehen das natürlich etwas anders, wobei auch sie sich nicht immer gänzlich einig sind.
Aber auch wenn meine Schilderungen in Sachen Schularbeit oder Eishockeyvorstand negative Nebentöne vermerken, so muss ich doch betonen, dass sowohl Franziska als auch ich diese Aufgaben gerne übernehmen. Denn selbstverständlich erhalten wir auch erfreuliche Feedbacks und aufmunternden Beistand!
Doch es erstaunt, wie sich zwei erwachsene Personen, in einem fremden Land, umgeben von völlig neuen Menschen innerhalb Jahresfrist in beinahe erschreckenden Parallelen verfangen...

„Les excès de vitesse, je ne les payais jamais…“
Diesbezüglich haben wir mehrfach grosses Glück gehabt. Regelmässig kontrolliere ich im Internet mein Bussenkonto. Rein wie eine Kinderseele! Keinen müden Fils haben wir bis heute bezahlen müssen. Natürlich fahren wir – im Besonderen ich – ständig zu schnell. Das tun hier jedoch alle, die Einheimischen einfach ein bisschen mehr. Anders als in der Schweiz interveniert die Polizei aber nicht. Niemand bekommt ein schlechtes Gewissen, wenn er mit überhöhter Geschwindigkeit eine Verkehrspatrouille überholt. Solange es nicht knallt, wird nicht eingegriffen. Verkehrs- oder Alkoholkontrollen wie wir sie kennen, werden in Abu Dhabi keine durchgeführt. Da müssten die armen Kerle ja noch arbeiten. Lieber rollen sie gemächlich mit ihren Streifenwagen auf dem Highway dahin. Kürzlich beobachtete ich folgende Szene: Ein Autofahrer stand vor dem Rotlicht und hantierte äusserst konzentriert mit seinem Handy. Offensichtlich schrieb er ein SMS, was auch hierzulande nicht erlaubt ist. Derweilen zwei Polizisten auf Motorrädern neben ihm anhielten und ihn eingehend bei seinem Tun beobachteten. Die Ampel wechselte auf grün, der Fahrer merkte natürlich nichts und beschleunigte seinen Wagen erst, als hinter ihm gehupt wurde. Formel 1 mässig brauste er los – die beiden Polizisten liessen ihn ungehindert ziehen und wechselten die Spur, und wenig später auch die Strasse. Der Automoblilist hatte sie wahrscheinlich gar nie bemerkt, und die beiden Beamten hatten keine Lust, sich auf unnötige Diskussionen einzulassen.

„Je m’éclatais comme und bête…“
So singt Depardieu. Ich mag es ihm gönnen. Auch wir amüsieren uns allenthalben. In Anstand und mit Mass. Wenig Alkohol, kaum Exzesse.
Da die Temperaturen ansteigen und dem Tennisspiel kaum noch zuträglich sind, habe ich nach Alternativen Ausschau gehalten. Von einem Arbeitskollegen erfuhr ich, dass im Hotel „Le Méridien“ ein guter Squash-Coach wirkt. Also ging ich vorbei und verabredete mich gleich zur ersten Trainerstunde. Alte Erinnerungen an mittelmässige Turnier- und Interclubzeiten in den frühen 80er Jahren wurden wach. Immerhin habe ich es dereinst bis zur Nummer 351 der Schweiz geschafft. Heute verkommt dies zur bedeutungslosen Zahl. Schall und Rauch. Denn beim Coach aus Pakistanischen Landen handelt es sich um keinen Geringeren als den Cousin der ehemaligen Weltnummer 1 Jahangir Khan, welcher während rund drei Jahren ungeschlagen war und die Squash-Welt nach Belieben dominiert hatte.
Nomen est omen. Faiz, sein 49-jähriger Cousin, war zwar nie ein Weltklassespieler, für mich ist er jedoch alleweil eine Nummer zu gross. Mindestens! So laufe ich mir denn die Beine müde, wetze mir die Haut von den Zehen und schreie mir frustriert die Kehle heiser. Der Schein mag trügen, aber das Trainieren und Spielen mit dem Meister macht Spass. Nach einigen Übungen, die Faiz „Routine practise“ nennt, wird gespielt. „Social practise“ nennt der Coach diesen Teil der Stunde. Und nach 40 Minuten im angenehm klimatisierten Court ist mein T-Shirt mindestens so nass wie nach zwei Stunden Outdoor-Tennis bei 40 Grad im Schatten. Faiz und ich amüsieren uns beide und ich freue mich an jedem Punkt, den ich gegen ihn im Schweisse meines Angesichts erkämpfe. Mit jedem Training verbessert sich mein Spiel und spätestens seit ich weiss, dass in Abu Dhabi eine Liga gespielt wird, hat mich das alte Fieber wieder gepackt.

A propos "s'éclater" und "comme une bête": Gefeiert wird unser erstes Jahr mit Martin und Judy, die just zum richtigen Zeitpunkt eine Woche in Abu Dhabi in den Ferien weilen. Ihr 20. Hochzeitstag fällt genau auf unser Jahresjubiläum! Grund genug, im Restaurant "Fishmarket" animalische Schlemmereien zu geniessen.

Depardieu beginnt sein Lied übrigens mit der Zeile „J’ai mon rheumatisme qui devient génant...“ Nicht so bei mir. Noch ist mein Schritt federnd, noch treibe ich Sport. Und das wird hoffentlich noch eine Weile so bleiben.



















Auf ein weiteres Jahr...!

Tuesday, May 08, 2007

Changes and „Clear Air Turbulence“

Ich mag es kaum glauben, aber wir schreiben bereits wieder den Monat Mai. Und am 21. wird es exakt ein Jahr her sein, seit mein Engagement bei Etihad Airways begonnen hat.
Politiker in neuen Chargen und Ehren pflegen jeweils zu besonderen Momenten Rückschau zu halten. In der Regel tun sie dies erstmals nach 100 Tagen. Das habe ich verpasst. So vieles ist bis heute passiert, wichtige oder besondere Momente, die ich regelmässig wie ein Schweizer Uhrwerk in diesem Blog festgehalten habe. Dabei gelang es mir jedoch bestenfalls, die sprichwörtliche Spitze des Eisberges zu skizzieren.
Nun zieht bereits wieder der Sommer ins Land und die Expats, im Besonderen deren Frauen und Kinder bereiten sich auf die grosse Sommerpause vor während die Ehemänner die Weichen für ihr Strohwittwer-Dasein stellen (Anhäufung eines geheimen Vergnügungskontos, Aktualisierung der Bar- und Adresslisten, usw). Die Schulen haben das Ende des Wintersemesters und damit des laufenden Schuljahres im Visier und irgendwie ist Aufbruchstimmung spürbar. Nach den Sommerferien werden neue Ausländer ins Land strömen, während andere Familien nach ihrem UAE-Aufenthalt zu neuen Destinationen streben. Mich erinnert die Situation ein wenig an unsere Ferien vor einigen Jahen beim Zirkus Monti. Abbruch und Aufbau der Zelt- und Wagenstadt gehören zum Alltag und werden begleitet von Vorfreude, Spannung und einer gewissen Unrast.
So genannt „stabile Verhältnisse“ wie wir sie aus der Schweiz kennen, beispielsweise in Schulen, Vereinen und Behörden gibt es hier nicht. Jedes Jahr werden die Karten neu gemischt. Man werde sich daran gewöhnen, versichern uns erfahrene Auslandfamilien. An die Tatsache, neu gewonnene Freunde zu verlieren, an die Tatsache, neue Nachbarn zu erhalten, an die Tatsache, die Kinder in neue Schulen zu fahren, aber auch an die Tatsache, 7 Prozent mehr Miete fürs Haus zu bezahlen. (Beinahe) alles ist neu – für einmal nicht im Mai, sondern im August, nach Abschluss der unendlich langen Sommerferien.
















Wohin führt der Weg...?

Schulische Veränderungen
Veränderungen stehen auch bei uns an, speziell im Bereich der Schule. Im Thüringischen Schulsystem beginnt die Oberstufe früher als bei uns in der Schweiz. Am Ende der Klasse fünf spricht die Schule eine so genannte Schullaufbahnempfehlung aus und ab Klasse sechs werden die Schüler gemäss dieser Empfehlung unterrichtet und benotet. Es wird nach Hauptschule, Realschule und Gymnasium differenziert.
Am vergangenen Sonntag teilte uns Frau Friedrich, Ninas Klassenlehrerin, mit, dass unsere jüngste Tochter im kommenden Jahr in die Gymnasiumsgruppe eingeteilt werde. Nina hat sich darüber – ebenso wie die Eltern – riesig gefreut und ist mindestens um 2 cm gewachsen. Linda kann die Sache locker angehen, denn bei ihr wird sich nicht viel ändern. Denkbar, dass demnächst auch einige Mädchen in ihre Klasse kommen, so dass sie nicht mehr als einzige die Interessen der weiblichen Garde vertritt. Pech – jetzt, wo sie sich so gut an die vielen Jungs gewöhnt hätte....
Anders sieht die Sache bei Tim aus, der – wie von seiner früheren Stadler Primarlehrerin richtig vermutet – in der Tat nicht mehr der“lustige Kasperli“ ist, der er einmal war, sondern bestenfalls noch ein „grosser Kasper mit lustigen Allüren“. Nach dem Abschluss der 10. Klasse an der DSAD muss er die Schule verlassen, denn noch wird kein Abitur angeboten, auch wenn die neue Schulleitung mit Hochdruck daran arbeitet.
Nachdem er die Aufnahmeprüfung bestanden hat - al hamdullilah - kann Tim im nächsten Schuljahr die „American Community School“, kurz ACS (http://www.acs.sch.ae/), besuchen. Gleich wie seine deutschen Klassenkameradinnen Amelie und Anne. Den dreien steht mit Sicherheit keine einfache Aufgabe bevor, dies bekamen sie bereits beim Assessment zu spüren. Dass alle drei an der sich einer riesigen Nachfrage erfeuenden ACS aufgenommen wurden, ist keine Selbstverständlichkeit. Uns wurde mehrfach betont, dass in erster Linie AmerikanerInnen berücksichtigt würden. Umso mehr freuen wir uns über Tims erfolgreiches Abschneiden. Sein Tagesablauf wird zweifellos strenger werden, denn es bleibt sein Ziel, nach zwei Jahren mit dem „International Baccalaureate“ abzuschliessen. Keine einfache Aufgabe, da er bis anhin vorwiegend in Deutsch unterrichtet wurde und das Vorbereitungsjahr (Grade 10 der ACS) nicht absolviert hat.
















Shisha und Eishockey....
















... und Shisha im Wüstensand

Baustellen allenthalben...
Aber beileibe nicht nur der Nachwuchs wird gefordert. Auch den Eltern hat das emiratische Schicksal einige flotte Muntermacher untergejubelt. Wobei ich hier vielleicht bei der Wahl des Verbs nicht gar so präzise bin, denn „unterjubeln“ suggeriert zweifellos, dass die Betroffenen ihr Schicksal in gänzlicher Unschuld ereilt hat. Dies ist bei uns nicht unbedingt der Fall. Franziska engagiert sich bereits seit längerem im Festkomitee der DSAD. Seit Wochen laufen die Vorbereitungen für den Jubiläumsball zum 30. Geburtstag der Schule. Allerdings nicht unbedingt in harmonischer Eintracht und Minne, sondern mitunter etwas holperig und stockend. Die Feier findet am 31. Mai im „Officers Club“ statt, die 10.-Klässler üben eifrig im obligatorischen Tanzkurs, denn es wird an ihnen sein, die ersten Schwünge auf dem Parkett zu tun. Da ist Tim nicht einmal so unglücklich darüber, dass er sich beim Schulsport den grossen Zeh des rechten Fusses übel verletzt hat. Wolfgangs erste „Spontan-Diagnose“ liess uns zwar etwas zuwarten, als sich Form und Farbe des Zehs wenig später jedoch zunehmend veränderten, liessen wir im „Gulf Diagnostic Centre“ eine Röntgenaufnahme machen. Sie lieferte uns die Erkenntnis, dass kein Bruch sonden lediglich ein „severe trauma“ vorliegt. Zwei Wochen Sportverbot lautete das Verdikt der Ärztin.
Wohl humpelt Tim nun seit Tagen durch die Gegend, auf die Teilnahme am Freundschaftsspiel gegen das C-Team der Herrenmannschaft „Abu Dhabi Scorpions“ wollte er aber dann doch nicht verzichten und zwängte seinen geschwollenen Zeh in die beklemmende Enge seines Schlittschuhs. Schnell noch zwei Schmerztabletten geschluckt, schliesslich spritzen sich die Profis ja auch des öfteren fit, und dann ab aufs Eis. Zum Sieg hat’s dennoch nicht gereicht – dafür genossen jung und alt ein abwechslungsreiches und unterhaltsames Spiel. Dem grossen Zeh geht’s seither nicht besser und das Humpeln hat auch nicht aufgehört – im Gegenteil – aber ein echter Sportler muss halt manchmal leiden...

Und wenn wir schon beim Eishockey sind wäre noch anzufügen, dass ich mich wirklich dazu überreden lassen habe, das Amt des Präsidenten zu übernehmen. Obwohl das offizielle Regnum erst Ende Mai beginnt, habe ich diese Gutmütigkeit schon mindestens fünf Mal bereut. Der Club befindet sich in einem desolaten Zustand, und spätestens seit der amtierende Präsident mitten in der Saison quasi die Segel gestrichen hat, streiten sich verschiedene Interessengruppen um unwichtige Kleinigkeiten.
Da hageln Mails und Vorwürfe auf mich ein, die mich an meiner Menschenkenntnis (“…You are making a big mistake taking her in the committee, a lot of people agree with me on this…” oder “…at the moment you seem more intent on listening and defending these parents and committee members whom have absolutely minimal understanding of hockey instead of people with experience…”) wie auch an meiner Integrität („...I am disappointed, as are others, with the unprofessional way your decision was made, believing rumour rather than fact...“) wiederholt zweifeln lassen.
Habe ich solches wirklich nötig? Warum nur tue ich mir dies an?
Nun, während der Sohn mit geschwollenem Zeh still leidet und sich die Ehefrau an organisatorischen Knacknüssen die Zähne ausbeisst kann ich unmöglich guten Gewissens die traute Ruhe des Pools oder das entspannende Blubbern der Shisha geniessen. Schliesslich will das Privileg des exotischen Wüstenlebens auch verdient sein! Abgesehen davon haben wir in diesem Jahr alle gelernt, die Dinge nicht so eng zu sehen und mit einer gewissen Gelassenheit anzugehen.
So schreibe ich denn unzählige Mails und führe Telefongespräche mit unzufriedenen Coaches und mobbenden Eltern. Wer glaubt, Eishockey in der Wüste würde von den Beteiligten auf die leichte Schulter genommen, der täuscht sich gewaltig! Nun denn – sicherheitshalber habe ich mein Demissionsschreiben bereits abgefasst und in einer geheimen Computerdatei gespeichert. Für alle Fälle.
Während ich die letzen Sätze in den Laptop hämmere, kommt Franziska von einer Sondersitzung des Festkomitees nach Hause. „Baustellen bei dir und bei mir...“, kommentiert sie die aktuelle Lage lakonisch. Da haben wir uns ja was Schönes eingebrockt. Zum Glück scheint jeden Tag die Sonne – da können wir uns mindestens nicht über das Wetter beklagen...